Nur gut genug

Mit dem 0:0 zwi­schen dem VfB und dem FC Augs­burg set­zen bei­de ihre Seri­en fort. Rich­tig zufrie­den­stel­lend sind jedoch weder Spiel noch Ergeb­nis.

Der FC Augs­burg bleibt auch im fün­fen Spiel in Fol­ge unge­schla­gen, der VfB hat wei­ter­hin kein ein­zi­ges Heim­spiel in die­sem Kalen­der­jahr ver­lo­ren und bleibt zudem zu Hau­se in die­ser Sai­son noch ohne Gegen­tor. Zudem durch­brach der VfB die Nega­tiv­se­rie von zuletzt sie­ben (!) Nie­der­la­gen am Stück gegen die bay­ri­schen Schwa­ben. Soweit zu den posi­ti­ven Sta­tis­ti­ken nach die­sem 0:0 der schlech­te­ren Sor­te.

Ande­rer­seits…

„Für das, was wir gespielt haben, haben wir ein biss­chen wenig Punk­te … und auch nur drei Tore“
— Han­nes Wolf

Der VfB-Trai­ner fasst damit ziem­lich gut die ambi­va­len­te Gemüts­la­ge bei den Brust­ring­trä­gern zusam­men. Sie spie­len gefäl­lig, ste­hen hin­ten sta­bil, haben viel Ball­be­sitz und spie­len meist sau­be­re Päs­se, die auch ankom­men. Aber eben nur in der eige­nen Hälf­te.

Offensive ohne Überraschungsmoment

Sobald es in Rich­tung des geg­ne­ri­schen Tors geht, häu­fen sich Fehl­päs­se, Unge­nau­ig­kei­ten, Kon­zen­tra­ti­ons­schwie­rig­kei­ten. Am gra­vie­rends­ten ist dabei, dass die­se Pro­ble­me Ergeb­nis man­geln­der offen­si­ver Krea­ti­vi­tät sind:

Auch Donis findet keinen Weg in den Strafraum. Bild: © Eric Späte
Auch Donis fin­det kei­nen Weg in den Straf­raum. Bild: © Eric Spä­te

Chadrac Ako­lo, der sich bei einem ver­un­glück­ten Tor­schuss gegen Wolfs­burg eine Ver­let­zung zuzog, zwar zunächst mit nach Mön­chen­glad­bach reis­te, dann aber vor Anpfiff doch noch aus dem Kader gestri­chen wur­de, fehl­te vor­ne an allen Ecken und Enden. Vor allem sei­ne beherz­ten Zwei­kämp­fe und manch­mal viel­leicht etwas zu opti­mis­ti­schen Sturm­läu­fe in den Straf­raum hät­ten die Augs­bur­ger am Sams­tag durch­aus vor Pro­ble­me stel­len kön­nen. Womit die Gäs­te kei­ne Pro­ble­me hat­ten: Simon Terod­de zustel­len und damit Flan­ken von Andre­as Beck und Den­nis Aogo wir­kungs­los ver­puf­fen las­sen. Oder Flan­ken gar nicht erst zulas­sen. Ein­zig Ana­sta­si­os Donis und nach sei­ner Ein­wechs­lung Orel Manga­la ver­moch­ten für den einen oder ande­ren Über­ra­schungs­mo­ment zu sor­gen. Aber auch die­se blie­ben brot­los.

Der Aufsteiger, der keiner ist

Natür­lich darf man die Augs­bur­ger, erst recht nach der Serie von Plei­ten, die man gegen sie kas­siert hat, nicht unter­schät­zen, wie auch schon FCA-Fan Kristell in der Vor­schau anmerk­te: Die Mann­schaft steht kom­pakt, lässt nicht vie­le Feh­ler zu und agiert geschlos­sen als Team. Abge­se­hen davon haben sie auch wei­ter­hin erst ein Spiel in die­ser Sai­son ver­lo­ren. Nichts­des­to­trotz hät­te der VfB mit etwas mehr Offen­siv­po­ten­zi­al hier durch­aus drei Punk­te holen kön­nen, denn an die Wand gespielt wur­den sie von den Gäs­ten auch nicht. Das zeigt ein­mal mehr der Ball­be­sitz­an­teil von 63 Pro­zent und die Tat­sa­che, dass über 80 Pro­zent der Päs­se ihren Adres­sa­ten fan­den.

