Derzeit nicht im Brustring: Hottmann, Nartey, Ailton, Kopacz, Maffeo, Thommy und Ofori

Sie­ben Spie­ler hat der VfB in die­ser Spiel­zeit an ande­re Ver­ei­ne ver­lie­hen. Wir haben uns bei Fans und Exper­ten infor­miert, wie sich Eric Hott­mann, Niko­las Nar­tey, Ail­ton, David Kopacz, Pablo Maf­feo, Erik Thom­my und Ebe­ne­zer Ofo­ri in der ers­ten Sai­son­hälf­te geschla­gen haben.

Noch befin­det sich der Pflicht­spiel­be­trieb des VfB in der Win­ter­pau­se, durch den Abstieg in die zwei­te Liga in die­sem Janu­ar sogar län­ger als gewohnt. Zeit für uns, mal wie­der den Blick über den Tel­ler­rand zu wer­fen. Wie schon 2018 und 2019 haben wir die freie Zeit genutzt, um uns in der gro­ßen Fuß­ball­welt umzu­hö­ren: in Groß­as­pach, Ros­tock, Agdam, Zabrze, Giro­na, Düs­sel­dorf und New York City. An die­sen Orten ver­brin­gen, bezie­hungs­wei­se ver­brach­ten näm­lich die Spie­ler die Hin­run­de, die der VfB ver­lie­hen hat. Erst­mals haben wir Euch in die­ser Sai­son im Pod­cast wöchent­lich über deren Leis­tun­gen auf dem Lau­fen­den gehal­ten. Jetzt wol­len wir eine Zwi­schen­bi­lanz zie­hen. Wie immer stan­den uns dafür Exper­ten ihrer jewei­li­gen Ver­ei­ne, also Fans und Jour­na­lis­ten, Rede und Ant­wort. Ergän­zen wol­len wir deren Ein­schät­zung zu den bis­he­ri­gen Leis­tun­gen der Brust­ring­trä­ger a.D. mit unse­rer Bewer­tung, wie sinn­voll das jewei­li­ge Leih­ge­schäft ist und was es Spie­ler und VfB in der Zukunft brin­gen könn­te.

Abstiegskampf in der 3. Liga

Eric Hottmann im Finale um die Deutsche A-Jugend-Meisterschaft im Mai 2019. © Getty/Bongarts
Eric Hott­mann im Fina­le um die Deut­sche A‑Ju­gend-Meis­ter­schaft im Mai 2019. © Getty/Bongarts

Begin­nen wol­len wir den Über­blick über die VfB-Leih­spie­ler in die­sem Jahr mit Eric Hott­mann, der die­se Spiel­zeit bei der SG Son­nen­hof Groß­as­pach in der 3. Liga ver­bringt. Dass der VfB Spie­ler, die dem eige­nen Nach­wuchs alters- oder leis­tungs­mä­ßig ent­wach­sen sind, ver­leiht, kam in der Ver­gan­gen­heit eher sel­ten vor und hat sicher­lich auch mit dem Abstieg der zwei­ten Mann­schaft in die Ober­li­ga zu tun. Hott­mann, der Anfang Febru­ar 20 Jah­re alt wird, hat­te mit zehn Toren und drei Vor­la­gen in 20 Liga­spie­len sowie einem Tor und sechs Assists in vier Pokal­spie­len, gro­ßen Anteil an der erfolg­rei­chen letz­ten Sai­son der A‑Jugend des VfB. Fünf Mal kam er auch schon bei der U21 in der Regio­nal­li­ga zum Ein­satz, ihn in die 3. Liga zu ver­lei­hen, anstatt ihn zwei Klas­sen tie­fer antre­ten zu las­sen, ist also durch­aus nach­voll­zieh­bar, zumal Hott­mann seit der U16 auch alle Natio­nal­mann­schaf­ten durch­lau­fen hat. Um mehr über die Hin­run­de des in Aalen gebo­re­nen Stür­mers zu erfah­ren, haben wir mit Stef­fen Grün und Hei­ko Schmidt aus der Sport­re­dak­ti­on der Back­n­an­ger Kreis­zei­tung gespro­chen.

Der Spie­ler sei ihnen durch­aus ein Begriff gewe­sen, erklä­ren die bei­den, es sei bekannt gewe­sen, dass Hott­mann meh­re­re VfB-Jugend­teams durch­lau­fen und dabei stets vie­le Tore erzielt habe. Gleich­zei­tig sei­en aber die Erwar­tun­gen an ihn nicht in den Him­mel geschos­sen, denn der Sprung von der A‑Ju­gend-Bun­des­li­ga in die 3. Liga der Her­ren sei auch für ein Talent sei­ner Klas­se eine Her­aus­for­de­rung. Das zeigt sich auch an Hott­manns Zah­len: Von 20 mög­li­chen Spie­len vor Weih­nach­ten bestritt er ins­ge­samt 18, wur­de dabei neun Mal ein­ge­wech­selt. In fünf Par­tien stand er über 90 Minu­ten auf dem Platz. An Zähl­ba­rem kam dabei bis­lang ledig­lich eine Tor­vor­la­ge zustan­de, als er bei der 1:2‑Niederlage gegen Mag­de­burg den zwi­schen­zeit­li­chen Aus­gleich durch Panagio­tis Vlacho­di­mos — auch ein ehe­ma­li­ger VfB-Jugend­spie­ler und Bru­der des eben­falls aus der  VfB-Jugend stam­men­den Tor­warts — vor­be­rei­te­te. Als jun­ger Spie­ler ste­he Hott­mann in der Mann­schafts­hier­ar­chie natür­lich hin­ter rou­ti­nier­te­ren Spie­lern, erklä­ren Grün und Schmidt, zudem habe er in der bis­he­ri­gen Sai­son auch unter der schlech­ten Mann­schafts­leis­tung gelit­ten. Das drückt sich in der Tabel­le so aus, dass die SG zur Win­ter­pau­se den dritt­letz­ten und damit einen Abstiegs­platz belegt. Man kön­ne daher auch nicht erwar­ten, dass die jun­gen Spie­ler die “die Koh­len aus dem Feu­er holen”, so die bei­den Sport­re­dak­teu­re. Das schlech­te Abschnei­den in der bis­he­ri­gen Sai­son habe eben auch damit zu tun, dass prak­tisch kei­ner von Hott­manns Team­kol­le­gen bis­lang die Erwar­tun­gen erfül­len konn­te und der Ver­ein so in einer star­ken Liga häu­fig das Nach­se­hen hat­te.

