Neu im Brustring: Alexander Nübel

Der VfB hat mal wie­der einen neu­en Tor­hü­ter: Alex­an­der Nübel, zuletzt zwei Jah­re leih­wei­se in Mona­co, wird für ein Jahr ohne Kauf­op­ti­on vom FC Bay­ern aus­ge­lie­hen und soll den Über­gang zu Den­nis Sei­men ein­lei­ten. Aber ist das ehe­ma­li­ge Schal­ker Wun­der­kind der Rich­ti­ge dafür? Wir haben uns umge­hört.

Wir haben auf unse­rer Sei­te ja irgend­wann mal einen Über­blick über die Trä­ger fest ver­ge­be­ner Rücken­num­mern gestar­tet und die seit­dem gepflegt. Schaut man sich die Brust­ring­trä­ger mit der 1 auf dem Rücken an, fällt eines auf: Zwi­schen 1996, als die ers­ten fes­ten Rücken­num­mern ver­ge­ben wur­den — vor­her erhiel­ten die elf Spie­ler auf dem Platz Num­mern ent­spre­chend ihrer Posi­tio­nen und das war’s — und 2015, also in 19 Jah­ren, tru­gen nur fünf ver­schie­de­ne Spie­ler das Erken­nungs­zei­chen des Stamm­tor­hü­ters: Franz Wohl­fahrt, Timo Hil­de­brand, Rapha­el Schä­fer, Jens Leh­mann und Sven Ulreich. In den acht Jah­ren seit­her waren es eben­falls fünf: Mitch Lan­ge­rak, Ron-Robert Zie­l­er, Gre­gor Kobel, Flo­ri­an Mül­ler und neu­er­dings Fabi­an Bred­low. Dabei unter­schla­gen wir noch Prze­mys­law Tyton, der die 22 und einen erheb­li­chen Anteil am Abstieg 2016 trug. Kurz­um: Der VfB hat seit eini­gen Jah­ren mit Unter­bre­chun­gen ein gewis­ses Tor­wart­pro­blem. Einer war zu Höhe­rem beru­fen, bei allen ande­ren reich­te es aus dem einen oder ande­ren Grund nicht für einen dau­er­haf­ten Stamm­platz zwi­schen den Pfos­ten des VfB-Tors.

Der VfB füllt wie 2019 eine Leerstelle

Nun kommt also Alex­an­der Nübel für ein Jahr leih­wei­se vom FC Bay­ern. Ohne Kauf­op­ti­on, denn er hat schein­bar vor allem zwei Funk­tio­nen: Den VfB in der Bun­des­li­ga zu hal­ten und Den­nis Sei­men ein Jahr Ent­wick­lungs­zeit zu ver­schaf­fen. Als der VfB das letz­te Mal einen Tor­wart aus­lieh, war ich äußerst skep­tisch, dass man sich auf einer so zen­tra­len Posi­ti­on mit einem Spie­ler ver­stärk­te, der im Zwei­fels­fall bald schon wie­der weg ist. Damals befand sich der VfB, zumin­dest was den Kader anging, in einer ähn­li­chen Situa­ti­on. Ron-Robert Zie­l­er war zum Mit­ab­stei­ger nach Han­no­ver gewech­selt, Alex­an­der Mey­er nach Regens­burg, der VfB stand also im Som­mer 2019 nur mit Jens Grahl da, dem man den Job des Wie­der­auf­stiegs-Tor­hü­ters nicht zutrau­te. Es kamen Fabi­an Bred­low und eben der bereits ange­spro­che­ne Gre­gor Kobel. Fabi­an Bred­low ist immer noch da und immer noch reicht es bei ihm schein­bar nicht für die unan­ge­foch­te­ne Num­mer 1, denn Nübel, dazu gleich mehr, kommt mit Sicher­heit nicht als Ersatz­tor­hü­ter. Bred­low ist dar­an mit den zuneh­mend wech­sel­haf­ten Leis­tun­gen gegen Ende der Rück­run­de selbt schuld, wäh­rend man das von dem Drit­ten im Bun­des wohl kaum behaup­ten kann: Den­nis Sei­men gilt als das gro­ße Tor­wart-Talent des VfB, wird aller­dings auch im Dezem­ber erst 18 und hat sein Tor bis­her vor­nehm­lich gegen A‑Ju­gend-Stür­mer ver­tei­digt.