Und ganz selbst­ver­ständ­lich soll­te man als Auf­stei­ger auch zunächst ein­mal den Fokus auf die Defen­si­ve legen, denn die gewinnt bekann­ter­ma­ßen nicht nur Krie­ge, son­dern ermög­licht es einem auch gegen stär­ke­re Geg­ner spät noch einen spiel­ent­schei­den­den Lucky Punch zu set­zen.

Das Pro­blem ist nur, wie Jens Nag­ler ganz rich­tig beob­ach­tet, dass der VfB nicht als Auf­stei­ger bespielt wird. Kei­ner der bis­he­ri­gen Geg­ner, mal abge­se­hen von Schal­ke nach der Pau­se, ver­such­te den VfB hin­ten ein­zu­schnü­ren. Sicher­lich, in Mön­chen­glad­bach lag stän­dig ein Gegen­tor in der Luft. Aber man hat­te nie das Gefühl, dass dem VfB hin­ten die Luft zum Atmen fehlt. Dem­entspre­chend gering sind aber auch die Kon­ter­mög­lich­kei­ten, die die Brust­ring­trä­ger haben.

Defensiv stabil dank Badstuber, aber kein Spielaufbau

Der Chef in der Abwehr: Holger Badstuber. Bild: © VfB-Bilder
Der Chef in der Abwehr: Hol­ger Bad­s­tu­ber. Bild: © VfB-Bil­der

Dass es hin­ten auch in die­sem Heim­spiel bis auf den Schuss von Ex-VfB-Spie­ler Rani Khe­di­ra ziem­lich ruhig blieb, lag auch dar­an, dass Hol­ger Bad­s­tu­ber direkt wie­der in der Start­elf stand und der gesam­ten Hin­ter­mann­schaft, vor allem aber sei­nen Neben­leu­ten Timo Baum­gartl und Mar­cin Kamin­ski viel Ruhe und Sta­bi­li­tät ver­mit­tel­te. Wir kön­nen nur jeden Tag ein Stoß­ge­bet an die Fuß­ball­göt­ter sen­den, dass sein Kör­per die Belas­tun­gen des Bun­des­li­ga-Fuß­balls wei­ter aus­hält. Mit wel­cher Ruhe er auch in brenz­li­gen Situa­tio­nen den Über­blick und die Kon­trol­le über den Ball behält, ist beein­dru­ckend und beru­hi­gend zugleich. Ben­ja­min Pavard rück­te dafür neben Ascací­bar auf die Dop­pel­sechs, was ange­sichts sei­ner Stär­ke am Ball grund­sätz­lich kei­ne schlech­te Idee war, aber gleich­zei­tig auch eine gewis­se defen­si­ve Aus­rich­tung auf die­ser Posi­ti­on beding­te.

Es blieb bei die­sem from­men Wunsch, weil Augs­burg eben auch nicht Fürth ist. Bezeich­nend für das Offen­siv-Spiel des VfB war eine Sze­ne, in der Pavard mit rela­tiv viel Platz durchs Mit­tel­feld spa­zier­te den Ball dann aber rechts raus auf Beck leg­te, des­sen Flan­ke wie­der­um im Nichts ver­san­de­te. Auch die Ein­wechs­lung des zwei­ten Come­backers an die­sem Tag, Dani­el Gin­c­zek, blieb wir­kungs­los. Viel­leicht auch, weil er Ana­sta­si­os Donis ersetz­te, dem ich am ehes­ten noch zuge­traut hät­te, dass er den “Och­sen­sturm” mit einer Vor­la­ge hät­te unter­stüt­zen kön­nen.