Am liebsten im Zentrum

Die ersten Schritte im Herrenbereich: Hottmann im Trikot der SG Sonnenhof Großaspach im Spiel gegen Viktoria Köln. © Getty/Bongarts
Die ers­ten Schrit­te im Her­ren­be­reich: Hott­mann im Tri­kot der SG Son­nen­hof Groß­as­pach im Spiel gegen Vik­to­ria Köln. © Getty/Bongarts

Das führ­te schließ­lich auch dazu, dass der Ver­ein in der Win­ter­pau­se den Trai­ner wech­sel­te und mit Mike Sad­lo und Hei­ner Back­haus gleich zwei neue Übungs­lei­ter instal­lier­te. Der Klas­sen­er­halt sei mit bereits vier Punk­ten Rück­stand auf das ret­ten­de Ufer “eine Her­ku­les­auf­ga­be”, so unse­re Exper­ten, das neue Trai­ner­duo müs­se nicht nur die Mann­schaft wie­der zu einer Ein­heit for­men, son­dern wahr­schein­lich auch min­des­tens acht oder neun der ver­blei­ben­den 18 Spie­le gewin­nen, um eine rea­lis­ti­sche Chan­ce zu haben. Auch für den VfB-Leih­spie­ler könn­te der Trai­ner­wech­sel indes eine posi­ti­ve Aus­wir­kung haben, so Grün und Schmidt, wenn er näm­lich auf sei­ner Lieb­lings­po­si­ti­on im Sturm­zen­trum zum Ein­satz käme. Die meis­ten Spiel bestritt Hott­mann näm­lich als Rechts­au­ßen, im Sturm­zen­trum kämen Hott­manns Stär­ken aber bes­ser zum Tra­gen, so habe er sei­ne viel­leicht bes­te Sai­son­leis­tung direkt vor der Win­ter­pau­se beim 1:1 gegen Tabel­len­füh­rer Duis­burg als Teil eines Zwei­er­sturms gezeigt.

Zu den Stär­ken zäh­len sie vor allem sei­ne kör­per­li­che Prä­senz und Robust­heit. Auch weil er häu­fig auf der Außen­bahn spiel­te, konn­te er sei­ne Tor­ge­fähr­lich­keit bis­lang noch nicht unter Beweis stel­len, zudem feh­le es ihm noch an Über­sicht. Ange­sichts der schlech­ten Mann­schafts­leis­tun­gen sei es schwer zu beur­tei­len, ob sich Hott­mann in der ers­ten Sai­son­hälf­te posi­tiv ent­wi­ckelt habe, nega­tiv auf­ge­fal­len sei er aber auch nicht. Das passt auch zu der Info, die wir aus Mann­schafts­krei­sen erhal­ten haben, dass Hott­mann sich gut ent­wi­cke­le. Wäre Eric Hott­mann also nach dem Ende der Lei­he schon bereit, um für den VfB im Opti­mal­fall in der Bun­des­li­ga auf­zu­lau­fen? Bei einem Auf­stieg des VfB sei eine erneu­te Lei­he sinn­voll, mei­nen unse­re Exper­ten, da der Sprung aus der Dritt­klas­sig­keit zu groß sein dürf­te. Grund­sätz­lich sehen bei­de eine erneu­te Lei­he in einem funk­tione­ren­den Groß­as­pa­cher Dritt­li­ga-Team als sinn­voll an.

Besser als in die Oberliga

Mei­ne Ein­schät­zung: Als der VfB Eric Hott­mann nach Groß­as­pach ver­lieh, hat man dort sicher­lich nicht damit gerech­net, dass der Ver­ein, der wenig spä­ter Koope­ra­ti­ons­part­ner wer­den soll­te, in der kom­men­den Sai­son unter Umstän­den in der glei­chen Liga spie­len könn­te wie die eige­ne zwei­te Mann­schaft. Auch die Nach­richt, dass alle Spie­ler­ver­trä­ge dort nur für die 3. Liga gel­ten, stimmt mich nach­denk­lich. Ande­rer­seits ist die Koope­ra­ti­on mit Groß­as­pach und die Lei­he Hott­manns dort­hin durch­aus nahe­lie­gend und das im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes. Hott­mann spielt wei­ter­hin der Regi­on, hat es nicht weit nach Stutt­gart und spielt bei einem Ver­ein, der zwar nur eine der bis­he­ri­gen fünf Dritt­li­ga-Sai­sons auf einem ein­stel­li­gen Tabel­len­platz abschloss, sich grund­sätz­lich aber in der Liga eta­bliert hat. Dass die U21 des VfB ange­sichts der Stär­ke der Regio­nal­li­ga Süd­west in abseh­ba­rer Zeit wie­der in die Dritt­klas­sig­keit auf­steigt und sich dort fest­setzt, hal­te ich für unrea­lis­tisch. Auch wenn Hott­mann sei­ne Zah­len aus dem Jugend­be­reich bis­her nicht bestä­ti­gen konn­te, ist die 3. Liga den­ke ich ein guter Ein­stieg in den Her­ren­be­reich. Hof­fen wir mal, dass er in der Rück­run­de durch Tore und Vor­la­gen nicht nur Erfah­rung, son­dern auch Erfolgs­er­leb­nis­se sam­meln kann. Bei einem Abstieg Groß­as­pachs soll­ten wir ihn aber auf kei­nen Fall erneut dort­hin ver­lei­hen, son­dern viel­leicht eher lang­sam an die Pro­fi­mann­schaft her­an­füh­ren. Natür­lich ist nicht jeder erfolg­rei­che Nach­wuchs­spie­ler auto­ma­tisch auch ein erst­klas­si­ger Spie­ler im Her­ren­be­reich, man fra­ge nach bei Manu­el Jan­zer und Bernd Neh­rig. Soll­te Hott­mann sei­ne Leis­tun­gen in der A‑Jugend in der Zukunft aber bestä­ti­gen kön­nen, wäre es schön, wenn er das im Brust­ring täte und nicht wie eini­ge sei­ner Vor­gän­ger erst rich­tig auf­blüht, wenn er den VfB ver­las­sen hat. Wer noch mehr über Hott­mann erfah­ren möch­te, soll­te übri­gens Fol­ge 19 des her­vor­ra­gen­den Schlüs­sel­spie­ler-Pod­casts hören, dort war Hott­mann näm­lich im Sep­tem­ber 2018 zu Gast.

Verletzungspech an der Ostsee

Kam in Rostock verletzungbedingt nur zu wenigen Spielen: Nikolas Nartey. © Getty
Kam in Ros­tock ver­let­zung­be­dingt nur zu weni­gen Spie­len: Niko­las Nar­tey. © Get­ty

