Mit Santiago Ascacíbar von Estudiantes de La Plata aus Argentinien, hat der VfB einen weiteren zentralen Mittelfeldspieler verpflichtet. Wir sprachen mit einem Estudiantes-Fan über unsere neue Nummer 6.
Dem Vernehmen nach liegt der 20-jährige Argentinier Santiago Lionel Ascacíbar zumindest in einer Kategorie VfB-intern schon an der Spitze: Der Ablösesumme. Bis zu 8 Millionen soll der Transfer des defensiven Mittelfeldspielers kosten. Wir haben mit Cristian Mira (@cgmira), Estudiantes-Fan und Journalist (allerdings nicht Sport-) bei der Zeitung La Nación, über ihn gesprochen.
Born and raised in La Plata
Santiago Ascacíbar wurde 1997 in La Plata, der Hauptstadt der Provinz Buenos Aires geboren und hat bisher nie bei einem anderen Vereins als Estudiantes gespielt. Das erklärt sicherlich auch, warum sein Vereinsvizepräsident gleich mit zur Vertragsunterschrift nach Deutschland geflogen ist und erklärt, wie stolz er sei, dass sein ehemaliger Spieler einen Vertrag beim VfB unterschreibt:
Laut Mira, der seit 48 Jahren Estudiantes-Fan ist, wurde Ascacíbar (für den wir uns noch einen Spitznamen ausdenken müssen, denn jedes Mal den Namen mit den í schreiben wird auf Dauer anstrengend. 😉 Vorschläge?) stark vom technischen Direktor Nelson Vivas gefördert, der ihn bereits seit langem kennt. 2016 debütierte er mit 19 Jahren in der ersten argentinischen Liga und absolvierte in der vergangenen Saison 22 von 30 Spielen, meist über die volle Distanz. Mira bestätigt mir, dass er für die Mannschaft sehr wichtig war, trotz seines jungen Alters bereits sehr abgeklärt auftrat und dem Mittelfeld Stabilität verlieh. Das unterstreichen auch die Statistiken, die Mira heranzieht: nur jeweils ein Spieler in der Mannschaft habe mehr Pässe gespielt und mehr Bälle abgefangen als Ascacíbar. Estudiantes wurde in der abgelaufenen Saison Dritter. Hinzu kommen vier Spiele in der Copa Libertadores und eines in der Copa Sudamericana.
Ein vielversprechendes Talent
Seine Stärken scheinen dabei definitiv in der Defensive zu liegen, speziell in der Verknüpfung zwischen Abwehr und Sturm. Auf meine Frage nach Schwächen antwortet mir Mira lediglich, dass er keine Tore schießt würde. Ich bin mir sicher, dass ein 20-jähriger noch weitere Schwächen hat. Prinzipiell tendieren, mit Ausnahmen, die Fans abgebender Vereine dazu, in meinen Interviews den Neuzugang des VfB eher zu loben. Ich nehme an, dass vor allem sein Alter und die fehlende Lebens- und Spielerfahrung noch ein Manko sein könnten. Nichtsdestotrotz scheinen wir es hier mit einem vielversprechenden Talent zu tun haben, welches für sein Alter schon sehr weit ist.
Auch international ist er schon in Erscheinung getreten, nämlich für die argentische U20-Nationalmannschaft, deren Kapitän er ist und für die Olympia-Auswahl des Landes. 14 Länderspiele hat er bereits absolviert. Mira ist sich sicher, dass Ascacíbar sich in der Bundesliga durchsetzen kann, auch wenn die argentinische Liga technisch nicht so anspruchsvoll sei wie die Bundesliga. Eine Anekdote, die Cristian Mira mir noch erzählt: Juan Sebastián Veron, zeitweise Vereinspräsident und Vereinslegende bei Estudiantes, überzeugte Ascacíbar, trotz der sportlichen Karriere einen Schulabschluss in La Plata zu machen. Und: Sein Name wird [askasibar] ausgesprochen, das erste c also wie ein k, das zweite wie ein s und die Betonung liegt auf der Silbe mit dem i.
Im Mittelfeld ist es eng
Insgesamt hört sich das also alles sehr vielversprechend an. Bleibt die Frage, die sich auch Heiko Hinrichsen in der Stuttgarter Zeitung stellt: Wohin mit all den zentralen defensiven Mittelfeldspielern. Momentan tummeln sich auf der Position neben dem Neuzugang Anto Grgic, Matthias Zimmermann, Ebenezer Ofori, Orel Mangala, Christian Gentner und Dzenis Burnic. Vier davon wurden von Jan Schindelmeiser verpflichtet, zwei waren schon da, jetzt kommt ein Reschke-Transfer dazu. Selbst wenn Grgic noch verliehen wird, haben wir an dieser Position jetzt ein Überangebot an Spielern und daran ändert auch nichts, dass Burnic nächsten Sommer wieder weg ist. Ich gehe auch nicht davon aus, dass ein bis-zu-acht-Millionen-Neuzugang für die Bank geholt wurde.
Um Michael Reschkes Arbeit und die Personalpolitik Wolfgang Dietrichs abschließend zu bewerten, ist es sicherlich noch zu früh. Ich freue mich, dass wir einen scheinbar talentierten jungen Mittelfeldspieler haben, der hoffentlich in der Lage ist, eine stabile Verbindung zwischen Abwehr und Angriff beim VfB herzustellen. Nach einer durchdachten Transferpolitik und dem gewissenhaften Umgang mit den Ausgliederungsmillionen sieht das ganz für mich — derzeit — jedoch nicht unbedingt aus.
Bild: Wikipedia/ANDES (Creative Commons)