Der VfB verliert das Heimspiel gegen Wolfsburg, rutscht auf den letzten Tabellenplatz ab und Bruno Labbadia darf weiterhin der falsche Trainer für die Mannschaft und die Situation sein.
“Die Frage zum Trainer steht nicht zur Debatte”, stellte Sportdirektor Fabian Wohlgemuth nach der entmutigenden Heim-Niederlage gegen biedere Wolfsburger fest und offenbarte damit, dass auch er Teil einer Fehlerkette ist, an deren Ende der VfB neun Spieltage vor Saisonende auf dem letzten Platz der Tabelle steht. Die sportliche Leitung des VfB, Alexander Wehrle und eben Wohlgemuth, hätten die anstehenden Länderspielpause nutzen können, nein müssen, um im Sinne des quasi überlebenswichtigen Klassenerhalts eine Kurskorrektur vorzunehmen. Denn “am Ende zählen die sportlichen Ergebnisse”, wie Wehrle jetzt schon mehrfach betont hat. Es sei denn, man will sich seinen eigenen Fehler nicht eingestehen, natürlich. Und auch Wohlgemuth, dem in seiner Karriere als sportlich Verantwortlicher im Profifußball zwei Trainer (Walter und Baumgart) abgeworben wurden und der mit Andre Schubert nur einmal einen Trainer entlassen musste, kann oder will sich nicht von seinem Vorgesetzten emanzipieren und den Trainer entlassen, der ihm quasi mit Amtsantritt vorgegeben wurde.
Am anderen Ende lässt sich die Fehler- problemlos in eine Viererkette verlängern. Natürlich die des VfB. Jeder weiß, dass wir ligaweit die meisten Tore aus Distanzschüssen kassieren. Es ist nicht mal ein Jahr her, dass Omar Marmoush im Trikot mit dem Brustring einen Freistoß direkt versenkte. Überraschen lassen sich davon nur noch die Defensivspieler des VfB, diesmal zur Abwechslung in Person von Hiroki Ito, der Marmoush unbehelligt durch die Stuttgarter Hälfte spazieren ließ, obwohl er hinter sich eine Absicherung hatte. Überhaupt ist es nur schwer zu erklären, warum die Mannschaft gegen eine biedere Wolfsburger Truppe, die von einen lächerlichen Häufchen im Gästeblock unterstützt nur das Nötigste fürs Spiel tat, nicht von Beginn an alles für den so dringend nötigen Sieg tat. Tabellarisch steht man nach wie vor mit dem Rücken zur Wand und die Jungs spielen so, als stünde man auf Platz 10 und träfe sich mit den Gästen zu einem müden, bedeutungslosen Frühlingskick.
Offensichtlich der falsche Trainer
Womit wir zum stärksten Glied der Fehlerkette kommen. Stark deswegen, weil es sich aktuell scheinbar nicht herauslösen lässt. Bruno Labbadia ist nicht der richtige Trainer für diese Mannschaft und für diese Situation. Denn offensichtlich braucht die Truppe kein gemeinsames Frühstück, morgendliche Waldläufe oder eine Abstimmung über die Art des Spielaufbaus. Und erst recht nicht die Wagenburg, die seit Jahren regelmäßig um sie herum hochgezogen wird. Es braucht jemand, der die Mannschaft wach macht, sie anzündet und sie aus dieser Behäbigkeit herausholt, in der schlechte Spiele gegen schlagbare Gegner als Erfolg gewertet werden und damit schon die Marschrichtung für das nächste Spiel vorgegeben ist. Labbadia hat offensichtlich die Probleme dieser Mannschaft nicht erkannt.
Viel mehr: Er verschlimmert sie noch, indem er wie Wehrle konträr zu seinen Ankündigungen handelt. Er wolle der Mannschaft kein Spielsystem aufzwingen, sondern das spielen lassen, was die Mannschaft könne, erklärte er bei seiner Vorstellung im Dezember. Genau das Gegenteil ist der Fall. Labbadia hält an seinem 4–3‑3 fest, obwohl es offenbar nicht funktioniert. Erst recht nicht ohne einen passenden Zielspieler für die Neunerposition. Aber auch unabhängig von der Personalie Guirassy beraubt er die Mannschaft ihrer individuellen Stärken. Eine Viererkette hatte Matarazzo auch ausprobiert. Aber eben nicht mit einem Innenverteidiger auf der Außenbahn. Das Problem in der Abwehr ist aber sowieso nicht die Formation, sondern die kollektive Qualität, die außer gegen derzeit offensichtlich auseinanderfallende Kölner nicht ausreicht, um in der Bundesliga ein Spiel ohne Gegentor zu bestreiten. Dazu zählt neben der Abwehrreihe auch Atakan Karazor als “Ankersechser”, aus dessen Zuständigkeitsbereich immer wieder jene Distanzschüsse abgegeben werden, die zu Gegentoren führen.
Wieder falsch analysiert
Wenn Du aber weißt, dass Deine Abwehr trotz aller Stabilisierungsversuche qualitativ nicht in der Lage ist, das Tor sauber zu halten, warum konzentrierst Du Dich dann nicht auf eine funktionierende Offensive, so wie Matarazzo das in der vorletzten Saison tat, als wir noch alle dachten, die unnötig vielen Gegentore seien der Spielweise geschuldet? Stattdessen presst Labbadia seine Offensivspieler in eine Formation, die nicht zu ihnen passt, vermutlich weil er keine andere hat trainieren lassen. Chris Führich durfte gegen Wolfsburg erneut beweisen, dass ihm als Achter für die Außenbahn die Zielstrebigkeit fehlt, während Silas als Außenbahnspieler im Strafraumgetümmel hoffnungslos überfordert ist. Bleiben noch Dias, der seit Wochen immer wieder versucht, seinen Treffer im Pokal zu rekonstruieren und ein Wataru Endo, der nicht nur seinem Sechser den Arsch retten, sondern auch noch die offensive Harmlosigkeit eines Genki Haraguchi kompensieren muss. Wenn man keine Spieler für einen Dreierangriff hat, warum dann nicht mal mit zwei Stürmern spielen, was immerhin Luca Pfeiffer entgegen käme? Mit einem zentraleren Führich dahinter, einem Endo, der den Sechserraum auch verteidigen kann? Offensichtlich ging nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter die Bestandsaufnahme gründlich daneben.
