Heute Abend steigt im Neckarstadion das zweite von drei Heimspielen in dieser Woche und das erste von drei absoluten Topspielen vor Weihnachten. Kann der VfB erneut Borussia Dortmund bezwingen?
Das 2:0 gegen Bremen und der Sprung auf die 30-Punkte-Marke am vergangenen Wochenende waren für mich der Meilenstein in dieser Hinrunde: Egal was in den vier Spielen gegen Dortmund, Leverkusen, München und Augsburg vor Weihnachten noch passiert, der VfB hat eine überragende Fast-Halbserie gespielt und es gibt nichts, was mir fußballtechnisch für den Rest des Jahres noch die Laune verderben kann. Was nicht heißt, dass mir der Ausgang des Pokal-Achtelfinales egal ist. Ganz im Gegenteil. Am Dienstagabend kamen mit St. Pauli, Düsseldorf und Kaiserslautern drei Zweitligisten weiter, heute Abend kommt mit Hertha oder dem HSV ein viertes hinzu. Sollten wir Dortmund besiegen, steigen die Chancen, auch in dieser Saison im Pokal weit zu kommen, was dem Verein nicht nur Geld, sondern auch weitere Erfolgserlebnisse einbringt. Das Problem ist der Konjunktiv: Das Ligaspiel gegen den BVB hätte der VfB viel höher gewinnen müssen. Während Union, unser letzter Gegner in zwei Wettbewerben, jedoch im Pokal ähnlich desolat auftrat wie in der Liga und den Spielen davor und danach, traue ich der Borussia durchaus eine Reaktion auf das letzte Spiel zu. Sie verfügen sowohl über die individuelle Klasse, als auch über die mannschaftliche Stärke, um das Spiel heute Abend wesentlich weniger einseitig zu gestalten als das letzte. Auf der anderen Seite legt der VfB derzeit eine fast schon beängstigende Stabilität an den Tag. Wir vergeben zwar viel mehr Chancen als zu Saisonbeginn, gewinnen aber trotzdem, halten die Gegner meist ziemlich effektiv vom eigenen Tor fern, kommen auch mit Rückschlägen klar und haben, nachdem die Serie von sechs Siegen in Folge gegen Hoffenheim riss und gegen Heidenheim schon fast in Vergessenheit geriet, schon wieder drei Dreier in Serie eingefahren. Ob wir diese Serie — auch wettbewerbsübergreifend — ausbauen können, werden wir sehen. Verstecken muss sich dieser VfB, der derzeit genauso weit von Platz 1 entfernt ist wie von einem Platz außerhalb der Champions-League-Ränge, vor niemandem in der Liga. Die Herausforderungen werden nur exorbitant größer.
Personalsituation
Bereits letzte Woche wurde Verletzung von Li Egloff bekannt, auch dass Hiroki Ito wie Niko Nartey bis Jahresende ausfällt wissen wir. Neu war auf der dienstäglichen Pressekonferenz lediglich die Info, dass Luca Raimund nach einem Nasenbruch noch nicht wieder einsatzfähig ist. Der kam zwar zuletzt wieder bei der U19 zum Einsatz, dass Hoeneß ihn aber in den bei jeder PK üblichen Verletzten-Report aufnimmt, zeigt seinen Stellenwert. Ansonsten sollen alle wieder fit sein — auch jene, die vor dem Bremen-Spiel etwas angeschlagen waren. Der breite Kader und die wenigen Verletzungen — was ein Ausfall von Ito gegen die absolute Ligaspitze bedeutet, werden wir in den nächsten elf Tagen sehen — sind in der aktuellen Lage weiterhin die Stärke des VfB.
Mögliche Startaufstellung
Hear me out! Die Viererkette würde ich außen wieder mit Mittelstädt und Stenzel besetzen, zumindest für den Anfang. Es ist schließlich ein Pokalspiel, das auch in die Verlängerung gehen kann, auf links kann man also immer noch, je nach Spielstand, Vagnoman einsetzen. Auf Stillers Übersicht können wir trotz Karazors hundertprozentiger Passquote gegen Bremen nicht verzichten, Millot sollte auch gesetzt sein. Silas zeigte gegen Bremen gute Ansätze und sollte mit einem Startelf-Einsatz belohnt werden. Führich hat im Vergleich zu den Vorwochen in der Effektivität etwas abgebaut, ist aber immer für einen gefährlichen Flankenlauf gut. Und Deniz Undav: Hat einen Lauf. Das war zwar eine ziemlich beeindruckende Machtdemonstration der Stuttgarter Offensive am Samstag, ich würde angesichts der Tatsache, dass dieses Spiel wie schon angemerkt länger als 90 Minuten gehen kann und dass wir am Sonntag den nächsten schweren Gegner haben, das Undenkbare tun und Serhou Guirassy von der Bank bringen. Zuletzt war er aus dem Spiel heraus etwas glücklos — was natürlich kein Zweifel an seiner Torjägerqualität sein soll — vielleicht kann er zu einem späteren Zeitpunkt den letzten Schwung in die Partie bringen, die wir brauchen, um ins Viertelfinale einzuziehen.
Statistik
Die Stärken und Schwächen der Dortmunder haben wir ja bereits vor kurzem in einer Spielvorschau ausführlich behandelt. Die Begegnung heute Abend ist die insgesamt 113. seit Einführung der Bundesliga und die sechste im DFB-Pokal. Drei dieser bisherigen Pokalpartien fanden im Stuttgarter Neckarstadion statt, der VfB verlor nur eine, das Viertelfinale im Februar 2016. Im Oktober 1998 gab es einen Heimsieg im Achtelfinale, 1986 zog man gegen die Borussia ins Pokalfinale ein, welches torreich gegen den FC Bayern verloren ging. Das Los mag für Auswärtsfahrer ein langweiliges sein, sportlich ist ein Heimspiel gegen den BVB gar nicht mal so schlecht. Denn die beiden Auswärtsspiele im Pokal verlor der VfB. Die Brustringträger kassierten übrigens in den letzten sieben Pokalspielen nur drei Tore von gegnerischen Spielern und zwar alle in einem (Halbfinal-)Spiel. Alle anderen Partien gewann man zu Null oder legte sich in einem Fall ein kurioses Eigentor ins Nest.
Fazit
Ich bin gespannt, welche Auswirkungen die Rückkehr von Emre Can, der im Ligaspiel verletzt war, auf das Spiel des BVB hat. Natürlich darf man auch die anderen Spieler nicht unterschätzen. Dem VfB bleibt sowieso nichts anderes übrig als genauso mutig in diese Partie zu gehen wie in den letzten Wochen und sich nicht von Namen wie Reus oder Brandt einschüchtern zu lassen — ich habe aber auch nicht den Eindruck, dass dies ein Problem werden könnte. Ihr merkt: Ich bin immer noch etwas ungläubig angesichts der aktuellen Erfolgswelle. Das kann gerne so bleiben.
Titelbild: © Thomas Kienzle / AFP