Probier’s mal mit Gemütlichkeit

Erneut domi­niert der VfB gegen Aue die Sta­tis­ti­ken. Ohne Mut zum Risi­ko­pass springt am Ende den­noch nur ein 0:0 dabei raus.

Zunächst ein­mal: Es ist immer noch alles im grü­nen Bereich. Der VfB ist in die­ser Sai­son immer noch unge­schla­gen, hat aus den ers­ten vier Liga-Spie­len acht Punk­te geholt und steht in der zwei­ten Pokal­run­de. Kein Grund also, panisch im Kreis zu lau­fen und den Kader, den Trai­ner oder die sport­li­che Aus­rich­tung grund­sätz­lich in Fra­ge zu stel­len. 

Ein schmaler Grat

Aber auch kein Grund, sich zurück zu leh­nen. Des­we­gen kann ich auch weder die Aus­sa­ge von Sven Mislin­tat,

“Aber ich fin­de, wir haben ein her­aus­ra­gen­des Spiel und eine super Mann­schafts­leis­tung gezeigt.“

noch die von Tim Wal­ter

„Ich den­ke jeder, der das Spiel gese­hen hat, weiß, dass es eigent­lich nur einen Sie­ger hät­te geben kön­nen. Näm­lich uns.” 

nach­voll­zie­hen. Natür­lich ver­su­chen bei­de, das teil­wei­se noch fra­gi­le Mann­schafts­ge­bil­de sta­bil zu reden und ihren Spie­lern den Rücken zu stär­ken. Gera­de Wal­ter wan­delt hier aber auf einem schma­len Grat. Natür­lich hät­te Mr 300 Euro nach dem Foul an Gon­za­lez auf Elf­me­ter ent­schei­den müs­sen und natür­lich hät­te das dem Spiel eine ande­re, wahr­schein­lich ent­schei­den­de Wen­dung gege­ben. Aber die Brust­ring­trä­ger zeig­ten trotz­dem kei­ne über­zeu­gen­de Leis­tung in einem Spiel, dass sie auch gegen elf Auer und Robert Hoyzers ehe­ma­li­gen Lini­en­rich­ter hät­ten gewin­nen müs­sen. 

Denn die Gast­ge­ber hat­ten das letz­te Spiel des VfB auf­merk­sam ver­folgt und wuss­ten, wie sie der Wal­ter-Elf rela­tiv unkom­pli­ziert den Zahn zie­hen konn­ten. Wie ein St. Pau­li in vio­lett zogen sie sich hin­ter die Mit­tel­li­nie zurück, über­lie­ßen dem VfB das Fuß­ball­spie­len und war­te­ten dar­auf, dass sich aus einem Ball­ver­lust des Geg­ners eine Kon­ter­chan­ce ergab. Zwar wirk­ten sie dabei defen­siv nicht ganz so sta­bil wie die Ham­bur­ger vor Wochen­frist, das glich sich aber dadurch aus, dass der VfB noch weni­ger Zug nach vor­ne hat­te und statt­des­sen das Pass­spiel rund um den Mit­tel­kreis aus die Spit­ze trieb. 

Die Heatmap des Spiels. Links Aue, rechts der VfB. © Whoscored.com
Die Heat­map des Spiels. Links Aue, rechts der VfB. © Whoscored.com

Die­se Gra­fik setzt auch die von Tim Wal­ter als Beleg für die Domi­nanz sei­ner Mann­schaft ange­führ­ten “bei­na­he 800 Päs­se” in Rela­ti­on. Denn für die­se Zuspie­le war größ­ten­teils die Vie­rer­ket­te ver­ant­wort­lich, die die Spiel­sta­tis­tik sowohl in die­sem Bereich, als auch bei den Ball­be­rüh­run­gen anfüh­ren: Nat Phil­lips, Hol­ger Bad­s­tu­ber, Pas­cal Sten­zel und selbst der nur 67 Minu­ten auf dem Feld ste­hen­de Bor­na Sosa hat­ten pro Spiel­mi­nu­te etwa ein­ein­halb Ball­kon­tak­te, die drei erst­ge­nann­ten spiel­ten jeweils um die 120 Päs­se mit einer Erfolgs­quo­te über 94 Pro­zent. So beein­dru­ckend die­se Zah­len sind, so nutz­los waren sie für das Offen­siv­spiel des VfB.

