Der FC Augsburg und die VfB-Trainer — das war in den letzten Jahren eine besondere Beziehung. Vor dem Heimspiel am Samstag sprachen wir mit FCA-Fan und ‑Podcaster Amir (@finally_AmirT) von Auf die Zirbelnuss.
Rund um den Brustring: Hallo Amir und vielen Dank, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Stell Dich doch zunächst einmal bitte vor: Wie bist Du FCA-Fan geworden und wie bist Du zum Podcast Auf die Zirbelnuss gekommen?
Amir: Die Frage, wie ein Junge aus Nordrhein-Westfalen FCA-Fan sein kann, musste ich schon häufig beantworten. Ich bin schon damals ein großer Fan der zweiten Bundesliga gewesen, als Traditionsteams wie RW Oberhausen oder Aachen noch in der Liga waren. Durch mein Interesse an der zweiten Liga hatte ich schon immer auch eine Sympathie für den FC Augsburg, dessen damaliger Präsident Walther Seinsch mittlerweile wie ich in Münster wohnt. Mein damaliger Lieblingsspieler (man kann schon fast Kindheitsidol sagen) war Aristide Bancé, der bei Mainz spielte. Der FCA stieg auf, spielte in der Bundesliga und in der Saison 2012/2013 verpflichtete der FCA tatsächlich mein Kindheitsidol Aristide Bancé. Daraufhin bekam ich ein Bancé-Trikot des FCA und seitdem intensivierte sich die Beziehung zwischen dem FCA und mir und seitdem ist die Liebe präsent.
Da ich mich das ein oder andere Mal über den FCA per Twitter aufrege, wurde ich von der lieben Kristell des „Auf die Zirbelnuss“ Podcast gefragt, ob ich Lust hätte dort mitzumachen, was ich natürlich bejaht habe. Mir machen die Podcast Aufnahmen großen Spaß und ich bin froh ein Teil des „Auf die Zirbelnuss“ Teams zu sein.
Nach dem Höhenflug in den Europapokal unter unserem jetzigen Trainer Markus Weinzierl hat sich Augsburg in den letzten drei Spielzeiten auf den Plätzen 12 und 13 eingependelt, nach dem 12. Spieltag der laufenden Saison steht Ihr auch auf Platz 13. Ist das untere Mittelfeld der natürliche Lebensraum des Vereins in der Bundesliga, oder rechnest Du damit dass man sich langfristig auch ein paar Tabellenplätze höher etablieren kann?
Zurzeit repräsentiert der Tabellenplatz leider die bittere Wahrheit, da wir sicherlich mehr Spiele hätten gewinnen können bzw. müssen. Dennoch zählt für den FCA nur der Klassenerhalt, weil wir nun mal finanziell keinen großen Spielraum haben und bei uns besonders die kollektive Arbeit in der Mannschaft wichtig ist. Wenn der FCA etwas mehr Konstanz zeigt, denke ich das mehr möglich ist, als der Abstiegskampf. Ich denke, dass der FCA sich in den letzten acht Jahren zu einem soliden Bundesligisten stabilisiert hat, mehr aber auch nicht. Die Europa League Saison war da (leider) eher eine Ausnahme, auch wenn ich es dem Verein prinzipiell zutraue, wenn andere größere Kaliber in der Bundesliga schwächeln würden. Dennoch: Der FCA kämpft jedes Jahr für den Klassenerhalt und sollte weiterhin probieren sich im gesicherten Mittelfeld der Bundesliga zu etablieren, bevor man langfristig eventuell den Europapokal angreift.
Im Sommer waren Eure Transferaktivitäten überschaubar. Der namhafteste Abgang war sicherlich der von Marvin Hitz zum BVB, im Gegenzug kamen Felix Götze aus München, André Hahn vom Absteiger HSV und Julian Schieber aus Berlin. Wie fällt nach der Hälfte der Hinrunde deine Bilanz der Neuzugänge aus? Und wie hat sich unser ehemaliger Spieler Julian Schieber bei seinem Startelf-Debüt am vergangenen Spieltag gemacht?
