Brutal

Angst­geg­ner Frank­furt? Der VfB macht mit dem ehe­ma­li­gen Euro­pa­po­kal­sie­ger kur­zen Pro­zess und blickt sei­ner­seits immer inten­si­ver Rich­tung Euro­pa.

Ja, ich weiß. Schon wie­der ein Adjek­tiv als Titel. Nach dem monu­men­ta­len Sieg in Dort­mund jetzt der bru­ta­le Auf­tritt gegen Ein­tracht Frank­furt. Nicht bru­tal schlecht wie manch­mal in den letz­ten Jah­ren, auch nicht bru­tal im Sin­ne von kno­chen­bre­chend. Son­dern ein­fach bru­tal effek­tiv, bru­tal über­zeu­gend, bru­tal treff­si­cher. Mit dem zwei­ten Tor­schuss des Spiels erziel­te Ser­hou Gui­ras­sy sei­nen rekord­träch­ti­gen 25. Sai­son­tref­fer, mit dem drit­ten ver­edel­te Deniz Undav einen Ball­ge­winn gegen Robin Koch und hat­te das Spiel damit schon ent­schie­den. Die Ein­tracht, als Tabel­len­sechs­ter alles ande­re als Lauf­kund­schaft, hat­te inner­halb der ers­ten Vier­tel­stun­de die Kon­trol­le über das Spiel kom­plett ver­lo­ren, wenn sie sie denn je gehabt hat.

Bru­tal auch die Wider­stands­fä­hig­keit der Mann­schaft. Eine anren­nen­de Borus­sia aus Dort­mund in der Vor­wo­che, einen Sams­tag­abend spä­ter die Ergeb­nis­se der Kon­kur­renz aus Mün­chen, Dort­mund und Leip­zig im Hin­ter­kopf, die am Nach­mit­tag alle gewon­nen hat­ten. Aber auf den VfB ist Ver­lass: Maxi­ma­le Pass-Sicher­heit, schnel­les Umschalt­ver­hal­ten, ein Ersatz­tor­wart als ver­läss­li­che Grö­ße und Mit­tel­feld­spie­ler, die mal eben sol­che Traum­päs­se aus dem Fuß schüt­teln kön­nen wie Ange­lo Stil­ler vor dem Füh­rungs­tref­fer von Gui­ras­sy. Und wenn es läuft, dann schiebt Jamie Lewe­ling den etwas ver­sprun­ge­nen Ball dem geg­ne­ri­schen Tor­wart noch durch die Hosen­trä­ger.

Unfassbar

Es ist immer noch nicht so rich­tig zu fas­sen, dass die Mann­schaft, die sich in den letz­ten bei­den Spiel­zei­ten zu häu­fig selbst im Weg stand, bei einem wei­te­ren Sieg so vie­le Punk­te haben wird wie in eben­je­nen bei­den Jah­ren zusam­men. Dass sie so gefes­tigt, so selbst­be­wusst ist, dass sie es sich leis­ten kann, die Frank­fur­ter nach dem Sei­ten­wech­sel unter Kon­trol­le zu hal­ten, ohne dass die­se — von ein paar Schüs­sen von Omar Mar­moush abge­se­hen — wirk­lich gefähr­lich wird. Dass Trai­ner Sebas­ti­an Hoe­neß in der 65. Minu­te den einen Leis­tungs­trä­ger für eine hal­be Stun­de scho­nen kann (Füh­rich) um den ande­ren Leis­tungs­trä­ger (Mil­lot) nach einer Stun­de Schon­zeit ein­zu­wech­seln. Und obwohl sowohl die Mann­schaft als auch die Fans der Frank­fur­ter bis zum Schluss alles gaben: Der VfB war ein­fach bes­ser, wie auch Gäs­te­trai­ner Topp­möl­ler aner­kann­te.

In ande­ren Spiel­zei­ten hät­te die­ser Lauf von mitt­ler­wei­le elf unge­schla­ge­nen Liga­spie­len in Fol­ge viel­leicht sogar für ernst­haf­te Titel­am­bi­tio­nen gereicht. Dass an die­sem Sonn­tag die sport­lich sicher her­aus­ra­gen­de aber struk­tu­rell den Wett­be­werb ver­zer­ren­de Mann­schaft aus Lever­ku­sen den Titel klar­macht, ist einer­seits bru­tal für die sta­tis­tisch bes­te VfB-Mann­schaft aller Zei­ten — und ande­rer­seits ist es völ­lig irre, dass der VfB am Sams­tag­abend des 29. Spiel­tags über­haupt noch rech­ne­ri­sche Chan­cen auf den Meis­ter­ti­tel hat­te. Für den VfB sind es in die­ser Spiel­zeit die Rekor­de, an die wir uns erin­nern wer­den, wenn die Erin­ne­run­gen an ein­zel­ne Spiel­sze­nen schon leicht ver­blasst sind.

Neue Ziele

In den ver­blei­ben­den fünf Spie­len kann es jetzt eigent­lich nur noch dar­um gehen, den Bay­ern die Vize­meis­ter­schaft strei­tig zu machen. Dort­mund und Leip­zig tref­fen in zwei Wochen auf­ein­an­der, kurz bevor der VfB beim neu­en deut­schen Meis­ter gas­tiert. Den haben die Dort­mun­der auch noch vor der Brust. Die Wahr­schein­lich­keit, dass im Herbst die Cham­pi­ons-League-Hym­ne durchs moder­ni­sier­te Neckar­sta­di­on dröhnt und durch den ein­seh­ba­ren Spie­ler­tun­nel Welt­stars spa­zie­ren — und gegen wen der VfB dann auch immer antritt — steigt immer wei­ter, auch wenn die Ver­ant­wort­li­chen gut dar­an tun, ihr Man­tra der klei­nen Schrit­te bei­zu­be­hal­ten. Aber träu­men darf man ja.

Zum Wei­ter­le­sen: Die Blog­ger-Kol­le­gen sind sich bei ihren Über­schrif­ten einig. Der Ver­ti­kal­pass sieht den VfB voll im Tun­nel, Stuttgart.International wie im Tun­nel.

© Leon­hard Simon/Getty Images

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