Denn mit Gemütlichkeit kommt auch das Glück zu dir!

Kurz: Es fehl­te der Mut zum Risi­ko­pass. Immer wenn sich in der Auer Mau­er ein klei­ner Spalt zeig­te, den man mit einem muti­gen Pass hät­te ver­grö­ßern kön­nen, ent­schie­den sich die Brust­ring­trä­ger für den gemüt­li­chen Sicher­heits­pass zum Neben­mann oder den Neu­auf­bau über Tor­wart-Libe­ro Kobel. So hast Du halt als Mann­schaft phä­no­me­na­le Ball­be­sitz- und Pass­quo­ten­wer­te von 74, bezie­hungs­wei­se 91 Pro­zent, musst dich aber dar­auf ver­las­sen, dass Du dei­ne weni­gen Chan­cen nutzt. Fünf Mal schoss der VfB aufs Tor und Mateo Kli­mo­wicz, Phil­ipp Kle­ment, Pas­cal Sten­zel und Silas Waman­gi­tu­ka waren auch durch­aus in guen Schuss­po­si­tio­nen, die Ver­su­che gin­gen aber fast alle auf Aues Tor­wart Män­nel. Die Gast­ge­ber wur­den zwar Gre­gor Kobel auch nur sel­ten gefähr­lich, aber des­we­gen ging das Spiel ja auch Unent­schie­den aus: Der VfB woll­te nicht bes­ser und nutz­te sei­ne weni­gen Chan­cen nicht, Aue konn­te nicht bes­ser. 

Letz­te Woche schrieb ich: “Tim Wal­ter und sei­ne Mann­schaft müs­sen also schnellst­mög­lich zusam­men­fin­den, denn bereits am Frei­tag in Aue wird es für uns wie­der ein Spiel gegen den Mann­schafts­bus sein.” Und man kann es nicht oft genug wie­der­ho­len: Vie­le Mann­schaft wer­den auf die­se Wei­se ver­su­chen, uns einen oder meh­re­re Punk­te abzu­neh­men. Hin­zu kommt, und ich wie­der­ho­le mich: Es geht in die­ser Sai­son nicht dar­um zu den 15 bes­ten Mann­schaf­ten der Liga zu gehö­ren, son­dern zu den zwei Bes­ten. Natür­lich sind Punkt­ver­lus­te unver­meid­bar, aber wenn sie so zustan­de kom­men wie in die­sem Spiel, dann sind sie halt ärger­lich.

Kein Mut zum Risiko

Dass die Mann­schaft Anlauf­schwie­rig­kei­ten haben wür­de war klar, ganz aus der Ver­ant­wor­tung ent­las­sen kann man sie aber nicht. Gegen Aue fehl­te die Hand­lungs- und Ent­schei­dungs­schnel­lig­keit an allen Ecken und Enden und des­we­gen sahen die Ball­be­we­gun­gen auch aus wie bei einem sehr ein­sei­ti­gen Hand­ball-Spiel. Um Abwehr­rei­hen wie die von St. Pau­li oder Aue zu über­win­den, braucht es dann doch mal den über­ra­schen­den Pass in die Schnitt­stel­le, die schnel­le Bewe­gung hin­ter die Lini­en und vor allem das, was Tim Wal­ter ja von Beginn an von sei­ner Mann­schaft gefor­dert hat: Mut zum Risi­ko und Offen­siv­drang. Ich sehe des­halb auch kei­nen Grund, Wal­ter oder sein Spiel­sys­tem der­zeit in Fra­ge zu stel­len. Die Mann­schaft muss aus den letz­ten bei­den Spie­len ler­nen und gegen Bochum, Regens­burg und Fürth zei­gen, dass sie wil­lens und bereit ist, dazu zu ler­nen. Gegen Mann­schaf­ten wie Ham­burg oder Nürn­berg mache ich mir dies­be­züg­lich kei­ne Sor­gen. Die sind zwar auch tor­ge­fähr­li­cher, bie­ten dem VfB aber auch mehr Platz für sein Ball­be­sitz­spiel.

