Zwei am Freitag, einer am Montag: Der VfB füllt seinen Kader langsam auf. Wir haben mit Experten über die Neuzugänge Kobel, Bredlow und Al Ghaddioui.
Zwei Torhüter und ein Stürmer tragen seit diesem Wochenende das Trikot mit dem Brustring: Gregor Kobel wird für ein Jahr aus Hoffenheim ausgeliehen, Fabian Bredlow wechselt fest vom 1. FC Nürnberg nach Bad Cannstatt und von Jahn Regensburg kommt Hamadi Al Ghaddioui. Anstatt die Transfers aber chronologisch abzuarbeiten, wollen wir uns zunächst die Situation im Tor des VfB in der kommenden Saison anschauen und uns dann dem Sturm widmen.
Über Gregor Kobel haben wir uns mit Stephan (@Urbster) unterhalten, der Fan des FC Augsburg und Teil des Podcasts Auf die Zirbelnuss ist, denn in der Rückrunde der abgelaufenen Saison stand Kobel leihweise beim FCA im Tor. Zu Fabian Bredlow haben wir uns bei zwei FCN-Fans schlau gemacht: Florian Zenger (@flo_zenger) von Clubfans-United und Steffen (@2_Steffen).
Neu im Brustring: Gregor Kobel
Widmen wir uns zunächst Kobel, der ja voraussichtlich als Nummer 1 in die neue Saison gehen wird. Geboren im Dezember 1997 in Zürich, spielte er vom achten bis zum 17. Lebensjahr beim Grasshopper Club, bevor er 2014 in die Nachwuchsabteilung der TSG Hoffenheim wechselte. Dort wurde er 2016 Deutscher Vizemeister der A‑Junioren und stand im Anschluss auch bei der zweiten Mannschaft in der Regionalliga Südwest im Tor. Für die erste Mannschaft Dietmar Hopps hat er bisher zwei Einsätze: In der Europa League gegen Rasgrad und in der Liga gegen Hannover.
Anfang 2019 wechselte er dann für den Rest der abgelaufenen Saison leihweise zum FC Augsburg und wurde dort auf Anhieb Stammkeeper. Er absolvierte 16 Liga und zwei Pokalspiele und verpasste nur eine Partie wegen einer Gehirnerschütterung — der FCA kam aber beim 6:0 gegen den VfB auch ohne ihn ganz gut über die Runden. Insgesamt kassierten die Augsburger allerdings mit Kobel zwischen den Pfosten 42 Gegentore, auf die Saison gesehen mit 71 sogar eins mehr als der VfB. Man muss dabei allerdings auch den 34. Spieltag in Betracht ziehen, als man sich von Wolfsburg mit 8:1 abschießen ließ, was sicher nicht nur an Kobel lag.
Insgesamt war es für die Torhüter in Augsburg keine gute Saison. Fabian Giefer patzte in der Hinrunde zu oft und Andreas Luthe wurde nicht zugetraut, ihn zu ersetzen. Mit dem Wechsel von Kobel war die Erwartung verbunden, dass man mit einem jungen Talent nun endlich Ruhe auf der Position haben werde, erklärt Stephan. Am Status des Talents scheint sich auch nach dem halben Jahr in Augsburg noch nicht viel geändert zu haben. Stephan beschreibt Kobel als jemanden “mit ein ein paar rauen Ecken die man noch bearbeiten muss”. In Augsburg sei man nicht allzu traurig, dass er nach der Leihe wieder nach Hoffenheim zurück ging. Stephan traut ihm aber durchaus eine Karriere in der Bundesliga zu.
Mitspielender Torhüter ohne Kaufoption
Natürlich interessiert uns bei Kobel wie auch bei allen anderen Neuzugängen die Kompatibilität mit dem neuen Trainer Tim Walter oder, wenn man den Ausführungen Thomas Hitzlspergers Glauben schenkt, mit dem neuen Spielstil, der beim VfB unabhängig vom Trainer Einzug halten soll. Kobel sei durchaus ein mitspielender Torwart, erklärt, der auch über gute Reflexe verfüge. Gleichzeitig habe er aber auch Schwächen beim Rauskommen, beim Fausten und beim Standardsituationen. Die bereits angesprochene hohe Zahl an Gegentoren hat Stephan zufolge auch viel mit einer wenig eingespielten Viererkette und einem unsicheren Innenverteidiger Reece Oxford zu tun. Gleichzeitig habe Kobel allerdings eben bei Standards auch ein paar Tore auf seine Kappe nehmen müssen. Stephan kann sich aber gut vorstellen, dass eine richtige Vorbereitung gemeinsam mit der Viererkette Kobel helfen würde. Abseits des Platzes sei Kobel ein eher ruhiger Zeitgenosse.
