Neu im Brustring: Nicolás González

Der VfB hat nach Sant­ia­go Ascací­bar erneut einen jun­gen Spie­ler aus Argen­ti­ni­en ver­pflich­tet. Wir haben uns in Bue­nos Aires umge­hört und stel­len Euch Nicolás Gon­zá­lez vor.

Nach­dem Micha­el Resch­kes letz­te Trans­fers — Dani­el Dida­vi und Gon­za­lo Cas­tro — den Alters­schnitt der Brust­ring­s­trä­ger eher etwas anho­ben, kommt mit Nicolás Gon­zá­lez wie­der ein jün­ge­rer Spie­ler ins Team. 1998 in Belén de Esco­bar, einem 50.000-Einwohner-Vorort von Bue­nos Aires gebo­ren, spielt der Stür­mer seit 2005, also sei­nem sieb­ten Lebens­jahr, bei der Aso­cia­ción Atlé­ti­ca Argen­ti­nos Juni­ors. Lucas (@lucasdavidovich) ist Fan der Argen­ti­nos, Pablo Arbe­laiz (@pabloarbelaiz) ist frei­er Sport­jour­na­list und eben­so Fan und Mit­glied des Ver­eins, aus dem einst unter ande­rem Die­go Mara­dona her­vor­ging. Auch Mar­tin Laj­nis (@martinlajnis) ist Fan und Mit­glied. Alle drei haben uns zu Gon­zá­lez Rede und Ant­wort ent­stan­den.

Profidebüt in der zweiten Liga

Die Argen­ti­nos sind, ähn­lich wie der VfB in grau­er Vor­zeit, für ihre außer­ge­wöhn­lich gute Jugend­ar­beit bekannt. Pablo zählt nur “ein paar” Spie­ler auf, in deren Fuß­stap­fen Gon­zá­lez hof­fent­lich ein­mal tre­ten kann: Redon­do, Sorín, Cáce­res, Bor­ghi, Batis­ta, Pla­cen­te, Cam­bi­as­so, Peker­man, Riquel­me, Feder­i­co Insúa, Lucas Bar­ri­os, Pare­ja, Rolón, Biglia. Die­ses beein­dru­cken­de Nach­wuchs-Sys­tem durch­lief der VfB-Neu­zu­gang, bis er 2016 sein Pro­fi­de­büt als 18jähriger in einem Pokal­spiel fei­er­te. Im August des glei­chen Jah­res lief er dann auch zum ers­ten Mal für sei­nen Ver­ein in der Liga auf, aller­dings in der Pri­me­ra B Nacio­nal, denn der Copa Libert­ado­res-Gewin­ner des Jah­res 1985 ver­brach­te die Sai­son 2016/2017 wie wir in der Zweit­klas­sig­keit. Gon­zá­lez absol­vier­te 20 von 46 Spie­len und schoss dabei vier Tore. 

Nach dem Wie­der­auf­stieg in die Pri­me­ra Divi­sión erreich­ten die Argen­ti­nos Platz 12 in einer Liga mit 28 Mann­schaf­ten und ver­pass­ten damit knapp die Qua­li­fi­ka­ti­on für die Copa Suda­me­ri­ca­na, ver­gleich­bar mit dem UEFA-Pokal. Gon­zá­lez kam in 24 von 27 Spie­len zum Ein­satz (in Argen­ti­ni­en gab es in der ver­gan­ge­nen Sai­son kei­ne Rück­spie­le), traf sie­ben Mal und leg­te einen Tref­fer vor. Dass er in der zwei­ten Liga weni­ger zum Ein­satz kam, ist wohl sei­nem Alter geschul­det, jedoch habe Trai­ner Gabri­el Hein­ze ihm vor allem in der zwei­ten Sai­son­hälf­te mehr Ver­trau­en geschenkt, so Pablo, wel­ches Gon­zá­lez unter ande­rem mit dem Tor, das den Wie­der­auf­stieg bedeu­te­te, zurück­zahl­te:

Das Video stammt aus dem Arti­kel der argen­ti­ni­schen Zei­tung Cla­rín zum Wech­sel von Gon­zá­lez, auf den mich Cris­ti­an Mira (@cgmira) auf­merk­sam gemacht hat, der uns damals mit Infor­ma­tio­nen zu Sant­ia­go Ascací­bar ver­sorg­te. Laut Mar­tin nen­nen sie ihn bei Argen­ti­nos “den Spie­ler der wich­ti­gen Tore”.

Technisch und taktisch vielseitig

Wäh­rend er in der Zweit­li­ga-Sai­son noch auf ver­schie­de­nen Posi­tio­nen zu fin­den war, spiel­te Gon­zá­lez letz­te Sai­son vor allem als Mit­tel­stür­mer. Den­noch kön­ne er auch auf den Flü­geln oder als hän­gen­de Spit­ze spie­len, wie Lucas her­vor­hebt. Vor allem gegen Sai­son­ende habe er sich auf all die­sen Posi­tio­nen, bedingt durch Trans­fers und ent­spre­chen­de per­so­nel­le Umstel­lun­gen, bewäh­ren müs­sen. Die Mann­schaft spiel­te unter dem neu­en Trai­ner Alfre­do Ber­ti meist im 4–3‑3, erläu­tert Pablo, dabei habe es zunächst Beden­ken gege­ben, ob sich Gon­zá­lez’ Ent­wick­lung unter ihm fort­set­zen wür­de. Ange­sichts der Zah­len scheint sie das getan zu haben.

