Was ist eigentlich eine Fanabteilung?

Prä­si­dent Claus Vogt möch­te beim VfB eine Fan­ab­tei­lung ins Leben rufen. Aber was ist das eigent­lich und ist so etwas in Stutt­gart sinn­voll?

Dass Claus Vogt neben dem Frau­en­fuß­ball auch fan­po­li­ti­sche The­men auf sei­ner Agen­da im Wahl­kampf haben wür­de, kann ange­sichts sei­ner Ver­gan­gen­heit als Grün­der des FC Play­Fair e.V. nicht über­ra­schen. Im Novem­ber 2019 sag­te er im Gespräch mit Flo­ri­an Regel­mann auf Spox:

“Ich wür­de mir wün­schen, dass wir es schaf­fen, ähn­lich wie bei Mainz 05 eine rich­ti­ge Fan­ab­tei­lung zu instal­lie­ren, in der sich unse­re Mit­glie­der noch mehr enga­gie­ren und fri­sche Ideen ein­brin­gen kön­nen. Der e.V. und die AG kom­men dadurch mehr zusam­men.”

Und kurz nach sei­ner Wahl ver­riet er den Stutt­gar­ter Nach­rich­ten:

“Als ers­tes Pro­jekt sieht der 50-Jäh­ri­ge die Grün­dung einer Fan­ab­tei­lung. Die Anhän­ger will er stär­ker ein­bin­den, wie das von­stat­ten gehen soll, sei aller­dings noch unklar: „Da gibt es kei­ne Blau­pau­se.“

Welche Erfahrungen gibt es in anderen Vereinen?

Nun, eine Blau­pau­se gibt es sicher­lich nicht, aber es gibt Erfah­rungs­wer­te. Seit Vogts Wahl ist es um das The­ma ziem­lich ruhig gewor­den, was natür­lich damit zusam­men­hängt, dass es mitt­ler­wei­le durch die Coro­na-Kri­se und deren Aus­wir­kung auf den Pro­fi­fuß­ball dring­li­che­re The­men für ihn gibt. Vor kur­zem fand das The­ma im Pod­cannstatt von MeinVfB Erwäh­nung, als Vogt dort zu Gast war. So rich­tig kon­kret wur­de er da aber auch nicht, weder was den Zeit­plan, noch was die Art der Umset­zung angeht, auch wenn bei­des sicher­lich im Hin­ter­grund exis­tiert. Offen bleibt aber wei­ter­hin: Was ist eine Fan­ab­tei­lung, wel­che Funk­tio­nen hat sie und wäre das für den VfB Stutt­gart 1893 e.V. eine gute Idee?

Claus Vogt will beim VfB eine Fanabteilung gründen. © imago
Claus Vogt will beim VfB eine Fan­ab­tei­lung grün­den. © ima­go

Um die­se Fra­gen zu beant­wor­ten, haben wir kur­zer­hand bei den Ver­ei­nen in den ers­ten drei Bun­des­li­gen nach­ge­fragt, in denen eine Fan­ab­tei­lung exis­tiert. Teil­wei­se bei Abtei­lungs­mit­glie­dern oder ‑lei­tern sel­ber, teil­wei­se bei Fans, die sich in ihren Ver­ei­nen gut aus­ken­nen. Natür­lich las­sen sich die Ver­hält­nis­se dort nicht genau so auf den VfB über­tra­gen — wie Claus Vogt sagt: Es gibt kei­ne Blau­pau­se. Aber ich wer­de ver­su­chen, die Erfah­run­gen aus ande­ren Ver­ei­nen auf die Situa­ti­on des VfB anzu­wen­den um so her­aus­zu­fin­den, wel­che Chan­cen und Risi­ken die Grün­dung einer sol­chen Abtei­lung birgt.

Ins­ge­samt gibt es, nach mei­ner Recher­che, in den ers­ten drei Ligen ins­ge­samt zehn Ver­ei­ne mit einer Fan­ab­tei­lung. Teil­wei­se haben die­se Ver­ei­ne ihre Pro­fi­mann­schaft mitt­ler­wei­le, wie der VfB, in eine ande­re Rechts­form aus­ge­glie­dert, was natür­lich erst­mal nichts mit dem ein­ge­tra­ge­nen Ver­ein und sei­nen Abtei­lun­gen zu tun hat. Ver­eins­in­tern hat es aber natür­lich Aus­wir­kun­gen, schließ­lich sind die in der Fan­ab­tei­lung zusam­men­ge­fass­ten Fans nicht unbe­dingt Tisch­ten­nis- oder Bad­min­ton-Fans, son­dern in ers­ter Linie Fuß­ball­fans. Es gibt aber natür­lich auch noch die e.V. ohne aus­ge­glie­der­te Pro­fi­spar­te. 

Unsere Gesprächspartner

Osnabrück ist einer von fünf Zweitligisten mit Fanabteilung. © Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images
Osna­brück ist einer von fünf Zweit­li­gis­ten mit Fan­ab­tei­lung. © Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images

In der Bun­des­li­ga haben mit der Fan- und För­der­ab­tei­lung (FuFa) von Ein­tracht Frank­furt, der Fan­ab­tei­lung des BVB, der Fan­ab­tei­lung von Mainz 05 und der Fan- und Mit­glie­der­ab­tei­lung (FuMA) von Uni­on Ber­lin vier Ver­ei­ne eine Mit­glie­der­ab­tei­lung. Frank­furt und Dort­mund haben bereits aus­ge­glie­dert, Mainz und Uni­on noch nicht. In der zwei­ten Liga gibt es ins­ge­samt fünf Fan­ab­tei­lun­gen: Bei Han­no­ver 96 ist die jüngs­te zu fin­den, sie wur­de am 12. April die­ses Jah­res gegrün­det. Außer­dem gibt es den Sup­port­ers Club beim HSV, die Fan­ab­tei­lung des VfL Osna­brück — alle drei Ver­ei­ne haben ihre Pro­fi­spar­ten aus­ge­glie­dert — sowie auf “e.V. mit Profifußball”-Seite die Fan- und För­der­ab­tei­lung (FuFa) des SV Darm­stadt 98 und die Abtei­lung För­dern­de Mit­glie­der (AFM) im FC St. Pau­li. In der drit­ten Liga ver­fügt Ein­tracht Braun­schweig seit Beginn die­ses Jah­res über eine Fan­ab­tei­lung.