Also leiht der VfB erneut einen Tor­wart aus, um ein Posi­ti­ons­va­ku­um zu fül­len, auch wenn es in die­sem Som­mer etwas klei­ner aus­fällt also vor vier Jah­ren. Und natür­lich steht die Lei­he unter ande­ren Vor­zei­chen, was man dar­an sieht, dass hier wohl außer dem abge­ben­den Ver­ein nie­mand Inter­es­se an einer Kauf­op­ti­on gehabt hät­te. Dass man Den­nis Sei­men in dem Alter und ohne grö­ße­re Erfah­rung im Her­ren­fuß­ball nicht das Tor einer Mann­schaft hüten las­sen will, die in den letz­ten drei Jah­ren im Schnitt 1,7 Tore pro Spiel kas­sier­te, ist nach­voll­zieh­bar. Statt­des­sen setzt man auf des­sen Ent­wick­lung in Par­tien gegen Balin­gen, Bah­lin­gen oder den Auf­stei­ger aus Deger­loch. Für Flo­ri­an Schock scheint der Zug Rich­tung Bun­des­li­ga beim VfB abge­fah­ren zu sein und Fabi­an Bred­low wird wohl in der kom­men­den Sai­son wie bis­her auch, ein mehr oder min­der ver­läss­li­cher Back­up sein — aber war­um für Alex­an­der Nübel? Wie der sei­nen Weg von Schal­ke nach Mün­chen, von da nach Mona­co und schließ­lich nach Bad Cannstatt fand, dar­übr haben wir mit ver­schie­de­nen Exper­ten gespro­chen. Mit Tors­ten vom Schal­ke-Blog und ‑Pod­cast Tau­send­Freun­de haben wir über sei­ne Zeit in Gel­sen­kir­chen gespro­chen. Chris­to­pher von Mia­s­an­rot gab uns eine Ein­schät­zung zu sei­ner Per­son aus Münch­ner Sicht und über sei­ne zwei Jah­re in Mona­co haben wir gleich mit drei Exper­ten zur ASM gespro­chen: Dem You­Tuber Alex­and­re Paquis, dem Twit­ter-Account @AnciensDuRocher (der sonst ASM-Fans über ehe­ma­li­ge Spie­ler auf dem Lau­fen­den hält) und Clé­ment Bros­sard, Jour­na­list bei RMC Sport.

46 Minuten in drei Jahren auf Schalke

Der junge Nübel in Königs...äh grün INA FASSBENDER/AFP via Getty Images
Der jun­ge Nübel in Königs…äh grün. © INA FASSBENDER/AFP via Get­ty Images

Alex Nübel wur­de am 30. Sep­tem­ber 1996 in Pader­born gebo­ren, wird also im Lau­fe des Herbs­tes bereits 27 Jah­re alt. Ich schrei­be bereits, weil man mit ihm immer noch das Talent ver­bin­det, das früh zu den Bay­ern ging. Aber dazu gleich mehr. Los ging es in Nübels Geburts­stadt Pader­born, genau­er gesagt im nahe­le­ge­nen Salz­kot­ten, wo Nübel bei einem Stadteil­ver­ein mit dem Fuß­ball­spie­len anfing, bevor er mit neun Jah­ren ins Nach­wuchs­leis­tungs­zen­turm des SCP kam. Für die Pader­bor­ner hüte­te er in der Sai­son 2015/2015 zwölf Mal das Tor der zwei­ten Mann­schaft in der sechst­klas­si­gen West­fa­len­li­ga und saß sechs Mal als Ersatz für Lukas Kru­se auf der Bank der Bun­des­li­ga-Mann­schaft, aller­dings nicht im letz­ten Sai­son­spiel gegen den VfB, das die­ser Dank Dani­el Gin­c­zek für sich ent­schied und damit die Klas­se hielt und den SCP run­ter schick­te. Zur neu­en Sai­son wech­sel­te er dann mit 18 Jah­rennz­um FC Schal­ke 04, für die er 13 Spie­le in der zwei­ten Mann­schaft in der Regio­nal­li­ga bestritt und eine sym­bo­li­sche Minu­te lang sein Bun­des­li­ga-Debüt am letz­ten Spiel­tag fei­er­te. Tors­ten zufol­ge gab es kei­ne beson­de­ren Erwar­tun­gen an den jun­gen Tor­hü­ter, aber eine gewis­se Ver­bin­dung: Der neue Trai­ner André Brei­ten­rei­ter hat­te Tor­wart­trai­ner Simon Hen­z­ler aus Pader­born mit nach Gel­sen­kir­chen gebracht, bei dem man davon aus­ging, dass er Nübel gut ken­ne und ihn ihm eine einen Tor­wart für die Zukunft sähe. Unum­strit­te­ner Stamm­kee­per war damals Ralf Fähr­mann, der nur am letz­ten Spiel­tag für die eben beschrie­be­ne sym­bo­li­sche Minu­te sei­nen Platz räum­te.