Ein weiterer interessanter Punkt bei der Verpflichtung von Kobel sind die Vertragsmodalitäten. Kobel ist, anders als in Augsburg, nicht nur für eine Halbserie ausgeliehen, sondern für die ganze Saison. Zunächst vermeldeten verschiedene Medien, der VfB habe sich eine Kaufoption in den Vertrag schreiben lassen, was vom Dorf direkt dementiert wurde:
Achtung! Berichte über angebliche Kauf-Option im Rahmen der Leihe von @tsghoffenheim-Keeper Gregor #Kobel an @VfB sind FALSCH!
— Holger Kliem (@HolgerKliem) June 24, 2019
So der Pressesprecher der SAP-Betriebsmannschaft. Die Auflösung kam dann von Sven Mislintat:
Eine KO hat der VfB nach Angaben von Sven Mislintat bei Kobel nicht. Er selbst aber schließt einen Verbleib in Stuttgart über die Saison hinaus nicht aus. “Das muss man sich anschauen, klar”, sagte der zuletzt von der TSG an den FC Augsburg ausgeliehene Keeper. #VfB #Kobel
— Zolastico (@ZoZen44) June 25, 2019
Kobel hat seinen Vertrag vor der Leihe um ein Jahr verlängert, hat also im Sommer 2020 noch ein Jahr Restlaufzeit. Dass Kobel einen Verbleib in Stuttgart nicht ausschließt, ehrt ihn, bietet dem VfB aber nicht unbedingt mehr Planungssicherheit. Aber zur Gesamtsituation im Tor gleich mehr, denn Hitzlsperger und Mislintat haben ja am Wochenende noch einen zweiten Keeper unter Vertrag genommen.
Neu im Brustring: Fabian Bredlow
Fabian Bredlow ist zweieinhalb Jahre älter als Kobel und spielte bis zur B‑Jugend bei verschiedenen Vereinen in seiner Geburtstadt Berlin zuletzt bei Hertha Zehlendorf. 2012 wechselte er dann zu Red Bull Leipzig und wurde in der Folge erst ans Farmteam nach Salzburg und dann ans Farmteams des Farmteams nach Liefering verliehen, für das er 29 Spiele machte. 2015 wechselte er dann zum Halleschen FC und damit zurück in den Vereinsfußball. Nach 68 Spielen in der 3. Liga für den Verein aus Sachsen-Anhalt. Von dort ging es 2017 nach Nürnberg, die damals noch in der zweiten Liga spielten.
Die Verpflichtung sei damals von Raphael Schäfer, langjähriger Nürnberger Torwart mit unrühmlicher VfB-Vergangenheit, eingefädelt worden erläutert Florian. Beim FCN traf er auf einen anderen ehemaligen Brustringträger: Thorsten Kirschbaum, der den VfB 2015 gen Nürnberg verlassen hatte. Die Erwartung, dass Bredlow auch angesichts der Tatsache, dass Kirschbaum damals schon 30 Jahre alt war, langfristig Torhüter Nummer 1 sein würde, sei durchaus vorhanden gewesen, so Steffen. Kirschbaum haben 2015/16 “eine Kastrophensaison” gehabt, erklärt Florian, habe sich in der Folgesaison aber gefangen, so dass das Torwartrennen bei Bredlows Ankunft relativ offen gewesen sei.