Über die FuFa der Ein­tracht habe ich mit SGE-Fan Axel (@beves_welt) gespro­chen, über die Fan­ab­tei­lung des BVB mit Abtei­lungs­lei­ter Jakob. Zur Main­zer Fan­ab­tei­lung stand mir Abtei­lungs­lei­ter Alex Schulz Rede und Ant­wort und zur FuMA von Uni­on Tex­til­ver­ge­hen-Pod­cas­ter Sebas­ti­an (@saumselig). Jus­tus (@justushates) ist frisch­ge­ba­cke­ner Abtei­lungs­lei­ter der 96er-Fan­ab­tei­lung und hat mei­ne Fra­gen eben­so beant­wor­tet wie HSV-Fan Tan­ja (@fschmidt77) zum Sup­port­ers Club und VfL-Fan Mar­vin (@MarvinR) zur Osna­brü­cker Fan­ab­tei­lung. Aus Darm­stadt erhielt ich die Ant­wor­ten auf mei­ne Fra­gen von Abtei­lungs­lei­ter Mar­kus Soti­ria­nos und zur AFM von St. Pau­li von Maik (@MaikKrue) vom Mill­ern­ton. Last but not least vie­len Dank an Kevin (@kivi_97) Mit­glied der Fan­ab­tei­lung des BTSV für sei­ne Ein­bli­cke in die Braun­schwei­ger Fan­ab­tei­lung. Alle genann­ten Per­so­nen haben einen gleich­lau­ten­den Fra­ge­bo­gen erhal­ten.

Eine Abteilung, kein gewähltes Gremium

Kein Gremium: In der Fanabteilung kann jeder Mitglied werden. © Joaquim Ferreira
Kein Gre­mi­um: In der Fan­ab­tei­lung kann jeder Mit­glied wer­den. © Joa­quim Fer­rei­ra

Ohne Euch mit zehn ver­schie­de­nen Orga­ni­gram­men lang­wei­len zu wol­len, möch­te ich doch kurz dar­auf ein­ge­hen, was eine Fan­ab­tei­lung for­mell ist: Eine Abtei­lung des Ver­eins. Der VfB hat bei­spiels­wei­se neben der Fuß­ball­ab­tei­lung, die nur noch unter­halb der U16 im e.V. aktiv ist, sechs wei­te­re Abtei­lun­gen: Leicht­ath­le­tik, Faust­ball, Hockey, Tisch­ten­nis, Schieds­rich­ter und die Gar­de. So ist es auch bei den ande­ren Ver­ei­nen, die teil­wei­se über erheb­lich mehr Spar­ten ver­fü­gen, wie der HSV oder Han­no­ver, aber auch bei Uni­on, das als rei­ner Fuß­ball­ver­ein kei­ne ande­ren Sport­ar­ten anbie­ten. Die Fan­ab­tei­lung wäre also kein bei der Ver­eins­füh­rung ange­sie­del­tes Gre­mi­um wie der Exper­ten­rat oder ein rei­nes Wahl­gre­mi­um wie der Ver­eins­bei­rat son­dern eine Ver­eins­ab­tei­lung, der man bei­tre­ten kann, wie es vie­le VfB-Mit­glie­der, die nicht aktiv im Brust­ring Sport trei­ben (Haa­re rau­fen zählt nicht!), pas­siv bei der Fuß­ball­ab­tei­lung getan haben. Inner­halb der Abtei­lun­gen gibt es bei allen Ver­ei­nen, wie auch beim VfB einen Abtei­lungs­vor­stand, bestehend aus Abtei­lungs­lei­tern, ihren Stell­ver­tre­tern, einem Kas­sen­wart und gele­gent­lich auch Bei­sit­zern. So weit, so nor­mal im deut­schen Ver­eins­we­sen.

Span­nen­der hin­ge­gen wird es bei den Arbeits­grup­pen, die in meh­re­ren Fan­ab­tei­lun­gen exis­tie­ren und einen Hin­weis dar­auf geben, womit sich die Abtei­lung, statt der sport­li­chen Betä­ti­gung beschäf­tigt. Beim BVB gibt es unter ande­rem die AGs Fan­po­li­tik, “Uns ver­bin­det Borus­sia”, “Borus­sen­treff”, ein Media- und ein Foto­team, die AG Info­stän­de und die AG Tra­di­ti­on, erklärt Jakob. In Mainz gibt es die Berei­che Sozia­les Enga­ge­ment, Iden­ti­fi­ka­ti­on und Fan­ser­vice und bei Uni­on Mar­ke­ting, Fan­inter­es­sen, Sozia­les, Kom­mu­ni­ka­ti­on, Sta­di­on und Grund­satz­the­men, um nur ein paar Bei­spie­le zu nen­nen. Dabei gibt es, was den Orga­ni­sa­ti­ons­grad angeht, kei­ne gro­ßen Unter­schie­de zwi­schen Borus­sia Dort­mund mit ins­ge­samt knapp 160.000 Ver­eins­mit­glie­dern und Uni­on Ber­lin mit 37.000. Natür­lich hat die Dort­mun­der Fan­ab­tei­lung rein von der Anzahl der Fans her einen grö­ße­ren Auf­wand, frei­wil­li­ge und ange­stell­te Hel­fer sind aber in vie­len Ver­ei­nen üblich.

Meistens die größte Abteilung im Verein

Bei eingetragenen Vereinen ohne Ausgliederung wie Union ist der Einfluss von Fanabteilungen meist größer. © Matthias Kern/Bongarts/Getty Images
Bei ein­ge­tra­ge­nen Ver­ei­nen ohne Aus­glie­de­rung wie Uni­on ist der Ein­fluss von Fan­ab­tei­lun­gen meist grö­ßer. © Mat­thi­as Kern/Bongarts/Getty Images

Bevor wir zum Betä­ti­gungs­feld der Fan­ab­tei­lun­gen und damit auch zur Fra­ge nach der Not­wen­dig­keit und mög­li­chen Dop­pel­struk­tu­ren inner­halb der Fan­sze­ne kom­men, noch etwas zum ver­eins­in­ter­nen Ein­fluss. Der ist natür­lich in “rei­nen” e.V. ohne aus­ge­glie­der­te Fuß­ball­s­par­te noch etwas höher, weil die­se noch über einen durch Wah­len zu beset­zen­den Auf­sichts­rat ver­fü­gen, wäh­rend bei aus­ge­glie­der­ten Pro­fi­spar­ten, wie beim VfB, der Auf­sichts­rat dort ange­sie­delt ist und von den Anteils­eig­nern besetzt ist. In Mainz bei­spiels­wei­se hat die Fan­ab­tei­lung einen fes­ten Platz im Auf­sichts­rat, berich­tet Alex Schulz. In Darm­stadt, so Soti­ria­nos, gibt es im e.V. einen Vor­stand für die ande­ren Sport­ab­tei­lun­gen — außer Fuß­ball — und die FuFa. Aber auch dort, wo die Ver­tre­tung der Fan­ab­tei­lung in den Ver­eins­gre­mi­en nicht fest­ge­schrie­ben ist, ist die­se durch­aus zu fin­den, 

