Der VfB verjüngt seinen Kader weiter: Mit Tanguy Coulibaly von Paris St. Germain kommt ein weiterer Spieler des Jahrgangs 2001. Wir haben uns in Paris umgehört.
Während sich viele VfB-Fans fragen, woran denn eigentlich der Transfer von Sasa Kalajdzic von Mödling zum VfB noch hängt, hat der Verein einen anderen Neuzugang bekannt gegeben: Tanguy Coulibaly kommt ablösefrei aus der Nachwuchsabteilung des neureichen französischen Meisters Paris St. Germain. Der Franzose ist im Februar 18 Jahre alt geworden und hat bisher nur für die Jugendmannschaften von PSG gespielt. Viel gibt es daher nicht über ihn zu erfahren und deshalb auch nicht so viel zu schreiben, wie über andere Spieler. Dennoch haben wir Paris-Fans gefunden, die uns zu ihrem ehemaligen Nachwuchstalent Auskunft geben konnten: Jonathan Beristain (@Jon_Beristain) vom Blog PSG Talk und die Macher des Blogs CulturePSG.
Ablösefrei und durchsetzungsfähig
Überraschend ist zunächst sicherlich, dass Coulibaly ablösefrei zum VfB kommt. In der vergangenen Saison war er noch für die U19 aktiv und schoss in der UEFA Youth League ein Tor und bereitete zwei vor. Jedoch fiel sein Vertragsende diesen Sommer mit der Auflösung der zweiten Mannschaft der Pariser zusammen. Der Verein bot ihm Jonathan zufolge zwar einen Profivertrag an, auf dessen Konditionen man sich letzten Endes aber wohl nicht einigen konnte. Unsere Experten erzählen, dass er als Linksfuß vor allem auf dem linken Flügel zum Einsatz kommt, aber auch auf der anderen Seite oder im Zentrum eingesetzt werden kann. Seine größte Stärke, betonen alle unisono, sei seine physische Präsenz und Durchsetzungsfähigkeit. Außerdem verfüge er, quasi ein Klassiker bei jungen Flügelspielern, über Schnelligkeit, eine gute Beschleunigung und eine gute Technik. Jonathan sprach zudem mit einem Mannschaftskameraden aus der U19 von PSG, der Coulibalys Wert für die Mannschaft und deren Offensivkraft unterstreicht und ihm attestiert, sowohl bei Flanken, als auch bei Vorlagen und vor dem Tor zu glänzen. CulturePSG schränken jedoch ein, er sei mehr ein Flügelspieler als ein zentraler Stürmer.
Eine Schwäche sei noch die Chancenverwertung, auch wenn er sich hier bereits verbessert habe, so die Experten von CulturePSG. Außerdem fehle ihm noch die Spielübersicht, er müsse häufiger den Kopf hochnehmen. Die U19 von PSG verpasste in der vergangenen Saison den Einzug in die Meisterschaftsendrunde knapp und schloß die Tabelle auf dem zweiten Tabellenplatz ab, erzielte aber mit 70 Toren in 26 Spielen die meisten der Liga.
Ein Talent, aber kein Supertalent
Einen — natürlich sehr einseitigen — Eindruck von Coulibaly gibt auch dieser Zusammenschnitt seiner Szenen im Finale des Alkass International Cups, einem Einladungsturnier für Jugendmannschaften der Aspire Academy, die wie PSG im Besitz von Katar ist. In diesem Finale schoss Coulibaly zwei Tore und trug die Rückennummer 15.
Natürlich muss man einschränkend anmerken, dass sich die bisherigen Erkenntnisse über seine Fähigkeiten auf den Jugendfußball beschränken. In diesem Alter gibt es zwar bereits Spieler, die ansatzlos den Übergang in den Profi-Fußball schaffen, die Regel ist es aber nicht. CulturePSG merkt an, Coulibaly sei zwar ein großes Talent, aber kein herausragendes — was nicht weiter verwundert, schließlich würde er sonst wahrscheinlich unter Thomas Tuchel trainieren und nicht unter Tim Walter. Jonathan geht davon aus, dass ihm ein Jahr in der zweiten Liga gut tun wird, um sich an den Herrenfußball zu gewöhnen. Seine Körperlichkeit würde ihm dabei definitiv helfen.
Geduld mit jungen Spielern
Ein Nachwuchsspieler aus der Akademie von Paris St. Germain, die in den letzten zehn Jahren drei Mal die französiche U19-Meisterschaft gewann und ein weiteres Mal im Finale stand, ist natürlich erstmal auf dem Papier kein schlechter Transfer, vor allem, wenn er ablösefrei zum VfB kommt. Ob er in der zweiten Liga regelmäßig zum Einsatz kommt, da bin ich genauso skeptisch wie bei den anderen “2000ern” im Kader: Antonis Aidonis, Roberto Massimo und Leon Dajaku. Das sieht auch CulturePSG so: Man müsse Geduld mit ihm haben. Coulibaly habe nicht mit der ersten Mannschaft von PSG trainiert und auch nicht mit deren Reserve. Sie können sich vorstellen, dass er im Laufe der Saison und definitiv bei Testspielen zum Einsatz kommt.
Grundsätzlich muss man natürlich auch erstmal hinterfragen, warum man einen 18jährigen Spieler aus Frankreich holt, wenn die eigene U19 gerade den Pokal und die Vizemeisterschaft geholt hat. Scheinbar sehen Thomas Hitzlsperger und Sven Mislintat, denen ich durchaus zutraue, ein Auge auf den eigenen Nachwuchs zu haben, aber auf dieser Position keine interne Lösung. Alternativen gibt es natürlich im Kader: Über die Zukunft von Erik Thommy scheint noch nichts final entschieden zu sein, auch Mateo Klimowicz kann auf dem Flügel spielen. Ehrlich gesagt wäre ich auch froh, wenn wir nicht schon wieder einen jungen Spieler so verheizen müssten, wie wir das mit Nicolas Gonzalez in der vergangenen Saison getan haben.
Die Alten werden weniger
Der Kader des VfB hat Stand jetzt ein Durchschnittsalter von etwa 23 Jahren, mit Mario Gomez, Holger Badstuber, Gonzalo Castro und Daniel Didavi hat der VfB nur vier Spieler mit einem Alter über oder knapp unter 30 Jahren. Die Diskussion, ob man alte und erfahrene Spieler benötigt, haben wir schon zu Zeiten von Jan Schindelmeiser gehabt und sie ist in gewisser Weise müßig, denn am Ende muss die Mannschaft spielerisch und charakterlich zusammen passen. Ich bin gespannt, wie Tim Walter mit den vielen jungen Spielern umgehen wird, auch im unvermeidlichen Fall, dass sie Fehler machen. Erfahrung im Jugendbereich hat er ja, schauen wir mal, ob ihm die mit dieser Mannschaft auch im Herrenbereich hilft.