Der VfB kämpft Dortmund nach allen Regeln der Kunst nieder und macht im Kampf um die Champions League (!) einen großen Schritt.
Erst der gerade noch korrigierte Blackout gegen Heidenheim und dann noch die unnötige Gelbsperre gegen Kapitän und Abwehrchef Waldemar Anton. Wie sollte das auswärts in Dortmund bei einer wesentlich stabiler als in der Hinrunde auftretenden Borussia bloß gut gehen? Schaut man sich an, wie Nico Schlotterbeck den Ball wie einst Uli Hoeneß in den Nachthimmel des Ruhrgebiets drosch, dann muss man sich diese Frage stellen. Aber der VfB hatte beim dritten Sieg gegen Dortmund in der Saison nicht nur Glück, sondern verdiente sich die drei Punkte, indem die Mannschaft alles in dieses Spiel hineinwarf und sich am Ende durch ein Rekordtor von Serhou Guirassy belohnte.
Aber der Reihe nach. Dass Dortmund nicht so indosponiert auftreten würde wie im Hinspiel oder im Pokal, war irgendwie klar. Auch wenn beide Vereine vor dem Spiel in der Rückrundentabelle gleichauf waren, sagt das mehr über den BVB aus, der es irgendwie geschafft hat, sich mit Trainer einigermaßen zu stabilisieren und in der Vorwoche sogar das emotional so wichtige Spiel in München gewann. Und nicht jede Mannschaft kann gegen Ende mal so eben Marco Reus, Sebastien Haller und Youssoufo Moukoko einwechseln. Allein, es reichte nicht für diesen VfB, der in diesem Spiel immer ein wenig wankte, aber nie umfiel.
Feuer drin
Und das war entscheidend in einem Spiel, das anderes als die Partien gegen Leverkusen kein Fußballfest war, sondern eher eine Mischung aus griechisch-römischen Ringen und einer zünftigen Kneipenschlägerei. Immer wieder gerieten verschiedene Akteure aneinander, versuchten beide Teams, den erstaunlich souveränen Matthias Jöllenbeck auf ihre Seite zu ziehen. Ob Karem Adeyemi, der sich auf jedes Verteidigerbein stürzte, Deniz Undav, der die Dortmunder am laufenenden Band provozierte oder Jamie Leweling, der mit wiederholt kurzfristigen Krämpfen der Spieluhr jede letzte Sekunde abrang: Es war Feuer drin in diesem Spiel.
Dass der VfB am Ende den fünften Auswärtssieg in Serie feierte, die Dortmunder auf Distanz hielt und endlich die Bayern einholte, hatte er Serhou Guirassy zu verdanken, der nicht nur den bisherigen VfB-Torrekord von Mario Gomez einstellte, sondern diesem auch noch mit einem entsprechenden Jubel Tribut zollte. Der VfB schaltete nach einem Ballgewinn schnell um und Guirassy selber schickte Jamie Leweling auf die Reise (ohohoho!) in den Dortmunder Strafraum, wo der Toptorjäger den Ball dann selber wieder in Empfang nahm und in die Maschen drosch. Dass Guirassy in einem solchen Spiel das entscheidende Tor erzielt — ein weiteres hätte er noch machen müssen — ist sinnbildlich für seine Qualität.
Erfolgreiches Personalpuzzle
Am anderen Ende des Spielfelds zog sich Alexander Nübel zum neunten Mal in dieser Saison die weiße Weste an und hatte daran mindestens genauso viel Anteil wie der im Personalpuzzle in die Innenverteidigung gerutschte Angelo Stiller, der zudem 89 Minuten dieses Spiels inklusive Nachspielzeit mit dem Damoklesschwert einer frühen gelben Karte über dem Kopf absolvierte. Letztlich verteidigten er und seine Kollegen alles weg und in der größten Not war eben Alexander Nübel da.
Es war mit Sicherheit nicht das beste Saisonspiel des VfB, der Dortmund in den Halbräumen vor dem Strafraum zu viel Platz ließ und sich immer wieder kleine, aber angesichts einer Mannschaft dieser Qualität gravierende Ballverluste leistete. Und auch wenn sich kein Fußballfan über Zeitspiel freut, in dieser Partie hatte der VfB es dringend nötig. Dass die Mannschaft aber mit den Problemen in der Abwehr und dem starken Gegner am Ende fertig wurde, spricht für sie. Nachdem bei 18 (!) Punkten Vorsprung auf Frankfurt nur noch zwei mögliche europäische Wettbewerbe zur Auswahl stehen, kann das Saisonziel jetzt nur noch Champions League bedeuten.
Monumental wichtig
Und, naja, vielleicht auch die Vizemeisterschaft? Auf jeden Fall steht der VfB jetzt in der Tabelle auf einem Level mit dem wahrscheinlich bald entthronten Meister aus München. Wie es am Ende kommt, werden wir sehen, spätestens nach dem direkten Duell. Erstmal geht es um mindestens Platz 4 und für den war dieses Spiel monumental wichtig. Der späte Ausgleich gegen Heidenheim war sicherlich hilfreich für die Moral, auch wenn der zwischenzeitliche Rückstand einige kleinere Probleme der Brustringträger offenbarte. Mit Dortmund hat der VfB nicht nur einen direkten Konkurrenten distanziert, sondern auch eines von drei Topteams geschlagen, die noch auf dem Spielstand standen. Der Traum von der Königsklasse nimmt langsam Formen an.
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