Aufstiegsheld Bredlow
In der Hinrunde der Aufstiegssaison stand Bredlow dann bei zwei Spielen im Tor, unter anderem beim 3:1 im Derby gegen Fürth, saß aber sonst auf der Bank. Nach einem schlechten Spiel Kirschbaums vollzog der damalige Trainer Köllner den Wechsel im Tor: Bredlow wurde die neue Nummer 1 und gab diesen Status bis zum Ende der Saison, die der FCN auf Platz 2 und damit als Aufsteiger beendete, nicht mehr ab. Insgesamt kassierte Bredlow in den 22 Spielen in dieser Saison 22 Gegentore und hatte durchaus einen gewissen Anteil am Aufstieg, wie Florian und Steffen betonen. Florian unterstreicht das mit ein paar Zahlen, die er mit Hilfe des Datendienstes wyscout auch noch mal mit denen von Gregor Kobel, Ron-Robert Zieler und anderen Torhütern, die beim VfB im Gespäch waren, vergleicht: Bredlow hatte eine Fangquote von 74 Prozent, kassierte fünf Tore weniger als nach expected goals erwartet und machte insgesamt nur wenige, dafür aber aufsehenerregende Fehler.
Nach dem Aufstieg verpflichtete der FCN Christian Mathenia vom Absteiger HSV, gegen den sich Bredlow jedoch in der Vorbereitung zunächst durchsetzen konnte. Auch in der abgelaufenen Saison kehrte im Tor der Nürnberger jedoch keine Ruhe ein. Nach dem 0:7 in Dortmund und dem 0:6 in Leipzig fand sich Bredlow auf der Bank wieder. Nachdem sich Mathenia verletzte, machte Bredlow zwar in der Hinrunde insgesamt 13 Spiele, in der Rückrunde wurde er allerdings endgültig zur Nummer 2 degradiert. In diesen 13 Spielen hatte er, danke erneut an Florian für die Zahlen, nur noch eine Fangquote von 52 Prozent und acht Tore mehr kassiert als nach xG erwartet.
Perspektive Nummer Zwei
Bredlow habe in der Hinrunde der abgelaufenen Saison vor allem Ausstrahlung und Sicherheit vermissen lassen, erklärt Steffen und Florian weist darauf hin, dass seine Leistung wohl auch mental bedingt gewesen sei, auf jeden Fall sei sie zu selten bundesligatauglich gewesen. Auch deswegen habe er sich nicht mehr gegen den bundesligaerfahrenen Mathenia durchsetzen können. Dessen Vertrag wurde kurz nach Saisonende um fünf Jahre verlängert, so dass weder Florian noch Steffen wirklich überrascht sind, dass Bredlow den Verein verlässt. Überraschender ist hingegen das Ziel seines Wechsels, beziehungsweise die Situation bei seinem neuen Verein. Denn Bredlow habe durchaus immer mal wieder Ansprüche auf den Status als Stammtorwart geäußert, wird aber beim VfB wohl auch wieder auf der Bank sitzen.
Dementsprechend können sich auch beide Nürnberg-Experten nicht so wirklich vorstellen, dass Bredlow langfristig mehr als eben die Nummer 2 beim VfB sein wird und sich in der Bundesliga nach einem möglichen Wiederaufstieg durchsetzt. Wobei man natürlich in Betracht ziehen muss, dass er in der letzten Saison wirklich nicht überzeugte. “Wirklich unsicher mit dem Ball am Fuß wirkte er nicht, aber jetzt auch kein Virtuose in Sachen Aufbauspiel”, antwortet Florian auf die Frage, wie gut Bredlow ins Ballbesitzspiel des VfB passen könnte. Sein Trainer Köllner habe sehr gemächlich aufbauen lassen, außerdem habe Bredlow viele lange Abschläge gemacht, bei denen die Streuung, wie Steffen anmerkt, relativ groß gewesen sei. Ähnlich wie Kobel habe er gute Reflexe und habe anders als der aber auch eine gute Strafraumbeherrschung, Schwächen offenbarten sich bei Distanzschüssen.
Die Situation zwischen den Pfosten
Nun ist also das Torhüterteam des VfB für die neue Saison scheinbar komplett. Gregor Kobel als wahrscheinliche Nummer 1, dahinter Fabian Bredlow und Jens Grahl, während A‑Junioren-Vizemeister Sebastian Hornung zunächst weiter für die U19 oder die U21 spielen wird. Zwei Keeper haben den Verein dafür verlassen: Alexander Meyer, der in zwei Jahren kein einziges Spiel in der Bundesliga machte und, wesentlich prominenter: Ron-Robert Zieler. Es ist zu vermuten, dass die Trennung in beiderseitigem Einvernehmen stattfand, wie man so schön sagt: Der VfB wollte den spielerischen Neuaufbau ohne Zieler angehen und der ergriff die Chance, zu seinem langjährigen Ex-Verein zurück zu kehren. Der VfB hingegen tauscht, wie in der Kaderplanung generell, Berechenbarkeit gegen Risiko ein.