Ich bin positiv überrascht von den Neuzugängen. André Hahn hat diese Saison schon gute Spiele gemacht und besonders im Pokal gegen Steinbach und gegen Fortuna Düsseldorf ganz wichtige Tore gemacht. Natürlich ist bei ihm noch definitiv Luft nach oben, aber nachdem er beim HSV kaum gespielt hat, ist seine Saison stark. Mir imponiert besonders, dass er nie aufgibt und jedem Ball hinterher rennt. Auch Felix Götze hat absolut viel Potenzial und hat angedeutet, wie wichtig er werden kann. Gegen Bayern hat er ein ganz wichtiges Tor gemacht und auch allgemein strahlt er eine unfassbare Ruhe aus, was ich stark finde. Der Junge wird eine tolle Zukunft vor sich haben. Des Weiteren wurde auch Fredrik Jensen von Twente Enschede verpflichtet, der am vergangenen Samstag sein Bundesliga-Debüt gab gegen Frankfurt. Er war länger verletzt, daher kann man ihn nicht wirklich bewerten. Gegen Frankfurt hat er unglücklich gespielt. Nichtsdestotrotz bin ich absolut von ihm überzeugt, da er besonders in Holland tolle Spiele gemacht hat bei Enschede. Auch er wird im Laufe der Saison noch wichtig werden. Last but not least noch Schiebi, den ihr sicherlich noch gut kennt. Zu Beginn der Saison wurde der Transfer von vielen kritisiert aufgrund von Julians Verletzungshistorie. Dennoch habe ich ihn immer verteidigt, weil er ein Key Factor diese Saison werden kann, da Finnbogason leider sehr verletzungsanfällig ist. Ein fitter Julian Schieber passt zur Spielphilosophie des FCA und außerdem ist er charakterlich einfach ein toller Typ. Seine Ansätze gegen Frankfurt waren vielversprechend, besonders wie er den Ball abgeschirmt und verteilt hat. Mit der Zeit wird auch Schiebi noch stärker werden.
Schieber ist ja nicht der einzige Akteur, der früher im württembergischen und jetzt im bayrischen Schwaben die Fußballschuhe schnürt. Bereits seit letzter Saison spielt Rani Khedira in Augsburg. Wie hat er sich bei Euch entwickelt?
Rani Khedira ist in meinen Augen einer der meist unterschätzten Spieler der Bundesliga. Er spielt unglaublich konstant seit seinem Transfer und insgesamt positiv solide. Sein Vorteil ist, dass er zumeist das Bindeglied zwischen der Innenverteidigung und dem defensiven Mittelfeld ist und diese Rolle stark ausführt. Dadurch kann die Mannschaft taktisch variieren zwischen einer Fünfer-Kette und einer Vierer-Kette, je nach Khediras Rolle. Zudem wird Khedira immer torgefährlicher, was noch etwas seine Schwäche ist. Er ist zudem Teil des Mannschaftsrates, was zeigt, dass er jetzt schon ein Spieler ist, der Verantwortung übernimmt. Sollte Khedira weiterhin so konstant spielen, könnte er auch für andere Vereine interessant werden.
Der FCA steht zwar nur vier Punkte vor dem Relegationsplatz, hatte aber anders als die Konkurrenz, die zum Teil schon derbe Klatschen kassiert hat, nur wenige krasse Ausschläge nach unten. Gegen Borussia Dortmund wäre sogar fast ein Unentschieden drin gewesen, auch gegen die Bayern holte man einen Punkt. Wie bewertest Du die bisherige Saison und wo siehst Du den FCA am Saisonende?
In unserem Fall stehen wir sicherlich deutlich schlechter dar, als wir es sein sollten. Zu Beginn der Saison haben wir unnötig Punkte verloren durch die Patzer vom Keeper Giefer. Zudem bekommen wir sehr häufig Tore in der letzten Viertelstunde, wie gegen Nürnberg oder Dortmund. Allgemein nutzt der FCA zu viele Torchancen nicht, obwohl man das Spiel eigentlich im Griff hat. Selbst bei den Bayern hat der FCA gut mitgehalten und es gab noch kein Spiel, wo der FCA komplett chancenlos war. Dennoch ist diese Saison eine Schlüsselsaison, da etablierte Kräfte wie Gouweleeuw, Gregoritsch oder Finnbogason sicherlich mehr als Abstiegskampf möchten und sie nach der Saison eventuell weg sein könnten. Dennoch spielt der FCA rein fußballerisch seine beste Saison, auch wenn die Ergebnisse fehlen. Am Saisonende sehe ich den FCA auf einen soliden 11. Platz, mehr erscheint mir nicht möglich, da wir zu viele Punkte bisher verschenkt haben.
Was auffällt: Ihr habt von allen Vereinen, die derzeit in der unteren Tabellenhälfte stehen, die meisten Tore geschossen. Welchen Anteil hat Euer Stürmer Alfreð Finbogason daran?
Einen unfassbar großen! Alfred ist ein Spieler, der eigentlich viel zu gut ist für den FCA. Der einzige Grund, warum er noch bei uns spielt ist, dass er enorm verletzungsanfällig ist. Leider ist das diese Saison teilweise eine One-Man-Show vorne im Sturm, da Alfred enorm einbezogen ist, sei es als Torschütze oder präsenter Stürmer, der die Verteidiger auf sich zieht. Insgesamt ist er ein unglaublich cleverer Spieler von dem weitere Offensivkräfte wie Caiuby, Richter oder Gregoritsch profitieren. Finnbogason ist also nicht nur wegen seiner Tore wichtig, sondern besonders weil er die Torgefahr in Person ist und die Qualität der gesamten Mannschaft erhöht.
