Auch in dieser Winterpause blicken wir auf die Spieler, die beim VfB Stuttgart unter Vertrag stehen, in dieser Saison aber das Trikot mit dem Brustring für eine gewisse Zeit gegen ein anderes getauscht haben: Die ausgeliehenen Spieler.
Wenn im Sommer das Transferfenster öffnet, stehen für Sportdirektoren und Spieler wichtige Entscheidungen an. Entweder man verabschiedet sich permanent voneinander — oder auf Zeit. So auch vor Beginn der laufenden Saison. Im Januar 2018 haben wir schon einmal einen Blick auf die damals ausgeliehenen Spieler — Jean Zimmer, Julian Green, Tobi Werner, Jérôme Onguéné, Jan Kliment und Hans Nunoo Sarpei — geworfen. Dieses Jahr haben wir uns mit Fans und Experten der derzeitigen Vereine von Ebenezer Ofori, Ailton, Anto Grgic, Orel Mangala, Marcin Kaminski und Roberto Massimo unterhalten, um herauszufinden wie sich die VfB-Leihgaben machen. Übrigens: Von den in der letzten Saison ausgeliehenen Spielern haben drei den Verein mittlerweile verlassen. Die anderen drei stehen noch beim VfB unter Vertrag, spielen aber nur eine Nebenrolle. Damals habe ich nur Jean Zimmer zugetraut, sich beim VfB noch einmal durchzusetzen, am Ende war es Hans Sarpei, der in dieser Hinrunde als einziger des Sextetts für den VfB auflief — wenn auch nur gelegentlich. Schauen wir mal, wie das bei den Spielern aussieht, die in dieser Saison verliehen sind.
New York, New York!
Beginnen wollen wir mit Ebenezer Ofori, der bereits im vergangenen Winter für ein Jahr an den New York City FC verliehen wurde. Ein Jahr, weil die Saison der Major League Soccer im Kalenderjahr ausgetragen wird und nicht über zwei Halbjahre wie in Europa. NYCFC wurde von der City Football Group, also dem Mehrheitseigner von Manchester City und dem Baseball Club New York Yankees gegründet und erreichte in der Saison 2018 die Playoffs, in denen sie allerdings in den Conference Semifinals, also letztendlich dem Meisterschaftsviertelfinale, am späteren Meister Atlanta United scheiterten. Über Oforis Leistungen in New York City sprachen wir mit NYCFC-Fan Anthony Merced (@NYCSportsWorld) vom Podcast Dudes in Blue.
Anthony erklärt, dass man Ofori in New York durchaus als Stammspieler einplante, auch weil er aus der Bundesliga kam. Man erwartete, dass er das defensive Mittelfeld stabilisieren und damit Offensivspielern wie Maxi Morales oder Alexander Ring den Rücken freihalten würde. Insgesamt machte Ofori 29 Spiele, 21 Mal stand er in der Startelf. Jedoch, erklärt Anthony, sei seine Leistungskurve parallel mit der seiner Mannschaft nach dem Rücktritt von Trainer Patrick Vieira Anfang Juni etwas abgefallen. Durch die Verpflichtung von Ofori und Linksaußen Jesus Medina wäre NYCFC durchaus ein Titelkandidat gewesen, nach dem Trainerwechsel geriet die Mannschaft aber ins Straucheln, das frühe Ausscheiden in den Playoffs wurde dementsprechend auch als Enttäuschung wahrgenommen. Ofori habe unter Vieira gut gespielt unter dem neuen Trainer Domenec Torrent habe er aber keinen richtigen Platz mehr in der Mannschaft gefunden, auch sein Passspiel habe sich verschlechtert, so dass er sich häufiger auf Bank wiederfand und schließlich auch in den Playoffs gegen Atlanta nicht mehr zum Einsatz kam, weil Torrent mit Yangel Herreira auf mehr Offensive setzen wollte. Anthony beschreibt die Liga als sehr intensiv. Ofori habe sich zeitweise sehr gut an die Spielweise anpassen können, beim 4:0‑Heimsieg gegen Realt Salt Lake erzielte er sogar ein Tor. Ohne den Trainerwechsel hätte er nach Anthonys Ansicht eine noch bessere Saison gespielt.