Sicher hatte auch Zieler seine schwachen Momente und auch seine starken Reflexe und sein alles in allem sicheres defensives Torwartspiel können nicht komplett darüber hinwegtäuschen, dass er nicht unbedingt in der Lage war, das Spiel besonders konstruktiv — oder schnell — von hinten aufzubauen. Auf der anderen Seite hätte man mit ihm wahrscheinlich einen der besten Zweitliga-Torhüter gehabt — und einen der stabilsten. Stattdessen hat man sich für zwei Torleute entschieden, die wesentlich jünger sind und in der vergangenen Saison in der Bundesliga nicht wirklich geglänzt haben. Das heißt zum einen: Sie wollen sich beweisen. Kobel will sich für einen Stammplatz in Hoffenheim oder woanders empfehlen, Bredlow möchte zeigen, dass er auch Nummer 1 bleiben kann und zwar nicht nur für eine Halbserie. Das heißt aber zum anderen auch, selbst wenn man einen Torwart nie unabhängig von seiner Abwehr betrachten sollte: Sie sind jung und haben noch nicht viel bewiesen.
Ein Torwart nur für ein Jahr
Das hat den VfB auch nicht davon abgehalten, jungen Torhütern wie Timo Hildebrand und — mit Abstrichen und auf Umwegen — Sven Ulreich irgendwann das Vertrauen auszusprechen, die Nummer 1 auf dem Rücken zu tragen. Der Unterschied bei diesen Spielern war jedoch, dass sie vertraglich länger an den VfB gebunden waren und man trotz immer wiederkehrender Abwanderungsgedanken Hildebrands eine gewisse Planungssicherheit hatte. Davon können wir derzeit nicht sprechen und das macht mir etwas Sorge. Natürlich muss die Spielidee unabhängig von den einzelnen Spielern funktionieren. Aber eine mit einem Torwart möglichst seit mehr als einem Jahr eingespielte Abwehrformation vermittelt mir ein besseres Gefühl, als sich im Sommer 2020 um einen Nachfolger für Kobel und gegebenenfalls auch für Bredlow bemühen zu müssen. Sicher: Zieler und seine Vorderleute kannten sich zu Beginn der vergangenen Saison auch bereits seit einem Jahr und bekamen trotzdem die Hucke voll.
Dennoch werde ich das Gefühl nicht los — und mehr als ein Gefühl kann es aktuell nicht sein, da wir uns gerade in der ersten Woche der Vorbereitung befinden — dass der VfB derzeit alles tut, um sein Konzept — oder das von Tim Walter, ich bin da immer noch skeptisch — in diesem Sommer mit diesem Kader radikal umzusetzen. Grundsätzlich begrüße ich diesen wirklich notwendigen Umbruch, aber er ist eben mit einem gewissen Risiko verbunden. Es scheint beim VfB in der kommenden Saison keine Grautöne zu geben. Entweder es läuft grandios oder es geht grandios schief. Und Torhüter sind nun mal keine ganz einfache Position, denn es gibt sie nur einmal auf dem Platz und anders als Innenverteidiger gibt es für sie im Spiel kein Backup.
Neu im Brustring: Hamadi Al Ghaddioui
Weniger Risiko geht der VfB bei seinem dritten Neuzugang ein, er dürfte auch bisher noch am wenigsten bekannt sein, was auch daran liegen kann, dass der VfB in den letzten Jahren nicht seinen bisherigen Verein, den SSV Jahn Regensburg, traf. Zwei SSV-Experten haben wir zu Hamadi Al Ghaddioui befragt. Stefan (@johndillinger15), Podcaster bei 1889fm und Tobias, Autor des Buches “111 Gründe, den SSV Jahn Regensburg zu lieben” und Blogger.
Al Ghaddioui ist schon ein paar Tage älter als die beiden neuen Torhüter, er wurde 1990 in Bonn geboren und hat sowohl die deutsche, als auch die marokkanische Staatsbürgerschaft. Sein Nachname wird, wie uns Tobias erklärt und es der Spieler am Dienstag bei VfBtv auch nochmal erklärte, Al Gadui ausgesprochen.
