Der VfB hat sich mit einem weiteren Stürmer verstärkt: Von Admira Wacker Mödling aus Österreich kommt Sasa Kalajdzic. Wer ist der Neue im VfB-Sturm?
1995, 1996, 1997, 2000, 2001 — schaut man sich die Geburtsjahre der bisherigen Neuzugänge des VfB an, wird deutlich, dass er Kader zur neuen Saison nicht nur spielerisch umgekrempelt, sondern auch ziemlich verjüngt wird. In diese Reihe passt seit heute der 1997 geborene Sasa Kalajdzic, den der VfB vom österreichischen Erstligisten FC Admira Wacker Mödling verpflichtet hat. Um mehr über den jungen Stürmer zu erfahren, haben wir uns mit drei Admira-Fans über ihn unterhalten: Markus (@Wuergenippel), Helmut (@HeBr1982) und Babsi (@Babsii_Blubb).
Kalajdzic, der die österreichische und die serbische Staatsbürgerschaft hat, spielte bis zu seinem 19. Lebensjahr bei drei verschiedenen Wiener Vereinen: dem SV Donau Wien, dem First Vienna FC und dem SR Donaufeld Wien. Für letzteren lief er sowohl in der Jugend auf, als auch bei den Herren in der viertklassigen Wiener Stadtliga. Von dort wechselte er 2016 zur in Maria Enzersdorf ansässigen Admira, für die er zunächst in der zweiten Mannschaft in der drittklassigen Regionalliga spielte. Dort schoss er in 27 Spielen zehn Tore und war seit Beginn der Saison 2017/2018 fester Bestandteil der ersten Mannschaft.
Von der Sechs zum Mittelstürmer
In der zweiten Mannschaft sei er zuerst als Sechser eingesetzt worden, berichten Markus und Helmut, bevor ihn der sportliche Leiter und spätere Interimstrainer der zweiten Mannschaft, Ernst Baumeister, im Herbst zum Mittelstürmer umfunktionierte “und ihm damit wohl den größten Gefallen seines Lebens” tat, so Markus. Dass Kalajdzic in der Folgesaison bereits für die erste Mannschaft auflaufen würde, sei aber damals noch nicht absehbar gewesen, sind sich beide einig, auch wenn es laut Helmut außergewöhnlich sei, dass er auf Anhieb in die zweite Mannschaft schaffte, ohne aus der Akademie des Vereins zukommen.
In der österreichischen Bundesliga legte er in den letzten beiden Spielzeiten eine ziemlich beeindruckende Bilanz von elf Toren und zwölf Vorlagen in 33 Spielen hin. Die geringe Anzahl an Spielen hängt jedoch nicht damit zusammen, dass die Saison in Österreich kürzer wäre, sondern liegt in zwei Verletzungen begründet. Im März 2018 führte ein Foul im Spiel gegen Graz zu einem Mittelfußbruch, der ihn für den Rest der Saison und bis September außer Gefecht setzte, im Oktober 2018 riss dann das Syndesmoseband. Nach Ansicht unserer Experten ist Kalajdzic aber nicht besonders verletzungsanfällig, beide Blessuren entstanden durch Fremdeinwirkungen, auch wenn Babsi anmerkt, dass er schon grundsätzlich ein Spieler sei, bei dem man Angst habe, er könne sich wieder verletzen. Die lange Ausfallzeit nach dem Mittelfußbruch sei auch darauf zurück zu führen, so Helmut, dass der Verein ihm wahrscheinlich genügend Zeit zur Regeneration geben wollte, damit sein Marktwert nicht unter einer nicht auskurierten Verletzung leiden würde.
Held im Abstiegskampf
Die Admira legte in diesen zwei Jahren zwei sehr unterschiedliche Spielzeiten aufs Parkett. 2018 qualifizierte sich der Verein noch für die Qualifikation zum UEFA-Pokal, ein Jahr später kämpfte man in der neu eingeführten Qualifikationsrunde gegen den Abstieg. In der Saison 2017/2018 sei die Mannschaft in einen Lauf geraten, erklärt Markus, das habe auch Kalajdzics Selbstbewusstsein gefördert. In der abgelaufenen Saison habe neben seiner Verletzung auch der Verlust von fünf Stammspielern die Mannschaft geschwächt. Die fünf Tore von Kalajdzic in der Qualifikationsrunde seien aber enorm wichtig gewesen. “Ich denke man kann mit Fug und Recht behaupten er hat uns die Klasse gehalten”, stellt Markus fest. Wie Helmut erläutert, hätte es auch ganz anders kommen können: Rapid bot im Winter 1,5 Millionen Euro Ablöse, Admira stellte jedoch weitergehende Forderungen, so dass der Transfer am Ende für die Wiener zu kostspielig wurde. Dass Kalajdzic im Anschluss an den gescheiterten Transfer weiterhin alles für die Admira gegeben und ihr am Ende zum Klassenerhalt verholfen habe, spräche für seinen “einwandfreien Charakter”, so Helmut.