In der Sai­son 2016/2017 stand er genau­so häu­fig in der Bun­des­li­ga auf dem Rasen wie der gesam­te VfB, näm­lich gar nicht, Tors­ten zufol­ge eta­blier­te er sich in der Mann­schaft, die die­se Sai­son als Zehn­ter abschloss und in der fol­gen­den Spiel­zeit über­ra­schend unter Dome­ni­co Tedes­co Vize­meis­ter wur­de, als zwei­ter Tor­hü­ter. Wäh­rend der VfB die Bay­ern abfer­tig­te, stand er am letz­ten Spiel­tag beim bedeu­tung­lo­sen 1:0 gegen Frank­furt zwei Jah­re nach sei­nem letz­ten Ein­satz erneut auf dem Platz. Dies­mal sogar 45 Minu­ten, was als Ges­te an ihn gedacht war, aber auch Ralf Fähr­mann den Applaus für die Sai­son­leis­tung bescher­te. Tors­ten merkt an, dass Fähr­mann damals dafür kri­ti­siert wur­de, dass sein Tor­wart­spiel zu unmo­dern sei, und man dar­auf hoff­te, dass Nübel, der mit dem Ball am Fuß bes­ser unter­wegs war, der nächs­te Tor­wart und damit in die­ser Hin­sicht ein Upgrade zu Fähr­mann sein könn­te — wenn er soweit sei. Fähr­mann, der übri­gens die glei­che Bera­ter­agen­tur hat wie Nübel, steht mitt­ler­wei­le wie­der im Schal­ker Kader und bestritt Tei­le der letz­ten Rück­run­de.

Fährmann abgelöst und ab zu den Bayern

Auch 2018/2019 behielt Fähr­mann sei­nen Sta­tus als Stamm­tor­hü­ter, die Mann­schaft steck­te jedoch lan­ge im Abstiegs­kampf und auch Fähr­mann habe Schwä­chen gezeigt, so Tors­ten. So kam es, dass Nübel, der Fähr­mann in der Hin­run­de nur ver­let­zungs­be­dingt ver­tre­ten hat­te, zur Rück­run­de von Tedes­co zur Num­mer 1 gemacht wur­de. Tors­ten führt Ent­schei­dun­gen wie die­se oder auch die Degra­die­run­gen von Nal­do oder Bene­dikt Höwedes als Fak­tor für den Absturz des Vize­meis­ters in die­ser Sai­son an. Nübel über­zeug­te in der Rück­run­de und wur­de 2019 sogar zum Kapi­tän ernannt. Ralf Fähr­mann hin­ge­gen ver­brach­te die Sai­son 2019/2020 zunächst in Nor­wich und dann im nor­we­gi­schen Ber­gen. Tors­ten zufol­ge mach­te Schal­ke Nübel auch des­we­gen zum Kapi­tätn, um ihm sei­ne Wich­tig­keit für die Mann­schaft zu ver­deut­li­chen und ihn dazu zu bewe­gen, sei­nen 2020 aus­lau­fen­den Ver­trag zu ver­län­gern. Ein Ansin­nen das schei­ter­te, wohl auch, weil man eine frü­he­re Ver­trags­ver­län­ge­rung mit Nübel als Ersatz­tor­hü­ter ver­passt hat­te.

