Wasendinos!

Groß war die Ner­vo­si­tät vor dem Spiel in Wolfs­burg, wo der VfB zuletzt im vor­letz­ten Jahr­zehnt gewin­nen konn­te. Umso grö­ßer die Erleich­te­rung, dass die Brust­ring­trä­ger sogar Elf­me­ter ver­schie­ßen und trotz­dem gewin­nen konn­ten.

Die Stim­mung in Bad Cannstatt war in der letz­ten Woche, gelin­de gesagt, nicht die aller­bes­te. Nicht nur, dass man es erneut nicht schafft, auf Füh­rungs­ebe­ne pro­fes­sio­nell und ver­trau­ens­voll zu arbei­ten (dazu an ande­rer Stel­le viel­leicht bald mehr), auch die Mann­schaft ließ bei der ver­spiel­ten 2:0‑Führung gegen Ber­lin pro­fes­sio­nel­les Abwehr­ver­hal­ten und Selbst­ver­trau­en ver­mis­sen und schmä­ler­te damit das Ver­trau­en der Fans in ihre Fähig­keit auch die­ses Jahr die Klas­se zu hal­ten. Klar: Bis­lang ist weder auf den obe­ren Eta­gen, noch auf dem Rasen wirk­lich etwas zu Bruch gegan­gen. Aber so panik­af­fin, wie das VfB-Umfeld in den letz­ten Jah­ren gewor­den ist, war die Per­spek­ti­ve eines Füh­rungs­streits und eines Abstiegs, der auch finan­zi­ell fata­le Fol­gen haben könn­te, genug, um so man­chen an den Ran­de des Ner­ven­zu­sam­men­bruchs zu brin­gen.

Wel­che Erlö­sung bot da Geburts­tags­kind Kon­stan­ti­nos Mavro­pa­nos mit sei­nem vier­ten Sai­son­tref­fer! Als Karl All­gö­wer wäh­rend der Spiel­pau­se im ver­gan­ge­nen Jahr bei uns zu Gast war, weih­te er uns ein in die Tech­nik, die ihm den Spitz­na­men “Knall­gö­wer” ein­brach­te: In Geis­lin­gen habe er schon geübt, dem Ball sowohl Effet, als auch “Zug­kraft” zu ver­lei­hen. Zu wenig Kraft las­se den Schuss zur Flan­ke wer­den, zuviel Kraft und zu wenig Effet gehe auf Kos­ten der Genau­ig­keit. Abschlie­ßend merk­te er an, wer es nicht gut mit ihm gemeint habe, habe ihm vor­ge­wor­fen, er habe vor allem aus Lauf­faul­heit so vie­le Distanz­schüs­se abge­ge­ben: Wer frü­her schießt, muss nicht so lang zurück­lau­fen. Ob Dinos sei­ne Schüs­se auch schon seit der Jugend übt und ob er auch die­ses Mal wie­der aus dem Rück­raum abzog, um schnel­ler wie­der auf Posi­ti­on zu sein: Wir wis­sen es nicht. Aber  was für ein Bums. Da war die Asso­zia­ti­on schon nahe­lie­gend:

Reaktion gegen einen harmlosen Gegner

Die Wir­kung, die die­ser Urknall nicht nur auf die Tabel­le, son­dern auch auf Umfeld und Mann­schaft hat­te, kann gar nicht hoch genug ein­ge­schätzt wer­den. Zwar zeig­te sich Wolfs­burg, wie VfL-Exper­te Leo­nard Hart­mann im Geg­ner­in­ter­view vor dem Spiel schon ange­kün­digt hat­te, ziem­lich ver­un­si­chert. Aber auch der VfB war ja nach der letz­ten Woche nicht unbe­dingt ein Aus­bund an Selbst­ver­trau­en. Zumal vor dem Spiel noch Bor­na Sosa auf der lin­ken Außen­bahn aus­fiel und durch den zuletzt zwar enga­gier­ten, aber häu­fig glück­lo­sen Cou­li­ba­ly ersetzt wur­de.