Derzeit weilt Ofori wieder in Stuttgart, eine Perspektive hat er allerdings beim VfB nicht. Nach einer passablen Zweitliga-Saison war es ja vor allem der schwache Auftritt in Frankfurt in der vergangenen Saison, der ihm bereits bei Hannes Wolf einiges an Standing kostete. In den USA sammelte er immerhin Spielpraxis, allerdings nicht unbedingt auf Bundesliga-Niveau. Mangels gemeinsamer Wettbewerbe ist die MLS natürlich leistungsmäßig nur schwer mit Deutschland zu vergleichen, der U19-Trainer von Atlanta United, Tony Annan, sagte jüngst im Rasenfunk, dass die besten MLS-Teams in der holländischen Liga eine gute Rolle spielen könnten. Anthony würde es begrüßen, wenn Ofori in New York City bliebe, weil der Kader auf seiner Position nicht besonders viel Tiefe habe und er die Liga bereits kenne. Er wisse aber nicht, ob eine weiter Leihe möglich und angedacht sei und ob sich der Club Ofori angesichts des geltenden Salary Caps, also der Obergrenze an Gehaltsausgaben pro Verein, leisten könne.
Der Vertrag von Ofori läuft noch bis 2020, er wird im Juli 24 Jahre alt. Ich könnte mir vorstellen, dass er in diesem Winter noch einmal verliehen wird, wenn auch nicht unbedingt noch einmal in die USA, sondern eher für ein halbes Jahr innerhalb Europas, so dass er sich im Sommer einen neuen, festen Verein suchen kann. Leistungsmäßig ist bei ihm wahrscheinlich die zweite Bundesliga oder eine kleinere europäische Liga das höchste der Gefühle. Je nachdem, wie seine Rückrunde verläuft, würde der VfB am Ende vielleicht nur ein geringes Minusgeschäft machen. Es ist natürlich ärgerlich, dass ein vor zwei Jahren bis 2020 verpflichteter junger Spieler im Grunde nur eine Halbserie wirklich für den Verein auf dem Platz stand, es ist aber nun mal auch das Risiko von Spielern, die man in der zweiten Liga verpflichtet: Sie müssen, wie der gesamte Verein, nach dem Aufstieg ihre Erstligatauglichkeit beweisen.
Nur zweite Geige
Auch Ailton Ferreira Silva wurde vor fast genau einem Jahr ausgeliehen. Allerdings zunächst nur für sechs Monate zu seinem vorherigen Verein Estoril Praia. In der Sommerpause ging es für den nach dem Aufstieg verplichteten Außenverteidiger dann erneut nach Portugal, zum SC Braga. Wir haben uns mit Braga-Fan Matthieu Monteiro (@MMatthieuZSCB), der den Blog Zone SC Braga betreibt, über ihn unterhalten.
Für Matthieu war Ailton bereits vor der Leihe kein Unbekannter, da er in der Rückrunde 2018 bereits für Estoril in der Liga NOS, der ersten portugiesischen Liga, spielte. Dort war Ailton zwar Stammspieler, Estoril stieg aber am Saisonende als Tabellenletzter in die Segunda Liga ab. Nach Matthieus Ansicht allerdings nicht unbedingt verdient, Trainer Ivo Vieira habe dort gute Arbeit geleistet. Er habe Ailton beim Heimsieg von Estoril gegen Sporting gesehen, in dem er als Linksverteidiger einen guten Auftritt gehabt und auch gefährliche Flanken geschlagen habe. In Braga sollte er in dieser Saison Jefferson ersetzen, der seinerseits nach einer Leihe zu Sporting zurückkehrte und nebenbei auch über Estoril von Brasilien nach Europa kam.
Es kam ganz anders. Ailton hat bisher genau ein Spiel für Braga gemacht. Kurz vor Weihnachten bereitete er im Ligapokal-Spiel bei Vitoria Setubal sogar das 3:0 durch Wilson Eduardo per Flanke vor.