Eine wei­te­re VfB-Leih­ga­be sam­melt der­zeit in der 3. Liga Spiel­pra­xis, nur hat die­ser Spie­ler bis­her noch nie im Brust­ring auf dem Platz gestan­den. Die Rede ist von Niko­las Nar­tey, den der VfB im Som­mer vom 1. FC Köln ver­pflich­te­te und direkt an den FC Han­sa Ros­tock ver­lieh. Zu Nar­tey gaben uns die Jungs vom Han­sa-Pod­cast Halb­wis­sen in weiß­blau (@halbwisseninwb) Aus­kunft. Als der VfB den 19jährigen Dänen Ende August unter Ver­trag nahm, labo­rier­te der noch an einem Mus­kel­fa­ser­riss, so dass er erst am 8. Spiel­tag der 3. Liga Mit­te Sep­tem­ber um Ein­satz kam. Lei­der war auch der Rest der Hin­run­de für ihn nicht ver­let­zungs­frei, wegen eines Innen­band­ris­ses im Sprung­ge­lenk bestritt er bis­her nur ins­ge­samt neun Spie­le im Tri­kot der Ros­to­cker und muss­te die Hin­run­de bereits Ende Novem­ber been­den. Wie vor kur­zem bekannt wur­de, wird er wegen Flüs­sig­keit im Knö­chel zudem den Rück­run­den­auf­takt ver­pas­sen. Kein opti­ma­ler Sai­son­ver­lauf. Einen blei­ben­den Ein­druck habe Nar­tey dem­nach nicht unbe­dingt hin­ter­las­sen, so die Han­sa-Pod­cas­ter. Im zen­tra­len Mit­tel­feld sei er nicht an Mir­nes Pepic vor­bei gekom­men — jenem Pepic, der den VfB mit sei­nem Tor aus der ers­ten Pokal­run­de der ver­gan­ge­nen Sai­son kegel­te. Posi­ti­ons­mä­ßig vari­ier­te Nar­tey zwi­schen einem zurück­ge­zo­ge­nen und einem Ziel­spie­ler-Zeh­ner. Dabei sei er häu­fi­ger abge­taucht, wenn er aber mal in Erschei­nung trat, sei es direkt gefähr­lich gewor­den. Der schlech­te Sai­son­start von Han­sa sei auch dadurch bedingt, dass der Kader in der Brei­te nicht über­zeu­gen konn­te. Um ins Auf­stiegs­ren­nen noch ein­grei­fen zu kön­nen, müs­se Ros­tock noch fle­xi­bler und stär­ker von der Bank aus wer­den, so die Exper­ten. Hier kön­ne Nar­tey als Rota­ti­ons­spie­ler sei­nen Bei­trag leis­ten. Nach 20 Spie­len steht Han­sa der­zeit auf Platz 11 der Tabel­le.

Noch mal verleihen?

Als wir nach dem Wech­sel Köln-Exper­ten Tho­mas von effzeh.com zu Nar­teys Stär­ken und Schwä­chen befrag­ten, sag­te der: “Am Ball stark, guter lin­ker Fuß, tor­ge­fähr­lich, äußerst dyna­misch. Kör­per­lich kann und muss er noch deut­lich zule­gen, um sich im Mit­tel­feld auch ent­spre­chend durch­set­zen zu kön­nen.” Das ent­spricht auch den Erfah­run­gen der FCH-Fans. Dyna­misch sei Nar­tey, er brau­che aber manch­mal etwas Zeit, um zu beschleu­ni­gen, auch der Kil­ler­instinkt habe bei aller Tor­ge­fähr­lich­keit öfter gefehlt. Immer­hin: Beim 2:1‑Heimsieg gegen Meppen berei­te­te er das 1:0 von Ex-VfBler Pas­cal Brei­er vor, beim 1:2 gegen Tabel­len­füh­rer Duis­burg erziel­te er den zwi­schen­zeit­li­chen Aus­gleich.

Auch in den gewon­ne­nen Spie­len gegen 1860 Mün­chen und den 1. FC Mag­de­burg habe er gut aus­ge­se­hen. Sei­ne Ver­let­zung sei dann zur Unzeit gekom­men, weil gleich­zei­tig auch Kai Bülow aus­fiel und die Per­so­nal­de­cke sehr dünn gewe­sen sei. Ansons­ten habe er sich in der Luft und kör­per­lich gut ent­wi­ckelt. Tech­nisch sei er auch gut, müs­se aber noch effek­ti­ver und weni­ger ver­spielt wer­den. Das Ver­dikt der Han­sa-Exper­ten: Poten­zi­al habe Nar­tey, ein wei­te­res Jahr und mehr Spiel­pra­xis in der 3. Liga wür­de ihm aller­dings gut tun gegen eine Ver­län­ge­rung der Lei­he hät­ten sie nichts ein­zu­wen­den.

Zwi­schen Nar­tey und Hott­mann gibt es vie­le Par­al­le­len. Nicht nur, dass bei­de inner­halb von zwei Wochen im Febru­ar 2000 gebo­ren wur­den und jetzt ihre ers­ten rich­ti­gen Erfah­run­gen im Her­ren­fuß­ball in der drit­ten Liga sam­meln. Bei­de schei­nen talen­tiert zu sein und bei bei­den stellt sich die Fra­ge, ob man sie in der kom­men­den Sai­son in der zwei­ten oder — hof­fent­lich — ers­ten Liga an die VfB-Mann­schaft her­an­füh­ren soll­te. Gera­de auf­grund des spä­ten Sai­son­ein­stiegs und der Ver­let­zung wäre viel­leicht ein wei­te­res Lei­h­jahr für Nar­tey in der Tat sinn­voll. Immer­hin ist die Gefahr eines Abstiegs in die Regio­nal­li­ga bei Ros­tock wesent­lich gerin­ger als in Groß­as­pach.

Auf Europa-Tournee

Einziger VfB-Angestellter auf europäischem Parkett: Ailton. © Getty/AFP
Ein­zi­ger VfB-Ange­stell­ter auf euro­päi­schem Par­kett: Ail­ton. © Getty/AFP

Anders gela­gert ist der Fall bei Ail­ton. Der Namens­vet­ter des Bre­mer Stür­mers der 2000er kam nach dem letz­ten Auf­stieg 2017 aus Por­tu­gal zum VfB, konn­te sich aber trotz einer pas­sa­blen Vor­be­rei­tung in der Hin­run­de unter Han­nes Wolf nicht auf der Links­ver­tei­di­ger-Posi­ti­on behaup­ten. Zur Rück­run­de wur­de er bereits an Esto­ril, von denen er im Som­mer gekom­men war, zurück ver­lie­hen. Die ver­gan­ge­ne Sai­son ver­brach­te er auch in Por­tu­gal, aller­dings beim SC Bra­ga. Als wir uns vor einem Jahr dort nach ihm erkun­dig­ten, stell­te sich her­aus, dass er auch dort nicht wirk­lich zum Ein­satz kam. Am Ende der Sai­son hat­te er nur zwei Spie­le in der por­tu­gie­si­schen Liga bestrit­ten und nur zwei wei­te­re Male über­haupt im Kader gestan­den.

