Mit Jamie Leweling verpflichtet der VfB binnen weniger Tage nach Jeong Woo-yeong den zweiten offensiven Mittelfeldspieler für die neue Saison. Der deutsche U21-Nationalspieler wird für eine Saison von Union Berlin ausgeliehen. Wir stellen ihn Euch vor.
Es war der überragende Start in eine am Ende turbulente Saison. Am ersten Spieltag 2021/2022 fertigte der VfB die frisch aufgestiegene SpVgg Fürth mit 5:1 ab. Einziger kleiner Wermutstropfen neben der schweren Verletzung Mohamed Sankohs war der späte Ehrentreffer eines Spielers, der erst acht Minuten zuvor eingewechselt worden war und sein erstes von fünf Saisontoren erzielen sollte: Jamie Leweling. Zwei Jahre gibt es für den damaligen Torschützen ein Wiedersehen mit dem Brustring, denn der VfB hat ihn heute bis Saisonende von seinem derzeitigen Arbeitgeber Union Berlin ausgeliehen von einer Kaufoption schreiben beide Vereine allerdings nichts. Leweling stand wohl nicht zum ersten Mal auf dem Zettel des VfB, jetzt hat er zumindest zeitweise den Weg nach Stuttgart gefunden. Was ihn zu uns gebracht hat, darüber haben wir mit Fürth-Fan Danny und Union-Fan Nadine vom Podcast Textilvergehen gesprochen, beide standen uns schon häufiger als Interviewpartner*in und Podcast-Gast zur Verfügung.
Mit Fürth in die Bundesliga und da geblieben
Leweling wurde am 26. Februar 2001 geboren, pikanterweise in Nürnberg, und fand über den Vorortclub SC Feucht und den FCN 2017 den Weg zum Erzrivalen aus Fürth. Nach zwei Jahren in der U19 des Kleeblatts debütierte er 2019 in der 2. Bundesliga für die Profimannschaft. Die beiden Spiele gegen den VfB verpasste er allerdings: In der Hinrunde saß er nur auf der Bank, in der Rückrunde war er verletzt. Laut Danny war Leweling seit langem mal wieder ein Jugendspieler gewesen, der sich direkt gut in die erste Mannschaft eingefunden habe. Im Dezember 2019 traf er drei Mal in vier aufeinanderfolgenden Spielen und etablierte sich Danny zufolge als Nachwuchshoffnung und Publikumsliebling — sogar mit eigenem Fangesang. Es blieb in dieser Saison bei diesen drei Toren, und als die SpVgg dem VfB ein Jahr später in die Bundesliga folgte, war Leweling vor allem als Einwechselspieler in Erscheinung getreten, der nur wenige Einsätze über mehr als 45 Minuten hatte, nur einmal gegen Sandhausen traf und gegen Saisonende nur noch auf der Bank saß. Erstaunlicherweise änderte sich das nach dem Aufstieg in die Bundesliga. Im Oberhaus bestritt Leweling 33 Partien für den späteren Absteiger und stand davon 22 Mal in der Startelf, zehn Mal über die vollen 90 Minuten. Danny zufolge ist das auf einen Systemwechsel nach dem Aufstieg zurückzuführen: “Während wir in Liga 2 extrem pressing-ballbesitzorientiert gespielt haben mit 4–4‑2 Raute ohne Flügel, haben wir in Liga 1 relativ schnell auf eine Dreierkette mit schnellen Konterläufen festgelegt”. Dies sei Lewelings Stärken entgegen gekommen, auf die ich gleich eingehe.
