Rund um das Spiel gegen Mönchengladbach

Der Count­down läuft: Am Sams­tag trifft der VfB im zehnt­letz­ten Spiel der Sai­son auf die Borus­sia aus Mön­chen­glad­bach. Gelingt end­lich der Tur­n­around oder tre­ten wir wei­ter auf der Stel­le?

Fuß­ball­fans sind ja offen­sicht­lich kei­ne ratio­na­len Wesen. War­um sonst war ich mich nach dem spä­ten, aber irgend­wie erwar­te­ten Nacken­schlag in Hof­fen­heim sicher, dass es das jetzt end­gül­tig war mit dem Klas­sen­er­halt, nur um am Don­ners­tag­abend wie­der zag­haft davon zu träu­men, dass der VfB aus­ge­rech­net gegen Glad­bach end­lich den lang ersehn­ten Sieg holt und anschlie­ßend die Ankün­di­gung sei­nes Chef­trai­ners wahr macht?

Kei­nen blas­sen Schim­mer. Viel­leicht ent­blößt die­se jeder Mathe­ma­tik trot­zen Welt­un­ter­gangs­stim­mung nach jedem ent­täu­schen­den Spiel auch ein­fach die Nar­ben der letz­ten bei­den Abstie­ge, in denen man auch immer auf die Wen­de hoff­te, die nie kam. Die Ener­gie­leis­tung, mit der sich die Mann­schaft am eige­nen Zopf aus dem Abstiegs­sumpf zog. Auch wenn es erwart­bar war: Abstiegs­kampf nervt extrem. Der Blick auf die Tabel­le. Die Ent­täu­schung, dass die Mann­schaft gute Leis­tun­gen nicht mit Punk­ten belohnt, weil sie die Leis­tun­gen mit dümms­ten Feh­lern kan­ni­ba­li­siert. Und die gan­zen Bes­ser­wis­ser aus dem Umfeld der Ex-Spie­ler und Ex-Bericht­erstat­ter, die irgend­wann mal ent­we­der beim VfB beschäf­tigt waren oder in der Lokal­pres­se über ihn geschrie­ben haben und sich jetzt auf­grund ihrer His­to­rie beru­fen füh­len, das Gesche­hen in der Mer­ce­des­stra­ße unqua­li­fi­ziert zu kom­men­tie­ren. Egal ob sie Beck, Trust, Träsch oder Kuranyi hei­ßen: In den meis­ten Fäl­len geht es dann doch nur dar­um, dass sie nicht in Ver­ges­sen­heit gera­ten. Aber gut. Müs­sen wir wie durch alles durch.

Schau­en wir mal auf die

Personalsituation

Es gab am Don­ners­tag gleich zwei gute Per­so­nal­mel­dun­gen: Tho­mas Kas­t­a­n­a­ras, Tor­jä­ger der U19, hat einen Pro­fi­ver­trag bis 2025 unter­schrie­ben. Und: Bor­na Sosa und Chris Füh­rich wer­den wohl recht sicher gegen die Borus­sia fit sein, bei Orel Manga­la spricht Mat­a­raz­zo von einer mög­li­chen “Punkt­lan­dung”. Mal abge­se­hen von Silas spielt der VfB also — mal wie­der — mit einer fast vol­len Kapel­le und kann es sich leis­ten, ent­we­der Tia­go Tomás oder Omar Mar­moush von der Bank zu brin­gen — ich ten­die­re dazu, Mar­moush erst spä­ter zu brin­gen, je nach­dem, wie lan­ge Füh­rich wirk­lich durch­hält. Klar ist, dass wir in die­sem Spiel wirk­lich alle in ihrem spie­le­ri­schen Sonn­tags­an­zug brau­chen.

Wie sähe also eine

Mögliche Aufstellung

aus?

Ich gehe nicht davon aus, dass Mat­a­raz­zo für die letz­ten zehn Spie­le noch­mal von der Vie­rer­ket­te abweicht, wenn ihn nicht Ver­let­zun­gen dazu zwin­gen, was ich nicht hof­fe. Also eigent­lich alles wie immer, Aha­ma­da könn­te Manga­la erset­zen, auf Phil­ipp Förs­ter in der Start­elf habe ich aktu­ell ehr­lich gesagt kei­ne Lust. Auch wenn er die Rol­le wohl auch aus­fül­len könn­te. Es passt ja grund­sätz­lich auch und hät­te in den ver­gan­ge­nen Spie­len eigent­lich schon für nen Drei­er gereicht — eigent­lich. Und wie ist die …

Lage beim Gegner

…? Dar­über haben wir mit VfL-Fan und Sport­jour­na­list Ilja (@IBehnisch) gespro­chen:

Wie ist Dein Gefühl vor dem Spiel?

Ganz klar: Gemischt. Weil Glad­bach zuletzt gegen Wolfs­burg spiel­te, als müss­te in nur 90 Minu­ten ein Sinn­bild für die gesam­te Sai­son gepin­selt wer­den. Irgend­was zwi­schen zum Haa­re rau­fen und dahin­schmel­zen. Und als wäre es nicht schon kom­pli­ziert genug, die eige­ne Leis­tungs­fä­hig­keit ein­zu­schät­zen oder gar zu erklä­ren, steht man einem VfB Stutt­gart gegen­über, aus dem man mit dem Abstand des inter­es­sier­ten Beob­ach­ters auch nicht rich­tig schlau wird.

Wer fehlt bei Euch?