Endlich mal besser sein

Wie schon die ver­gan­ge­nen Par­tien, aus denen der VfB nicht als Sie­ger her­vor­ging, ist auch die­se 0:0 kei­ne Kata­stro­phe. Es war kein schö­nes Spiel und die Tor­aus­beu­te aus sechs Spie­len ist bis­her sehr beschei­den. Wir dür­fen uns daher aber auch nicht in der Sicher­heit wie­gen, dass der VfB eigent­lich defen­siv ziem­lich sta­bil steht und auch sonst nach dem Wie­der­auf­stieg in die­ser Liga gut mit­hal­ten kann, auch wenn es noch nicht gegen die ganz gro­ßen Bro­cken ging. Denn wenn die Mann­schaft trotz defen­si­ver Sta­bi­li­tät mal ein oder meh­re­re Gegen­to­re kas­siert, fällt es ihr extrem schwer, das Spiel noch zu dre­hen. In der zwei­ten Liga stand die Abwehr nicht ganz so sat­tel­fest, dafür war man aber auch immer in der Lage — frag nach in Nürn­berg — das Spiel zu sei­nen Guns­ten zu ent­schei­den. Das gan­ze hat übri­gens nichts mit der For­ma­ti­on an sich zu tun, wie auch Han­nes Wolf in die­sem Arti­kel von Car­los Ubi­na in den Stutt­gar­ter Nach­rich­ten betont. Die Anzahl der Offen­siv­spie­ler auf dem Platz- ein Stoß­stür­mer, zwei Flü­gel­stür­mer, hin­zu kom­men zwei Außen­ver­tei­di­ger und ein bis zwei gele­gent­lich auf­rü­cken­de Mit­tel­feld­spie­ler — ist nicht klei­ner gewor­den, ihnen fehlt nur, wie bereits beschrie­ben, die Durch­schlags­kraft.

Gegen Frank­furt hat der VfB die Mög­lich­keit, das ers­te Aus­ru­fe­zei­chen der Sai­son zu set­zen. Die Süd­hes­sen sind, wie auch der FCA, nicht unschlag­bar, ein Aus­wärts­sieg wür­de auch die­se Nega­tiv­se­rie been­den und man hät­te bewie­sen, dass der VfB auch gegen einen Geg­ner, der nicht so völ­lig neben sich steht wie Mainz und Wolfs­burg das taten, nicht nur gut genug, son­dern bes­ser sein kann.

Alligator, Lederhose und Dirndl

Auch optisch war es übri­gens eher ambi­va­lent am Sams­tag. Die Cannstat­ter Kur­ve zeig­te eine schö­ne Cho­reo­gra­phie in den Far­ben der Stadt und mit der Über­schrift “Schwa­ben­me­tro­po­le Stutt­gart” und auf dem Rasen rann­ten die VfB-Spie­ler mit alli­ga­tor­grü­nen Rücken­num­mern und einem Fritz­le-Gesicht auf dem Bauch sowie vie­len klei­nen Buch­sta­ben auf dem Rücken her­um. Dass Fuß­ball auch für Kin­der da ist: Gar kei­ne Fra­ge. Und dass ein Mas­kott­chen nicht nur für die­se, son­dern auch für vie­le ande­re Fans iden­ti­täts­stif­tend ist, mei­net­we­gen. Aber muss man des­halb das Tri­kot so vollb­ap­pen? Vor allem der Alli­ga­tor-Kopf auf dem Bauch sah schon sehr albern aus. Aber wenn’s die Kids glück­lich macht…

Genau­so wenig modisch treff­si­cher sind im übri­gen Trach­ten im Sta­di­on. Mir als Nord­hes­sen erschließt sich die Not­wen­dig­keit von Trach­ten sowie­so nicht, genau­so wenig wie die jähr­li­che Okto­ber­fes­ti­sie­rung der gesam­ten Bun­des­re­pu­blik ab Mit­te Sep­tem­ber. This being said, sind Trach­ten aber immer noch kein Grund, Leu­te kör­per­lich zu bedro­hen, auch wenn man es als noto­ri­scher Trach­ten­trä­ger mitt­ler­wei­le mit­be­kom­men haben soll­te, wie unbe­liebt die­se gera­de in der Cannstat­ter Kur­ve sind. Das eben­so jähr­li­che “Bazi­trach­ten raus aus Stuttgart”-Spruchband ist ja als Mei­nungs­äu­ße­rung völ­lig in Ord­nung, aber belasst es um Him­mels Wil­len bit­te bei Wor­ten.

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