So könnte man die Frage beantworten, wie der VfB gegen Aue das fünfte Heimspiel in Folge gewann: die individuelle Qualität macht’s. Reicht die auch auswärts?
3:1, 3:0, 3:1, 3:0 und 3:0 — das sind die Ergebnisse der letzten fünf VfB-Heimspiele, die der Verein auch gleich ganz stolz auf seinen Social Media-Kanälen aufzählte. Wie schon gegen Heidenheim und in den Partien gegen Nürnberg, Karlsruhe und Dresden im alten Jahr unter altem Trainer fuhr der VfB gegen Aue einen relativ ungefährdeten Heimsieg ein. Und wie in fast allen diesen Spielen konnte er sich dabei auf die individuelle Qualität der Mannschaft, beziehungsweise einiger Spieler verlassen und darauf stützen, dass der Gegner entweder nicht besonders gut war, oder die Leistungen, zu denen er eigentlich imstande ist, nicht abrief. Wie es um Dresden und Karlsruhe bestellt ist, kann man an der Tabelle ablesen, in der auch Nürnberg wesentlich weiter unten rangiert, als man es vor der Saison dort gedacht hatte. Heidenheim und Aue hingegen, im Tableau wesentlich weiter oben notiert, brachten ihre Stärken im Neckarstadion nicht auf den Platz — was bei Heidenheim sogar noch überraschender war.
Denn die Veilchen sind zwar unglaublich heimstark, haben aber auswärts noch nicht so wahnsinnig viel gerissen — und waren gegen die beiden Treffer von Daniel Didavi machtlos, nachdem sie dem VfB in der ersten halben Stunde durchaus das Leben schwer gemacht hatten. Zwar liefen die Brustringträger auch nicht wirklich Gefahr, in Rückstand zu geraten, aber es musste trotz aller Vertikalität und Risikobereitschaft dann doch wieder eine Standardsituation herhalten, um den Auer Abwehrriegel zu knacken. Das 2:0 entstand zwar aus dem Spiel heraus, aber auch durch eben die Fähigkeiten eines Daniel Didavi, die Flanke vom zuletzt wenig sichtbaren Philipp Förster so sehenswert zu vollenden. Bis auf die Doppelchance der Auer in der zweiten Halbzeit konnte die Mannschaft die Führung dann auch — wie es die geschätzten Kollegen vom Vertikalpass nennen — seriös, sauber und souverän nach Hause bringen, gekrönt durch das dritte Tor von Mario Gomez im dritten Rückrundenspiel. Eine Begegnung also, in der man sich spätestens in der zweiten Halbzeit etwas entspannen konnte, weil klar war: Da geht nichts mehr schief.
Ein Zwischenschritt
Man könnte über diese Partie mit Sicherheit noch viel mehr schreiben: Über Matarazzos erneut neu zusammengestellte Abwehrreihe, die die Auer Stürmer bis eben auf diese eine Ausnahme gut im Griff hatte. Oder das Ligadebüt von Neuzugang Clinton Mola, das zumindest ich nicht so erwartet hätte, das aber darauf hinzuweisen scheint, dass seine sportliche Integration schneller voranschreitet, als ich es gedacht hätte. Wenn man sich allerdings die Ergebnisse der Konkurrenz anschaut — ein 2:0 des HSV gegen die Slapstick-Truppe aus Baden und ein 6:0 von Bielefeld ganz ohne Tore von Klos oder dem verletzten Voglsammer — dann wird schnell deutlich, dass dieses 3:0 nicht mehr war als ein Pflichtsieg, um mit der Konkurrenz Schritt zu halten. Dass wir die Mittel dazu scheinbar haben, ist einigermaßen beruhigend. Wir müssen sie jetzt nur noch in anderen Stadion auf den Platz bringen.
Denn so verhältnismäßig entspannt wie die letzten Heimspiele abliefen, so anstrengend und unbefriedigend waren die Auswärtsspiele. Immer wieder biss man sich an einer ähnlich tief stehenden Abwehr wie der der Auer die Zähne aus. Immer wieder geriet man durch individuelle Fehler in Rückstand, den man in den letzten drei Spielen immerhin ausgleichen konnte. Aber eben auch nicht mehr, was gegen Mannschaften wie St. Pauli, Darmstadt und Hannover — zumindest in der Häufung — einfach zu wenig ist. Am kommenden Montag fährt man nach Bochum zum nächsten Abstiegskandidaten, der im eigenen Stadion wahrscheinlich ähnlich zäh zu bespielen sein wird und auf einen Lucky Punch von Simon Zoller oder Silvere Ganvoula setzt. Da muss die Mannschaft dann endlich ihre individuelle Qualität auch auswärts zeigen und kann sich nicht schon wieder auf schlechte Platzverhältnisse herausreden. Wenn wir nicht endlich auch auswärts gewinnen, sind Heimsiege wie gegen Aue zwar hilfreich, um den Anschluss nicht zu verlieren, aber im Kampf um einen direkten Aufstiegsplatz wertlos.