Wie auch immer, Nübel und/oder sei­nem Bera­ter war die Ver­trags­si­tua­ti­on durch­aus bewusst, so dass immer wie­der mit einem Wech­sel nach Mün­chen koket­tiert wur­de, wo Nübel mög­li­cher­wei­se den Ex-Schal­ker Manu­el Neu­er per­spek­ti­visch wür­de ablö­sen kön­nen. Tors­ten zufol­ge kam Nübel jeg­li­che gera­de gewon­ne­ne Sou­ve­rä­ni­tät abhan­den, nach einer roten Kar­te im Spiel gegen Frank­furt für ein bru­ta­les Foul an Mijat Gaci­n­o­vic muss­te er im Dezem­ber und Janu­ar für vier Spie­le pau­sie­ren. Tors­ten bestä­tigt, dass Schal­ke spä­tes­tens zu die­sem Zeit­punkt ein Tor­wart­pro­blem hat­te, denn die Mann­schaft hat­te mit Nübel und dem noch jün­ge­ren Mar­kus Schu­bert nun zwei uner­fah­re­ne und  unsou­ve­rä­ne Tor­hü­ter, wäh­rend Ralf Fähr­mann immer noch ver­lie­hen wur­de. Wäh­rend Nübel sei­ne Stra­fe absaß, wur­de im Win­ter dann sein im Som­mer anste­hen­der ablö­se­frei­er Trans­fer nach Mün­chen bekannt. Tors­ten zufol­ge argu­men­tier­te Nübels Agen­tur damit, dass das Trai­ning in Mün­chen ihn wei­ter ver­bes­sern und in die Lage ver­set­zen wür­de, Neu­er lang­fris­tig zu ver­drän­gen. Dass die­se Idee, wie Tors­ten sie nennt “hane­bü­chen” war, hat sich ja in den letz­ten Jah­ren zur Genü­ge gezeigt.

Monaco statt München

Ein seltener Einsatz im Bayern-Trikot. © Matthias Hangst/Getty Images
Ein sel­te­ner Ein­satz im Bay­ern-Tri­kot. © Mat­thi­as Hangst/Getty Images

Die Bay­ern, so FCB-Exper­te Chris­to­pher, woll­ten damals einen Umbruch ein­lei­ten, “wie man ihn sonst nur von Fuß­ball­ma­na­ger-Spie­len kennt”: Nübel soll­te mit­tel­fris­tig beim Cham­pi­ons League-Sie­ger den mitt­ler­wei­le 34jährigen Neu­er ablö­sen. Beson­ders habe den Bay­ern-Ver­ant­wort­li­chen Nübels Qua­li­tä­ten auf der Linie impo­niert — bei den Bay­ern eine wich­ti­ge Qua­li­tät, weil Geg­ner zwar zu weni­gen, aber dafür hoch­wer­ti­gen Chan­cen kämen. Wie sich her­aus­stell­te, hat­te Manu­el Neu­er aber wenig Inter­es­se dar­an, den Platz zwi­schen den Pfos­ten zu räu­men, so dass Nübel vom Stamm­kee­per und Kapi­tän auf Schal­ke zum Ersatz­tor­hü­ter in Mün­chen wur­de und ledig­lich ein Bun­des­li­ga-Spiel in die­ser Sai­son bestritt. Hin­zu kamen zwei Cham­pi­ons League-Spie­le und die ers­te Pokal­run­de. Am Ende, so Chris­to­pher sei das Nübel zu wenig gewe­sen, gleich­zei­tig hät­te die Leis­tung in die­sen vier Pflicht­spie­len die Ansprü­che des Tor­hü­ters auch nicht gerecht­fer­tigt, so dass er im Som­mer 2021 für zwei Jah­re nach Mona­co ver­lie­hen wur­de.

Dort war man mit dem im Vor­jahr aus Mont­pel­lier für 13 Mil­lio­nen Euro ver­pflich­te­ten Ben­ja­min Lecomte nicht zufrie­den und ver­lieh ihn nach Nübels Ver­pflich­tung an Atlé­ti­co und spä­ter an Espan­yol. In Mona­co hat­te man gro­ße Erwar­tun­gen an Nübel als deut­schen Tor­hü­ter, der zudem vom FC Bay­ern kam. Auch die Tat­sa­che, dass er der desi­gnier­te Nach­fol­ger von Neu­er war, habe vie­le Beob­ach­ter beein­druckt, so Clé­ment. Dem­entspre­chend war er in Mona­co beim eben­falls deutsch­spra­chi­gen Trai­ner Niko Kovac auch als Num­mer 1 gesetzt. Nübel stand in allen Spie­len in der Ligue 1 auf dem Platz, in der Cham­pi­ons League-Qua­li­fi­ka­ti­on schei­ter­te die AS an Shakt­ar Donezk, kam mit Nübel aber ins Euro­pa League-Ach­tel­fi­na­le. Wie schon in der Vor­sai­son kas­sier­te Mona­co in der Liga mit 40 die viert­we­nigs­ten Gegen­to­re, ver­lor aber am letz­ten Spiel­tag Platz 2 an Mar­seil­le. Die ver­gan­ge­ne Sai­son lief dann wesent­lich durch­wach­se­ner. Erneut schei­ter­te man in der Qua­li­fi­ka­ti­on zur Cham­pi­ons League — dies­mal an Eind­ho­ven. In der Euro­pa League flog die ASM in der Zwi­schen­run­de gegen den spä­te­ren Fina­lis­ten aus Lever­ku­sen raus und in der Liga ver­pass­te man mit Platz 6 und 58 Gegen­to­ren die inter­na­tio­na­len Plät­ze.