Also folg­te im Som­mer 2019 die nächs­te Lei­he in sei­nem bis 2021 lau­fen­den Ver­trag. Dies­mal ging es nach Aser­bai­dschan zu Qara­baq Agdam. Das Land hat­te er schon ken­nen­ge­lernt als er vor sei­ner Zeit in der Haupt­stadt bei Neft­chi Baku spiel­te. In Baku spiel­te Ail­ton aller­dings auch in die­ser Hin­run­de, denn dort trägt der eigent­lich aus der von Arme­ni­en besetz­ten Regi­on Berg­ka­ra­bach stam­men­de Ver­ein seit mitt­ler­wei­le 27 Jah­ren sei­ne Heim­spie­le aus. Zuletzt hol­te der Ver­ein sechs Mal in Fol­ge die Meis­ter­schaft in der Pre­my­er Liqa­si, was dazu führt, dass Ail­ton trotz der sport­lich wenig erfolg­rei­chen jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit der ein­zi­ge der­zeit beim VfB unter Ver­trag ste­hen­de Spie­ler ist, der in die­ser Sai­son Euro­pa­po­kal­spie­le bestrit­ten hat. Elf Spie­le um genau zu sein. Fünf in der Qua­li­fi­ka­ti­on zur Cham­pi­ons League, wo Agdam nach Erfol­gen gegen Par­tizan Tira­na (Alba­ni­en) und Dun­dalk (Irland) in der drit­ten Run­de an Apoel Niko­sia aus Zypern schei­ter­te. In der anschlie­ßen­den Euro­pa-League-Qua­li­fi­ka­ti­on kam Ail­ton im Rück­spiel gegen die Nord­iren von Lin­field zum Ein­satz, um dann in der Grup­pen­pha­se des Wett­be­werbs in allen sechs Spie­len gegen Sevil­la, Düdelin­gen aus Luxem­burg und iro­ni­scher­wei­se erneu­ert Apoel über die kom­plet­te Spiel­zeit auf dem Platz zu ste­hen. Gegen Niko­sia gelang ihm übri­gens genau­so ein Tor wie gegen Dun­dalk. Für ein Wei­ter­kom­men Agdam in der, Euro­pa League reich­te das lei­der trotz­dem nicht.

In der Liga spitze

In der Liga ist er mit sei­nem Ver­ein erneut ziem­lich unan­ge­foch­ten Tabel­len­füh­rer, in 14 Spie­len gab es nur eine Nie­der­la­ge und vier Unent­schie­den. Ail­ton spiel­te zehn Par­tien, acht davon von Beginn an und steu­er­te immer­hin zwei Tor­vor­la­gen bei. Aber wie war sei­ne Leis­tung abseits der rei­nen Zah­len? Dar­über haben wir mit Jim Con­don (@jimismyname) gespro­chen, ein Ire, der in Aser­bai­dschan lebt und dort zum Qara­baq-Fan wur­de. Er und ande­re Anhän­ger hät­ten sich über die Lei­he gefreut, auch weil er vom VfB kam, in sei­nen Wor­ten immer­hin noch “quite a big Ger­man team”. Ail­ton habe sich gut in der Liga ein­ge­fun­den und sei auf der lin­ken Außen­bahn sowohl in der Liga als auch im Euro­pa­po­kal die ers­te Wahl, vor Fay­cal Rher­ras, der auch im Som­mer kam. Ledig­lich gegen Sevil­la habe er es schwer gehabt, was aber auch an deren Qua­li­tät gele­gen habe. Gene­rell habe auf der Außen­bahn sei­ne Stär­ken eher in der Offen­si­ve, defen­siv hin­ge­gen wür­de er manch­mal auf dem fal­schen Fuß erwischt, was teil­wei­se an ihm, teil­wei­se an sei­nen Mit­spie­lern lie­ge. Gene­rell sei das Pro­blem für Agdam die star­ke Kon­kur­renz inter­na­tio­nal und der Man­gel dar­an in der hei­mi­schen Liga. Vor allem in der Innen­ver­tei­di­gung und im Sturm feh­le es der Mann­schaft trotz gro­ßer finan­zi­el­ler Mit­tel. Aus dem glei­chen Grund kön­ne man auch die aser­bai­dscha­ni­sche Liga nicht mit dem deut­schen Fuß­ball und dem­entspre­chend auch Ail­tons Leis­tun­gen dort nicht mit denen beim VfB ver­glei­chen. Den­noch sei Spiel­pra­xis wich­tig für einen Spie­ler, viel­leicht wür­den Ail­ton die regel­mä­ßi­gen Ein­satz­zei­ten bei Agdam hel­fen, sich beim VfB wie­der zu eta­blie­ren, so Jim. Er hät­te aber auch nichts dage­gen, wenn Ail­ton dau­er­haft bei Qara­baq blie­be, denn für die Liga sei er mehr als gut genug und für den Ver­ein defi­ni­tiv eine Ver­stär­kung.

Wie schon ein­gangs ange­spro­chen, wur­de Ail­ton aus ande­ren Grün­den ver­lie­hen als Hott­mann und Nar­tey. Wäh­rend man bei ihnen nach einer Gele­gen­heit such­te, ihnen die für ihre Ent­wick­lung not­wen­di­ge Spiel­pra­xis zu ver­schaf­fen, die man ihnen in Stutt­gart der­zeit nicht bie­ten kann, sucht man für den bald 25 Jah­re alten Bra­si­lia­ner einen Ver­ein, bei dem er ent­we­der dau­er­haft unter­kommt oder sich für einen Ver­kauf zu einem ande­ren Ver­ein emp­feh­len kann. Nach­dem das in der Vor­sai­son in der ers­ten por­tu­gie­si­schen Liga gründ­lich schief ging, scheint Ail­ton in Aser­bai­dschan der­zeit sport­lich sein Glück gefun­den zu haben. Ob es ihm aller­dings aus­reicht, in Aser­bai­dschan Seri­en­meis­ter zu wer­den, oder ob er sich und sei­ne Fähig­kei­ten in einer Liga sieht, die leis­tungs­mä­ßig zwi­schen die­ser und der por­tu­gie­si­schen Liga ange­sie­delt ist, ist die ande­re Fra­ge. Für den VfB wäre es wahr­schein­lich das Bes­te wenn Agdam die von Jim ange­spro­che­nen finan­zi­el­len Mit­tel in die Hand nimmt und Ail­ton im Som­mer, ein Jahr vor Ende sei­nes Ver­trags in Stutt­gart, fest zu ver­pflich­ten.

Zur Entwicklung ins Heimatland

Trug den Brustring diese Saison nur zum Fototermin: David Kopacz. © Getty/Bongarts
Trug den Brust­ring die­se Sai­son nur zum Foto­ter­min: David Kopacz. © Getty/Bongarts

Wie­der­um etwas jün­ger als Ail­ton, de fac­to nur ein hal­bes Jahr älter als Hott­mann und Nar­tey, ist David Kopacz und die Lei­he des pol­ni­schen Nach­wuchs­na­tio­nal­spie­lers in sein Hei­mat­land zu Gor­nik Zabrze erfüll­te dem­entspre­chend vor allem den Zweck, ihn über Spiel­pra­xis mit­tel­fris­tig wie­der an die Mann­schaft im Brust­ring her­an­zu­füh­ren. Ver­pflich­tet in Micha­el Resch­kes gro­ßem Trans­fer­som­mer 2018 von der U19 des BVB stand er in der Abstiegs­sai­son nur vier Mal im Bun­des­li­ga-Kader des VfB und absol­vier­te immer­hin 17 Spie­le mit zwei Toren und einer Vor­la­ge in der Regio­nal­li­ga Süd­west. Auf genau­so vie­le Par­tien kommt er bis­her in der pol­ni­schen Eks­tra­kla­sa, in der Zabrze nach 20 Spie­len auf Platz 12 von 16 ran­giert. Mit nur zwei Punk­ten Vor­sprung schwebt der pol­ni­sche Co-Rekord­meis­ter — der letz­te Titel gelang aller­dings 1988 — damit in aku­ter Abstiegs­ge­fahr. Über Kopaczs Leis­tun­gen in der Hin­run­de spra­chen wir gleich mit meh­re­ren Gor­nik-Fans: Ryan Hub­bard (@Ryan_Hubbard) ist ein Eng­län­der und hat ein Buch über die ers­ten 100 Jah­re des pol­ni­schen Fuß­balls geschrie­ben. Der Twit­te­r­user @MrBlonde48, der dar­um bat, als Mr Blon­de zitiert zu wer­den, Patryk (@p_patryk1948) und Sebas­ti­an (@SebaLange10), der nicht nur Gornik‑, son­dern aus fami­liä­ren Grün­den auch VfB-Fan ist, haben eben­falls Input gelie­fert.