Ansonsten steht für ihn nur ein Auftritt bei der zweiten Mannschaft im November zu Buche. Matthieu zufolge sei er von Nuno Sequeira, der in der vergangenen Saison der Backup für Jefferson war, auf die Bank verdrängt worden, Dieser füge sich sehr gut ins Spiel und das System von Trainer Abel Ferreira ein und sei kurz vorm Sprung in die portugiesische Nationalmannschaft. Ailton habe zwar gegen Setubal einen guten Eindruck hinterlassen, auch technisch, er werde wohl aber auch in der Rückrunde nur die zweite Geige spielen. Braga steht zur Winterpause auf Platz 4 in der Liga, dementsprechend ist es unrealistisch, dass der Trainer im Kampf um die vorderen Plätze auf der linken Seite auf die zweite Wahl setzen wird.
Nichtsdestotrotz traut Matthieu Ailton aufgrund seiner Fähigkeiten eine Zukunft in Braga zu, weil gerade seine Technik, seine offensiven Fähigkeiten und seine Körperlichkeit zum offensiven Spielstil des Vereins passten. Ailton sei zudem sehr ehrgeizig, die Konkurrenz auf dieser Position sei gut für die Mannschaft.
Beim VfB läuft Ailtons Vertrag bis 2021. Bei einer Rückkehr im Sommer wäre er aber auf links hinter Emiliano Insua und Borna Sosa nur die Nummer drei, sollte Dennis Aogo seinen auslaufenden Vertrag noch einmal verlängern vielleicht gar nur an vierter Stelle. Keine gute Perspektive für einen Spieler, der durchaus gewisse Fähigkeiten zu haben scheint, aber derzeit wohl zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Im ersten Spiel nach dem Wiederaufstieg ließ er sich von Hertha BSC schwindlig spielen, danach reichte es nur noch zu Kurzeinsätzen. Ihm ist zu wünschen, dass er einen Verein findet, der seinem Leistungsniveau, wo auch immer das am Ende wirklich liegt, entspricht und der auf dieser häufig so schwer zu besetzenden Position Verstärkung sucht. Es wäre interessant gewesen zu sehen, wie er sich in Stuttgart entwickelt hätte, wenn er und nicht der nach ihm verpflichtete Dennis Aogo Emiliano Insua weiter hätte vertreten dürfen. Vielleicht ist Ailton auch ein Opfer des Bruchs in der Transferphilosophie des Vereins, die sich im Sommer 2017 vollzog. Oder vielleicht war das Ganze auch einfach nur ein Missverständnis, wie sie häufig auf dem Transfermarkt zustande kommen. Leider ein teures, denn die kolportierte damalige Ablösesumme von 2,5 Millionen Euro wird der VfB wohl nicht mehr wieder reinholen.
Schon länger unterwegs
Der dritte Spieler, der sich bereits Anfang des vergangenen Jahres zeitweise aus Stuttgart verabschiedete, war Anto Grgic. Ihn werden wir allerdings erst nach dieser Saison wieder zu Gesicht bekommen, bis dahin spielt er für den FC Sion in der Schweiz, den ehemaligen Verein von Chadrac Akolo. Über Akolo hatten wir uns damals bei Sion-Fan Valentin (@Vali1909) erkundet und er war natürlich auch diesmal unser erster Ansprechpartner.
In der Rückrunde 2017/2018 absolvierte Grgic für Sion 15 von 18 Spielen und stand elf Mal in der Startelf. Valentin kannte ihn bereits von seiner Zeit beim FC Zürich — von dem er 2016 nach Stuttgart wechselte — und hatte ihn auch beim VfB verfolgt. Die hohen Erwartungen, die Valentin an Grgic angesicht dessen, wie er sagt “soliden” Zweitliga-Saison am Neckar hatte, konnte der zunächst nicht ganz erfüllen, am Ende steigerte Grgic sich jedoch und half Sion als “wichtige Stütze im Team” im Abstiegskampf zum Klassenerhalt.
Die laufende Saison begann furios: Grgic traf in jedem der ersten drei Saisonspiele jeweils ein Mal. Gegen St. Gallen versenkte er einen direkten Freistoß…
… und gegen Neuchatel traf er mit links.