Womit wir wieder bei den Verantwortlichen sind. Der Vertikalpass hat es neulich schon aufgeschrieben: Die Herausforderungen beim VfB sind für Bruno Labbadia andere als bei seinen bisherigen Stationen. Es muss im Winter ein Plan besprochen worden sein, wie man mit Labbadia wieder aus der Misere herauskommen würde (wobei, wer weiß). Dieser Plan ist entweder nutzlos, oder er geht nicht auf. Anders als beispielsweise Tayfun Korkut, der das nachhaltig bewiesen hat, ist Labbadia nicht per se ein schlechter Bundesligatrainer. Aber offensichtlich der falsche.
Es reicht!
Und es gibt scheinbar niemanden beim VfB, der das auszusprechen vermag. Nicht der offensichtlich hilflose Sportdirektor. Nicht der Sportvorstand, der seine mangelnde Expertise in diesem Gebiet mit zwei Ex-Profis aufzufangen versucht. Natürlich auch, weil ein starker Sportvorstand, der in diesem Bereich Kompetenzen hat und nicht gleichzeitig noch Vorstandsvorsitzender ist, lange als Majestätsbeleidigung galt, es sei denn er würde von seinem eigenen Angestellten ausgesucht und akzeptiert. Und bislang auch nicht ein Aufsichtsrat, dem häufig irgendwelche Sachen außerhalb seines Aufgabenbereichs vorgeworfen werden. Mit dem Fall auf Platz 18, mit der Bilanz von sechs Punkten aus zehn Spielen unter Labbadia ist es dringend an der Zeit, dass dieser seiner Aufsichtspflicht über die AG nachkommt und entweder personelle Änderungen oder eine konkrete Perspektive einfordert, die über blinden Optimismus hinausgeht.
Es reicht. So könnt Ihr nicht weitermachen.
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass prophezeit: “Labbadias 4–3‑3 bringt dem VfB den Abstieg.”
Titelbild: © Alexander Hassenstein/Getty Images
Ganz starker Artikel. Alles angesprochen. Vom Trainer über den Sportdirektor bis hin zum Aufsichtsrat.
Sehe ich auch so.
Leider hat man den Wehrle zurückgeholt.
Kein Fußball Fachmann wie man sieht. Der VfB ist mal wieder ein Sanierungsfall.
Wehrle plus Berater sowie das Trainerteam entlassen.
Danach soll Wohlgemuth mal zeigen ob er es kann und ob er zusammen mit einem jungen Trainer dieses Chaos auflöst.
Vollumfängliche Zustimmung bei allen Punkten!
Als Ergänzung dieses: Beim letzten Abstieg hat es auf der Trainerposition auch gar nicht gepasst und man hat viel zu spät reagiert, 3 Spieltage vor Schluss, als nur noch ein Fußball Wunder hätte helfen können.
Deshalb ist es höchste Zeit zu handeln. JETZT in der Länderspielpause!
Btw: So schlecht hat Nico Willi seine Sache damals gar nicht gemacht… aber ich vermag nicht zu beurteilen, ob er das Zeug zum “Retter” hat.
Sehr gute Analyse, aber keiner der korrigierent eingreift. 4–3‑3 ist gescheitert, aber Labbadia rückt davon nicht ab. Wie wäre es mit: Bredlow, ‑Anton,Mavro und Ito ‑Stenzel o. Vagnoman,Endo,Karazor, Hiraguchi o. Millot,Sosa- Perea und Gurassy. Da wäre mehr zu erwarten!
Gaaanz anderer Vorschlag (und ja, ich weiß, jetzt eine Systemumstellung ist nicht ungefährlich… aaaber das aktuelle System funktioniert halt nicht) :
Wir haben 2 gute Außenverteidiger — Sosa und Vagnoman, die von ihrer Spielweise her besser als Außen einer 5‑er-Kette passen — und dann könnten die 3 Innenverteidiger, die Labbadia Woche für Woche auf dem Platz haben will, alle trotzdem spielen — und dass auch noch in der Rolle, die sie am besten beherrschen.
Davor Endo auf der 6 und Haraguchi(oder Führich) + Silas auf der 8/10, wobei Silas immer wieder links oder rechts außen Überzahl schafft.
Davor 2 9‑er, weil Pfeiffer eben ein echter 9‑er ist (und mit Sicherheit besser, als bisher gezeigt; denn erstens hat er kaum Spielzeit bekommen und zweitens, wenn er gespielt hat, kaum Flanken). Der zweite 9‑er spielt als Hängende Spitze, der auch mal auf außen geht oder auf die 10, wenn Silas sich nach außen fallen lässt. Tomas wäre prädestiniert für diese Rolle, aber auch andere können sie spielen (Coulibaly, Silas, Gil Diaz).
Top Kommentar. Ich plane auf jeden Fall einmal Kaiserslautern und Sandhausen für die neue Saison ein.
finde den Artikel auch weitgehend richtig.
Mir kommt nur der Präsident und sein krankhaft loyaler Herr Adrion zu gut weg.