Willkommen in der 2. Liga!

Der VfB gewinnt das Auf­takt­spiel sei­ner Zweit­li­ga-Sai­son gegen den FC St. Pau­li mit 2:1 und beru­higt damit zunächst ein­mal die Ner­ven eines aus­ver­kauf­ten Sta­di­ons. Der ers­te Här­te­test des aktu­el­len Kaders zeig­te zwar durch­aus Erfreu­li­ches, aber offen­bar­te auch, dass Jan Schin­del­mei­ser noch Arbeit vor sich hat. 

Klam­mert man mal für einen Moment aus, dass die gest­ri­ge Par­tie das ers­te Zweit­li­ga-Spiel seit 39 Jah­ren war, bot das Ergeb­nis neben den drei Punk­ten durch­aus Anlass zur Freu­de. Zum ers­ten Mal seit dem 3:0 gegen Schal­ke vor fast genau fünf Jah­ren am 6. August 2011 gewann der VfB wie­der ein Spiel am ers­ten Spiel­tag. Das 2:1 war der ers­te Sieg seit dem 5:2 gegen Hop­pen­heim. Zum ers­ten Mal seit dem 18. Spiel­tag der letz­ten Sai­son im Janu­ar hat der VfB wie­der einen Rück­stand in einen Sieg gedreht. Und klam­mert man mal die ers­te Halb­zeit des Spiels aus, muss man kon­sta­tie­ren: Es weni­ge Kon­stel­la­tio­nen für einen Fuß­ball­fan, die gei­ler sind als ein abge­fälsch­ter Ball, der zwei Minu­ten vor Ulti­mo genau vor der Kur­ve in die Maschen gedrückt wird.

Und bevor wir uns gleich den weni­ger schö­nen Momen­ten des Spiels zuwen­den, lasst uns das für einen Moment genie­ßen: Der VfB liegt zurück und gleicht durch eine wun­der­schö­ne Ein­zel­ak­ti­on von Alex­an­dru Maxim aus — an die­ser Stel­le vie­len Dank an die Kol­le­gen vom Ver­ti­kal­pass, dass sie die­ses Juwel raus­ge­sucht haben:

Und kurz vor Schluss gewin­nen die Brust­ring­trä­ger das Spiel, als schon kei­ner mehr mit einem zwei­ten Tref­fer gerech­net hat und las­sen ein aus­ver­kauf­tes Sta­di­on völ­lig aus­ras­ten.

Ok, genug geschwärmt.

Die erste Halbzeit als Fortsetzung der vergangenen Saison

pic034Das Neckarstadion war ausverkauft, was die Mannschaft zunächst eher verängstigte. Bild: © VfB-Bilder.de
Das Neckar­sta­di­on war aus­ver­kauft, was die Mann­schaft zunächst eher ver­ängs­tig­te. Bild: © VfB-Bilder.de

Dass das Sta­di­on aus­ver­kauft war, schien die VfB-Mann­schaft eher zu ängs­ti­gen als zu beflü­geln. Jos Luhuk­ay gab hin­ter­her zu Pro­to­koll, sei­ne Mann­schaft sei zunächst ein­ge­schüch­tert gewe­sen. Hät­te er ges­tern die A‑Jugend ins Neckar­sta­di­on geschickt, hät­te ich die­se Aus­sa­ge viel­leicht nach­voll­zie­hen kön­nen. Aber immer­hin stan­den mit Lan­ge­rak, Hoso­gai, Gent­ner und Ter­ro­de eini­ge gestan­de­ne Spie­ler auf dem Platz. War­um man in einer sol­chen Situa­ti­on einen 18-jäh­ri­gen Ber­kay Özcan von Beginn an spie­len lässt, erschließt sich mir auch nicht, trotz sei­nes offen­sicht­lich vor­han­de­nen Talents. Mag sein, dass Maxim auch die­ses Jahr die Vor­be­rei­tung etwas zu leicht genom­men hat. Aber er ist offen­sicht­lich zu gut für die­se Liga, also soll­te er uns auch von Beginn an hel­fen. Sonst ver­dient sich sein Bera­ter Her­bert Briem (!) bis Ende August an sei­nem Wech­sel doch noch eine gol­de­ne Nase, wenn man die­sem selt­sam bestellt klin­gen­den Inter­view in der Stutt­gar­ter Zei­tung Glau­ben schenkt. Und dann wir ste­hen dumm da.

