Die Nachrichtenlage ist an diesem Mittwoch ziemlich dünn, deswegen nutze ich die Zeit, um mich mit den Erwartungen an die neue Saison zu beschäftigen: Kann man angesichts der bisherigen Vorbereitung euphorisch auf die in Bälde beginnende Saison blicken, oder nicht?Zunächst aber zu einem anderen Thema: In den Stuttgarter Nachrichten hat sich Gregor Preiss mit den Zuschauerzahlen bei den VfB-Amateuren befasst und diese mit denen anderer Zweitvertretungen von Bundesligisten verglichen. Dass in Dortmund, Gelsenkirchen und München wesentlich mehr Leute zur Zweiten kommen, ist allgemein bekannt. Aufhorchen ließ jedoch der Schluss des Artikels, der die (vermeintliche) Begründung für die geringen Zuschauerzahlen lieferte:
Und beim VfB? Dort sind die Gründe für die maue Unterstützung bei der Zweiten ebenfalls vielschichtig. Gerade die Älteren machen noch immer einen Bogen um die Heimspielstätte Gazistadion – für sie ist es auf ewig der Kickers-Platz. Großaspach war ebenfalls keine Option, am liebsten sähen die eingefleischten Fans die kleinen Roten im Schlienz-Stadion kicken. Einstige Überlegungen, das Stadion drittligatauglich zu machen, scheiterten jedoch am Geld.
Immer wieder wird der Vorwurf laut, der Verein selbst unternehme zu wenig, seine erfolgreiche U 23 besser in Szene zu setzen. Außer verbilligten Tickets fiel den Entscheidern nicht viel ein, sie hatten zuletzt genügend andere Baustellen. Viele Ultras vom Commando Cannstatt und dem Schwabensturm machen indes ganz bewusst einen Bogen um die dritte Liga. Sie werfen ihrem Verein Doppelmoral vor, wenn dieser sich einerseits Tradition auf die Fahnen schreibt, andererseits aber durch seine eigene Sportpolitik anderen Traditionsvereinen das Tor zur dritten Liga versperrt. „Wie in der vergangenen Saison ausgemusterte oder lange Zeit verletzte Profis zahlreich in der zweiten Mannschaft einzusetzen, halten wir für Wettbewerbsverzerrung“, sagt ein Vertreter der Ultras. „Da machen wir nicht mit.“
Klingt alles durchaus plausibel. Passt auch ins oft gepflegte Klischee, dass Ultras sich mehr um Prinzipien als um die Unterstützung der Mannschaft kümmern. Einziges Problem: Stimmt nicht. Das Commando Cannstatt veröffentlichte umgehend eine Gegendarstellung:
Mit Verwunderung haben wir den Artikel „VfB-Fans kehren U23 den Rücken zu“ von Gregor Preiss in den heutigen Stuttgarter Nachrichten zur Kenntnis genommen. Wir haben uns gegenüber Herr Preiss nicht zur Thematik geäußert und befinden uns auch nicht in einem Konflikt mit dem VfB Stuttgart wegen einer angeblichen Doppelmoral in der Sportpolitik seiner Reservemannschaft. Wir besuchen die Spiele der U23 aus diversen Gründen nur im absoluten Ausnahmefall. Die Gründe hierfür sind vielschichtig und bedürfen keiner öffentlichen Diskussion.
Da fragt man sich natürlich schon, wie lebhaft die Fantasie des Journalisten sein muss, dass er sich eine so ausführliche Begründung zusammenreimt. Kann natürlich auch sein, dass seine Quelle einfach nicht so “ultra” ist, wie Preiss das gerne hätte. Wie auch immer. Ein Artikel, der durch den offensichtlichen Quatsch, der drin steht, überflüssig wird. Gut, dass die Sommerpause bald zu Ende ist.
Auch eine Meldung wert: Alexander Zorniger verbietet seinen Spielern angeblich das Tragen von Kopfhörern in der Öffentlichkeit. Was die 11Freunde zu einer Bilderstrecke von Fußballern mit Kopfhörern veranlasst (wie kreativ! Nicht.), führt im Blog des Tages-Anzeigers zu einer Kolumne über skurrile Vorstellungen, die Trainer von Disziplin haben können. Ganz kurzweilig, aber auch etwas unzusammenhängend.