Außergewöhnlich ist auch der Körper des neuen Brustringträgers. Sasa Kalajdzic misst genau 2 Meter, ist aber für einen Stürmer dieser Größe erstaunlich kopfballschwach, so Markus und Helmut. Das scheint er aber durch eine gute Technik und Ballkontrolle wett zu machen. Markus bezeichnet ihn als “Wandspieler”: “Er verarbeitet vorne die Bälle entweder selbst, legt für nachrückende Spieler ab oder zieht das Foul.” Markus sieht ihn daher auch eher als hängende Spitze, denn als Stoßstürmer. Dem pflichtet Helmut bei: ” Sasa ist nicht der typische 2 Meter Stürmer der vorne steht und darauf wartet, dass er seine Bälle bekommt. Er lässt sich immer wieder zurückfallen, tritt als hängende Spitze oder gar 10er auf.” Dementsprechend sei er auch in der Lage, seine Mitspieler einzusetzen. Neben dem Kopfballspiel müsse er aber auch noch an seiner Chancenverwertung arbeiten, so der Tenor unserer Experten.
Perspektive für die Bundesliga und die A‑Nationalmannschaft
Alle drei können sich gut vorstellen, dass er ins System von Tim Walter passt. Markus attestiert ihm “eine hohe Spielintelligenz, ein gutes Gespür dafür wann es lohnt den Gegner anzulaufen und immer ein Auge für die Mitspieler”. Auch defensiv sei er engagiert und vor allem bei der Verteidigung von Ecken “eine gute Waffe”. Sollte der VfB in der kommenden Saison aufsteigen, können sich die drei auch gut vorstellen, dass Kalajdzic nach einer erfolgreichen Saison, in der er sich weiterentwickelt hat, auch das Zeug zum Bundesliga-Stürmer habe, wobei Babsi zu bedenken gibt, dass der Wechsel ihrer Meinung nach in diesem Sommer eigentlich etwas zu früh käme. Abseits des Platzes beschreiben ihn unsere Experten als bodenständigen Familienmensch. Den Transfer begrüßen alle drei, beschert er der Admira, den sie als Ausbildungsverein bezeichnen, doch eine ungewöhnlich hohe Ablösesumme.
Auch in der österreichischen u21-Nationalmannschaft ist Kalajdzic aktiv, zuletzt bei der Europameisterschaft in Italien, wo er im Gruppenspiel gegen Deutschland von Beginn an auflief und indirekt für den Ausgleich verantwortlich war. Das Foul an ihm, das den verwandelten Elfmeter nach sich zog, dürfte allerdings bei jedem VfB-Fan ungute Erinnerungen wecken.
Die Leistung in diesem Spiel bewerten Markus und Helmit als ziemlich gut und trauen ihm auch eine Zukunft im A‑Nationalteam zu. Wobei offiziell noch offen ist, für welches er in Zukunft auflaufen wird, denn bekanntlich können sich Spieler mit mehreren Staatsbürgerschaften auch nach Einsätzen in den U‑Mannschaften eines Landes noch für die A‑Mannschaft eines anderen entscheiden. In Kalajdzics Fall wäre das die serbische Mannschaft, wobei die Tendenz wohl eher Richtung Österreich geht.
Die Lösung des Offensivproblems?
Mit Al Ghaddioui (190 cm), Mario Gomez (189 cm) und Sasa Kalajdzic (200 cm) verfügt der VfB jetzt über drei sehr hochgewachsene Stürmer. In gewisser Weise trifft Gomez dabei auf seine eigene Vergangenheit: Denn beide Neuzugänge verfügen, wie er früher, über eine gute Technik und Ballkontrolle und warten nicht nur im Strafraum auf Halbfeldflanken. Auch Gomez war früher ein Wandspieler, auch wenn Cacau bei uns im Podcast der Meinung war, er hätte den Ball ruhig häufiger abspielen können. Auf dem Papier verfügt der Verein damit über eine ziemlich starke Sturmabteilung, die anders als im letzten Zweitliga-Jahr, nicht nur von einem Spieler abhängig ist. Natürlich muss man auch schauen, wie viel Mario Gomez, der in ein paar Tagen 34 Jahre alt wird, noch auf den Platz bringt. Hoffen wir, dass Kalajdzic seine Chancenverwertung beim VfB verbessern und damit endlich eines der größten Probleme der letzten Jahre lösen kann.
Titelbild: © Wikipedia/Ailura unter CC BY-SA 3.0 AT