Sein Glück sollte leider nicht lange anhalten. Nach einer knappen Auswärtsniederlage beim FC Basel fiel Grgic für zwei Spiele aus, wurde dann, so vermutet Valentin, noch einmal fitgespritzt, konnte aber an die Form vom Saisonbeginn nicht mehr anknüpfen und fiel ab Ende September wegen einer Leistenoperation aus. Bis dahin war er jedoch bei Trainer Maurizio Jacobacci gesetzt — nur ist der auch schon wieder Geschichte beim FC Sion. Denn auch der Verein aus dem Wallis hatte, wie Grgics Stammverein, 2018 ein Drei-Trainer-Jahr. Mittlerweile sitzt Murat Yakin auf der Bank, mit dem sich Grgic zwar eine VfB-Vergangenheit teilt, unter dem verletzungsbedingt allerdings noch nicht gespielt hat. Valentin kann sich aber vorstellen, dass die VfB-Leihgabe auch unter dem neuen Trainer eine gute Rolle spielt, da dieser auf junge Spieler setze. Hoffen wir mal, dass Yakin unter dem für seine kurze Zündschnur europaweit bekannten Präsidenten des Vereins eine längere Amtszeit hat und Grgic sich in der Rückrunde nicht erneut auf einen anderen Trainer umstellen muss.
Derzeit steht Sion in der Schweizer Super League auf Platz 7 von 10, wobei das Saisonziel laut Valentin eigentlich bei Platz 4 aufwärts liegt. Er traut Grgic zu, nach seiner Rückkehr auch weiterhin eine wichtige Rolle in der Mannschaft zu spielen, auch wenn er nicht davon ausgeht, dass er so schnell wieder auf dem Platz steht. Prinzipiell traut er ihm sogar zu, sich in der Bundesliga durchzusetzen, hält es allerdings für sinnvoll, dass Grgic vorher noch bis Ende des Jahres in der Schweiz bleibt.
Sion hat sich eine Kaufoption im Anschluss an die Leihe gesichert und und ich kann mir gut vorstellen, dass sie diese, angesichts der Wichtigkeit Grgics für die Mannschaft, ziehen werden. Auch Grgic hat, im Bezug auf den VfB, ein wenig das Problem, dass sich der Verein in seiner Abwesenheit entwickelt hat, zumindest was die Transferphilosophie angeht. Im Sommer verpflichtete der VfB für seine Position Gonzalo Castro, der zwar außer Form ist, im Vergleich zu Grgic im Zweifelsfall aber immer noch die Nase vorne haben würde. Zudem experimentiert Markus Weinzierl aktuell mit einer Doppelsechs bestehend aus Gentner und Aogo, es gibt im defensiven Mittelfeld noch Santiago Ascacíbar und schließlich wird aller Vorrausicht nach im Sommer Orel Mangala, auf den wir gleich noch zu sprechen kommen, zum VfB zurückkehren. Viel Konkurrenz also für einen Spieler, der in der Schweiz vielleicht glücklicher wird. Ähnlich wie bei Green und Zimmer wird Grgic am Ende seiner Leihe nicht nur Spielpraxis und Erfahrung gesammelt haben, sondern in seinem Leih- auch seinen zukünftigen Verein gefunden haben. Was ich ehrlich gesagt ein wenig schade finde, weil er mir in der zweiten Liga eigentlich ziemlich gut gefiel, was natürlich nichts über seine Tauglichkeit für die höchste deutsche Spielklasse aussagt.
Kommen wir nun zu den drei Spielern, denen weitaus größere Chancen auf eine Weiterbeschäftigung in Stuttgart zugestanden werden und für deren Betreuung der VfB im September auch Helmut Schulte an Bord holte: Orel Mangala, Marcin Kaminski und Roberto Massimo.
Der perfekte Sechser?
Der Leihspieler, der in dieser Saison sicherlich am schmerzhaftesten von VfB-Fans vermisst wird, ist Orel Mangala, Er ist nämlich, immerhin ohne Kaufoption, an derzeitigen Tabellenführer der 2. Bundesliga, den Hamburger SV ausgeliehen. Dort stand er nach seinem Wechsel Anfang August in allen 17 vor der Winterpause verbliebenen Spielen auf dem Platz, 16 Mal sogar in der Startelf. Christian (@Krischan1887) vom Podcast HSV Klönstuv berichtet uns, wie sich Mangala an der Elbe macht.