Die Lei­he von Kopacz sei mit gemisch­ten Gefüh­len in Zabrze auf­ge­nom­men wor­den, da sind sich Ryan, Blon­de und Patryk einig. Das liegt vor allem dar­an, dass die pol­ni­sche U20-Natio­nal­mann­schaft und mit ihr Kopacz bei der Welt­meis­ter­schaft im ver­gan­ge­nen Som­mer als Gast­ge­ber sport­lich kei­ne gute Figur abga­ben. Ryan erläu­tert, dass Kopacz bei Gor­nik sich die Lücke fül­len soll­te, die Szy­mon Żur­kow­ski und Vale­ri­an Gvi­lia im Som­mer hin­ter­las­sen hat­ten, als sie nach Ende ihrer Lei­he zu Flo­renz, respek­ti­ve Luzern zurück­kehr­ten. Dass er die bei­den kom­plett wür­de erset­zen kön­nen, habe aber kei­ner erwar­tet.

Der schlechteste junge Spieler?

Da es auch für Kopacz die ers­te rich­ti­ge Sai­son im Her­ren­fuß­ball ist, habe er ver­ständ­li­cher­wei­se Anpas­sungs­pro­ble­me in der Eks­tra­kla­sa gehabt, erklärt Ryan. Kopacz sel­ber habe er erklärt, die ers­te pol­ni­sche Liga sei unge­fähr auf dem Niveau der 2. Bun­des­li­ga. Ryan kann ihn sich aus die­sem Grund auch durch­aus auf die­sem Level vor­stel­len, wenn er sich in der Rück­run­de ver­bes­se­re. Mr Blon­de ergänzt, die pol­ni­sche Liga sei phy­si­scher als ande­re Ligen in Mit­tel­eu­ro­pa, auch der spä­te Ein­stieg drei Tage vor dem ers­ten Pflicht­spiel habe Kopacz nicht unbe­dingt gehol­fen, so dass er häu­fig nach etwa 60 Minu­ten oder gar bereits zur Halb­zeit aus­ge­wech­selt wur­de. Patryk sagt, nach sechs Mona­ten kön­ne er ver­ste­hen war­um der VfB Kopacz ver­lie­hen habe und spricht eine wei­te­res Nega­tiv­erleb­nis an: Wohl auch wegen sei­ner Bekannt­heit nach der U20-WM wähl­te ihn das in Polen belieb­te, aber auch für sei­ne kon­tro­ver­sen Mei­nun­gen und wenig zim­per­li­che Spra­che bekann­te Inter­net­por­tal Weszlo.com zum schlech­tes­ten jun­gen Spie­ler der Liga gewählt. Blon­de spricht das auch an, hält aber von die­ser Ein­schät­zung nicht viel. Außer­dem erklärt er, was es mit dem “jun­gen Spie­ler” auf sich hat: Jeder Ver­ein der Eks­tra­kla­sa ist nach sei­nen Anga­ben ver­pflich­tet, jeder­zeit min­des­tens einen Spie­ler des Jahr­gangs 1998  oder jün­ger auf dem Platz zu haben — in die­ser Sai­son, ver­steht sich. Kopacz kön­ne wohl kaum der schlech­tes­te jun­ge Spie­ler der Liga sein.

Und natür­lich geben uns unse­re vier Exper­ten eine etwas dif­fe­ren­zier­te­re Bewer­tung sei­ner Leis­tung. Die krank­te nach Mei­nung der Gor­nik-Fans vor allem dar­an, dass er als offen­si­ver Mit­tel­feld­spie­ler in den bereits ange­spro­che­nen 17 Liga­spie­len nur einen ein­zi­gen Scor­er­punkt sam­meln konn­te, als er beim 4:2‑Sieg gegen Wis­la Kra­kau gefoult wur­de und der anschlie­ßen­de Elf­me­ter ver­senkt wur­de. Ryan räumt ein, dass Kopacz in die gro­ßen Fuß­stap­fen der bereits erwähn­ten ehe­ma­li­gen Leih­spie­ler tre­ten muss­te, was ihm meist nicht gelang, auch weil er zu sel­ten außer­ge­wöhn­li­che Leis­tun­gen zeig­te. Blon­de führt aus, das 2:2 gegen Wis­la Plock sei Kopacz ein­zig gutes Spiel gewe­sen. Häu­fig spie­le Kopacz für den Her­ren­fuß­ball noch zu sorg­los und tref­fe die fal­schen Ent­schei­dun­gen, was schnell zu Kon­tern gegen sei­ne Mann­schaft füh­re, auch defen­siv bestehe bei Kopacz noch Ver­bes­se­rungs­po­ten­zi­al. Alle Exper­ten heben aber sei­ne tech­ni­schen Fähig­kei­ten am Ball und sei­nen Mut im eins gegen eins her­vor und sehen in ihm defi­ni­tiv einen jun­gen Spie­ler mit Zukunft, dem es halt noch an Lebens- und Spiel­erfah­rung fehlt.

Bereit für die zweite Liga?

Zum Ein­satz kam Kopacz ent­we­der im zen­tra­len offen­si­ven Mit­tel­feld oder auf den Flü­geln, wobei ihn Ryan und Blon­de in der Mit­te bes­ser auf­ge­ho­ben sehen, Ryan ver­weist dar­auf, dass ihn sei­ne Defen­siv­schwä­chen auf dem Flü­gel eher zum Ver­häng­nis wer­den. Blon­de erklärt aber auch, dass die Flü­gel­spie­ler unter Trai­ner Mar­cin Brosz häu­fig nach innen zie­hen, Kopacz also durch­aus auch vom Flü­gel aus über die Mit­te kom­men kann. Soll­te sich in der Win­ter­pau­se auf dem Trans­fer­markt nichts tun, wür­de Kopacz wohl auch in der Rück­run­de wei­ter­hin die Außen­bahn beset­zen. Alle Gor­nik-Exper­ten wür­den sich freu­en, wenn er bei ihrem Ver­ein blie­be, auch wenn, wie bereits ange­spro­chen die Zabrze im All­ge­mei­nen da eher gespal­ten sind. Auf jeden Fall sind sind sie sich einig, dass die Bun­des­li­ga noch zu früh für Kopacz käme und emp­feh­len ihm bei allem attes­tier­ten Poten­zi­al eine wei­te­re Sai­son auf dem Niveau der Eks­tra­kla­sa, auch wenn sich sei­ne Leis­tun­gen direkt vor der Win­ter­pau­se ver­bes­sert haben.