Denn dadurch, dass die Fan­ab­tei­lung meis­tens auch die größ­te Abtei­lung des Ver­eins ist, hat sie auf Mit­glie­der­ver­samm­lun­gen und damit auch bei der Beset­zung von Gre­mi­en zumin­des­ten theo­re­tisch ein grö­ße­res Stimm­ge­wicht — was natür­lich auch immer davon abhängt, wie vie­le Mit­glie­der auch wirk­lich zur Ver­samm­lung kom­men. Auf jeden Fall steht der Fan­ab­tei­lung auf der Mit­glie­der­ver­samm­lung eine Rede­bei­trag in Form des Berichts des Abtei­lungs­lei­ters zu. Ich bin jedoch skep­tisch, ob das beim VfB eine so gro­ße Rol­le spie­len wür­de. Schließ­lich wur­den die gro­ßen Abstim­mungs­schlach­ten der letz­ten Jah­re — Prä­si­den­ten­wah­len, Ent­las­tun­gen, die Aus­glie­de­rung — größ­ten­teils inner­halb der Fuß­ball­fans unter den Mit­glie­dern aus­ge­foch­ten und weni­ger im Kon­flikt mit der Gar­de oder den Faust­bal­lern. Klar scheint aber zu sein: Einigt sich eine Fan­ab­tei­lung auf ein gemein­sa­mes Ziel, hat sie gute Chan­cen, die­ses bei der Mit­glie­der­ver­samm­lung auch zu errei­chen. Das trifft in gerin­ge­rem Maße auf Per­so­nen­wah­len zu, aber viel mehr auf inhalt­li­che Ent­schei­dun­gen. Wie Sebas­ti­an aus Köpe­nick berich­tet, ist der Ein­fluss in sport­lich und wirt­schaft­lich guten Zei­ten natür­lich gerin­ger, als in Zei­ten der Not. In Darm­stadt konn­te die Aus­glie­de­rung ver­hin­dert und ein Mit­spra­che­recht beim Sta­di­on­um­bau gesi­chert wer­den.

Was macht eine Fanabteilung eigentlich?

Fanabteilungen wie die in Darmstadt. nehmen auch soziale Verantwortung wahr. © Thomas Starke/Bongarts/Getty Images
Fan­ab­tei­lun­gen wie die in Darm­stadt. neh­men auch sozia­le Ver­ant­wor­tung wahr. © Tho­mas Starke/Bongarts/Getty Images

Und damit kom­me ich zu den Zie­len und Auf­ga­ben der Fan­ab­tei­lun­gen. Die Bün­de­lung und Ver­tre­tung von Fan­inter­es­sen, wie Mar­vin sie für den VfL Osna­brück skiz­ziert, habe ich ja eben schon beschrie­ben und das wird auch in den wei­ter oben ange­spro­che­nen Arbeits­grup­pen deut­lich. Dazu spä­ter noch mehr. Zudem enga­gie­ren sich vie­le Fan­ab­tei­lun­gen sozi­al. Der Abtei­lungs­lei­ter der Lili­en erläu­tert: 

“Zudem ver­su­chen wir mit unse­ren Akti­vi­tä­ten die sozia­le Ver­ant­wor­tung des Ver­eins mit wahr­zu­neh­men, haben über unse­re Abtei­lung auch eine Anlauf­stel­le für sexu­el­le Viel­falt und eine Anlauf­stel­le für Frau­en geschaf­fen, eine Typi­sie­rungs­ak­ti­on mit der DKMS ver­an­stal­tet, zahl­rei­che Spen­den­ak­tio­nen gemacht und eng mit der Nie­der-Ram­städ­ter Dia­ko­nie oder der Cari­tas zusam­men­ge­ar­bei­tet. Der Ver­ein selbst hat — trotz haupt­amt­lich Beschäf­tig­ten — im Tages­ge­schäft wenig Kapa­zi­tä­ten, um die­se Aspek­te so im Blick zu hal­ten, wie wir uns das vor­stel­len.”

Das ist sicher bei einem grö­ße­ren Ver­ein wie dem VfB, der mit VfB­fair­play über ein Cor­po­ra­te Social Respon­si­bil­ty-Pro­gramm ver­fügt, noch­mal eine ande­re Geschich­te. Deut­lich wird aber, dass es nicht nur um Fan­be­lan­ge geht. Ein wei­te­res Ziel einer Fan­ab­tei­lung, das häu­fig genannt wird ist die Stei­ge­rung der Mit­glie­der­zah­len und eine enge­re Bin­dung von Mit­glie­dern an den Ver­ein. Teil­wei­se über­nimmt die­se Auf­ga­ben beim VfB aktu­ell der Ver­eins­bei­rat, der aber natür­lich auch noch ande­re Auf­ga­ben hat. In die­sem Jahr zum Bei­spiel die Aus­wahl der Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten.

Eine Abteilung für alle Abteilungen

Der Supporters Club des HSV ist vereinsintern nicht unumstritten. © Selim Sudheimer/Bongarts/Getty Images
Der Sup­port­ers Club des HSV ist ver­eins­in­tern nicht unum­strit­ten. © Selim Sudheimer/Bongarts/Getty Images

Ich will aber noch auf eine wei­te­re mög­li­che Auf­ga­be der Fan­ab­tei­lung bli­cken, die auch für den VfB inter­es­sant sein könn­te. Denn vie­le Fan­ab­tei­lun­gen haben es sich zur Auf­ga­be gemacht, nicht nur ihre Inter­es­sen in Bezug auf den Pro­fi­fuß­ball zu ver­fol­gen und den Gesamt­ver­ein zu för­dern, son­dern auch die ande­ren Abtei­lun­gen zu stär­ken. Am deut­lichs­ten wird das bei der FuFA der SGE, deren Wesen es ist, so Axel, auch die ande­ren Abtei­lun­gen zu för­dern und zu unter­stüt­zen. Aber auch die ande­ren Fan­ab­tei­lun­gen tun das finan­zi­ell vor allem durch die Mit­glieds­bei­trä­ge. Wer den Pod­cast der Nach­spiel­zeit mit den VfB-Leicht­ath­le­ten Marie-Lau­rence Jung­fleisch und Fabi­an Hein­le gehört hat, weiß dass die ande­ren Abtei­lun­gen des VfB eine sol­che För­de­rung, egal ob finan­zi­el­ler Natur, oder in Form von Auf­merk­sam­keit, gut gebrau­chen kön­nen. Wer die Fol­ge nicht gehört hat, soll­te das übri­gens unbe­dingt nach­ho­len. Beim FC St. Pau­li flie­ßen För­der­gel­der auch in den Nach­wuchs­fuß­ball, der sich beim VfB aller­dings in den älte­ren Jahr­gän­gen im Bereich der AG befin­det. In Darm­stadt, so ver­mu­tet der Abtei­lungs­lei­ter, sei erst durch das Enga­ge­ment der Fan­ab­tei­lung eine grö­ße­re Ver­net­zung inner­halb der Ver­eins­ab­tei­lun­gen ent­stan­den. 