Starkes Debüt: Silas Wamangituka. © Bongarts/Getty
Star­kes Debüt: Silas Waman­gi­tu­ka. © Bongarts/Getty

Das wur­de inter­es­san­ter­wei­se deut­lich, als Aue nach dem zwei­fel­haf­ten Platz­ver­weis für Bor­na Sosa — dazu gleich mehr — aus sei­nem Schne­cken­haus her­aus­kam, in der Hoff­nung, in Über­zahl zum Sieg­tref­fer zu kom­men. Da boten sich plötz­lich die Räu­me, ins­be­son­de­re für Dida­vi in der Mit­te, der bis dahin kom­plett zuge­stellt wor­den und damit qua­si unsicht­bar war. Nur war es da natür­lich zu spät für den VfB, auch wenn der durch die Her­ein­nah­me von Waman­gi­tu­ka in der zwei­ten Halb­zeit sein Spiel noch­mal deut­lich bele­ben konn­te. Der Neu­zu­gang aus Paris absol­vier­te ein star­kes Debüt, zeig­te sich vor­ne wen­dig und mit dem bereits ange­spro­che­nen stram­men Schuss, gleich­zei­tig war er sich aber auch nicht zu scha­de, einen geg­ne­ri­schen Spie­ler vor dem eige­nen Straf­raum abzu­grät­schen. Ich freue mich jeden­falls auf sei­ne nächs­ten Ein­sät­ze.

Kein Fingerspitzengefühl

Eine der vielen unrühmlichen Entscheidungen Zwayers © Getty/Bongarts
Eine der vie­len unrühm­li­chen Ent­schei­dun­gen Zway­ers © Getty/Bongarts

Natür­lich müs­sen wir abschlie­ßend noch über Schieds­rich­ter Felix Zway­er spre­chen, den ich wei­ter oben nur mit Syn­ony­men bedacht habe. Wie das Foul an Gon­za­lez. des­sen Gegen­spie­ler mit sei­nem Fuß nicht nur zu spät kommt, um den Ball zu spe­len, son­dern den Stutt­gar­ter Stür­mer im Anschluss noch mit dem Ober­kör­per abräumt, nicht als sol­ches bewer­ten und fol­ge­rich­tig mit Elf­me­ter bestra­fen kann, erschließt sich mir nicht. Erst recht nicht, wenn wir eine den Fuß­ball angeb­lich gerech­ter gestal­ten­de Instanz in Köln sit­zen haben, die bei die­ser offen­sicht­li­chen Fehl­ent­schei­dung nicht ein­greift. Mal ganz abge­se­hen davon, dass es ein Unding, dass jemand nur des­halb schein­bar heu­te noch Pro­fi­fuß­ball pfeift, weil der DFB damals einen Kron­zeu­gen brauch­te. Natür­lich unter­stel­le ich Zwa­xer kei­ne absicht­li­che Mani­pu­la­ti­on. Nein, er ist wie Gui­do Wink­mann in der Vor­wo­che, ein­fach ein schlech­ter Schieds­rich­ter.