Lou­is Jor­dan Bey­er. Wegen sei­ner fünf­ten gel­ben Kar­te. Im neun­ten Ein­satz. Was eben­so wenig für ihn spricht wie die jüngs­te Leis­tung gegen Wolfs­burg. Frag­lich sind Tony Jantsch­ke (Knie) und Mar­vin Fried­rich (grip­pa­ler Infekt). Was ange­sichts von Adi Hüt­ters Drei­er­ket­te bedeu­tet, dass es ten­den­zi­ell an einem Innen­ver­tei­di­ger fehlt. Aber ver­mut­lich wird Fried­rich dann doch noch „fit“. Oder Ramy Ben­se­bai­ni rückt nach innen. Was für den VfB nicht gera­de ein Nach­teil sein soll­te. Ansons­ten fehlt Lars Stindl. Noch län­ge­re Zeit. Und an allen Ecken und Enden.

Wo lie­gen der­zeit Eure Stär­ken und Schwä­chen und auf wen müs­sen wir beson­ders auf­pas­sen?

Tja. Adi Hüt­ter lässt sich nicht beir­ren und hält mit Nibe­lun­gen­treue an der Drei­er­ket­te fest. Auch wenn er dazu weder den zen­tra­len Innen­ver­tei­di­ger noch die pas­sen­den Schie­nen­spie­ler hat. Dazu gesel­len sich immer wie­der indi­vi­du­el­le Aus­set­zer, die vor allem eine Fra­ge auf­wer­fen: Hä?! Ergibt eine ins­ge­samt frag­wür­di­ge Defen­si­ve. Offen­siv fehlt es dem Kader an Spie­lern, deren natür­li­ches Habi­tat der Straf­raum ist. Gegen Mann­schaf­ten, die die Spiel­feld­mit­te dicht machen, man­gelt es zudem an spie­le­ri­schen Mit­teln und vor allem an der Ein­sicht dar­über. Ande­rer­seits … kann die Mann­schaft eigent­lich alles. Sofern das — Ach­tung — Momen­tum auf ihrer Sei­te liegt. Beson­ders auf­pas­sen soll­te man auf Alas­sa­ne Pléa, der alles hat, um ein Welt­klas­se-Angrei­fer zu sein, der in den ver­gan­ge­nen ein­ein­halb Jah­ren aber häu­fig so spiel­te, als hie­ße der nächs­te, logi­sche Schritt: Han­no­ver 96. Und der aber in den letz­ten Wochen auf­blüht, dass man fast geneigt ist, Adi Hüt­ter sei­ne Nibe­lun­gen­treue zur Drei­er­ket­te zu ver­zei­hen. Und das in unge­wohn­ter, weil zen­tra­ler Posi­ti­on hin­ter den Spit­zen. Ganz neben­bei scheint Mar­cus Thuram gegen Wolfs­burg aus jenem mari­an­nen­gra­ben­tie­fen Loch geklet­tert zu sein, in das ihn Bay­er 04 Lever­ku­sen Anfang der Sai­son getre­ten hat.

Statistik

Es ist das 100. Bun­des­li­ga-Spiel bei­der Mann­schaf­ten! Par­ty! Der VfB hat bis­her erstaun­li­che 40 Par­tien gewon­nen und hol­te auch aus den letz­ten vier Begeg­nun­gen zwei Sie­ge und zwei Unent­schie­den, der letz­te Heim­sieg gelang im Abstiegs­kampf­fi­na­le 2019, also Donis in Nico Wil­ligs ers­ter Par­tie als Inte­rims­trai­ner traf. Glad­bach war in die­sem Jahr zwi­schen dem Sieg in Mün­chen und dem Sieg gegen Augs­burg fünf Spie­le in Fol­ge sieg­los, das 0:6 in Dort­mund war nach dem gegen Frei­burg bereits das zwei­te in die­ser Sai­son, dem­entspre­chend hat die Borus­sia sogar mehr Tore kas­siert als der VfB. Top­tor­schüt­ze ist Jonas Hof­mann mit zehn Tref­fern.

Fazit

Wäre dies die ver­gan­ge­ne Sai­son, in der die Psy­che der Brust­ring­trä­ger noch intakt war, wäre ich mir sehr sicher, dass der VfB die von Ilja beschrie­be­nen Unsi­cher­hei­ten im Glad­ba­cher Spiel irgend­wie aus­zu­nüt­zen wüss­te und genau im rich­ti­gen Moment zuschlägt. Wir befin­den uns aber nun mal im März 2022 und da ist beim VfB gar nichts sicher. Man gerät auch immer mehr in Gefahr, sich jede Woche zu wie­der­ho­len: Die Auf­stel­lung benö­tigt eigent­lich kei­ne Expe­ri­men­te mehr, unse­re Stär­ken und Schwä­chen sind klar, die ein­zi­ge Inkon­stan­te ist die Her­an­ge­hens­wei­se der Mann­schaft. Lässt sie sich wie­der direkt nach Anpfiff über­töl­peln wie gegen Frank­furt oder lie­fert sie sich einen Abnut­zungs­kampf bei dem Du Dir nie sicher sein kannst, ob unse­re zufäll­lig den Ball ins Tor brin­gen, oder ob die ande­ren doch mal durch­kom­men. Zehn Spie­le noch, zwei­ein­halb ner­ven­zeh­ren­de Mona­te lie­gen vor uns, mit all den Begleit­erschei­nun­gen, die der Abstiegs­kampf mit sich bringt. In der Hoff­nung auf den “gol­den sky”. Viel­leicht ja schon mit ers­ten Auf­lo­cke­run­gen am Sams­tag.

Titel­bild: © Mat­thi­as Hangst/Getty Images

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