Er habe perfekt ins “Beuteschema des (endlich) neuen HSV gepasst, erzählt Christian, da der Mannschaft noch ein zweikampf- und technisch starker defensiver Mittelfeldspieler gefehlt habe. Dies seien auch die Erwartungen an Mangala gewesen. Einziger Wermutstropfen: Die fehlende Kaufoption. Das sei aber etwas, woran man sich als HSV-Fan wohl gewöhnen müsse.
Wie es scheint, hat Mangala die Erwartungen in der Hinrunde auch erfüllt, Christian zufolge ist er neben Aaron Hunt und Douglas Santos einer der Leistungsträger des Teams und sei auch für sein Alter bereits sehr weit. Umso mehr wundert er sich über das mangelnde Vertrauen gegenüber Mangala seitens der Verantwortlichen beim VfB und mutmaßt, bei einem früheren Trainerwechsel in Stuttgart wäre Mangala wohl nicht zum HSV gekommen. Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht, wobei er auch unter Hannes Wolf ab Mitte der Hinrunde mehr und mehr auf der Bank saß.
In Hamburg haben sich die beiden jetzt wieder getroffen, allerdings unter anderen Umständen. Das führt dazu, dass Mangala Stammspieler auf der Sechserposition ist. Mit seiner Präsenz auf dem Platz könne er aus dem defensiven Mittelfeld als Einzel-Sechs seine Stärken, nämlich die Zweikämpfe und sein schnelles Aufbauspiel, am Besten zur Geltung bringen. Christan lobt besonders Mangalas Facettenreichtum, der es ihm ermögliche, sein Augenmerk je nach Bedarf entweder auf defensive oder offensive Aufgaben zu richten.
Dementsprechend traut er ihm auch zu, sich in der Zukunft in der Bundesliga durchzusetzen, auch wenn er ihn, wie viele HSV-Fans, gerne in Hamburg behalten würde. Fast genauso groß ist der Wunsch vieler VfB-Fans, Mangala bereits im Winter wieder zurück zu holen. Gerade angesichts der großen Probleme, die die Brustringträger in der Hinrunde im Umschaltspiel offenbarten und die sich personell vor allem an Gonzalo Castros mangelnder Form und Santiago Ascacíbars Fokussierung auf Grätschen festmachen lassen. Dabei darf man natürlich nicht außer Acht lassen, dass Mangala seine derzeit sehr guten Leistungen eben “nur” in der zweiten Liga zeigt, wenn auch bei einem potenziellen Aufsteiger.
Dass er im Sommer zurück zum VfB kommt, ist bereits ausgemachte Sache, Michael Reschke hat einen Verkauf kategorisch abgelehnt. Ich kann mir auch, wenn Mangala sich so weiterentwickelt wie bisher, durchaus vorstellen, dass er sich beim VfB etabliert und uns in den nächsten Jahren wird helfen können. Das würde allerdings einen Systemwechsel beim VfB bedeuten, der in der Vergangenheit meistens mit zwei Spielern im defensiven zentralen Mittelfeld auflief. Viel wird davon abhängen, welche Leistungen Gonzalo Castro in der Rückrunde zeigt und wie sich Santiago Ascacíbar weiterentwickelt. Mehr Power im Umschaltspiel brauchen wir in Zukunft auf jeden Fall, wenn wir die nun schon länger andauernde Offensivflaute beenden wollen. Schauen wir mal, wie die Karten im Sommer neu gemischt werden.