Dem­entspre­chend ist das ver­eins­in­ter­ne Anse­hen der Fan­ab­tei­lung, also bei den ande­ren Abtei­lun­gen, meist sehr hoch. Das ist aller­dings teil­wei­se auch zeit­lich gewach­sen, wie Axel im Fall der Ein­tracht berich­tet: “Zur Grün­dungs­zeit hat­ten vie­le Abtei­lun­gen Angst, dass die Fuß­ball­chao­ten jetzt den Ver­ein über­neh­men.” Auch in Ham­burg, wo der HSV als Brei­ten­sport­ver­ein über 33 Abtei­lun­gen hat, von denen der Sup­port­ers Club die größ­te ist, ist die Akzep­tanz inner­halb des Ver­eins laut Tan­ja “geteilt”. In Mainz wer­de man mitt­ler­wei­le nicht mehr als Exter­ner, son­dern als Teil des Ver­eins wahr­ge­nom­men, berich­tet Alex Schulz und dass die neu­ge­grün­de­te Fan­ab­tei­lung in Han­no­ver zunächst nicht nur auf Gegen­lie­be sto­ßen wird, kann man sich den­ken. In Ham­burg ist die Situa­ti­on auch nicht ganz ein­fach, was zum einen damit zu tun hat, dass es die Fan­ab­tei­lung schon sehr lan­ge gibt, sich der Ein­fluss des Sup­port­ers Club aber durch die Aus­glie­de­rung 2014 gemin­dert hat. Gene­rell gibt es zwi­schen der Fan­ab­tei­lung und der aus­ge­glie­der­ten Pro­fi­fuß­ball-Gesell­schaft meist wenig Über­schnei­dungs­punk­te, was zunächst über­rascht, weil die meis­ten ja eben Pro­fi­fuß­ball-Fans sind. Aber es geht den Fan­ab­tei­lun­gen eben, wie bereits ange­spro­chen um mehr als den Pro­fi­fuß­ball, was viel­leicht in der aktu­el­len Zeit nicht die schlech­tes­te Grund­hal­tung ist.

Wer will die Fanabteilung?

In Frankfurt gründeten Fans die Abteilung als Reaktion auf die Ausgliederung im Jahr 2000. © Christian Kaspar-Bartke/Bongarts/Getty Images
In Frank­furt grün­de­ten Fans die Abtei­lung als Reak­ti­on auf die Aus­glie­de­rung im Jahr 2000. © Chris­ti­an Kas­par-Bart­ke/­Bon­garts/­Get­ty Images

An ver­schie­de­nen Stel­len habe ich schon ange­spro­chen, wel­che mög­li­chen Auf­ga­ben einer Fan­ab­tei­lung aktu­ell beim VfB an ande­rer Stel­le ange­sie­delt sind und damit möch­te ich auf eine Fra­ge kom­men, die bei die­sem The­ma nicht unbe­ant­wor­tet blei­ben darf: Brau­chen wir eine Fan­ab­tei­lung über­haupt oder wer­den deren Auf­ga­ben im VfB der­zeit schon ange­mes­sen wahr­ge­nom­men und durch wen? Dafür lohnt es sich, einen Blick dar­auf zu wer­fen, unter wel­chen Umstän­den und von wem die Abtei­lungs­grün­dung initi­iert wur­de. Das waren näm­lich fast aus­nahms­los die jewei­li­gen Fans, teil­wei­se orga­ni­siert, teil­wei­se nicht. In Frank­furt, so Axel, habe der damals neu gewähl­te Prä­si­dent Peter Fischer sei­nen Ver­bleib von der Grün­dung der FuFa abhän­gig gemacht und in Han­no­ver, so Jus­tus, sei­en die Gren­zen zwi­schen Fans und Ver­eins­füh­rung der­zeit flie­ßend. Eine wei­te­re Par­al­le­le bei fast allen Ver­ei­nen: Die Fan­ab­tei­lung wur­de in einer Situa­ti­on gegrün­det, als ent­we­der der Ver­ein in der Kri­se war oder die Fans ihren Ein­fluss stark bedroht sahen: In Frank­furt im Jahr 2000 als Reak­ti­on auf die Aus­glie­de­rung, in Dort­mund in 2004, als der Ver­ein sport­lich und wirt­schaft­lich abzu­rut­schen droh­te, in Köpe­nick im glei­chen Jahr nach dem Abstieg in die Dritt­klas­sig­keit und ange­sichts des dro­hen­den Ver­lusts der Alten Förs­te­rei sowie finan­zi­el­ler Schwie­rig­kei­ten, ähn­lich in Darm­stadt, wo die FuFa ihre Ursprün­ge in einem Fan­ver­ein hat, der ange­sichts einer dro­hen­den Insol­venz der Lili­en 2008 gegrün­det wur­de. Über die aktu­el­le Situa­ti­on in Han­no­ver erzäh­le ich wohl nie­man­dem etwas Neu­es. Teil­wei­se sahen sie die Abtei­lungs­grün­der dabei auch Vor­be­hal­ten der Ver­eins­füh­rung gegen­über, die eine “Über­nah­me” des Ver­eins fürch­te­ten.

