Sieg ohne Kontrolle

Bis­her blieb der VfB vor allem des­halb unge­schla­gen, weil er Ball und Geg­ner kon­trol­lier­te. Gegen Fürth hielt die Serie, obwohl die Zah­len gegen uns spra­chen.

Mehr gespiel­te Päs­se, eine höhe­re Pass­quo­te, mehr Ball­be­sitz und die bes­se­re Zwei­kamp­quo­te. Kennt man alles von den VfB-Spie­len in der Sai­son? Denks­te! Denn am sieb­ten Spiel­tag domi­nier­te nicht der VfB die Sta­tis­tik­wer­te, son­dern die Gäs­te aus Fürth. Nichts­des­to­trotz stan­den am Ende erneut drei Punk­te für die Brust­ring­trä­ger zu Buche, dazu eine ver­tei­dig­te Tabel­len­füh­rung, ein wei­te­res Spiel ohne Nie­der­la­ge und der drit­te Sieg in Fol­ge. War der VfB also an die­sem Tag ein­fach furcht­bar effek­tiv oder war es in der Tat das furcht­bars­te Spiel unse­rer Mann­schaft in der bis­he­ri­gen Sai­son?

Unter Möglichkeit

Nun, ein wenig von bei­dem, auch wenn furcht­bar natür­lich etwas über­trie­ben ist. Klar ist aber: An die­sem Sams­tag­mit­tag spiel­ten alle ein wenig unter ihren Mög­lich­kei­ten. Egal ob in der Vie­rer­ket­te, wo Kapi­tän Kempf unge­wohn­te Schwä­chen zeig­te, im Mit­tel­feld, das vor dem aggres­si­ven Pres­sing der Gäs­te meist kapi­tu­lie­ren muss­te, oder im Sturm, wo Waman­gi­tu­ka und Gon­za­lez zwar bemüht, aber meist wir­kungs­los waren. Das lag zum Einen an der eben ange­spro­che­nen Aggres­si­vi­tät, zu der ich gleich noch was sagen möch­te, zum ande­ren aber auch und vor allem an der Stutt­gar­ter Schlam­pig­keit. Denn schein­bar hat­te der Mann­schaft nie­mand gesagt, dass die Spiel­ver­ei­ni­gung als Viert­plat­zier­te ins Neckar­sta­di­on kam. Dem­entspre­chend fah­rig war das Pass­spiel, unkon­zen­triert die Abwehr­ar­beit und ideen­los das Offen­siv­spiel. Exem­pla­risch für Letz­te­res steht der Schuss von Phil­ipp Kle­ment, der genau­so ziel­los wie unko­or­di­niert aus zehn Metern schoß, aber nur die Hacke von Dani­el Dida­vi traf.

Das kam den Gäs­ten natür­lich gele­gen, die sich schein­bar weder wie Aue oder St. Pau­li am eige­nen Straf­raum ver­bar­ri­ka­die­ren, noch wie Bochum oder Regens­burg ins offe­ne Mes­ser lau­fen woll­ten. Mit ihrem Pres­sing unter­ban­den sie das sonst so gemäch­lich-siche­re Pass­spiel des VfB, der über­haupt nicht in den Spiel­auf­bau hin­ein kam. Zum Glück stand es zum Zeit­punkt, als die Für­ther beson­ders ener­gisch stör­ten, schon 1:0 für uns. Ich will mir nicht aus­ma­len, wie die ers­te Halb­zeit ohne den frü­hen Tref­fer von Dida­vi aus­ge­se­hen hät­te. Übri­gens eine schö­ne wie sel­te­ne Co-Pro­duk­ti­on unse­res Offen­siv­tri­os: Ziel­ge­naue Flan­ke von Gon­za­lez auf Waman­gi­tu­ka, der den Ball etwas unge­lenk — aber regel­kon­form — Rich­tung rech­ter Pfos­ten wei­ter­lei­tet, wo Dida­vi nur noch über die Tor­li­nie rut­schen muss. So hät­te es wei­ter­ge­hen kön­nen.

Bredlow überzeugt, Storks nicht

Überzeugend: Fabian Bredlow. © Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)
Über­zeu­gend: Fabi­an Bred­low. © Sebas­ti­an Widmann/Bongarts/Getty Images)

Ging es aber nicht. Statt­des­sen muss­te Tim Wal­ter zunächst Gon­za­lo Cas­tro und wenig spä­ter Tor­hü­ter Gre­gor Kobel erset­zen. Für Cas­tro kam Kle­ment, für Kobel der­je­ni­ge, der sich am Ende als Ein­zi­ger über Nor­mal­form prä­sen­tier­te: Fabi­an Bred­low. Ich hat­te ja bei sei­ner Vor­stel­lung schon etwas Zwei­fel, ob er uns wirk­lich wür­de ver­stär­ken kön­nen, die er aber bereits beim Pokal­spiel in Ros­tock größ­ten­teils besei­tigt hat­te. Gegen Fürth folg­te nun die Bestä­ti­gung: Bred­low war nicht nur sicher im Tor, er ging das Auf­bau­spiel teil­wei­se sogar noch offen­si­ver an als sein Tor­hü­ter­kol­le­ge und behielt trotz­dem die Ner­ven. Es ist beru­hi­gend zu sehen, dass wir uns nach lan­ger Zeit auch mal wie­der auf die Num­mer 2 ver­las­sen kön­nen, zumin­dest in der zwei­ten Liga.