Eine Liga auf dem Niveau der pol­ni­schen Liga könn­te natür­lich, wie auch schon von Kopacz sel­ber ange­spro­chen, die 2. Bun­des­li­ga sein, in der wir aber hof­fent­lich nicht mehr spie­len, wenn er von sei­ner Lei­he zurück­kehrt. Wie bei Hott­mann und Nar­tey stellt sich bei ihm die Fra­ge: Ab ins kal­te Bun­des­li­ga-Was­ser oder noch ein paar Schwimm­übun­gen woan­ders? Schließ­lich darf man bei allen drei Spie­lern auch nicht ver­ges­sen, dass es ja auch in der U19 aktu­ell eini­ge Talen­te gibt, denen man in Zukunft mehr Spiel­pra­xis ein­räu­men möch­te. Wür­de man einen David Kopacz oder einen Niko­las Nar­tey einem Li Egloff vor­zie­hen? Selbst wenn die zwei­te Mann­schaft wie­der in die Regio­nal­li­ga auf­stei­gen soll­te, wäre es wohl für die Ent­wick­lung der Spie­ler kei­ne gute Idee, sie für eine wei­te­re Sai­son auf einem Niveau spie­len zu las­sen, dem sie offen­sicht­lich bereits ent­wach­sen sind. Eine Ver­län­ge­rung der Lei­he könn­te natür­lich gleich­zei­tig zu einer gewis­sen Ent­frem­dung vom VfB füh­ren. Der Ver­ein hat also im Nach­wuchs­be­reich eini­ges an Poten­zi­al, hof­fen wir mal, dass Sven Mislin­tat und wer auch immer in den nächs­ten Jah­ren Trai­ner ist, es ver­ste­hen, damit rich­tig umzu­ge­hen.

Die Lösung für ein Missverständnis?

Ist wieder im Trikot von Girona, spielt aber nicht mehr gegen Ronaldo, sondern in der zweiten Liga: Pablo Maffeo. © Getty
Ist wie­der im Tri­kot von Giro­na, spielt aber nicht mehr gegen Ronal­do, son­dern in der zwei­ten Liga: Pablo Maf­feo. © Get­ty

Was mir die per­fek­te Über­lei­tung zu Pablo Maf­feo ver­schafft, mit dem man in Stutt­gart ent­we­der nicht umzu­ge­hen wuss­te, oder den man auf­grund sei­ner Ver­hal­tens­wei­se viel­leicht gar nicht erst hät­te ver­pflich­ten sol­len. Wie auch immer, nach­dem Wolf­gang Diet­rich im Win­ter noch groß­spu­rig ange­kün­digt hat­te, er sei sich sicher, man bekom­men für den „quer im Stall“ ste­hen­den Spie­ler die ver­eins­in­ter­ne Rekord­sum­me zurück, die man für ihn aus­ge­ge­ben hat­te, ver­lieh der VfB den spa­ni­schen Nach­wuchs-Natio­nal­spie­ler für eine Sai­son zurück an den FC Giro­na. Anders als bei sei­ner Vor­stel­lung haben wir dies­mal immer­hin zwei Exper­ten des spa­ni­schen Zweit­li­gis­ten gefun­den: Marc Rie­re i Cas­tel­la (@marcriera_24), Fan und Mit­glied des FC Giro­na sowie Carles Gon­za­lez (@carles_gonzalez), Jour­na­list bei der Zei­tung “L’E­s­por­tiu”.

In Giro­na war man eini­ger­ma­ßen über­rascht, dass Maf­feo nach nur einem Jahr wie­der dort auf­schlug, zumal der Ver­ein in die zwei­te spa­ni­sche Liga abge­stie­gen war und Maf­feo wohl auch Ange­bo­te von erst­klas­si­gen Ver­ei­nen wie Betis oder Espan­yol hat­te. Bei den Fans kam die Lei­he aber gut an, weil er zuvor nicht nur Leis­tungs­trä­ger gewe­sen war, son­dern auch der ers­te Spie­ler, der von Man­ches­ter City nach Giro­na geschickt wur­de, eine Koope­ra­ti­on, die noch immer besteht. Es hat­te also etwas von der Heim­kehr des ver­lo­re­nen Soh­nes. Auch Maf­feo sel­ber war wohl mit der Rück­kehr in gewohn­te Gefil­de glück­lich und äußer­te gegen­über der Pres­se, dass sein Aus­flug nach Deutsch­land nicht so gelau­fen sei wie geplant, er frus­triert gewe­sen sei und auch zum Trai­ner­stab kein gutes Ver­hält­nis gehabt habe. Marc zufol­ge sei Maf­feo ein­fach mit vie­len Umstän­den in Deutsch­land nicht klar­ge­kom­men, in Giro­na habe es nie ver­gleich­ba­re Pro­ble­me gege­ben.

Zahl zehn, krieg fünf

Und auch sport­lich läuft es für ihn dort zufrie­den­stel­lend. Bis­her ver­pass­te er in der zwei­ten spa­ni­schen Liga ledig­lich drei Par­tien wegen einer Adduk­to­ren­ver­let­zung und spiel­te sonst bis auf weni­ge Aus­nah­men meist 90 Minu­ten durch, zum größ­ten Teil auf sei­ner ange­stamm­ten Posi­ti­on als Rechts­ver­tei­di­ger. Für Carles ist er einer der bes­ten Rechts­ver­tei­di­ger der Liga. Dem­entspre­chend groß ist auch sein Anteil am Erfolg des Ver­eins, der nach 23 Spie­len auf Platz 6 und damit einem Rele­ga­ti­ons­platz steht. Gene­rell sei die Liga sehr aus­ge­gli­chen, erklärt Marc und der Auf­stieg des­halb alles ande­re als ein­fach. Auf jeden Fall sieht er Maf­feo auch als gut genug für La Liga oder die Pre­mier League an. Marc kön­ne sich einen Ver­bleib Maf­fe­os nach Ende der Lei­he gut vor­stel­len, auch vie­le ande­re Giro­na-Fans wären damit wohl glück­lich. Der ört­li­chen Pres­se zufol­ge hat Giro­na wohl eine Kauf­op­ti­on in Höhe von fünf Mil­lio­nen Euro. Das hän­ge aber auch ein wenig davon ab, ob der Auf­stieg gelin­ge, denn Carles zufol­ge sei Giro­na durch den teu­ren Kader, ähn­lich wie der VfB, qua­si zum Auf­stieg gezwun­gen.