Auch auf St. Pauli ergriffen die Fans die Initiative zur Abteilungsgründung. © Thomas F. Starke/Bongarts/Getty Images
Auch auf St. Pau­li ergrif­fen die Fans die Initia­ti­ve zur Abtei­lungs­grün­dung. © Tho­mas F. Starke/Bongarts/Getty Images

Ganz anders wäre die Situa­ti­on in Stutt­gart, wo die Ver­eins­füh­rung sel­ber die Initia­ti­ve ergreift. Von einer Kri­sen­si­tua­ti­on kann man zwar ange­sichts des zwei­ten Abstiegs in drei Jah­ren und dem dar­aus resul­tie­ren­den Ver­trau­ens­ver­lust durch­aus spre­chen, gleich­zei­tig haben vor drei Jah­ren mehr als drei Vier­tel der anwe­sen­den Mit­glie­der dafür gestimmt, die Kon­trol­le über das, was in der Fuß­ball­s­par­te pas­siert, größ­ten­teils auf­zu­ge­ben. Wolf­gang Diet­rich sind wir auch los, die gro­ßen Schlach­ten schei­nen fürs Ers­te geschla­gen, sieht man mal von dem einen oder ande­ren ab, der dem Ex-Prä­si­den­ten in den letz­ten drei Jah­ren den roten Tep­pich aus­roll­te. Frei­räu­me in Form einer Fan­ab­tei­lung muss sich aktu­ell nie­mand im Ver­ein groß erkämp­fen, auch wenn die Grä­ben des letz­ten Som­mers noch lan­ge nicht zuge­schüt­tet sind. Und die Fra­ge ist auch: Sind die­se Frei­räu­me gewünscht? Oder enste­hen beim VfB durch die Grün­dung einer Fan­ab­tei­lung Dopp­lun­gen zu bestehen­den Struk­tu­ren?

Wer macht was für Fans?

Zwar hat der Ver­ein die bis­lang bestehen­den Mit­glie­der­aus­schüs­se Ver­eins­ent­wick­lung und Nach­wuchs­leis­tungs­zen­trum zuguns­ten des Exper­ten­rats auf­ge­löst, es exis­tie­ren aber noch wei­te­re Struk­tu­ren, über die Fans und Mit­glie­der aktiv ein­ge­bun­den wer­den. Neben dem Ver­eins­bei­rat, der aus drei Säu­len besteht, dar­un­ter auch “Fans und Mit­glie­dern”, ist das vor allem der Fan­aus­schuss, der seit 2012 exis­tiert und laut Geschäfts­ord­nung fol­gen­de Auf­ga­ben hat:

“Der Fan-Aus­schuss berät den Vor­stand in allen wich­ti­gen Fan­an­ge­le­gen­hei­ten und fun­giert als reprä­sen­ta­ti­ves Bin­de­glied zwi­schen den ein­zel­nen Fan-Grup­pen und dem Vor­stand. Ziel­set­zung ist die Auf­recht­erhal­tung eines dau­er­haf­ten und part­ner­schaft­li­chen Dia­logs zwi­schen der Ver­eins­füh­rung und der gesam­ten Fan­ba­sis. Hier­durch soll unter Berück­sich­ti­gung der Tra­di­ti­on des Ver­eins eine erfolg­rei­che Zukunfts­ge­stal­tung des VfB Stutt­gart 1893 e. V. in dem sich stän­dig wan­deln­den Wirt­schafts­be­reich Pro­fi­fuß­ball sicher­ge­stellt wer­den. Der Fan-Aus­schuss und jedes ein­zel­ne Mit­glied des Fan-Aus­schus­ses beken­nen sich zu die­sen Zie­len.”

In Braunschweig ist die organisierte Fanszene Teil der Fanabteilung. © Selim Sudheimer/Getty Images
In Braun­schweig ist die orga­ni­sier­te Fan­sze­ne Teil der Fan­ab­tei­lung. © Selim Sudheimer/Getty Images

Im Fan­aus­schuss sit­zen neben dem Fan­be­auf­trag­ten Chris­ti­an Schmidt, der den Aus­schuss auch lei­tet, je ein Ver­tre­ter der vier Regio­nen, in die sich die mitt­ler­wei­le über 400 Offi­zi­el­len Fan­clubs (OFCs) auf­tei­len, zwei Ver­tre­ter des Com­man­do Cannstatt, ein Ver­tre­ter des Schwa­ben­sturms sowie Ver­tre­ter ver­schie­de­ner Inter­es­sens- und Men­schen­grup­pen wie zum Bei­spiel den offi­zi­el­len VfB-Treffs, der Frau­en, der Min­der­hei­ten — in die­sem Fall des homo­se­xu­el­len Fan­clubs Stutt­gar­ter Junxx oder VfB Away. Kurz: Ein Quer­schnitt durch die organ­sier­te Fan­sze­ne des VfB, wenn man offi­zi­el­le Fan­clubs und deren Mit­glie­der dazu zählt. Bis 2014 exis­tier­te noch ein soge­nann­ter VfB-Anhän­ger­ver­band als Dach­ver­band für orga­ni­sier­te und nicht orga­ni­sier­te VfB-Fans, des­sen Akzep­tanz aber mei­ner Erin­ne­rung nach vor allem gegen Ende sei­ner Exis­tenz deut­lich gerin­ger wur­de.

Auch in ande­ren Ver­ei­nen exis­tie­ren par­al­lel zur Fan­ab­tei­lung sol­che Struk­tu­ren. Was bei­spiels­wei­se in Braun­schweig, Osna­brück und Han­no­ver kein Pro­blem dar­stellt, weil die Ultras bei­spiels­wei­se in gro­ßen Tei­len Mit­glie­der der Fan­ab­tei­lung sind oder die­se mit­ge­grün­det haben. In Darm­stadt, so Soti­ria­nos, “wird die FuFa, den­ke ich, von der akti­ven Fan­sze­ne als Anlauf- und Ansprech­stel­le wahr­ge­nom­men. Logi­scher­wei­se kön­nen wir nicht immer eine Band­brei­te für alle abbil­den, aber punk­tu­ell mal was für unter­schied­li­che Ziel­grup­pen tun.” Ähn­lich sieht es beim BVB aus, erklärt Jakob: “Wir gren­zen uns zu ande­ren Fan-Insti­tu­tio­nen (zum Bei­spiel zum Fan-Pro­jekt oder zu den Fan­be­auf­trag­ten) struk­tu­rell deut­lich ab. Trotz­dem arbei­ten wir natür­lich eng zusam­men und koope­rie­ren bei vie­len The­men.” Am Mill­ern­tor, so Maik, nut­zen AFM und Fan­pro­jekt die Fan­räu­me im Sta­di­on gemein­schaft­lich. Beim Stadt­ri­va­len und bei Uni­on sehen Tan­ja und Sebas­ti­an kei­ne Dop­pel­struk­tu­ren, 

“Immer pro Verein, nicht unbedingt pro handelnde Personen”