Kein Vor­wurf an die­ser Stel­le übri­gens an den Für­ther Havard Niel­sen, der sich zumin­dest in die­ser Sze­ne nichts zu schul­den kom­men ließ. Ins­ge­samt zeig­ten sich die Für­ther aber nicht nur im Spiel gegen den Ball aggres­siv, son­dern auch im Spiel gegen den Geg­ner. Sicher, Hol­ger Bad­s­tu­ber lang­te in der ers­ten Hälf­te auch das eine oder ande­re Mal zu. Aber was die Gäs­te vor allem in der zwei­ten Halb­zeit ver­an­stal­te­ten war schon grenz­wer­tig — und das Ergeb­nis der schwa­chen Spiel­füh­rung von Sören Storks, der dem VfB nicht nur einen kla­ren Hand­elf­me­ter ver­wei­ger­te — nichts Neu­es hier, gehen sie bit­te wei­ter — son­dern es auch ver­pass­te, den Spie­lern recht­zei­tig Gren­zen auf­zu­zei­gen. Die ers­ten gel­ben Kar­ten sahen Cali­gi­uri, der Dida­vi mit dem Halb­zeit­pfiff von den Bei­nen hol­te und eben Dida­vi, der sich über die­ses unnö­ti­ge Foul erei­fer­te. Schon hier wur­de Storks Über­for­de­rung sicht­bar, als er ein­fach bei­de Spie­ler ver­warn­te. 

Schlechtes Spiel gegen schlechte Verlierer

Ähn­lich gra­vie­rend sei­ne Fehl­ein­schät­zung beim Ver­such von Paul Segu­in, Nico­las Gon­za­lez mit Anlauf das Schien­bein durch­zu­tre­ten. Wenn schon nicht für die­ses unnö­ti­ge Foul — und nein, da war kein Ball mehr, den er hät­te klä­ren kön­nen, es ging rein dar­um, dem Geg­ner Schmer­zen zuzu­fü­gen — dann hät­te der Für­ther spä­te­tens für das unsport­li­che Pöbeln gegen den sich am Boden win­den­den Gon­za­lez vom Feld gemusst. 

Aber hey, es ist ja auch für die Schieds­rich­ter nur die zwei­te Bun­des­li­ga. Any­thing goes.

Der Ärger über den Schieds­rich­ter und die Tret- und Spiel­ver­ei­ni­gung soll aber nicht ver­ber­gen, dass der VfB ein sehr schlech­tes Spiel ablie­fer­te. Und es ein­mal mehr durch indi­vi­du­el­le Klas­se gewann. Denn nach­dem Segu­in den Ball ver­lor (hehe) und spä­ter noch mit Krämp­fen aus­ge­wech­selt wer­den muss­te (hehe­he­he), schal­te­te Kle­ment am schnells­ten und schick­te Förs­ter auf die Rei­se, der geschick­ter­wei­se nicht im Abseits stand, den Für­ther Kee­per über­wand und den Ball nur noch zum erlö­sen­den 2:0 ein­schie­ben muss­te. Das war es. In einem Spiel, das er zu kei­nem Zeit­punkt kon­trol­lier­te, fei­er­te der VfB sei­nen bis dato höchs­ten Sai­son­sieg und gewann sogar zum ers­ten Mal zu Null.

Reicht Glück gegen Bielefeld?

Das war aller­dings vor allem, ihr ahnt es: Glück. Ja, ich habe mich schon letz­te Woche dar­über echauf­fiert, dass der VfB sei­ne Geg­ner zu ein­fach zu Chan­cen kom­men lässt. Und ja, jetzt ist es schon wie­der gut gegan­gen, wenn auch mit drei Schüs­sen ans Alu­mi­ni­um. Zudem hat­ten wir mit Fürth schon den zwei­ten Geg­ner in Fol­ge, der Bes­se­res vor­hat, als uns beim Hin- und Her­pas­sen zuzu­schau­en. Ach­ja und am Frei­tag müs­sen wir übri­gens nach Bie­le­feld, zu jener Armi­nia, die in sie­ben Spie­len bereits 19 Tore geschos­sen hat. Ja, da waren auch fünf gegen völ­lig über­for­der­te Wehe­ner dabei. Den­noch: So ein Geg­ner, übri­gens als ein­zi­ger neben uns noch unge­schla­gen, hat nicht nur die spie­le­ri­schen Mit­tel, um uns das Leben schwer zu machen, son­dern mit Klos und Vogl­sam­mer auch zwei Stür­mer, die zusam­men schon zehn Tore geschos­sen haben.

Wir müs­sen uns also ein wei­te­res Mal die schweiß­nas­se Stirn abwi­schen und hof­fen, dass die Mann­schaft in die­sem ers­ten rich­ti­gen Spit­zen­spiel auf den Punkt kon­zen­triert und anwe­send ist und ihre Favo­ri­ten­rol­le, die sie nun mal sowie­so in jedem Spiel und als Tabel­len­füh­rer sowie­so inne­hat, auch annimmt. Das bedeu­tet: Kom­pro­miss­lo­ses Ver­tei­di­gen, schnel­les Umschal­ten und eben sol­che Vor­la­gen wie beim 1:0 gegen Fürth, mit denen ein Stür­mer gar nichts ande­res anfan­gen kann, als sie zu ver­wer­ten. Auch wenn Tim Wal­ter immer wie­der betont, dass man noch in der Fin­dungs­pha­se sei: Bie­le­feld wird der ers­te rich­ti­ge Här­te­test für eine Mann­schaft, die bis­lang mit viel indi­vi­du­el­ler Qua­li­tät und einer nicht uner­heb­li­chen Men­ge Glück die zwei­te Liga anführt. Am Frei­tag kann sie die letz­ten Zwei­fel aus­räu­men, dass sie zurecht da oben steht.

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