Ich den­ke mal, an den spie­le­ri­schen Qua­li­tä­ten von Pablo Maf­feo gab es auch in Stutt­gart gerin­ge Zwei­fel, es war eher das Zwi­schen­mensch­li­che, das nicht pass­te. Das ist am Ende sicher­lich sowohl dem Ver­ein, als auch dem Spie­ler und damit indi­rekt dem Scou­ting des VfB anzu­las­ten, denn offen­sicht­lich ver­füg­te Maf­feo noch nicht über die per­sön­li­che Rei­fe, sich in einem ihm unbe­kann­ten und zuge­ge­be­ner­ma­ßen auch nicht ganz ein­fa­chen Umfeld anzu­pas­sen und durch­zu­set­zen. Das ist aber ande­rer­seits etwas, wor­auf man beim bis dato teu­ers­ten Trans­fer der Ver­eins­ge­schich­te viel­leicht ach­ten soll­te. Wenn die Infor­ma­tio­nen zur Kauf­op­ti­on kor­rekt sind, hät­te der VfB damit immer­hin die Hälf­te der Ablö­se in den Sand gesetzt. Inso­fern wäre ein Nicht-Auf­stieg von Giro­na viel­leicht sogar bes­ser für uns, weil man ihn nach einer guten Zweit­li­ga-Sai­son teu­rer an einen ande­ren Ver­ein ver­kau­fen könn­te, wenn die Spa­ni­er die Kauf­op­ti­on nicht zie­hen. Eine Zukunft beim VfB sehe ich nicht, denn auch wenn Mar­kus Wein­zierl längst Geschich­te ist, waren es ja auch Tho­mas Hitzl­sper­ger und Sven Mislin­tat, die sich für die Lei­he ent­schie­den.

Klassenerhalt am Rhein

Erik Thommy trifft im Derby gegen Köln und hat sich auch sonst gut in Düsseldorf eingefunden. © Getty/Bongarts
Erik Thom­my trifft im Der­by gegen Köln und hat sich auch sonst gut in Düs­sel­dorf ein­ge­fun­den. © Getty/Bongarts

Ört­lich etwas näher an Stutt­gart gele­gen geht Erik Thom­my in die­ser Sai­son sei­nem Beruf nach. Vor ziem­lich genau zwei Jah­ren aus Augs­burg zum VfB gekom­men konn­te er an sei­ne guten Leis­tun­gen aus der Rück­run­de der Sai­son 2017/2018 im Abstiegs­jahr nicht anknüp­fen, wur­de vor im Som­mer an For­tu­na Düs­sel­dorf ver­lie­hen und gab sich so mit Mar­cin Kamin­ski die Klin­ke in die Hand. Mit Flo­ri­an Kas­ten­mei­er, Mat­thi­as Zim­mer­mann, Jean Zim­mer und Kevin Stö­ger gibt es ja am Rhein bekann­ter­ma­ßen sowie­so eine klei­ne Enkla­ve von Spie­lern mit VfB-Bezug. Zu sei­nen Leis­tun­gen in der Hin­run­de haben wir For­tu­na Fan Bea­te (@badrulbudur) befragt.

Ihre Erwar­tun­gen an Thom­my sei­en nicht beson­ders hoch gewe­sen erklärt sie, auch weil sie ihn aus den Par­tien zwi­schen Düs­sel­dorf und dem VfB nicht auf dem Schirm hät­te. Gene­rell mache die For­tu­na aber meist gute Erfah­run­gen mit Leih­spie­lern. So auch mit Thom­my, der dem Ver­ein im Abstiegs­kampf mit sei­ner gif­ti­gen, kämp­fe­ri­schen Art und sei­nem lauf­star­ken Spiel gut tut. Zudem erziel­te er in der Hin­run­de zwei wich­ti­ge Tore, beim 2:0‑Heimsieg im Der­by gegen Köln und direkt vor Weih­nach­ten zum 2:1 gegen Auf­stei­ger Uni­on Ber­lin, außer­dem berei­te­te er vier Tref­fer vor. Thom­my absol­vier­te alle 17 Vor­run­den­spie­le, zehn Mal stand er dabei in der Start­elf. Sie freue sich, wenn er von Beginn an spie­le, so Bea­te, weil er auf dem Platz den ent­schei­den­den Unter­schied machen kön­ne. Dabei wech­selt Thom­my immer wie­der die Flü­gel­sei­te, wäh­rend er ja in Stutt­gart zuerst vor allem die lin­ke Sei­te beacker­te und ver­gan­ge­ne Sai­son auf bei­den Sei­ten zum Ein­satz kam. Bea­te zufol­ge sei er hier wie dort gefähr­lich, weil er sowie­so immer von außen nach innen zie­he und zügig den Abschluss oder den Mit­spie­ler suche. Das funk­tio­nie­re in Düs­sel­dorf auch deut­lich bes­ser als beim VfB, wo er sei­ne Schnel­lig­keit häu­fig nicht aus­spie­len konn­te und auch das Offen­siv­spiel nicht bele­ben konn­te. „Für die For­tu­na ist er eine Berei­che­rung“, so Bea­te, denn die Offen­si­ve bestehe eben nicht nur Rou­wen Hen­nings. Sie wür­de sich freu­en, wenn Düs­sel­dorf die Kauf­op­ti­on zie­he und Thom­my auch in Zukunft in Düs­sel­dorf spie­len wür­de, das hän­ge aller­dings womög­lich auch vom Klas­sen­ver­bleib For­tu­nas ab.

Dass wir Erik Thom­my ver­lie­hen haben oder ver­lei­hen muss­ten, ärgert mich eigent­lich am Meis­ten. Sicher­lich hat er in der ver­gan­ge­nen Sai­son nicht mehr viel von dem gezeigt, was ihn in sei­nem ers­ten Halb­jahr in Stutt­gart aus­ge­zeich­net hat und Tim Wal­ter konn­te wahr­schein­lich mit ihm auch nicht so wirk­lich viel anfan­gen. Auf der ande­ren Sei­te hät­te es uns in der Hin­run­de auch nicht gescha­det, wenn Thom­my für das ein oder ande­re offen­si­ve Über­ra­schungs­mo­ment gesorgt hät­te. Dass er auf Bun­des­li­ga-Niveau wei­ter­hin mit­hal­ten kann, zeigt er der­zeit in Düs­sel­dorf und es ist auch völ­lig nach­voll­zieh­bar, dass er die Chan­ce ergriff, wei­ter­hin erst­klas­sig zu spie­len. Bei ihm wür­de ich mir wün­schen, dass im kom­men­den Som­mer, viel­leicht ist ja Pel­le­gri­no Mat­a­raz­zo dann immer noch VfB-Trai­ner, eine Neu­be­wer­tung sei­ner Lage vor­ge­nom­men wird – gesetzt den Fall, die For­tu­na zieht die Kauf­op­ti­on nicht.