Auch in Mainz muss der Fanabteilung der Spagat zwischen Vereinsführung und Fans gelingen. © Alex Grimm/Bongarts/Getty Images
Auch in Mainz muss der Fan­ab­tei­lung der Spa­gat zwi­schen Ver­eins­füh­rung und Fans gelin­gen. © Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

Sebas­ti­an spricht auch noch einen wei­te­ren wich­ti­gen Punkt an: “Sie ist eine Abtei­lung des Ver­eins. Damit wirkt sie in den Ver­ein hin­ein. Aber sie ist eben auch gleich­zei­tig nicht unab­hän­gig vom Ver­ein.” Dazu spä­ter mehr, aber in die­sem Zusam­men­hang ist auch inter­es­sant, dass die Ultra­grup­pe in Köpe­nick ein Fan­club ist. Das ist in Stutt­gart nicht der Fall, eine Auf­nah­me der Ultra­grup­pen als Fan­club wür­de, so mei­ne Ver­mu­tung, schon an der not­wen­di­gen Gewalt­ver­zichts­er­klä­rung schei­tern. Alex Schulz aus Mainz meint: “ Als Teil des Ver­eins ist oft­mals auch der Umgang mit kri­ti­schen The­men nicht ein­fach. Wäh­rend man als Sup­port­ers oder Ultras frei und öffent­lich pol­tern kann, sind die Wege als FA anders. Man ist natür­lich wei­ter­hin genau­so kri­tisch, äußert sich aber intern und trägt die Kämp­fe auch intern aus.” Eine nega­ti­ve Instru­men­ta­li­sie­rung durch die Ver­eins­füh­rung sei jedoch bis­her sel­ten vor­ge­kom­men. Was nicht bedeu­tet, dass es nicht durch­aus auch zu Kon­flik­ten zwi­schen Fan­ab­tei­lung und Ver­eins­füh­rung kommt. Stell­ver­tre­tend dafür ste­hen die Aus­sa­gen von Alex Schulz aus Mainz….

“Als Teil des Ver­eins wird ja ein gewis­ses Maß an Loya­li­tät erwar­tet. Und zu poli­ti­scher Arbeit gehört es auch, den Ver­eins­ver­ant­wort­li­chen auch mal Wün­sche zu erfül­len. Oder sie es glau­ben zu las­sen. Und natür­lich muss man immer wach­sam sein. Man­che Fans sind natür­lich anfäl­lig, wenn der Prä­si­dent etwas wünscht. Die Zusam­men­set­zung der Abtei­lungs­lei­tung ist daher enorm wich­tig.”

und Mar­kus Soti­ria­nos aus Darm­stadt:

Wir sind immer pro Ver­ein, nicht unbe­dingt pro han­deln­de Per­so­nen. Kri­tik äußern wir zuerst intern und haben auch den Ein­druck, oft­mals Gehör zu fin­den. Teil des Ver­eins zu sein, bringt auch mit sich, dass die han­deln­den Per­so­nen sich tat­säch­lich mit uns aus­ein­an­der­set­zen MÜSSEN und nicht argu­men­tie­ren kön­nen, dass wir eine Min­der­hei­ten-Mei­nung ver­tre­ten. Inso­fern nut­zen wir viel­leicht sel­te­ner die Öffent­lich­keit für Kri­tik, aber im Sin­ne der Sache haben wir ganz ande­re Ein­fluss- und Bera­tungs­mög­lich­kei­ten als eine exter­ne Fan­or­ga­ni­sa­ti­on. Für die Ver­eins­füh­rung ist eine offe­ne Kon­fron­ta­ti­on mit ihrer eige­nen Fan­ab­tei­lung sicher­lich nicht erstre­bens­wert. Die Fra­ge kann sich sogar umkeh­ren: Durch unse­re Auf­klä­rungs­ar­beit haben wir mit dazu bei­getra­gen, dass die von der Ver­eins­spit­ze ange­streb­te Aus­glie­de­rung nicht zustan­de kam. Inso­fern hat die Fan­ab­tei­lung einen sehr posi­ti­ven Ein­fluss auf die Ver­eins­ent­wick­lung aus­ge­übt.”

Zuständigkeiten klar abstecken

Ins­ge­samt schei­nen die meist aus der akti­ven, bezie­hungs­wei­se orga­ni­sier­ten Fan­sze­ne her­vor­ge­gan­ge­nen Fan­ab­tei­lun­gen im Umfeld des Ver­eins eine hohe Akzep­tanz zu genie­ßen, oder wie Mar­kus Soti­ria­nos aus Darm­stadt es aus­drückt: “Gute Arbeit, die gar nicht so sehr die Ein­zel­per­son, son­dern den Ver­ein in den Vor­der­grund rücken will, setzt sich lang­fris­tig durch.”

Wich­tig für Claus Vogt wird sein, ähn­li­che wie bei der Ein­rich­tung des Exper­ten­rats, die Kom­pe­ten­zen und Zustän­dig­kei­ten klar abzu­ste­cken. Der Fan­aus­schuss und gera­de die Dach­struk­tu­ren der OFCs sind gewach­se­ne Insti­tu­tio­nen, die bis­her mei­ner Mei­nung nach für einen guten Aus­tausch zwi­schen Fans und Ver­eins­füh­rung sor­gen. Gleich­zei­tig sind natür­lich nicht alle OFC-Mit­glie­der auto­ma­tisch Ver­eins­mit­glie­der. Ich kann mir sogar durch­aus vor­stel­len, dass eine sol­che inhalt­li­che Abgren­zung zwi­schen orga­ni­sier­ter Fan­sze­ne, bestehen­den Fan­be­treu­ungs- und OFC-Struk­tu­ren und einer neu­en Fan­ab­tei­lung bereits hin­ter den Kulis­sen statt­ge­fun­den hat. Wich­tig wäre es auf jeden Fall, wenn eine Fan­ab­tei­lung ihre mög­li­chen Auf­ga­ben, wie oben genannt, erfül­len kön­nen soll. Unschön wäre eine Spal­tung der enga­gier­ten Fans in “Abtei­lungs-Fans” und “exter­ne Fans”.