Das trifft auch auf den Beitrag in Stockworld.de zu, der die Bilanz des VfB und die Aktie der Versicherung Allianz vergleicht. Muss man auch nicht so wirklich verstehen. Außer dass bei beiden die zukünftige Entwicklung spannend ist.
Im Kicker findet sich noch ein Artikel, wie Zorniger mit aufkommender Unzufriedenheit von Ersatzspielern umzugehen gedenkt. In der letzten Saison war es ja größtenteils fast egal, wer auf dem Platz stand, Stammspieler versagten genauso wie Ersatzspieler. Sollte der Wettbewerb zwischen den Spielern dieses Jahr zu mehr Erfolg führen, nehme ich gerne unzufriedene Spieler in Kauf.
Thema des Tages: Vorfreude auf die neue Saison oder nicht?
Die Stimmung im Umfeld eines Bundesligisten wird im Grunde jede Sommerpause abgeklopft. Wie wurde die letzte Saison verarbeitet, welche Weichen wurden für die neue Saison gestellt? Geht es jetzt endlich bergauf, respektive kann man den Erfolg ausbauen? Beim VfB ist man nach den beiden letzten Spielzeiten auf der Euphorie-Skala eigentlich bei Null angekommen. Der einzige Lichtblick waren die letzten drei Saisonspiele.Doch dann kam die Pressekonferenz von Robin Dutt an Pfingsten und irgendwie nahm das ganze Fahrt auf. Wie die Stuttgarter Nachrichten Mitte Juli berichteten, gingen die Verkäufe von Dauerkarten und Trikots durch die Decke. Gregor Preiss führt das in einem weiteren Artikel auf die Emotionalität des Abstiegskampfes zurück.
Ich muss sagen, ich traue dem Braten nicht so ganz. Es scheint mal wieder alles zu passen beim VfB: Der Trainer spricht Schwäbisch, der Manager kommt auch aus der Nähe von Stuttgart und hat den Ankündigungen, er wolle den Kader massiv ausdünnen bisher schon viele Taten folgen lassen. Das Trikot hat endlich einen durchgehenden Brustring und die Testspiele lassen sich trotz defensiver Schwächen auch ganz gut an. Antonio Rüdiger spielt wohl noch ein Jahr beim VfB und die anderen Spieler, die uns in der Endphase der vergangenen Saison den Arsch gerettet haben, bleiben uns auch vorerst erhalten. Man könnte also von einem lockeren Auswärtssieg in Kiel ausgehen und dann zur Saisoneröffnung den Angstgegner Köln weghauen. Und da heißt es immer, das Stuttgarter Publikum sei schwer zu begeistern.
Kann so passieren, muss aber nicht. Ob der Trainer Schwäbisch spricht oder nicht, ist mir persönlich relativ wurscht, ich komme aber auch nicht aus Stuttgart. Dutts bisherige Transferbilanz ist auf jeden Fall positiv. Man darf aber auch nicht übersehen, dass einige Spieler den VfB mit prall gefüllten Taschen verließen. Nach dem vor etwas mehr als zwei Jahren das richtige VfB-Wappen wieder eingeführt wurde, dachten auch alle, jetzt gehe es endlich langsam bergauf. Bisher ist die sportliche Bilanz des Wappens ziemlich bescheiden (was nichts daran ändert, dass es richtig war, das Wappen wieder einzuführen). Was mich zuversichtlich stimmt, ist die Tatsache, dass wir Offensivspieler halten konnten, denen ich schon in der vergangenen Saison wesentlich mehr zugetraut hab, als sie über weite Teile der Spielzeit zu zeigen bereit waren. Insbesondere Filip Kostic und Alexandru Maxim.