Abnehmer gefunden

Ebenezer Ofori im Spiel gegen Chicago. © Getty
Ebe­ne­zer Ofo­ri im Spiel gegen Chi­ca­go. © Get­ty

Der Voll­stän­dig­keit hal­ber wol­len wir uns auch noch Ebe­ne­zer Ofo­ri wid­men. Der war zwar im abge­lau­fe­nen Kalen­der­jahr erneut an die New Yor­ker Filia­le von Man­ches­ter City, den New York City FC ver­lie­hen, sei­ne Leis­tun­gen dort sind jedoch für uns nicht mehr so wirk­lich von Rele­vanz, da er Anfang Janu­ar direkt bereits kurz nach sei­ner Rück­kehr nach Stutt­gart zur AIK Sol­na wech­sel­te, dem Ver­ein, von dem er einst nach Stutt­gart kam. Bereits letz­tes Jahr hat­ten wir NYCFC-Fan Antho­ny Mer­ced (@NYCSportsWorld) zu ihm befragt, er stand uns auch die­ses Mal wie­der Rede und Ant­wort. Pas­sen­der­wei­se haben er und sei­ne Mit­strei­ter vom Pod­cast Dudes in Blue kürz­lich ange­kün­digt, eben­je­nen Pod­cast ein­zu­stel­len.

Als ich Anfang 2019 mit Antho­ny sprach, erklär­te er mir, dass sich der Club in der vor­he­ri­gen Sai­son mehr erhofft hät­te. In der gera­de abge­lau­fe­nen Sai­son sei­en sei­ne Leis­tun­gen durch­aus pas­sa­bel gewe­sen, Ofo­ri absol­vier­te 20 Spie­le, davon 14 von Beginn an. Er habe sich viel bes­ser an die Liga ange­passt, auch men­tal, sei defen­siv zuver­läs­sig gewe­sen und schoss gegen Seat­tle sogar ein sehr sehens­wer­tes Tor.

Durch die Ver­pflich­tung von James Sands sei er aber gegen Ende der Sai­son wie­der mehr ins zwei­te Glied gerückt, da die­ser auf einem ähn­li­chen Niveau spiel­te wie Ofo­ri. Auch in 2019 schei­ter­te NYCFC wie­der in den Con­fe­rence Semi­fi­nals, dies­mal an Toron­to. Ofo­ri stand bei die­sem Spiel nicht ein­mal im Kader, was Antho­ny zufol­ge damit zu tun hat, dass der Trai­ner die Mann­schaft, die die regu­lä­re Sai­son auf Platz 1 abge­schlos­sen hat­te, nicht mehr groß ver­än­dern woll­te.

Setzt sich in Reims nicht durch: Anastasios Donis. © Getty/AFP
Setzt sich in Reims nicht durch: Ana­sta­si­os Donis. © Getty/AFP

Nicht in die­se Über­sicht auf­ge­nom­men haben wir übri­gens Ana­sta­si­os Donis und Chadrac Ako­lo. Die sind zwar rein for­mell auch nur ver­lie­hen, im Fal­le von Ako­lo ist die Lei­he aber für den SC Ami­ens mit einer Kauf­pflicht im kom­men­den Som­mer ver­bun­den, bei Ana­sta­si­os Donis greift ein sol­che Rege­lung in dem Fall, dass sein Ver­ein Sta­de Reims die Klas­se hält. Aktu­ell steht Reims mit elf Punk­te Vor­sprung auf einen Abstiegs­platz auf Platz 8 der Ligue 1, die Wahr­schein­lich­keit, dass Donis nicht zurück kommt, ist also ziem­lich hoch. Um der Chro­nis­ten­pflicht genü­ge zu tun und weil man die Leis­tung von Stür­mern häu­fig an weni­gen Kenn­zah­len zumin­des­tens grob ein­schät­zen kann: Ako­lo stand in 14 von 24 mög­li­chen Pflicht­spie­len beim aktu­ell Dritt­letz­ten der Tabel­le auf dem Platz, sechs Mal davon in der Start­elf. Ein Spiel über 90 Minu­ten war bis­lang nicht dabei. Bis­her gelan­gen ihm zwei Tore und eine Tor­vor­la­ge.  Donis, der erst nach Sai­son­be­ginn zur Mann­schaft stieß und für den VfB in Hei­den­heim in der Hin­run­de sogar noch vier Minu­ten auf dem Platz stand, absol­vier­te 14 von 20 mög­li­chen Pflicht­spie­len, sie­ben von Beginn an. Etwas zähl­ba­res brach­te er dabei noch nicht zustan­de. Am sinn­bild­lichs­ten für den bis­he­ri­gen Sai­son­ver­lauf der bei­den war wohl das direk­te Auf­ein­an­der­tref­fen ihrer Ver­ei­ne, ein Nach­hol­spiel des 16. Spiel­tags am ver­gan­ge­nen Mitt­woch: Ako­lo fiel ver­let­zungs­be­dingt aus, Donis saß 90 Minu­ten auf der Bank.

Setzt sich in Amiens nicht durch: Chadrac Akolo. © Getty/AFP
Setzt sich in Ami­ens nicht durch: Chadrac Ako­lo. © Getty/AFP

Mehr Entwicklung, weniger Kaderkorrektur!

Auch in die­sem Jahr stellt sich also die Fra­ge: Wie sinn­voll sind Leih­ge­schäf­te? Für jun­ge Spie­ler wie Hott­mann, Nar­tey und Kopacz haben sie sicher­lich ihre Berech­ti­gung, wenn die Spie­ler nach dem Ende der Lei­he noch ins Kader­kon­zept pas­sen, gera­de vor dem Hin­ter­grund der Inte­gra­ti­on von Spie­lern aus der U19. Bei Spie­lern wie Ail­ton, Ofo­ri und gewis­ser­ma­ßen auch Maf­feo ging es vor allem dar­um, den Spie­lern eine Mög­lich­keit zu geben, sich für einen drin­gend not­wen­di­gen Wech­sel zu emp­feh­len, da sie in Stutt­gart kei­ne Per­spek­ti­ve mehr haben. Das hat natür­lich wenig mit Kader­ent­wick­lung zu tun, son­dern mehr mit der Kor­rek­tur der eige­nen Trans­fer­po­li­tik. Ein Son­der­fall ist für mich wie ange­spro­chen Erik Thom­my, des­sen Lei­he ange­sichts der Kauf­op­ti­on ähn­lich wie bei Donis und Ako­lo wahr­schein­lich ein Abschied auf Raten ist, bei dem man dem auf­neh­men­den Ver­ein durch Ver­trags­mo­da­li­tä­ten finan­zi­ell ent­ge­gen kommt. Es wäre schön, wenn ich im Janu­ar 2021 nur Spie­ler por­trai­tie­ren müss­te, die aus Ent­wick­lungs­grün­den ver­lie­hen wur­den und nicht, weil man sonst nichts mit ihnen anzu­fan­gen weiß. Wer über die Geschi­cke unse­rer Leih­spie­ler (außer Ofo­ri) in Rück­run­de auf dem Lau­fen­den blei­ben will, soll­te unse­ren Pod­cast abon­nie­ren, denn dort wer­den wir wie in der Hin­run­de auch wöchent­lich über sie spre­chen.

Titel­bild­col­la­ge: © Get­ty, AFP

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