Dass der VfB den­noch sei­nen ers­ten Aus­wärts­sieg der Sai­son und den ers­ten Sieg in Wolfs­burg seit dem Pokal-Halb­fi­na­le 2007 fei­er­te, lag an zwei­er­lei: Zum einen zeig­te die Mann­schaft eine Reak­ti­on auf  die schlud­ri­ge Vor­stel­lung der Vor­wo­che — und das übri­gens nicht zum ers­ten Mal. Es wur­de kon­se­quen­ter ver­tei­digt, zur Not auch in letz­ter Minu­te ein Fuß dazwi­schen gehal­ten und auch Flo Mül­ler war bis auf eine Aus­nah­me meist auf dem Pos­ten. Zum ande­ren brach­te der Geg­ner eine ganz fata­le Mischung aus hohem, aber nicht funk­tio­nie­ren­den Pres­sing und kata­stro­pha­ler Chan­cen­ver­wer­tung auf den Platz. Mehr als ein­mal gelang es dem VfB, rela­tiv schnell hin­ter die vor­letz­te oder letz­te Rei­her der Haus­her­ren zu kom­men, ein fit­ter Silas hät­te hier schon in der ers­ten Halb­zeit kur­zen Pro­zess gemacht. Statt­des­sen tra­fen Mavro­pa­nos und nach einem schö­nen Spiel­zug rela­tiv unbe­drängt mit­ten aus dem Straf­raum her­aus Phil­ipp Förs­ter. Bei­des übri­gens ein­ge­lei­tet von Tan­guy Cou­li­ba­ly.

Mehr Zwischentöne!

Wolfs­burg also enga­giert, aber über wei­te Stre­cken völ­lig harm­los, so dass der VfB zum zwei­ten Mal in die­ser Sai­son zu Null spiel­te. Und es sich sogar noch erlau­ben konn­te, dass Omar Mar­moush (aus­ge­rech­net!)  einen Panen­ka an die Lat­te setz­te. Dass die­se Über­heb­lich­keit nicht bestraft wur­de, spricht auch Bän­de. Zum einen über die zurück­ge­won­ne­ne Sou­ve­rä­ni­tät des VfB zum ande­ren über den schlech­ten Auf­tritt der Gäs­te. Ob wir uns sol­che Elf­me­ter in der aktu­el­len Situa­ti­on erlau­ben kön­nen, las­se ich mal dahin­ge­stellt. Fest steht aber: Der VfB hat sei­ne vor allem in den Spie­len gegen Augs­burg und Bie­le­feld ver­lo­ren­ge­gan­ge­ne Wider­stands­fä­hig­keit wie­der­ge­fun­den. Die Mann­schaft war enga­giert, wenn sie auch gera­de offen­siv nicht immer die rich­ti­gen Ent­schei­dun­gen traf. Und sie war nicht dar­auf aus, dass Ergeb­nis zu ver­wal­ten, son­dern ver­such­te immer wie­der, den Wolfs­bur­gen den ent­schei­den­den Stoß zu ver­pas­sen.

Nun haben wir drei Punk­te mehr auf dem Kon­to und immer noch kei­nen Nach­vol­ger auf einer der bei­den vakan­ten Posi­tio­nen. Aber so schnell wer­den eben aus der schlech­ten Lau­ne nach dem Her­tha-Spiel sie­ben Punk­te aus drei Spie­len und 17 Punk­te im Tableau. Viel­leicht täte uns ein wenig mehr Aus­ge­gli­chen­heit, ein paar mehr Zwi­schen­tö­ne gut. Ja, die Mann­schaft hat, aus ver­schie­de­nen Grün­den, immer wie­der wirk­lich schwa­che Spie­le abge­lie­fert. Aber wie in der ver­gan­ge­nen Sai­son ist sie wei­ter­hin in der Lage, ihre Stär­ken abzu­ru­fen und uns immer wie­der zu über­ra­schen. Sicher­lich: Hät­te sich Wolfs­burg so hin­ten rein gestellt wie Her­tha neu­lich, dann wäre es dem VfB wohl nicht so ein­fach gewe­sen. Aber den­noch: Die wenigs­ten hät­ten damit gerech­net, dass wir in einem der letz­ten drei Spie­le vor Weih­nach­ten noch Punk­te holen, geschwei­ge denn einen Sieg. Manch­mal braucht es eben einen Brust­lö­ser, eine Initi­al­zün­dung, kurz: einen Wasen­di­nos.

Titel­bild: © Alex Grimm/Getty Images

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