Rund um das Spiel in Berlin

Nach der Län­der­spiel­pau­se reist der VfB am Sams­tag nach Ber­lin. Wir haben mit Her­tha-Fan und ‑Blog­ger Mar­xel­in­ho (@marxelinho1892, marxelinho.net) über die Situa­ti­on in der Haupt­stadt gespro­chen.

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Mar­xel­in­ho und vie­len Dank, dass Du Dir Zeit für unse­re Fra­gen nimmst. Stell Dich doch bit­te erst­mal vor: Wie bist Du Her­tha-Fan gewor­den und wie ist Dein Blog Mar­xel­in­ho ent­stan­den?

Mar­xel­in­ho: Ich bin 2000 von Wien nach Ber­lin über­sie­delt. Schon davor moch­te ich die Stadt Ber­lin sehr, und habe im Fern­se­hen immer auf Her­tha geach­tet. Die Auf­stiegs­ge­nera­ti­on nach 1997 mit Spie­lern wie Six­ten Veit fand ich sowie­so gut. Ich bin dann also in Ber­lin bald mal ins Olym­pia­sta­di­on, und das war nach den Erfah­run­gen in Öster­reich beim SK Rapid und davor beim LASK doch etwas ande­res. Seit 2002 habe ich eine Dau­er­kar­te bei Her­tha. 2004 begann ich über mein Leben als Fan zu blog­gen. Der Name Mar­xel­in­ho ist eine Hom­mage an einen bestimm­ten Pass, den Thor­ben Marx ein­mal auf Mar­cel­in­ho gespielt hat.

Bevor wir zum Sport­li­chen kom­men: Wie ist die aktu­el­le Lage in Ber­lin? Es gibt ja dort schon wie­der stär­ke­re Beschrän­kun­gen. Wie gehen die Leu­te damit um?

Ich lebe in Kreuz­berg, also inmit­ten eines Hot­spots. Es ist ein biss­chen merk­wür­dig zur Zeit, weil wir so wenig über die schnel­le Zunah­me der Infek­tio­nen erfah­ren. Wo gesche­hen sie wirk­lich, wie alt sind die Infi­zier­ten? Sind es wirk­lich nur die jun­gen Leu­te, die man aller­dings wirk­lich gera­de auch in mei­ner Gegend als sehr unbe­küm­mert erlebt? Dass man in Deutsch­land nicht ein­mal mehr in ein ande­res Bun­des­land rei­sen darf, fin­de ich unver­hält­nis­mä­ßig.

Die ver­gan­ge­ne Sai­son war für die Her­tha und ihre Fans schon ohne die Coro­na-Pau­se denk­wür­dig genug. Mit Ante Covic, Jür­gen Klins­mann, Alex­an­der Nou­ri und Bru­no Lab­ba­dia vier Trai­ner, dazu vie­le Neu­zu­gän­ge und über allem schweb­te gefühlt stän­dig der Begriff des “Big City Club”. Was war da los? Kannst Du dei­ne Gedan­ken dazu in Wor­te fas­sen?

Micha­el Preetz hat im Som­mer 2019 ver­säumt, einen stra­te­gisch inter­es­san­ten Trai­ner zu ver­pflich­ten. Damals waren Leu­te wie Oli­ver Glas­ner auf dem Markt. David Wag­ner war aber zum Glück zu teu­er. Ante Covic hat­te wohl doch nicht das For­mat. Das Klins­mann-Cha­os hat mit dem Wind­horst-Invest­ment zu tun: der neue Geld­ge­ber muss­te erst ein­mal „ein­gen­or­det“ wer­den. Wind­horst kennt sich mit Fuß­ball nicht aus. Nur Leu­te aus sei­nem Umfeld ver­wen­den den Begriff Big City Club über­haupt uniro­nisch.

Unser Ex-Coach Bru­no Lab­ba­dia führ­te die Mann­schaft am Ende der Sai­son auf Platz 10. Wie bewer­test Du sei­ne Arbeit bis­her?

Bruno Labbadia steht nach einer Vier-Trainer-Saison bei der Hertha an der Seitenlinie. Bild: © imago
Bru­no Lab­ba­dia steht nach einer Vier-Trai­ner-Sai­son bei der Her­tha an der Sei­ten­li­nie. Bild: © ima­go

Lab­ba­dia ist ein soli­der Bun­des­li­ga­coach, der Her­tha in der Coro­na-Zeit kon­so­li­diert hat. Ob er aus dem nicht unin­ter­es­san­ten Kader eine span­nen­de Mann­schaft for­men kann, und vor allem auf wel­che Sicht, lässt sich schwer abschät­zen. Man muss aber dazu sagen, dass die Trai­ner­po­si­ti­on die mit Abstand am schwie­rigs­ten zu beset­zen­de im Fuß­ball ist: es gibt nicht ein­mal für die 18 Bun­des­li­ga-Pos­ten aus­rei­chend vie­le wirk­lich gute Bewer­ber.

Den Ergeb­nis­sen nach war der Start der Her­tha in die­se Sai­son sehr wech­sel­haft: Aus im Pokal in Braun­schweig, Sieg in Bre­men, Nie­der­la­ge gegen Frank­furt und dann den Bay­ern beim 3:4 lan­ge die Stirn gebo­ten. Wie bewer­test Du die ers­ten Spie­le?

Her­tha hat in den ers­ten Spie­len einen deut­li­chen Man­gel an Balan­ce erken­nen las­sen. Zen­tra­les Mit­tel­feld und Außen­bah­nen sind Pro­ble­me, es wer­den zu vie­le Flan­ken zuge­las­sen, aber auch der ver­ti­ka­le Weg in den Sech­zeh­ner ist immer wie­der offen. Tous­art ist noch nicht inte­griert.