Gon­zá­lez sei ein klas­si­scher Neu­ner, jedoch mit “nur”, 1,80 Meter Kör­per­grö­ße weni­ger phy­sisch prä­sent als Mario Gomez. Er kommt, wie Jür­gen Schatt­mann für die dpa schreibt, “ger­ne von hin­ten”, anstatt nur im Straf­raum auf Bäl­le zu war­ten, oder wie es Lucas for­mu­liert: “Si el balón no lle­ga a el, el va a bus­car­lo, es muy diná­mi­co” (Wenn der Ball nicht zu ihm kommt, wird er ihn sich holen. Er ist sehr dyna­misch). Das bestä­tigt auch Mar­tin. Pablo hebt Gon­zá­lez’ Tech­nik her­vor, die neben sei­nem hohem Anti­zi­pa­ti­ons­ver­mö­gen die man­geln­de Kör­per­lich­keit aus­gleicht. Sowohl er als auch Lucas loben die Schuss­tech­nik, auch aus der Distanz sei er gefähr­lich. Für die Außen­po­si­ti­on feh­le es ihm jedoch noch an gutem Dribb­ling, wes­we­gen er in der Mit­te bes­ser auf­ge­ho­ben sei. Laut Mar­tin kön­ne er zudem unge­dul­dig wer­den, wenn die Päs­se nicht bei ihm ankom­men.

Schon bereit für die Bundesliga?

Wie bereits in der Ein­lei­tung anklingt, drän­gen sich natür­lich Ver­glei­che zwi­schen Gon­zá­lez und Sant­ia­go Ascací­bar auf, der eben­falls mit 20 Jah­ren den Schritt von Argen­ti­ni­en, in sei­nem Fall La Pla­ta, in die Bun­des­li­ga zum VfB wag­te. Bei­de Exper­ten sind sich einig, dass man die Spie­ler auf­grund ihrer unter­schied­li­chen Posi­tio­nen nur schwer mit­ein­an­der ver­glei­chen kön­ne: Wäh­rend es Ascací­bar, wie wir wis­sen, vor allem um die Bal­ler­obe­rung geht, sei Gon­zá­lez spie­le­ri­scher ver­an­lagt. Pablo weist dar­auf hin, dass Ascací­bar bereits mehr Erfah­rung hat­te, als er zum VfB kam, er sieht ihn nach sei­nem ers­ten Bun­des­li­ga-Jahr auf dem Sprung in die Albice­le­s­te. Gon­zá­lez sei noch nicht ganz so weit,  jedoch, was die Tech­nik angeht, der bes­te der drei Argen­ti­ni­er im Brust­ring. Lucas ist sich sicher, dass er schon bereit ist für die Bun­des­li­ga, sei­ne Lands­leu­te wür­den ihm sicher­lich bei der Ein­ge­wöh­nung hel­fen.

Pablo ist da noch etwa skep­ti­scher. er geht davon aus, dass Gon­zá­lez sich erst ein­mal an die Bun­des­li­ga anpas­sen und den Trai­ner von sich über­zeu­gen muss, um zu Ein­sät­zen zu kom­men. Glaubt man der Ein­schät­zung von Lucas, der ihn als beschei­den und enga­giert beschreibt, könn­te das bei Tay­fun Korkut klap­pen.

Keine Ginczek-Kopie

Mit Gon­zá­lez ver­pflich­tet der VfB auf jeden Fall kei­ne Kopie von Dani­el Gin­c­zek, so viel ist klar. Der Ochen­sturm ist pas­sé, dafür bekommt der VfB einen Spie­ler, der tak­tisch und tech­nisch viel­sei­ti­ger zu sein scheint als der neue VW-Mit­ar­bei­ter. Natür­lich kön­nen wir nicht davon aus­ge­hen und das haben ja bei­de Exper­ten auch bestä­tigt, dass er so eine Pre­mie­ren­sai­son hin­le­gen wird wie Ascací­bar. Der hat­te vor sei­nem Wech­sel bereits fürs Olym­pia­team und die U20-Natio­nal­mann­schaft gespielt und wur­de mit Estu­di­an­tes de la Pla­ta Tabel­len­drit­ter, wäh­rend Gon­zá­lez sich mit Argen­ti­nos aus der zwei­ten Liga her­aus­kämp­fen muss­te.

Die ers­ten Test­spie­le wer­den hof­fent­lich end­lich zei­gen, wie Tay­fun Korkut die Offen­siv­op­tio­nen, die sich ihm bie­ten, ein­set­zen will. Selbst wenn ich berück­sich­ti­ge, dass Fans einen schei­den­den Spie­ler vor dem Sprung in die Bun­des­li­ga, meist sehr posi­tiv bewer­ten, kann ich mir gut vor­stel­len, dass sich Gon­zá­lez einen für die Mann­schaft frucht­ba­ren Zwei­kampf mit Donis und Ako­lo im Sturm lie­fern wird. In der kom­men­den Sai­son muss der Ball end­lich häu­fi­ger den Weg in den Straf­raum fin­den. Hof­fen wir, dass drei Neu­ver­pflich­tun­gen der letz­ten Tage die Lösung des Pro­blems der letz­ten Sai­son sind.

Schreibe einen Kommentar