Ein Leihgeschäft par excellence
Auch die Leihe von Marcin Kaminski zu Fortuna Düsseldorf sorgte bei VfB-Fans im Laufe der Hinrunde mitunter für Bauchschmerzen. Nicht nur, weil er mit seinem derzeitigen Arbeitgeber zur Winterpause zwei Plätze und vier Punkte vor dem Verein mit dem Brustring liegt. Schließlich wurde Kaminski auch deshalb verliehen, weil er durch die unerwartete Weiterverpflichtung von Holger Badstuber im Innenverteidiger-Ranking auf Platz 5 zurück fiel. Dummerweise verletzte sich Marc Oliver Kempf zu Saisonbeginn und sowohl Badstuber als auch Pavard liefen ihrer Form hinterher. Wie Kaminskis Hinrunde bei der Fortuna lief, hat uns Thomas Nowag (@Dagobert95), Journalist beim Sport-Informations-Dienst (sid) und Düsseldorf-Fan erklärt.
Außer Kaminskis Name und Position habe er vor dem Wechsel wenig über den Innenverteidiger gewusst, so Thomas, er sei aber nach ein wenig Recherche sehr angetan gewesen: “Es klang nach einer sinnvollen Verstärkung”. Diese Einschätzung sollte sich bestätigen, denn Kaminski wurde, auch aufgrund von Verletzungen anderer Spieler, sofort Stammspieler und stand bei allen seiner 14 Startelfeinsätze über 90 Minuten auf dem Platz. Den ersten Spieltag verpasste er, weil er erst am Tag zuvor gewechselt war, Mitte der Saison saß er zwei Spiele lang auf der Bank. Es waren die beiden Partien, die auf das 1:7‑Debakel der Fortuna in Frankfurt folgten. Thomas betont jedoch, dass er zwar mit der Mannschaft zeitweise untergangen sei, jedoch wenig grobe Fehler gemacht habe. Er lobt Kaminskis Stellungsspiel, seine Ruhe und sein Kopfballspiel — vom ihm angepriesenen gefährlichen Offensivkopfball habe er jedoch bisher wenig gesehen. Probleme habe er aufgrund seiner fehlenden Schnelligkeit und gegen wendige Spieler — Stärken und Schwächen, die uns aus seiner Stuttgarter Zeit durchaus bekannt sind. Dementsprechend hätte Thomas auch kein Problem damit, wenn die Fortuna Kaminski trotz fehlender Kaufoption im Sommer weiterverpflichten würde — “als Innenverteidiger zwei bis drei”.
Anders als Mangala hat Kaminski seine Bundesligatauglichkeit durchaus schon bewiesen, nicht nur beim VfB in der letzten Saison, sondern auch bei der Fortuna. Angesichts des feststehenden Wechsels von Pavard nach München und der derzeit kursierenden Gerüchte über einen Abgang Holger Badstubers im Winter oder spätestens im kommenden Sommer gehe ich fest davon aus, dass Kaminski in der Saison 2019/2020 wieder das Trikot mit dem Brustring tragen wird. Allerdings wird er auch dann, nach jetzigem Stand, nur Innenverteidiger Nummer drei sein, denn ich schätze sowohl Timo Baumgartl als auch Marc Oliver Kempf als stärker ein. Gerade Kaminskis Behäbigkeit am Boden bereitet mir weiterhin Sorgen und ist der Grund, warum ich in ihm nicht mehr als einen Ergänzungsspieler sehe. Aber auch solche Akteure braucht man eben im Kader. In diesem Fall scheint sich der Zweck eines Leihgeschäfts — das sieht auch Thomas so — bisher erfüllt zu haben. Der Spieler hat die Möglichkeit zu spielen, der Leih-Verein hat sich verstärkt und der Stammverein hat seinen Kader sinnvoll reduziert.
Ein Versprechen für die Zukunft
Zum Abschluss geht es um einen Sonderfall. Roberto Massimo hat zwar einen Vertrag beim VfB unterschrieben, aber noch nie ein Spiel im Brustring absolviert, denn der 18jährige wurde direkt wieder an seinen bisherigen Verein Arminia Bielefeld verliehen. Zunächst für ein Jahr, vielleicht sogar für zwei. Im Sommer stellte uns DSC-Fan Maike (@masi_76) den Neuzugang vor, nach einem halben Jahr haben wir uns wieder bei ihr gemeldet, um uns bei Massimo auf den neuesten Stand bringen zu lassen.
