Beim 3:1‑Heimsieg gegen Hoffenheim gelang den Brustringträgern vieles, was ihnen in den letzten Wochen abging. Am wichtigsten: Tore.
Es liegt in der Natur des Sports (nein, solche Geschichten schreibt nicht nur der Fußball), dass jedes Spiel bei 0, beziehungsweise 0:0 losgeht. Das ist keine ganz neue Erkenntnis, sie hilft aber, zu erklären, warum der VfB beim Aufsteiger in Bochum offensiv so desolate auftrat, während am Samstagnachmittag zwei Innenverteidiger trafen und ein junger Spieler sein erstes Bundesliga-Tor erzielte. Und gleichzeitig hilft es auch, die eigene Reaktion auf die Spiele des VfB einzuordnen.
Aber der Reihe nach. Das 0:0 an der Castroper Straße hat mich immens geärgert, weil drei Punkte bei einem Aufsteiger und direkten Konkurrenten um den Klassenerhalt schon aus tabellarischen Gründen Pflicht sind, vor allem aber, weil ich die Bochumer als schwächer einschätzte als die folgenden Gegner Hoffenheim, Mönchengladbach und Union. Deswegen überschrieb ich den Spielbericht auch mit “Vorerst Abstiegskampf”
Die erhoffte Reaktion
90 Minuten später sieht die VfB-Welt schon wieder ein bisschen rosiger aus. Zu rosig? Oder war die Einordnung des Bochum-Spiels zu pessimistisch, ohne Vertrauen in Trainerteam und Mannschaft getätigt? Nunja. Im Abstiegskampf steckt der VfB nach wie vor, auch wenn er seine Ausgangsposition verbessert hat. Gleichzeitig zeigte die Mannschaft gegen Hoffenheim endlich die erhoffte Reaktion auf die frustrierenden und teilweise überforderten Auftritte der letzten Woche und riss das Spiel, nachdem sie ein paar Großchancen der Gäste, darunter ein Lattentreffer, überstanden hatte, an sich. Und damit meine ich nicht nur die zahlreichen Angriffe, die von Hoffenheim nur zu Ecken geklärt werden konnten, von denen eine den Kopf von Marc-Oliver Kempf fand. Nein, endlich zeigten die Brustringträger gegen einen ernstzunehmenden Gegner (sorry, Fürth) eine Leistung, die an die Auftritte der letzten Saison erinnerte: bissig im Zweikampf und somit meist auch in der Lage das hohe Pressing restzuverteidigen, außerdem schnell im Umschaltspiel.
Dass sich trotz aller berechtigten Kritik an fehlender Gier und Genauigkeit aktuell vieles im Kopf abspielt, bewies der Führungstreffer. Endlich einmal geriet man nicht früh in Rückstand und setzte stattdessen selber den ersten Punch. Dem zwei weitere Folgen sollten: Mavropanos Kraftakt zum 2:0 und Massimos sehr erfreulicher Premierentreffer von fast der gleichen Position aus. Und mit jedem Tor, mit jeder vielversprechenden Torchance kam der VfB besser ins Spiel. Woran das lag? Zum einen, daran, dass Dietmar Hopp zwar scheinbar fleißig im Red Bull-Stil Zulieferbetriebe in aller Welt hochzüchtet, der Herzensverein an der Autobahn aber erstaunlich wenig aus seinem an sich gut bestückten Kader macht. Vor allem aber an zwei Personen: Atakan Karazor und Chris Führich.
Stabil und gefährlich
Denn diese beiden gaben dem VfB eine Stabilität und Gefährlichkeit, die er in den letzten Spielen vermissen ließ. Karazor spielte eine Art Ausputzer hinter dem Duo. Mangala/Endo und räumte, von seinem spektakulären Fehlpass mal abgesehen, vieles auf, was den beiden häufig sehr hochstehenden Mannschaftskollegen durch die Lappen ging. Im Zweifel konnte er gegen den Ball so auch in die Viererkette zurückfallen und Borna Sosa, wenn ich das so richtig beobachtet habe, auf der Außenbahn mehr offensive Freiheiten verschaffen.
Apropos Offensive: Chris Führich war wie schon nach seiner Einwechslung in Bochum ein Aktivposten, auch wenn es für 90 Minuten scheinbar noch nicht reicht. Dennoch zeigte er bis dahin, welche offensiven Optionen Pellegrino Matarazzo mit ihm und Marmoush in Abwesenheit von Riese Sasa und Dampfwalze Silas hat — auch wenn keiner von beiden außer dem Ecken-Assist von Marmoush etwas Zählbares davon trug. Aber vielleicht ist es Führich energisches Spiel nach vorne, welches der Mannschaft gegen immer schwächer werdende Hoffenheimer half und auch in den kommenden Spielen von Nutzen sein wird.
Acht von 40
Bis dahin herrscht bei mir vor allem Erleichterung, dass wir die bereits in Bochum erhofften drei Punkte dann halt an diesem Wochenende mitgenommen haben. Und dass es jetzt schon acht von 40 sind. Vor allem aber, dass die Mannschaft nach wie vor in der Lage ist, Tore zu schießen und eine Reaktion auf vorangegangene Auftritte zu zeigen. Denn damit hatte ich letzte Woche nicht gerechnet.
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Titelbild: © Matthias Hangst/Getty Images