Kurz­um: Mein Ver­ständ­nis für das Auf­tre­ten der Mann­schaft in der ers­ten Halb­zeit hält sich in engen Gren­zen. Das hat nur teil­wei­se mit der im Kader vor­han­de­nen Qua­li­tät zu tun. Die Abwehr­leis­tung war, wie schon in der ver­gan­ge­nen Sai­son eine Mischung aus Unver­mö­gen und Unkon­zen­triert­heit. Sowohl Klein auf rechts, als auch Insua auf der lin­ken Außen­bahn waren mit den Außen­spie­lern der Ham­bur­ger völ­lig über­for­dert, was erschre­ckend ist, wenn man sich über­legt, dass die­se Spie­ler für die ers­te Bun­des­li­ga geholt wur­den. In der Innen­ver­tei­di­gung mach­te Ste­phan Sama noch den bes­ten Ein­druck in der Vie­rer­ket­te, wäh­rend sein Neben­mann Toni Sun­jic erneut ver­deut­lich­te, war­um man ihn auch in die­sem Som­mer nicht los­ge­wor­den ist.

Das gan­ze setz­te sich im Mit­tel­feld fort: Chris­ti­an Gent­ner ist, wie man in der 89. Minu­te sah, ein ziem­lich pas­sa­bler offen­si­ver Mit­tel­feld­spie­ler. Was er nicht ist: Ein Diri­gent mit Über­sicht im defen­si­ven Mit­tel­feld. Neben ihm wirk­te Neu­zu­gang Haji­me Hoso­gai ziem­lich über­mo­ti­viert und unbe­dacht. Und die Offen­siv­ab­tei­lung lahm­te vor allem dar­an, dass der VfB an die­sem Tag kei­ne gefähr­li­chen Flü­gel­spie­ler hat­te und Simon Terod­de bis auf eine ver­ge­be­ne Groß­chan­ce ziem­lich in der Luft hing. Alles in allem ziem­lich viel Stück­werk und so wäre die Stim­mung zur Halb­zeit in die der VfB mit einem 0:1 Rück­stand ging, fast gekippt.

Gekämpft und mit einem blauen Auge davon gekommen

Der VfB wehrte sich in der 2. Halbzeit - erfolgreich. Bild: © VfB-Bilder.de
Der VfB wehr­te sich in der 2. Halb­zeit — erfolg­reich. Bild: © VfB-Bilder.de

Die posi­ti­ve Erkennt­nis der zwei­ten Halb­zeit: Der VfB kann noch kämp­fen. Die Brust­ring­trä­ger wur­den immer domi­nan­ter, erst recht nach Maxims Tor und auch das Sta­di­on wach­te wie­der auf. Und: Sie wehr­ten sich. Tor­hü­ter Mitch Lan­ge­rak rann­te nach einem Foul der Ham­bur­ger bis zur Mit­tel­li­nie, um dem ziem­lich über­for­der­ten Schieds­rich­ter Ben­ja­min Brand sei­ne Mei­nung zu gei­gen. Und auch sonst zeig­te sich die neue Num­mer 1 des VfB enga­giert und spiel­stark. Der VfB scheint erst­mals seit Jens Leh­mann wie­der einen Füh­rungs­spie­ler zwi­schen den Pfos­ten ste­hen zu haben.

Am Ende kam der VfB, auch auf­grund der indi­vi­du­el­len Klas­se ein­zel­ner Spie­ler, noch­mal mit einem blau­en Auge davon. Der Sieg war auf jeden Fall eines: Gut für die Stim­mung und für’s Gefühl. Gleich­zei­tig wur­de aber auch deut­lich, dass die Kad­er­zu­sam­men­stel­lung noch nicht abge­schlos­sen sein kann. Als Maxim auf dem Feld stand, saßen nur noch Boris Tash­chy, Jan Kli­ment, Joel Sono­ra, Mat­thi­as Zim­mer­mann und Mar­cin Kamin­ski auf der Bank. Nicht gera­de eine Reser­ve, die im Spiel noch einen Unter­schied machen kann.

Gegen For­tu­na Düs­sel­dorf muss die Mann­schaft gleich zu Beginn ihre Angst und die damit ein­her­ge­hen­de Behä­big­keit able­gen und dem Tabel­len­vier­zehn­ten der ver­gan­ge­nen Sai­son auf­zei­gen, dass man nicht gewillt ist, die Punk­te am Rhein zu las­sen. Und Sport­di­rek­tor Jan Schin­del­mei­ser soll­te sich drin­gend über­le­gen wie er die Mann­schaft so zusam­men­stellt, dass sie nicht nur ein Spiel im aus­ver­kauf­ten Neckar­sta­di­on unbe­scha­det über­steht, son­dern eine gan­ze Sai­son in der zwei­ten Liga.

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