Aktiv im Verein

In Hannover will die Abteilung das Vereinsleben wiederbeleben. © Selim Sudheimer/Bongarts/Getty Images
In Han­no­ver will die Abtei­lung das Ver­eins­le­ben wie­der­be­le­ben. © Selim Sudheimer/Bongarts/Getty Images

War­um aber sol­te man als Fan der VfB-Fuß­bal­ler über­haupt von der pas­si­ven Mit­glied­schaft der Fuß­ball­s­par­te in die Fan­ab­tei­lung wech­seln, bezie­hungs­wei­se war­um soll­te ich mich als Neu­mit­glied der Fan­ab­tei­lung anschlie­ßen? Der gro­ße Unter­schied liegt natür­lich dar­in, dass man bei den Fuß­bal­lern nur pas­si­ves Mit­glied ist, also Bei­trä­ge zahlt, aber die Trai­nings­an­la­gen des Ver­eins nicht nut­zen darf, wäh­rend man in der Fan­ab­tei­lung meist akti­ves Mit­glied ist. Bei der Ein­tracht bei­spiels­wei­se gibt es alters­spe­zi­fi­sche Ange­bo­te für jun­ge und älte­re Men­schen und frei­en Ein­tritt bei Ver­an­stal­tun­gen der Abtei­lung. Außer­dem geht es häu­fig dar­um, aktiv im Ver­ein etwas zu gestal­ten, auch außer­halb von Mit­glie­der­ver­samm­lun­gen. Laut Jus­tus soll es in Han­no­ver dar­um gehen, “dass wir in der Fan­ab­tei­lung ech­tes Ver­eins­le­ben anbie­ten wol­len, wel­ches in der Fuss­ball­ab­tei­lung hier nicht gibt”. In Darm­stadt geht es laut Soti­ria­nos in eine ähn­li­che Rich­tung: “Alle Akti­vi­tä­ten des Ver­eins­le­bens, Vor­trä­ge, Aus­stel­lun­gen, Lesun­gen, Quiz­aben­de, Tur­nie­re usw. fin­den in der FuFa statt. Dafür muss man zwar nicht expli­zit Mit­glied die­ser Abtei­lung sein, unter­stützt aber durch sei­ne Mit­glied­schaft dort deren Akti­vi­tä­ten.” Teil­wei­se haben die Fan­ab­tei­lun­gen näm­lich auch eige­ne Bud­gets, aus denen sol­che Ver­an­stal­tun­gen finan­ziert wer­den — oder eben die finan­zi­el­le Unter­stüt­zung ande­rer Spar­ten, wo es mög­lich ist.

Eine Abteilung, kein Fanclub, keine Ultragruppe

Natür­lich birgt die Grün­dung einer Fan­ab­tei­lung auch Risi­ken. Axel sieht als Risi­ko den Spa­gat zwi­schen Fan- und Ver­eins­in­ter­es­sen, die nicht immer deckungs­gleich sein müs­sen. Jakob weist auf das Ver­hält­nis zur orga­ni­sier­ten Fan­sze­ne hin:  “Außer­dem muss sie als das ver­stan­den wer­den, was sie ist. Als Abtei­lung. Sie ist kein Fan­club und auch kei­ne Ultra­grup­pe, son­dern eine unab­hän­gi­ge Abtei­lung, die ver­mit­telt und für alle Fans da ist.” Außer­dem dür­fe die Fan­ab­tei­lung kein Sprach­rohr des Ver­eins sein, auch wenn sie ein Teil des­sen ist. Alex Schulz weist dar­auf hin, dass es wich­tig sei, mit der Fan­ab­tei­lung das brei­te Spek­trum an Fans auch per­so­nell abzu­de­cken. Mar­kus Soti­ria­nos ver­rät, wie die FuFa Darm­stadt es geschafft hat, mit den orga­ni­sier­ten Fans zu koexis­tie­ren: 

“Daher haben wir zu Beginn Nischen gesucht, in denen wir ein Allein­stel­lungs­merk­mal ent­wi­ckeln konn­ten: Fan­ra­dio, Aus­wärts­fahr­ten ohne Alko­hol für Mit­glie­der, die kei­nen Fan­club-Anschluss haben und nicht vie­le Pin­kel­pau­sen machen wol­len, redak­tio­nel­le Arbeit (wir haben z.B. das “Sai­son­jour­nal”, ein Jah­res­heft zum Sai­son­start, wie­der­be­lebt oder zwei Bild­bän­de her­aus­ge­ge­ben), sozia­le Aktio­nen, Lesun­gen usw. Dazu ist es wich­tig, über län­ge­re Zeit in den Aus­tausch mit den rele­van­ten Fan­grup­pen zu tre­ten, aber auch Ein­zel­mei­nun­gen zu hören. Din­ge ggf. “bes­ser” zu machen als der Haupt­ver­ein (z.B. ein Archiv für das Sta­di­on­ma­ga­zin auf­bau­en). Mit der­ar­ti­gen Klei­nig­kei­ten wächst die Fan­ab­tei­lung und wird dadurch immer mehr in ihren Berei­chen wahr­ge­nom­men, ohne eine Kon­kur­renz zu ande­ren zu sein.”

Auch etwas für den VfB?

Grund­sätz­lich wird die Grün­dung der Fan­ab­tei­lung im jewei­li­gen Ver­ein aber von den Gesprächs­part­nern, die sich nicht sel­ber dort enga­gie­ren, über­wie­gend posi­tiv gese­hen, wobei wie ein­gangs ange­spro­chen natür­lich die Rah­men­be­din­gun­gen an jedem Stand­ort unter­schied­lich sind. Wäre das also auch etwas für den VfB?

Am wich­tigs­ten ist es sicher­lich, dass wir in Stutt­gart ein­deu­tig abste­cken, wer wofür zustän­dig ist. Wie schon in einem Arti­kel im April ange­spro­chen, ver­fü­gen VfB e.V. und AG bereits über eini­ge Gre­mi­en, über deren Zustän­dig­kei­ten in den ver­gan­ge­nen Jah­ren selbst bei den Gre­mi­en­mit­glie­dern schein­bar teil­wei­se Unwis­sen herrsch­te. Nun ist eine Fan­ab­tei­lung natür­lich erst­mal kein wei­te­res Gre­mi­um, son­dern eine Abtei­lung, aber auch die Abtei­lungs­lei­tung wird gewählt und als ent­spre­chen­des Fan­gre­mi­um wahr­ge­nom­men. Die größ­ten Chan­cen sehe ich in der Gestal­tung eines akti­ven Ver­eins­le­bens der, nen­nen wir sie “Fuß­ball­fans” unter­ein­an­der, aber auch zwi­schen Fuß­ball­fans und Mit­glie­dern der ande­ren Spar­ten. Sozia­le Aktio­nen, ein kul­tu­rel­les Pro­gramm, ver­eins­in­ter­ne Auf­ga­ben sind bei einer Fan­ab­tei­lung sicher­lich gut auf­ge­ho­ben. Wobei hier natür­lich nicht das vom VfB unab­hän­gi­ge, näm­lich von der Stadt finan­zier­te Fan­pro­jekt ver­ges­sen wer­den soll­te, wel­ches auch Fan-Pro­jek­te auf die Bei­ne stellt und die ande­ren drei VfB-Fan­pod­casts und uns bei­spiels­wei­se bei der VfBVIE­RER­KET­TE unter­stützt hat. 

