Der VfB verliert erstmals nach sechs Siegen in Folge und macht dabei eigentlich gar nicht so viel falsch. Die Mannschaft muss nur, solange Serhou Guirassy fehlt, ein paar Sachen noch besser machen als gegen Hoffenheim.
Es offenbarte vielleicht die Diskrepanz zwischen Aufwand und Ertrag des VfB im Heimspiel gegen Hoffenheim am deutlichsten, als sich Deniz Undav nach der Niederlage vor die Mikrofone begab und zu Protokoll gab, er habe Fans und Mannschaft enttäuscht. Das, wohlgemerkt, nachdem er den ersten Anschlusstreffer von Chris Führich mustergültig mit der Hacke assistiert und den zweiten Anschlusstreffer mit dem Kopf über die Linie gedrückt hatte. Hätte Undav noch eine weitere Großchance und seinen Elfmeter verwandelt, wäre der VfB vielleicht wirklich zum siebten Mal in Folge als Sieger vom Platz gegangen. Aber Undav tut sich natürlich Unrecht, indem er die Schuld für die Niederlage auf seine Schultern nimmt.
“Jeder erwartet von mir das Gleiche wie von Serhou”, schob Undav seiner Selbstgeißelung voran und in dieser Fokussierung auf Guirassy, beziehungsweise der Reaktion darauf lag vielleicht der Grund, warum der VfB nicht mehr aus seiner statistischen Überlegenheit machte gegen eine Mannschaft, die Ex-VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo auf Zeitspiel, Wundliegen und Konter eingestellt hatte. Die Mannschaft suchte ihren Zielspieler, fand ihn nicht und verhedderte sich zu häufig in Einzelaktionen, statt den Ball laufen zu lassen. Dass Undav, Silas und Führich vorne immer wieder rotieren sorgte eher in den eigenen Reihen für Verwirrung als für Unruhe beim Gegner, weil teilweise der Abnehmer in der Mitte fehlte. Sebastian Hoeneß muss also in den kommenden Spielen noch ein bisschen daran feilen, wie er Guirassy effektiver ersetzt.
Nicht viel falsch gemacht
Ich nutze die Steigerungsform, weil der VfB trotzdem zwei Tore erzielte, zwei weitere auf dem Fuß hatte und den auch nicht ganz so schlechten Gegner phasenweise an die Wand spielte. Was diesem neben dem von Hoyzers Linienrichter geflissentlich ignorierten Zeitspiel die drei Punkte bescherte, waren letzten Endes individuelle Fehler des VfB. Und die waren alle drei vermeidbar. Sowohl bei Stillers verlorener Zweikampf gegen Weghorst, als auch Rouaults Zweikampfverhalten im eigenen Strafraum oder Antons ungelenker Drehung an der Außenlinie. Aber sie sind eben auch genau das: Vermeidbar. Der VfB hat kein strukturelles Defensivproblem sondern traf heute mit Maxi Beier auf einen Gegenspieler, der das gnadenlos ausnutzen.
Und weil der VfB diesmal eben kein Happy End vor der Cannstatter Kurve feierte, blieb es am Ende bei der Niederlage, die Trainer und Mannschaft, aber auch Fans in eine interessante Situation bringt. Denn es ist natürlich ein schmaler Grat zwischen dem Schönreden einer Niederlage, weil es die erste seit Wochen ist, und der realistischen Einordnung. Ich hoffe, mir ist Letzteres gelungen. Zumindest hat mich lange nicht mehr eine Niederlage so wenig beunruhigt. Der Ausfall von Guirassy ist eine Herausforderung, an der Trainer und Mannschaft noch zu knabbern haben. Die Möglichkeiten, auch ohne ihn zu punkten, sind aber da und bereits am Dienstag im Pokal gegen weiterhin sieglose Unioner steht der nächste Versuch an, bevor es am Sonntag nach Heidenheim geht, das auch die letzten drei Spiele verloren hat. Beides knifflige Spiele. Heidenheim lag uns schon in der zweiten Liga nicht und wird ähnlich tief stehen wie Hoffenheim, Union weiß eigentlich schon, wie sie gegen uns spielen müssen, brachten es aber im eigenen Stadion nicht auf den Platz. Ich bin gespannt, welche Lösungen Sebastian Hoeneß für diese Spiele hat. Auf jeden Fall muss die Mannschaft die Aufgaben kollektiv lösen. Ein bisschen besser als gegen Hoffenheim.
Zum Weiterlesen: Stuttgart.International beobachtet Sterbende Schwäne in blau und konstatiert: “Mit 21 Punkten auf dem Konto kann der VfB die Niederlage nicht nur verkraften, vielleicht kommt der Schuss vor den Bug sogar zur richtigen Zeit, bevor die ersten vor dem Einschlafen die Champions-League-Hymne summen.”
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