Stark auf der Linie, sonst zu unbeständig

Alex­and­re zufol­ge hat­te die weni­ger erfolg­rei­che zwei­te Sai­son Nübels auch mit Kovac-Nach­fol­ger Phil­ip­pe Cle­ment zu tun, der es bei sei­nem offen­si­ven Spiel­stil nie schaff­te, die Defen­si­ve zu sta­bi­li­sie­ren, gleich­zei­tig habe aber auch Nübel einen gro­ßen Anteil an der Anzahl der kas­sier­ten Tore, Anci­ens­Du­Ro­cher und Clé­ment sehen auch den Trai­ner­wech­sel und die Defen­siv­schwä­chen als Grün­de für das schlech­te Abschnei­den.  Um das gan­ze mit Sta­tis­ti­ken zu unter­le­gen: xvalue.ai rech­net ihm für die ers­te Sai­son immer­hin mehr als drei­ein­halb ver­hin­der­te Tore an und krei­det ihm ihn der ver­gan­ge­nen Sai­son in der glei­chen Sta­tis­tik ‑6 an. Sei­ne Fang­quo­te ging von 72 auf 70 Pro­zent leicht run­ter. FBref sieht die Fang­quo­ten leicht höher, ver­zeich­net aber auch einen Abfall und auch bei der Dif­fe­renz zwi­schen den kas­sier­ten Toren und den post-shot erwar­te­ten Toren per­form­te er in der ver­gan­ge­nen Sai­son schlech­ter ( von +0,12 pro 90 Minu­ten zu ‑0,14).

Wenn wir unab­hän­gig von die­sen Sta­tis­ti­ken auf Nübels Stär­ken und Schwä­chen Bli­cken, dann wird von allen Exper­ten sei­ne Stär­ke auf der Linie betont, Tors­ten weist zudem wie bereits erwähnt dar­auf hin, dass er mit dem Ball am Fuß in sei­ner Schal­ker Zeit stark gewe­sen sei. Die Straf­raum­be­herr­schung sei zu Schal­ker Zei­ten ein Pro­blem gewe­sen, er und auch Schu­bert sei­en “in beängs­ti­ge­ner Regel­mä­ßig­keit” unter Flan­ken durch­ge­sprun­gen. Alex­and­re mach­te eine ähn­li­che Schwä­che in Mona­co aus, Nübel sei qua­si nie raus­ge­kom­men. Clé­ment ergänzt, dass er, wenn er raus­kä­me, den Ball zu sel­ten rich­tig klä­re. Auch wenn er in eini­gen gro­ßen Spie­len zum Bei­spiel gegen PSG her­aus­ra­gen­de Leis­tun­gen gezeigt habe, sei Nübel, da sind sich alle drei einig, zu unbe­stän­dig in sei­nen Leis­tun­gen — für Fans der ASM sehr frus­trie­rend. Nübels Nach­fol­ger ist übri­gens der ehe­ma­li­ge VfB-Nach­wuchs­kee­per Phil­ipp Köhn. Eine wirk­li­che Wei­ter­ent­wick­lung hat er unse­ren Exper­ten zufol­ge weder auf Schal­ke, noch in Mona­co durch­lau­fen, erst recht nicht in dem ver­schenk­ten Jahr in Mün­chen. Immer­hin, da ist man sich in Mona­co eini­ger­ma­ßen einig, habe er sei­ne Abwehr im Griff gehabt, auch wenn Anci­ens­Du­Ro­cher bemerkt, dass er angeb­lich kein Fran­zö­sisch gelernt habe und Clé­ment dar­auf auf­bau­end anmerkt, dass er den Ein­druck hat­te, sei­ne fran­zö­sisch­spra­chi­gen Ver­tei­di­ger hät­ten ihn wenig ver­stan­den.