Inves­tor Lars Wind­horst hat ange­kün­digt sei­ne Antei­le an der KgaA bis Ende Okto­ber auf 66,6 Pro­zent auf­zu­sto­cken, im Gegen­zug erhält die Her­tha 150 Mil­lio­nen Euro. Was hältst Du von Wind­horst und sei­nem finan­zi­el­len Enga­ge­ment?

Investor Lars Windhorst ist nicht unumstritten. © imago
Inves­tor Lars Wind­horst ist nicht unum­strit­ten. © ima­go

Ich leh­ne die Geschäfts­tä­tig­keit von Lars Wind­horst ab, weil sie für mei­ne Begrif­fe zu intrans­pa­rent ist. Es weiß nie­mand, mit wes­sen Geld Wind­horst eigent­lich ope­riert, für das demo­kra­ti­sche Inter­es­se an einer inter­na­tio­na­len Finanz­ord­nung, die auf Abstand zu Kor­rup­ti­on, abge­zweig­ten Extrak­ti­ons­pro­fi­ten, Steu­er­flucht setzt, sehe ich Wind­horst nicht als Part­ner, son­dern eher als Geg­ner. Mir wäre es lie­ber gewe­sen, Her­tha hät­te einen ande­ren Inves­tor gefun­den. Mit der drit­ten Tran­che umgeht Her­tha zwar nicht de iure, aber de fac­to die 50+1‑Regelung für die Bun­des­li­ga, die aller­dings schon so stark auf­ge­weicht war, dass sie droht, sinn­los zu wer­den. Bis­her hat Her­tha mit dem Geld von Wind­horst aller­dings für mei­ne Begrif­fe ver­ant­wor­tungs­voll gear­bei­tet. Der grö­ße­re Teil ging ohne­hin in Schul­den­til­gung, und was für wei­te­re Inves­ti­tio­nen vor­ge­se­hen war, muss nun als Rück­la­gen für Coro­na-Defi­zi­te her­hal­ten. Gro­ße Sprün­ge hat Wind­horst also gar nicht ermög­licht. Her­tha-Fans kön­nen aber nun sicher nicht mehr gegen Hopp oder Mate­schitz sin­gen, ohne sich in Wider­sprü­che zu ver­wi­ckeln.

Her­tha BSC hat, auch dank des Gel­des von Lars Wind­horst, vor allem letz­ten Win­ter ordent­lich in die Mann­schaft inves­tiert. Wie zufrie­den bist Du mit den Trans­fers im Som­mer und was traust Du der Mann­schaft in die­ser Sai­son zu?

Ich hal­te den Deal mit Duda und Cor­do­ba für einen guten, und bin im Grun­de über­rascht, dass Köln sich dar­auf ein­ge­las­sen hat, denn Her­tha hat hier deut­lich einen Vor­teil. Schwo­low ist vor­aus­sicht­lich der star­ke, kon­stan­te Tor­hü­ter, den Her­tha gebraucht hat, wobei es scha­de ist, dass Kör­ber damit sicher nie­mals die Chan­ce bekom­men wird, sich als Stamm­tor­hü­ter zu bewäh­ren. Her­tha bringt seit Jah­ren sehr gute Kee­per her­vor, fin­det aber nie Ver­wen­dung für sie. Bau­stel­le bleibt bis­her das zen­tra­le Mit­tel­feld, wo viel getan wur­de (Tous­art nun fix da, Guen­dou­zi-Lei­he), wo aber unser bes­ter Spie­ler für die Sech­ser­po­si­ti­on, Arne Mai­er, nie rich­tig das Ver­trau­en von Lab­ba­dia hat­te, und jetzt nach Bie­le­feld aus­ge­lie­hen wur­de. So rich­tig plan­voll scheint mir das alles nicht.

Eben­falls im Win­ter wech­sel­te Sant­ia­go Asca­ci­bar vom VfB in die Haupt­stadt. Wie läuft es für ihn bei Euch?

Santi Ascacíbar stand diese Saison noch nicht auf Platz. © imago
San­ti Ascací­bar stand die­se Sai­son noch nicht auf Platz. © ima­go

Asca­ci­bar kam im kon­fu­sen Trans­fer­fens­ter unter Klins­mann, als Her­tha den Ein­druck erweck­te, die ers­ten Wind­horst-Mil­lio­nen drin­gend irgend­wie los­wer­den zu müs­sen. Bis­her war nicht zu sehen, wie er auch nur an Skjelbred vor­bei­kom­men hät­te sol­len, geschwei­ge denn jetzt an Guen­dou­zi und Tous­art oder auch nur Löwen. Ich den­ke, er könn­te schon im Win­ter wech­seln oder ver­lie­hen wer­den.

Vor wem müs­sen wir uns denn am Sams­tag beson­ders in Acht neh­men und wo lie­gen die Schwä­chen der Her­tha-Mann­schaft?

Nach der dich­ten Län­der­spiel­pau­se und den spä­ten Transfers/Leihen wird Her­tha sich am Sams­tag erst ein­mal fin­den müs­sen. Ich erwar­te ein vola­ti­les Spiel, in dem Her­tha dank der indi­vi­du­el­len Klas­se eini­ges zei­gen wird, dem VfB aber auch viel anbie­ten wird.

2013 konn­te der VfB zuletzt im Olym­pia­sta­di­on gewin­nen, Chris­ti­an Gent­ner erziel­te damals den ein­zi­gen Tref­fer. Wie geht es Dei­ner Mei­nung nach Sams­tag aus?

Ich tip­pe nie Ergeb­nis­se, bzw. wenn, dann völ­lig will­kür­lich, denn wir haben doch alle im Fuß­ball schon alles erlebt, oder nicht? Also 4:0 für Her­tha.

Titel­bild: © imago/WEREK

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