Die Wunden pflegen

Ob eine Inter­es­sen­ver­tre­tung der Fans im Fan­aus­schuss, der eigent­lich fast alle Fan­grup­pen abdeckt oder in der Fan- und Mit­glie­der­säu­le des Ver­eins­bei­rats oder gar in einer Fan­ab­tei­lung am Bes­ten auf­ge­ho­ben ist, ver­mag ich nicht zu sagen. Auf jeden Fall soll­ten hier vor­ab Gesprä­che geführt wer­den und spä­ter even­tu­ell Zustän­dig­kei­ten neu zuge­schnit­ten wer­den. Klar ist aber: Die Mit­glie­der des Fanau­schus­ses sind mei­nem Ein­druck nach wesent­lich unab­hän­gi­ger vom Ver­ein, als es eine Fan­ab­tei­lung sein könn­te. Anlauf­stel­len für Fans gibt es ja beim VfB durch die Fan­be­treu­ung und die OFCs und ihre Regio­nal­ver­samm­lun­gen bereits, hier wäre es wich­tig, sich, wie das Bei­spiel Darm­stadt zeigt, Nischen zu schaf­fen. Man könn­te zum Bei­spiel Dr. Flo­ri­an Gauß im VfB-Archiv unter­stüt­zen. Eine wei­te­re Idee, die Jakob mir im Gespräch vor­ge­schla­gen hat: War­um die Abtei­lung nicht “Abtei­lung für Fuß­ball­kul­tur” nen­nen und somit auch nament­lich eine Unter­schei­dung zu ande­ren Struk­tu­ren zu schaf­fen und dabei die Fans trotz­dem mit­ein­be­zie­hen?

Als größ­te und wich­tigs­te Auf­ga­be einer Fan­ab­tei­lung sehe ich aber per­sön­lich in der Tat die Gestal­tung eines Ver­eins­le­bens und die Pfle­ge der Wun­den, die die letz­ten drei Jah­re, das Geba­ren von Wolf­gang Diet­rich und die Aus­glie­de­rungs­de­bat­te, aber auch der sport­li­che Miss­erfolg in die Ver­eins­see­le geschla­gen haben. Natür­lich gab und gibt es ent­spre­chen­de Ange­bo­te sei­tens des Ver­eins bereits — aktu­ell sind da die Dun­kel­ro­ten Tische zu nen­nen — aber im Fal­le der Fan­ab­tei­lung kämen die­se Ange­bo­te von den Mit­glie­dern und nicht vom Ver­eins­bei­rat oder der Ver­eins­füh­rung. Denn wenn der VfB — neben dem Auf­stieg — der­zeit eines braucht, dann ist es das, was ich im Juli letz­ten Jah­res im Nach­gang der Mit­glie­der­ver­samm­lung auf­ge­schrie­ben habe: Ein Mit- und kein Gegen­ein­an­der und ein respekt­vol­ler Umgang unter­ein­an­der.

Eine Chance verdient

Bei einer sol­chen Auf­ga­ben­ver­tei­lung wie eben beschrie­ben könn­te ich mir eine Fan­ab­tei­lung beim VfB gut vor­stel­len und wür­de auch mei­ne Mit­glied­schaft auf die­se Abtei­lung umschrei­ben. Für eine brei­te Akzep­tanz im Ver­ein und im Umfeld ist es uner­läss­lich, dass sich die Fan­ab­tei­lung auch für die ande­ren Abtei­lun­gen enga­giert und im engen Aus­tausch mit ande­ren Fan­struk­tu­ren steht, ohne dass es zu Kom­pe­tenz­ge­ran­gel kommt. Schluss­end­lich ist natür­lich auch immer die per­so­nel­le Beset­zung der Abtei­lungs­lei­tung nicht unwich­tig. Aber: Dar­über kön­nen wir als Mit­glie­der ja ent­schei­den. Klar ist auch, dass die Fan­ab­tei­lung nicht von heu­te auf mor­gen bei jedem auf Gegen­lie­be sto­ßen wür­de. Aber man soll­te ihr, wenn sie ins Leben geru­fen wird, die Chan­ce geben, ihren Platz im VfB-Kos­mos zu fin­den, den sie mei­ner Mei­nung nach durch­aus haben kann. Durch die Aus­glie­de­rung sind uns vie­le der sowie­so rar gesä­ten Mit­be­stim­mungs­mög­lich­kei­ten ver­lo­ren gegan­gen. Eine gut orga­ni­sier­te Fan­ab­tei­lung könn­te zumin­dest auch den pas­si­ven Mit­glie­dern der Fuß­ball­ab­tei­lung ein neu­es Zu(sammen)gehörigkeitsgefühl ver­schaf­fen.

Ich hof­fe, wir konn­ten Euch mit die­sem Arti­kel einen Ein­druck ver­schaf­fen, was eine Fan­ab­tei­lung ist und was sie leis­ten kann — und was nicht. Mal schau­en, wie es beim VfB dies­be­züg­lich wei­ter­geht.

Zum Schluss noch eine Anmer­kung: Mei­ne Gesprächs­part­ner haben natür­lich auf den Fra­gen­ka­ta­log alle sehr aus­führ­lich geant­wor­tet. Wer Inter­es­se an den aus­führ­li­chen Ant­wor­ten, häu­fig auch mit Bei­spie­len aus den jewei­li­gen Ver­ei­nen oder Details zu den Struk­tu­ren, die den Rah­men die­ses sowie­so schon sehr aus­führ­li­chen Arti­kels gesprengt hät­ten, kann ger­ne eine E‑Mail an blog@rundumdenbrustring.de schrei­ben, ger­ne auch mit einer kon­kre­ten Fra­ge.

Titel­bild: © Ima­go

1 Gedanke zu „Was ist eigentlich eine Fanabteilung?“

  1. Vie­len Dank für den aus­führ­li­chen Arti­kel. Der Begriff “Fan­ab­tei­lung” fiel im Lau­fe der Prä­si­den­schafts­wahl immer mal wie­der, aber hat­te mich bis­her nie damit beschäf­tigt was genau das eigent­lich ist. Fin­de es immer span­nend, dass ihr regel­mä­ßig Stim­men aus ande­ren Ver­ei­nen ein­holt, so auch zu die­sem The­ma!

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu bierle Antworten abbrechen