Was die Abwehr angeht: Ich halte Rüdiger weiterhin für keinen überragenden Verteidiger, aber Bundesliga-Niveau hat er in der Tat. Nachdem sich der Wechsel zu Wolfsburg zerschlagen hat, wird er wohl beim VfB bleiben. Mit Insua und Klein sowie hoffentlich noch einem erfahrenen Innenverteidiger, der eventuelle Leistungsschwankungen von Baumgartl abfangen kann sind wir zumindest so gut aufgestellt, dass ein Platz zwischen 9 und 13 rausspringen müsste. Ehrlich gesagt wäre ein einstelliger Tabellenplatz und ein entspannter Schlaf ab März (wegen erreichtem Klassenerhalt) schon ein Riesen-Erfolg. So sehen es auch die Kollegen vom Brustring. Auch Heinz Kamke sagte es in der Saisonvorschau der 11 Freunde: Der VfB braucht endlich mal ein bisschen Ruhe, um sich wieder neu auszurichten.
Es war nämlich auch die Diskrepanz zwischen der Spielweise und den sportlichen Erfolgen unter Bruno Labbadia, die Vieles in Stuttgart durcheinander gebracht hat. So schön es war, mal wieder zum Pokalfinale in Berlin vorbei zu schauen: Es brauchte offensichtlich zwei Spielzeiten mit einem Bein im Sarg namens zweite Liga, damit man im Verein endlich mal aufwachte. Die spektakulären Rückrunden in den vergangenen Saisons und die durch Pokalheimspiele gegen unterklassige Mannschaften “erschlichene” Europapokalteilnahme haben dem VfB im Nachhinein einen Bärendienst erwiesen. Die Süddeutsche Zeitung fasst das ganz gut zusammen:
Beim VfB Stuttgart soll in der kommenden Saison vieles anders werden. Die Fans scheinen den Umbruch zu goutieren. Sie erwarten gar nicht so viel vom neuen Trainer Zorniger: Es kann nur besser werden.
Ich bin schon glücklich, wenn wir die schlechten Mannschaften der Liga mal deutlich, mal weniger deutlich schlagen und gegen die guten Mannschaften vielleicht mal einen Überraschungs-Dreier holen. Wenn wir uns irgendwo im grauen Mittelfeld der Tabelle einnisten und dort bis Mai überwintern. So sehr ich mich auch auf Europapokalspiele freue: Erstmal raus aus dem Chaos der vergangenen beiden Jahre. Ich hoffe, dass man beim VfB die Weitsicht besitzt und nicht versucht, für den kurzfristigen Erfolg wieder irgendwelche Luftschlösser zu bauen.
Die Vorfreude auf Fußball, aufs Stadion ist auf jeden Fall schon wieder da. Die Euphorie, die bei sich bei mir darauf konzentriert, dass wir einfach nur im ruhigen Fahrwasser durch die Saison schippern, wird sich wahrscheinlich erst ein paar Spieltage nach Saisonbeginn einstellen.
Zuletzt: Es gibt auch Leute, die sind anscheinend grundunzufrieden damit, wie es beim VfB läuft. Wie der Betreiber dieses Blogs namen CP Kommunikation. Keine Ahnung, woher die gut informierten Kreise ihre Informationen haben. Meiner Meinung nach befindet sich der VfB eher auf dem Weg der Professionalisierung, dass sah vor zehn Jahren noch ganz anders aus. Vielleicht zielt der Verfasser auch auf die noch immer nicht umgesetzte Ausgliederung ab…wer weiß es schon.
Und wie ist das bei Euch? Was erwartet ihr euch von der kommenden Saison? Wie ist Eure Stimmung jetzt, zweieinhalb Wochen vor Bundesliga-Beginn?
Gute Überblick über die aktuelle Situation, die rund um den VfB herrscht. Ich freu mich schon sehr darauf, dass die Saison endlich bald mal wieder los geht. Mein Herz sagt auch wieder mal, dass wir eine ziemlich gute Saison hinlegen werden, mein Kopf tickt da ganz anders. Ist ein wenig wie nach einem verlorenen Saisonspiel letzte Spielzeit: Sonntag bis Dienstag/Mittwoch war man depressiv, spätestens ab Donnerstag dann zogen einzelne rosa Wölkchen auf, so dass dann kurz vor dem Spiel meist ein irrationaler Optimismus Einzug hielt.
Ansonsten wär ich auch schon sehr zufrieden damit, frühzeitig aus allem Kuddelmuddel unten drin raus zu sein. Mehr brauch ich nicht.