Im Sommer seien die Reaktion auf das Transgergeschäft positiv gewesen, erklärt Maike, schließlich habe man eine gute Ablösesumme für ein Eigengewächs kassiert, das aber erstmal weiter Spielpraxis im Verein sammeln kann. Während Massimo allerdings gegen Ende der vergangenen Saison häufiger zum Einsatz kam, reichte es in der Hinrunde nur für drei Einsätze in der Liga und zwei im Pokal. Bei der 1:0‑Niederlage in Aue stand er das einzige Mal in der Startelf, beim 1:2 gegen St. Pauli spielte er nur sieben Minuten. Immerhin: Beim Auswärtssieg in Darmstadt gelang ihm nach seiner Einwechslung in der 70. Minute immerhin das Tor zum Ausgleich.
Maike zufolge seien seine Auftritte in den Spielen in Ordnung gewesen, er habe sich wohl im Training nicht beweisen können, ihm fehle noch die Konstanz, was angesichts seines Alters aber auch keine Überraschung sei. Mitte November zog sich Massimo eine Sprunggelenksverletzung zu und hat seither deshalb kein weiteres Spiel mehr für die Arminia gemacht. Trainer Jeff Saibene, unter dem er sein Profidebüt feierte, wurde angesichts der prekären Tabellensituation der Arminia, die auf Platz 14 überwintert, durch Uwe Neuhaus ersetzt. Es wird interessant sein zu sehen, ob Massimo unter ihm mehr Einsatzzeit bekommt, Maike zufolge bevorzuge er ein anderes System. Es ist also noch vieles unklar, zumal Neuhaus die Mannschaft erst in zwei Spielen betreute.
Massimo bereits im Sommer nach Stuttgart zu holen, ist sicherlich aktuell keine gute Idee, das sieht auch Maike so. Stattdessen sollte er sich lieber in Bielefeld noch wenig entwickeln und mehr Spielpraxis sammeln. Er wird auch im Oktober erst 19 Jahre alt und hat dementsprechend noch genug Zeit, sich im Anschluss an seine Zeit in Bielefeld in Stuttgart durchzusetzen. Es ist das erste Mal seit langem, dass der VfB zu einem solchen Vertragskonstrukt greift, Roberto Massimo ist und bleibt zunächst ein Versprechen für die Zukunft. Uns bleibt nichts weiter übrig als abzuwarten, wie er sich in den kommenden eineinhalb Jahren in Bielefeld entwickelt und der Arminia die Daumen zu drücken, dass sie die Klasse hält. Ein Abstieg seines Vereins in die Dritte Liga wäre wohl für alle Parteien der Worst Case, dann bliebe dem VfB nur, ihn zu einem anderen Zweitligisten zu verleihen. Werden wir Massimo irgendwann ab 2020 im Brustring in der Bundesliga auflaufen sehen? Ich kann es aktuell nicht mit Bestimmtheit sagen, dafür gibt es momentan einfach noch zu viele Ungewissheiten.
Class of 2018/19
Vor einem Jahr habe ich an dieser Stelle über die Sinnhaftigkeit von Leihgeschäften philosophiert. Uns VfB-Fans stellt sich diese Frage auch angesichts der bisherigen Winterneuzugänge Alexander Esswein und Steven Zuber. Anders als in der vergangenen Saison hat das Verleihen der in diesem Artikel genannten Spieler aber ganz unterschiedliche Zielsetzungen. Bei Ofori, Ailton und Grgic geht es scheinbar vor allem darum, durch die Leihe neue Vereine für die drei Spieler zu finden, während Mangala und Kaminski eher Spielpraxis sammeln sollten, mit der sie dem VfB in Zukunft helfen können. Ein Sonderfall ist wie eben erwähnt Roberto Massimo. Im Fall der drei erstgenannten Akteure bleibt zu hoffen, dass der Plan aufgeht und sie nicht wie beispielsweise Jan Kliment beim VfB komplett auf dem Abstellgleis landen und am Ende sogar eine teure Vertragsauflösung das Resultat ist. Ziel der Transferpolitik sollte es weiterhin sein, Spieler nur strategisch sinnvoll oder zumindest aussichtsreich auszuleihen. In einem Jahr, bei der nächsten Auflage dieses Artikels, wissen wir vielleicht schon mehr.