Das sah auch Tim Wal­ter so, der im zu Beginn ange­führ­ten Zitat auch Par­al­le­len zur Regel­kennt­nis sei­ner Ehe­frau zog. Ich ken­ne Frau Wal­ter nicht, ein biss­chen hat ihr Gat­te da aber schon in der Kli­schee-Prol­lo-Kis­te gekramt. Aber auch mit einer ande­ren Aus­sa­ge schoss er über das Ziel hin­aus. Der Kon­takt, den Bor­na Sosa in der 67. Minu­te dan­kend annahm, war natür­lich nicht elf­me­ter­reif. Aber es war auf der ande­ren Sei­te auch kei­ne gelb­wür­di­ge Schwal­be, womit wir wie­der zu Zway­er kom­men. Natür­lich gibt sich Sosa nach dem Kon­takt der Schwer­kraft hin und ein Schieds­rich­ter mit Fin­ger­spit­zen­ge­fühl zeigt ihm dann kurz an, dass er auf­ste­hen soll und lässt das Spiel wei­ter­lau­fen. Zway­er hin­ge­gen zück­te gelb-rot und bedach­te spä­ter noch Gon­za­lez — zurecht — für eine ech­te Schwal­be mit der gel­ben Kar­te. Ob ihn die Stutt­gar­ter Pro­tes­te nach sei­nem Elf­me­ter-Feh­ler nerv­ten? Kei­ne Ahnung, die gel­be Kar­te für Dida­vi wegen Meckerns in der Nach­spiel­zeit lässt auf jeden Fall auf ein ziem­lich dün­nes Ner­ven­kos­tüm schlie­ßen. Unab­hän­gig davon hät­te der VfB das Spiel aber natür­lich viel frü­her für sich ent­schei­de müs­sen.

Wie ein­gangs gesagt: Alles im grü­nen Bereich. Aber die Mann­schaft muss den Arsch hoch krie­gen, will sie nicht noch häu­fi­ger in Spie­len gegen auf dem Papier schwä­che­re Geg­ner unnö­tig Punk­te lie­gen las­sen.

Titel­bild: © Bongarts/Getty

3 Gedanken zu „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“

  1. letz­tes jahr war schlimm…dieses jahr noch schlim­mer!! was ist das für eine mannschaft?und jetzt ver­kauft man noch den ein­zi­gen der fuss­ball spie­len kann wie kann man nur a. donis gehen las­sen der ein­zi­ge der alles mit bringt nie eine chan­ce über län­ge­re ein­sät­ze bekam am bes­ten geht der trai­ner auch gleich samt gon­za­les cas­tro dida­vi die gan­zen fuss­ball­göt­ter macht die­sen ver­ein kaputt die­ser ver­kauf von donis wird der ver­ein noch bereu­en ich ver­steh die welt nicht mehr

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    • Hal­lo fan68,

      naja, schlim­mer als letz­tes Jahr wür­de ich nicht sagen, zumal ja erst fünf Pflicht­spie­le bestrit­ten sind. Donis kann zwar kicken, aber er muss auch kicken wol­len und dabei auch das Spiel nach hin­ten nicht ver­ges­sen. Ich fin­de es auch scha­de, dass er geht, aber ähn­lich wie Maxim, der ja auch sehr beliebt war, fehlt ihm glau­be ich noch eini­ges um ein wirk­lich guter, mann­schafts­dien­li­cher Spie­ler zu sein. Und dar­um geht es am Ende.

      Vie­le Grü­ße, Lenn­art

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  2. Mann­schafts­dien­li­che Spie­ler brau­chen eine Mann­schaft.
    Eine Mann­schaft braucht eine gewach­se­ne Struk­tur.
    Eine Mann­schaft braucht Häupt­lin­ge und India­ner.
    Woher wol­len wir das zu die­sem Zeit­punkt haben?
    Unse­re “alten” Häupt­lin­ge sind ent­we­der genau das: alt (lei­der) oder kei­ne Häupt­lin­ge.
    Unter­schieds­spie­ler haben wir auch kei­ne, denn dafür muss man min­des­tens ein­mal mehr den Unter­schied aus­ma­chen wol­len.
    Und India­ner spie­len halt nun mal quer …
    Ich glau­be mei­nem Bauch und der sagt schon seit Mona­ten: Die­se Sai­son kein Auf­stieg …

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