Kommen wir zum Thema Trainer. Zunächst mal zu Eurem: Dirk Schuster folgte 2016 auf Markus Weinzierl, wurde aber schon im Winter von Manuel Baum abgelöst, der jetzt ziemlich genau zwei Jahre im Amt ist. Wie zufrieden seid Ihr mit ihm?
Manuel Baum ist ein Trainer, der damals wie Weinzierl perfekt zum FCA passt. Er lebt den Verein und ist schon lange involviert in den Gesamtprozess, weil er vorher im Nachwuchs aktiv war. Zudem stellt Baum den FCA perfekt taktisch auf jeden Gegner ein und dadurch hatten wir Dortmund beispielsweise am Rande einer Niederlage. Seit Manuel Baum da ist, spielen wir zudem attraktiven Fußball, auch, wenn manchmal die Ergebnisse fehlen. Dennoch hat sich der FCA wirklich toll entwickelt unter Manuel Baum, dank seiner akribischen Arbeit. Ich bin mir sicher, dass er auch langfristig unser Trainer sein wird und hoffe, dass wir weiterhin so guten Fußball unter ihm spielen. Mein einziger Wunsch wäre, dass er etwas früher oder allgemein cleverer wechselt, da seine Wechsel zumeist sehr spät sind oder nicht passen.
Jetzt zu unserem Trainer. Ich hatte nach der Verpflichtung von Markus Weinzierl schon mit Deiner Fan- und Podcast-Kollegin Kristell über ihn gesprochen. Wie ist im Rückblick Deine Sicht auf seine Zeit beim FCA und traust Du ihm zu, mit unserer Mannschaft noch die Wende zu schaffen? Oder wird Augsburg womöglich auch zum Trainerkiller, wenn auch vielleicht nur verzögert?
Um ehrlich zu sein, bin ich nicht gerade optimistisch für den VfB. Markus Weinzierl war schon bei Schalke nicht die optimale Besetzung und in meinen Augen ist das einer dieser Trainer, die nur bei einem Verein wirklich funktionieren. Bei uns hat er tolle Arbeit geleistet, das traue ich ihm beim VfB nur zu, wenn er lang genug Zeit bekommt, wo ich eher skeptisch bin. Weinzierl hat meiner Meinung nach einen guten Kader beim VfB, der er unbedingt nutzen sollte. Besonders Spieler wie Thommy oder Donis könnten bei ihm aufblühen, weil sie sehr gut in seine Spielphilosophie passen. Ich hoffe, dass Markus Weinzierl langfristig bei euch die Chance bekommt, dann wird er sicherlich auch einiges bewegen können. Die Wende wird er denke ich schon schaffen, weil der Kader des VfB einfach sehr stark ist, weshalb ich hoffe, dass Weinzierl diese Optionen nutzt.
Abseits des Platzes scheint es bei Euch derzeit recht unaufgeregt zu sein. Gibt es Themen, die Euch Fans derzeit abgesehen vom sportlichen Geschehen bewegen?
Es gibt natürlich die üblichen Dinge: Zum Beispiel warum Philipp Max noch nicht Nationalspieler geworden ist. Ansonsten wurde der Kinofilm „Mehr als 90 Minuten“ des FCA erstmals präsentiert, exklusiv für die Mitglieder. Bald gibt es den Film auch als DVD zu kaufen.
Über Finbogason haben wir schon gesprochen. Vor wem muss sich der VfB am Samstag noch in Acht nehmen? Und wo liegen die Schwächen Eurer Mannschaft?
Caiuby ist ein Spieler, der ganz unangenehm werden kann, wenn er einen guten Tag hat. Auch Philipp Max Flanken sind sehr gefährlich, selbiges gilt auch für Johnny Schmids Freistöße. Der VFB sollte versuchen die Räume auszunutzen, die der FCA ihnen bietet. Die Verteidigung des FCA wackelte in den vergangenen Spielen oftmals, besonders die Linke Seite mit Max und Hinteregger scheint anfällig zu sein.
Der VfB scheint Euch zu liegen. Unsere Bilanz gegen den FCA ist erbärmlich, egal ob zu Hause oder auswärts. Warum habt Ihr Euch eigentlich ausgerechnet uns als Lieblingsgegner ausgesucht? 😉
Die Spiele gegen den VFB waren zumeist unterhaltsam und oft auch torreich, wobei der VfB das letzte Spiel gewonnen hat. Hoffentlich wird daraus keine Serie am Samstag 😉
Abschließend: Dein Tipp fürs Spiel?
2:1, Siegtor durch Julian Schieber!