Keine Liebesgeschichte

Was auch zumin­dest die bei­den Fans unter­strei­chen: In Mona­co wird Nübel von den weni­gen ver­misst, auch Tors­ten merkt an, Nübel sei nie­mand für “feel good sto­ries”. Wäh­rend er in Gel­sen­kir­chen durch sei­nen Wech­sel womög­lich noch mehr ver­brann­te Erde hin­ter­las­sen hat als sei­ner­zeit Manu­el Neu­er, scheint er in Mona­co weder sport­lich noch mensch­lich voll­ends über­zeugt zu haben, er wird von bei­den Fans als eher teil­nahms­los beschrie­ben. Nun kann es sein, dass die Mone­gas­sen etwas höhe­rer sport­li­che Ansprü­che haben als wir und die­se Lei­he ist, wie oben beschrie­ben, ja auch aus Stutt­gar­ter Sicht eher eine Zweck­ehe auf Zeit. Aber kann Nübel uns sport­lich in der kom­men­den Sai­son wei­ter brin­gen, als das Mül­ler und Bred­low in der abge­lau­fe­nen Spiel­zeit ver­moch­ten? Wäh­rend der Ver­ti­kal­pass mit Tor­wart-Exper­te Sascha Fel­ter gespro­chen hat und die Lei­he als smar­ten Move ein­schätzt und auch die Stutt­gar­ter Nach­rich­ten posi­ti­ve Stim­men zur Lei­he fin­den, bin ich eher skep­tisch.

Sicher: Nübel hat Qua­li­tät genug, um ein Bun­des­li­ga­tor zu hüten. Das hat er auf Schal­ke und in Mona­co bewie­sen. Sein Pro­fil erin­nert jedoch sehr stark an das Flo­ri­an Mül­lers. Viel­leicht hat ihn der Abgang aus Gel­sen­kir­chen, die Zeit in Mün­chen und die zwei Jah­re in Frank­reich mensch­lich und per­sön­lich wei­ter rei­fen las­sen, so dass er mit dem zwei­fels­oh­ne auch in der kom­men­den Sai­son exis­tie­ren­den Druck bes­ser zurecht kommt, als das bei Mül­ler der Fall war. Wie zu ver­neh­men war, kommt Nübel als kla­re Num­mer eins und steigt auch beim Gehalt in der Mannchafts­hier­ar­che direkt rela­tiv weit oben ein. Wie bei Bru­no Lab­ba­dia ist das nun mal der Preis, den man für Akteu­re zah­len muss, von denen man sich wenig Anlauf­zeit und viel kurz­fris­ti­gen Erfolg ver­spricht. Hof­fent­lich kann Nübel die­se Erwar­tun­gen bes­ser erfül­len als unser ehe­ma­li­ger Trai­ner.

Hal­ten wir fest: Es wird ver­mut­lich kei­ne gro­ße Lie­bes­ge­schich­te wie bei Gre­gor Kobel, den der VfB nach sei­ner Lei­he fest ver­pflich­te­te und der mit der Mann­schaft auf Platz 9 stürm­te. “Never fall in love with a loan play­er” heißt es ja so schön und lan­ge traf das auf kei­nen mehr zu als auf Alex­an­der Nübel. Zumin­dest zum aktu­el­len Zeit­punkt. Soll­te er nicht fatal pat­zen, wird er in der kom­men­de Sai­son unser Stamm­tor­hü­ter und ohne eine Kauf­op­ti­on blei­ben und auch jeg­lich Bera­ter­spiel­chen erspart.  Im bes­ten Fal­le spielt er eine soli­de bis gute Sai­son, der VfB muss mal nicht bis zur letz­ten Minu­te zwei­glei­sig pla­nen und das Invest­ment in Leih­ge­bühr und Gehalt hat sich dahin­ge­hend gelohnt, dass Den­nis Sei­men einen Schritt näher an der Bun­des­li­ga ist. Über­zeu­gen tut mich die­se Ver­pflich­tung ange­sichts der letz­ten bei­den Jah­re und der nach wie vor bestehen­den Abwehr­pro­ble­me bei uns anders als ande­re Beob­ach­ter also nicht, als prak­ti­ka­ble Lösung für die kom­men­de Spiel­zeit kann ich sie aber akzep­tie­ren.

Titel­bild: © Stuart Franklin/Getty Images

4 Gedanken zu „Neu im Brustring: Alexander Nübel“

  1. Fin­de es ein­fach super wie ihr uns die­se Infor­ma­tio­nen zu allem was beim VfB so pas­siert mund­ge­recht ser­viert!
    Freue mich auf jeden Arti­kel zu unse­ren „Bau­stel­len, Pro­blem­zo­nen etc. Zur bes­se­ren Ein­schät­zung des Gesche­hens rund um den VfB.
    Freue mich so noch mehr auf den Start der neu­en Run­de!
    Mit freund­li­chen Grü­ßen Oli­ver

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