Zu wenig zu spät

Gegen eine Wolfs­bur­ger Mann­schaft auf Auto­pi­lot lässt der VfB zu lan­ge eine Reak­ti­on auf das Ber­lin-Spiel ver­mis­sen und holt gera­de so noch einen Punkt.

“Taten statt lee­re Wor­te — Zeigt Kampf und Ein­satz” war vor Anpfiff des Heim­spiels gegen Wolfs­burg in der Cannstat­ter Kur­ve zu lesen. Und dem Ver­neh­men nach war das auch das, was die Her­ren im Brust­ring sich vor­ge­nom­men hat­ten. Nun­ja. Es klapp­te etwa 13 Minu­ten lang so leid­lich, bis sich Mann­schaft bei einem Wolfs­bur­ger Eck­ball gemein­schaft­lich ent­schloss, den größ­ten Spie­ler der Gäs­te unge­hin­dert durch den eige­nen Straf­raum spa­zie­ren zu las­sen. Wie­der lag man 0:1 hin­ten gegen eine Mann­schaft, die sich nun zurück­leh­nen und dem VfB dabei zuse­hen konn­te, wie die Spie­ler mit wack­li­gen Knien einen Zwei­kampf nach dem ande­ren ver­lo­ren und den Ball ein ums ande­re Mal sinn­los lang und hoch nach vor­ne dro­schen. Es war zum…

Wer eine Reak­ti­on auf den unsäg­li­chen Auf­tritt in Ber­lin erwar­tet hat­te, wur­de bit­ter ent­täuscht. Wie­der fehl­te die Zuord­nung bei einer Stan­dard­si­tua­ti­on, ließ sich die Mann­schaft in der Fol­ge sogar in einer Sze­ne kom­plett aus­spie­len, weil kei­ner Zugriff auf den jewei­li­gen Gegen­spie­ler hat­te. Und vor­ne? Da rann­te sich der in die Start­elf gerutsch­te Erik Thom­my einen Wolf, um dann ein harm­lo­ses Schüss­chen abzu­las­sen. Da hat­te Sasa Kalajd­zic kei­nen ein­zi­gen (!) Tor­schuss, wahr­schein­lich auch, weil von Bor­na Sosas 13 Flan­ken gera­de mal drei ihr Ziel fan­den und er nicht ein­mal die Hälf­te sei­ner Zwei­kämp­fe gewann — wie vie­le sei­ner Mit­spie­ler. Spä­tes­tens als Kalajd­zic mehr­fach an der Außen­li­nie auf­tauch­te und im Straf­raum zum Geg­ner ableg­te, statt sel­ber aus der Dre­hung zu schie­ßen, war klar, dass die Mann­schaft kei­ne Ahnung hat­te, wie sie hier zu einem Tor­er­folg kom­men und damit ihre unkon­zen­trier­te Defen­siv­leis­tung aus­glei­chen soll­te.

Spät gerettet

Erneut ließ sich nur des­halb in der zwei­ten Halb­zeit eine Stei­ge­rung erken­nen, weil die ers­te Halb­zeit die Mess­lat­te sehr tief gelegt hat­te. Und da befand sich der VfB schon längst in der erneu­tem Bre­douil­le eines frü­hen Rück­stands, hat­te in eini­gen Sze­nen auch mit der Zwei­kampf­be­wer­tung des völ­lig über­for­der­ten Sven Jablon­ski etwas Pech, zeig­te aber unterm Strich erst in den letz­ten zehn Spiel­mi­nu­ten, dass sie bereit war, den Wor­ten Taten fol­gen zu las­sen. Schön her­aus­ge­spielt war er schon, der spä­te Aus­gleich durch Chris Füh­rich nach über­ra­schend prä­zi­ser Vor­ar­beit von Enzo Mil­lot — immer­hin das ers­te Tor aus dem Spiel her­aus seit Kalajd­zics eben­so spä­ten Aus­gleich bei Uni­on — aber er gewann erst an Wert, als Bie­le­feld qua­si zeit­gleich in sei­nem Heim­spiel gegen die Her­tha aus­glich. Hät­te Wal­de­mar Anton doch nur kurz dar­auf den Ball noch ein­mal gefähr­lich rein­ge­bracht, statt ein field goal in die Kur­ve zu jagen, wir könn­ten uns jetzt viel­leicht über nur noch zwei Punk­te Rück­stand aufs ret­ten­de Ufer und vier Punk­te Vor­sprung auf den Abgrund freu­en.

Statt­des­sen scheint nun unter umge­kehr­ten Vor­zei­chen — vier Punk­te hin­ter dem direk­ten Klas­sen­er­halt und zwei Punk­te vor dem direk­ten Abstieg — die Rele­ga­ti­on als ein­zig rea­lis­ti­sches Sai­son­ziel. Die ver­ma­le­dei­te Rele­ga­ti­on, in der es in zwei Spie­len um alles geht, wo der Druck noch grö­ßer und der Geg­ner noch moti­vier­ter ist. Ob die Mann­schaft es bis dahin end­lich rafft? Damit sie die­ses Zwi­schen­ziel über­haupt erreicht, muss man schon hof­fen, dass Bie­le­feld weder in Bochum am Frei­tag­abend, noch die Woche drauf gegen Salz­burg-Nord gewinnt. Denn zu unwahr­schein­lich wirkt es aktu­ell, dass die Brust­ring­trä­ger in Mün­chen oder gegen Köln ihr Herz end­lich mal auf dem Platz las­sen und es dann auch für drei Punk­te reicht. Schließ­lich gelan­gen dem VfB zuletzt nur Zäh­ler gegen Mann­schaf­ten wie Mainz und Wolfs­burg, die die Sai­son ent­spannt aus­klin­gen las­sen.

Ich weiß nicht genau, was die­se Mann­schaft hemmt und so ver­wirrt, dass die ein­fachs­ten Abläu­fe nicht mehr funk­tio­nie­ren. Schon im Auf­stiegs­kampf 2020 wirk­te sie nach dem müden 0:0 gegen Osna­brück und der Der­by-Nie­der­la­ge so, als könn­te sie sich sel­ber aus dem selbst geschaf­fe­nen Schla­mas­sel befrei­en und durf­te sich dann vor allem beim HSV für des­sen Unfä­hig­keit bedan­ken. Den Gefal­len wird uns dies­mal nie­mand tun. 

Zum Wei­ter­le­sen: Der Ver­ti­kal­pass hat Angst vor der Rele­ga­ti­on. 

Titel­bild: © Mat­thi­as Hangst/Getty Images

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