Nach verschiedenen Stationen in Nordrhein-Westfalen bei Leverkusen, Verl, Dortmund und Lotte wechselte er Anfang 2018 aus der 3. Liga zum Jahn. Dort suchte man nach einer Ergänzung zu Kapitän Marco Grüttner, der vor nicht allzulanger Zeit noch für den VfB II auf Torejagd ging. In der Rückrunde 2017/2018 spielte er unterm Strich allerding nur etwas melhr als 60 Minuten, da man in Regensburg bereits über drei andere Stürmer verfügte. Insgesamt sei ihm aufgrund der häufigen Vereinswechsel und der kurzen Zeit bei seinen Vereinen auch eine gewisse Skepsis entgegen gegebracht worden.
Der nächste Schritt
So richtig festgespielt hat sich Al Ghaddioui eigentlich erst ab Mitte der Hinrunde der vergangenen Saison. Nachdem er vorher nur sporadisch zum Einsatz kam, absolvierte er von da an die meisten Spiele über 90 Minuten, erzielte beim Tabellenachten elf Tore in 20 Startelf-Einsätzen und insgesamt 33 Partien und gab sechs Vorlagen. Insgesamt sind Stefan und Tobias mit Platz 8 in der Saison und auch mit der Leistung ihres Stürmers zufrieden. Ziel des Jahn seies, so Stefan, sich in der Liga zu etablieren. Durch die Tore von Al Ghaddioui sei Grüttner entlastet worden, Tobias weist darauf hin, dass auch einige wichtige Tore darunter gewesen seien.
Dementsprechend sind beide Jahn-Experten wenig erfreut über den Wechsel, wenn auch nicht wirklich überrascht. Man sei solche Abgänge , wohl auch wegen der finanziellen Situation des Vereins gewohnt, und es sei auch die Philosophie des Vereins, Reisende nicht aufzuhalten, so Stefan. Tobias erklärt, dass Al Ghaddioui wie schon bei seinem Wechsel von Lotte nach Regensburg die Chance ergriffen hat, auf der Karriereleiter die nächste Stufe zu erklimmen. Frustrierend ist für ihn vor allem die “für einen 11-Tore-Stürmer, der seine Zweitligatauglichkeit unter Beweis gestellt hat” verhältnismäßig geringe Ablösesumme von rund 300.00o Euro sowie die offensichtliche Geringschätzung, die manche VfB-Fans in den sozialen Medien einem ihnen noch unbekannten Spieler bisher entgegen gebracht haben.
Gute Technik, wenig Risiko
Al Ghaddioui ist 28 Jahre alt und hat beim VfB für zwei Jahre bis 2021 unterschrieben. Beide Regensburger Fans trauen ihm eine gute Saison in der zweiten Liga zu, auch wenn er in Regensburg ein wenig gebraucht habe, um zu “zünden”, wie Stefan es ausdrückt. Tobias kann sich durchaus vorstellen, dass der auch in der kommenden Saison wieder zweistellig trifft, meldet aber Zweifel an, ob er nach einem Aufstieg auch eine Chance hat, sich in der Bundesliga durchzusetzen, auch weil er dann schon fast 30 Jahre alt wäre. Al Ghaddioui sei bei 1,93 Meter Körpergröße ein robuster Spieler, so Stefan, “der sich vorne in der Box mit seiner Technik gut durchsetzen kann” und sich seine Bälle durchaus auch von weiter hinten hole, auch weil das bisherige System der Regensburger dies erfordere. Tobias ergänzt, dass er zudem unheimlich viel laufe, also nicht nur im Strafraum auf Bälle warte und auch sonst viel Einsatz zeigt. Einen ersten Vorgeschmack erhielten die VfB-Fans schon beim 11:0 gegen die Hohenlohe-Auswahl am vergangenen Sonntag, auch wenn der Gegner natürlich kein Maßstab war.