Während Fürth sich wieder in die Zweitklassigkeit verabschiedete, blieb Leweling der Bundesliga erhalten und wechselte zu Union Berlin. Nadine fand den Transfer gut, ging im vergangenen Sommer aber auch davon aus, dass er aufgrund seines jungen Alters vor allem ein Transfer für die Zukunft sein würde. “Dass bei Union plötzlich Spieler ganz anders funktionieren als in ihren vorherigen Vereinen, sieht man aktuell ja ganz gut an Kevin Behrens”, so Nadine. Das traf auf Leweling nicht unbedingt zu. Für die Berliner lief er nur 16 Mal auf, nie in der Startelf. Sein längster Einsatz waren 28 Minuten gegen die Bayern, immerhin traf er beim 3:1 gegen Hoffenheim. Danny ist der Meinung, dass Leweling in der vergangenen Saison nicht in das System von Urs Fischer passte und an Sheraldo Becker und Jordan auch leistungsmäßig nicht vorbeikam. Das sieht Nadine auch so, die noch den eben erwähnten Kevin Behrens, der eine starke Saison spielte, als Konkurrent ins Feld führt. Auch im Mittelfeld sei Union stark besetzt gewesen. Zum anderen merkt sie an, dass in den letzten Jahren viele Spieler das System Fischers erst in der zweiten Saison in Köpenick verinnerlicht hätten, so sei es auch Becker gegangen. Nun wird Leweling diese zweite Saison seines bis 2026 laufenden Vertrags beim VfB absolvieren. Auch für die deutsche U21 lief Leweling in der Vergangenheit auf, für das enttäuschend verlaufende Turnier dieses Jahr war er allerdings nicht nominiert.
Stark im Dribbling aber nicht stark genug für Union
Bereits in seiner ersten Saison in Fürth, so Danny, habe Leweling “dieses typisch jugendliche spritzige Element als Flügelspieler” gehabt, das auch die Fans begeistert habe. Konkreter lobt er sein Dribbling, die körperliche Durchsetzungsfähigkeit und die Geschwindigkeit, die Leweling dann auch in der Bundesliga viel besser ausspielen konnte. Auch sein Antritt, seine Flanken und sein Schuss seien gut. Defizite hatte er in Fürth eher im Pressingverhalten, zudem sei er niemand, der sich aus engen Situationen trickreich befreien könnte, sondern eher jemand, der viel Rasen vor sich brauche. Die angesprochenen Stärken zeigte er auch in Berlin, erklärt Nadine und attestiert ihm Offensiv auch eine gewisse Risikobereitschaft. Gelegentliche Probleme bei der Entscheidungsfindung führt sie vor allem auf sein Alter zurück. In Fürth spielte Leweling häufig als Konterstürmer, Danny kann ihn sich aber angesichts der eben beschriebenen Stärken auch gut als Wingback vorstellen, ebenso als Empfänger von Steilpässen im Sturm. Bei Union kam er sowohl im Mittelfeld, als auch im Sturm zum Einsatz, um nochmal den Druck auf den Gegner zu erhöhen.
Sowohl Nadine, als auch Danny trauen Leweling zu, sich beim VfB durchzusetzen und uns zu verstärken. Nadine sagt auch: “Wenn er nach der Leihe wieder zu uns kommt, wäre ich nicht unzufrieden.” Ob für den VfB eine Weiterbeschäftigung möglich ist, wird neben Lewelings sportlicher Entwicklung sicherlich auch die finanzielle Situation bestimmen. Leweling scheint auf jeden Fall sowohl in Fürth als auch in Köpenick sehr beliebt gewesen zu sein. Unabhängig davon wird er wie auch Jeong mit Spielern wie Chris Führich, Enzo Millot und Silas um die Plätze hinter Serhou Guirassy konkurrieren, wenn man davon ausgeht, dass Sebastian Hoeneß an seinem bisherigen Spielsystem festhält.Wer von diesen Spielern mit ganz ähnlichen Anlagen und Problemen sich am Ende durchsetzt, ist für mich aktuell völlig offen. Es wird weiterhin spannend sein zu sehen, wie sich das aktuelle Transferfenster entwickelt. Schließlich umfasst der Kader mit Laurin Ulrich, Leonhard Münst und Li Egloff ja noch Nachwuchsspieler auf ähnlichen Offensivpositionen. Deshalb ist es auch noch zu früh, die Transfers dieser Woche abschließend zu beurteilen. Schließlich muss der VfB sich einerseits noch im Tor sowie im Sturmzentrum mindestens in der Breite, wenn nicht sogar auch in der Spitze verstärken und gegebenenfalls auch noch einen der notwendigen lukrativen Spielerverkäufe kompensieren. Martin hat auf gedankenvoll.de auch gute Gedanken zur aktuellen Lage auf dem Transfermarkt aufgeschrieben.
Titelbild: © Maja Hitij/Getty Images
1 Gedanke zu „Neu im Brustring: Jamie Leweling“