Vielleicht ist es zu früh, um dieses Wortspiel zu verbrauchen . Sei’s drum.
Wieder eine Führung, wieder verspielt, diesmal sogar ganz ohne Punktgewinn. Ich frage mich mittlerweile jede Woche, was ich dazu noch schreiben soll. Der VfB spielt in Ansätzen ganz gut, gibt sich nicht auf, geht neuerdings sogar in Führung, die er jetzt schon zum zweiten Mal in Folge in einer Mischung aus Ängstlichkeit sowie geistiger und wohl auch körperlicher Überforderung aus den Händen gibt. Nach Augsburgs überhaupt nicht überraschendem Punktgewinn gegen Dortmund steht der VfB weiterhin dort, wo er schon nach der ebensowenig überraschenden Niederlage gegen Leipzig stand: Unterm Strich. Und das mittlerweile schon mit vier Punkten Abstand, die man natürlich in zehn Spielen noch locker aufholen kann, wenn man nur wüsste wie.
Denn unterm Strich steht beim VfB immer ein Fehler zu viel. Oder eine Verletzung zu viel. Oder ein Kunstschuss des Gegners zu viel. Oder ein Innenverteidiger zu viel. You name it. Immerhin: Es gibt sie, die Lichtblicke. Und damit meine ich jetzt nicht, dass sich Chris Führich, Orel Mangala und Pascal Stenzel weniger schwer verletzt haben, als ursprünglich befürchtet. Nein, ich meine die Ballmitnahmen von Tiago Tomás, des einzigen Spieler, des VfB, der sich in Topform befindet. Und mit Abstand der technisch versierteste, was man schon bei seinen Premierentoren bewundern konnte. Der Rest ist bemüht und das ist auch aller Ehren wert und im Kollektiv, so wie beim Führungstreffer, auch durchaus erfolgreich. Aber was hilft es, wenn Du dich nach der Führung immer weiter zurück ziehst? Angst ist bei eigener Führung immer ein schlechter Ratgeber und der VfB trug seine Führung durch das Spiel wie jemand, der einen großen Koffer voll Geld mit sich trägt und sich ständig umdreht: Schaut her, da ist unsere Führung, unser Hoffnungsschimmer, bitte nehmt ihn uns nicht weg.
Mit Würde und Anstand
Wenn der Verteidiger beim Eishockey in Unterzahl an den Puck kommt, gibt meist es nur eine Devise: Die Hartgummischeibe in die hinterste Ecke der Eisfläche zimmern, die Reihen wechseln, und somit dem Gegner Zeit stehlen und die eigene Abwehr regenerieren. So rinnen die Sekunden der zwei Minuten Überzahl des angreifenden Teams dahin. Welchen Sinn es hat, lange vor Abpfiff eines Fußballspiels einen Ball ohne Bedrängnis weit in die gegnerische Hälfte zu befördern, erschließt sich mir nicht. Um das Spiel und die Führung unter Kontrolle zu behalten, muss der VfB den Ball unter Kontrolle behalten. Stattdessen bettelten die Brustringträger, der guten Leistung zuvor zum Trotz, wieder um die Gegentore und waren dann nicht in der Lage, sie zu verteidigen. Unterm Strich ist das zu wenig für die Bundesliga.
Aber natürlich hoffen wir weiter, rechnen wir weiter, bangen wir weiter. Das einzige, was mich aktuell noch optimistisch stimmt, ist — so seltsam das klingen mag — die Mannschaft und die positive Energie, die aktuell noch rund um sie herrscht. Egal ob von den Spielern selber, aus dem endlich wieder gefüllten Gästeblock oder von den Verantwortlichen. Mein Glaube an ein Wunder labbadiaschen Ausmaßes wird immer kleiner, zu viel erinnert immer mehr an die beiden Abstiegssaisons, in denen man Woche für Woche die Wende erwartete, die nie kam. Aber falls es passieren sollte, schaffen wir es ja vielleicht dieses Mal, wenigstens mit Würde und Anstand abzusteigen. Oder wir schaffen es endlich über den Strich, am Besten über beide.
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass stellt fest, dass Du so absteigst (eine Feststellung die aus anderem Munde in einem gewissen sozialen Netzwerk für mehr Erregung sorgte, als ich nachvollziehen kann), Stuttgart.international berichtet von der Auswärtsfahrt in den Kraichgau und will nächste Saison nicht nach Sandhausen.
Titelbild: © Alex Grimm/Getty Images