Auch bei Al Ghaddioui achtet der VfB scheinbar vor allem auf die kurzfristige Perspektive, geht dabei allerdings kein großes Risiko ein. Die Ablöse ist, ähnlich bei Bredlow, relativ gering und die Erfolgschancen angesichts der Leistungen des Spielers in der letzten Saison, relativ groß. Mario Gomez, der dem Verein ja erhalten bleibt, hat dann endlich die Unterstützung im Sturm, die er schon in der abgelaufenen Rückrunde nötig gehabt hätte und in der Winterpause bei Michael Reschke einforderte. Es wird spannend sein zu sehen, was das für Leon Dajaku bedeutet, der natürlich noch jung genug ist, um auch in der kommenden Saison noch die dritte Geige im Sturm zu spielen um dann sukzessive Gomez und/oder Al Ghaddioui zu beerben. Wenn er sich so weiter entwickelt wie bisher. Mit der Verpflichtung des Stürmers aus Regensburg hat der VfB auf jeden Fall nicht viel falsch gemacht. Al Ghaddioui ist ein bißchen wie Simon Terodde, nur mit ein paar Toren und ein bißchen Erfolgsgarantie weniger.
Blackbox Kaderplanung
Alles in allem ist die Kaderplanung des VfB für mich immer noch ein wenig eine Blackbox. Ich weiß, worauf Mislintat, Hitzlsperger und Walter hinaus wollen, ich weiß aber noch nicht, wie der Kader am Ende der Vorbereitung aussieht und wie die Spieler, die wir bisher verpflichtet haben, genau ins System passen. Vieles wird sich mit Sicherheit auch in den kommenden Testspielen zeigen, von denen am heutigen Mittwoch das nächste ansteht. Es wird auf jeden Fall einiges anders beim VfB und wir werden neben starken Nerven wahrscheinlich auch viel Geduld mit in die neue Saison bringen. Auch wegen des völlig unnötigen Abstiegs genießt der Verein, auch wenn das gegenüber den teilweise noch nicht so lange handelnden Personen unfair sein mag, bei mir keinen Vertrauenvorschuss. Vor einem Jahr habe ich den Fehler gemacht und mehr oder minder darauf vertraut, dass die handelnen Personen nicht so unfähig sein können, die Saison trotz großer Investitionen und früher Planungssicherheit vor die Wand zu fahren. Ich wurde bitter enttäuscht. Statt großer Investitionen stellt der VfB jetzt in kurzer Zeit und mit einem gewissen Risiko alles um. Ich hoffe, dass es gut geht, bewahre mir aber schon aus Selbstschutz noch eine gewisse kritische Distanz.
Danke für die aufwändige Recherche, eure Beiträge sind immer wieder sehr interessant und helfen uns VfB Fans durch die Hintergründe das (hoffentlich) vorhandene Konzept besser zu verstehen. Aber es ist und bleibt ein „Ritt auf der Rasierklinge“, der hoffentlich gutgeht. Ich tue mich auch noch ein bißchen schwer mit den „handelnden“ Personen, da diese den Abstieg nicht verhindern konnten und so noch keinen „Leitungsnachweis“ erbringen konnten bis auf dass Sie das Ganze Chaos etwas befriedet hatten. Mißtrauisch machen mich vor allem die „Lobhudeleien“ gegenüber Dietrich, das wirkte ja geradezu lachhaft. Ein bißchen mehr „kritischer „ Geist ist aus meiner Sicht notwendig und ein Trainer der mal zur Abwechslung nicht mit dem „Kopf durch die Wand“ will wie einst Zorniger, Wolf und Co.
Ich finde den etwas kritischen Blick auf die VfB-Zukunft absolut notwendig (auch wenn ich es mir gerne rosarot oder vielmehr weißrot ausmalen würde). Seit klar ist, dass Walter kommt, muss ich eigentlich immerzu an Zorniger 2.0 denken. Und das war — abgesehen von der letzten Saison — mit die schlimmste Zeit in Stuttgart. Dieses ganz oder garnicht-‘Konzept’, das Auftreten des Trainers und das komplette Umwerfen des Kaders … ich habe echt Zweifel, dass man die Spielidee des Vereins binnen zwei Trainingslagern festlegen kann. Aber ich lass mich gerne eines besseren belehren.
Hallo Florian,
ich hoffe, dass Walter nicht so starsinnig ist, wie Zorniger es war. Wenn man Hitzlsperger Glauben schenken darf, soll das Konzept ja unabhängig vom Trainer sein, d.h. wir säßen immerhin nicht auf einer Mannschaft fest, die nicht zum neuen Trainer passt. Ich bin auch gespannt. Langweilig wird es auf jeden Fall nicht.
Viele Grüße, Lennart