Nächster Heimsieg, nächster Sieg zu Null. Beim VfB passt gegen Regensburg einfach alles, das hat aber nicht nur mit Glück zu tun.
Als Marco Grüttner nach wenigen Spielminuten, von Nat Philipps nur marginal gestört, zum Kopfball auf das Tor von Gregor Kobel ansetzte, hätte alles ganz anders kommen können: Regensburg geht, wie Sandhausen oder Osnabrück, früh gegen den VfB in Führung, der beißt sich in der Folge die Zähne an der Regensburger Defensive aus und fängt sich wenig überraschend ein Kontertor von der besten Kontermannschaft der Liga. Zum Glück für uns ist aber Rückrunde — wenn auch noch nicht der vielzitierte VfB-Frühling — und Marco Grüttner ist nicht Marcos Alvarez. Aber auch abgesehen von diesem von Kobel verhinderten frühen Schockmoment muss man festhalten: Im Spiel gegen Regensburg lief einfach alles für den VfB.

Zum Beispiel beim Thema Videoassistent. Schiedsrichter Harm Osmers erkannte Orel Mangalas Traumtor wahrscheinlich zurecht nicht an, weil Atakan Karazor bei der das Tor einleitenden Ecke seinen Arm so ungeschickt ausfuhr, dass Ex-VfBler Max Besuschkow gar nicht anders konnte, als der Wucht des Aufpralls nachzugeben. Aber gleichzeitig nahm er auch den Gästen die Chance zur Führung, als erneut Grüttner — wer sonst — Gregor Kobel nach einer Flanke bedrängte. Kobel bekam den Ball, den er nie festhielt, nicht mehr zu fassen und anstatt den anschließenden Torschuss zu verhindern, verlegten er und seine Kollegen sich aufs Lamentieren. Nach den VAR-üblichen gefühlten fünf Minuten Wartezeit war aber klar, dass es sich bei der ursprünglichen Einschätzung Osmers — kein Foul — um eine klare Fehlentscheidung gehandelt haben musste, so dass die Glückssträhne des VfB in der 58. Minute ihren Höhepunkt erreichte: Mit einem direkt verwandelter Freistoß.
Didavi als Faktor?
Ich wiederhole, dies ist keine Übung: Ein. Direkt. Verwandelter. Freistoß. Ok, am ersten Spieltag gegen Hannover gelang Didavi das schon mal, unter gütiger Mithilfe seines ehemaligen Torhüters. Aber davor? Achja, Mai 2016. Der VfB steigt zum ersten Mal seit 40 Jahren aus der Bundesliga ab und der zum damaligen Gegner wechselnde Didavi bricht den seit Zeiten von Kuzmanovic bestehenden Freistoß-Bann. Wie sich die Zeiten geändert haben — auch für Didavi. Im Februar 2020 spielt der VfB zwar wieder in der zweiten Liga, Didavi ist aber in den letzten Wochen zum Leistungsträger gereift. Das war er zwar 2015/2016 auch, aber trotz 13 Toren und fünf Assists reichte die Leistung nicht, um den VfB vorm Abstieg zu bewahren. Er hat sich weiterentwickelt, was man auch im Interview auf 11Freunde.de nachlesen kann und ist vielleicht deshalb der beste Daniel Didavi, den wir je hatten. Natürlich heißt das nicht, dass ihm mit 30 jetzt noch die große Karriere bevorsteht. Aber für den VfB könnte er im Aufstiegskampf zum entscheidenden Faktor werden.

Dass Gonzalo Castro, die letzten Wochen eher unterdurchschnittlich unterwegs, sein ordentliches Spiel ebenfalls mit einem Tor unterstreicht, ist da fast nur eine Randnotiz. Denn zum erfolgreichen VfB-Spiel kam noch hinzu, dass der HSV — für mich überraschend — sein Derby gegen St. Pauli verlor und jetzt ganze drei Punkte hinter dem VfB steht. Das ist am 23. Spieltag natürlich zunächst einmal für den Saisonausgang völlig bedeutungslos. Aber für den Moment zeigt sich: es bewegt sich was. Und: Man kann nach langer Zeit mal wieder ein bißchen entspannter in die Arbeitswoche starten, denn nicht nur ist der VfB aktuell auf einem direkten Aufstiegsplatz, nein, er hat auch die letzten drei Spiele mit insgesamt 6:0 Toren gewonnen und in der Liga zuletzt am 1. Dezember gegen Sandhausen verloren. Und dann noch die Ligadebüts von Darko Churlinov und Lilian Egloff? Das ist für einen notorischen Bruddler wie mich (fragt mal die Twitter-Timeline) schon fast ungesund harmonisch.
Sinnbildliche Treffer

Ist das also der Rückrundeneffekt, wie wir ihn schon unter Korkut erlebt — und missinterpretiert — haben? Nunja, wie nachhaltig der Erfolg unter Pellegrino Matarazzo sein wird, wissen wir jetzt natürlich noch nicht. Es wurde aber gegen Regensburg auch deutlich, dass die drei Punkte und damit die Fortsetzung der Serie nicht nur auf Glück und den Freistoßkünsten eines Daniel Didavi basierten. Anders als die Kollegen vom Vertikalpass fand ich gerade das Passspiel in der Offensive wesentlich besser als noch in Bochum. Zwar blieben am Ende wieder viele Chancen liegen, die vorletzte Ballberührung, beziehungsweise der vorletzte Pass kamen aber viel präziser in oder an den Strafraum, auch wenn sich das in den Schüssen aus dem Strafraum aufs Tor nicht unbedingt niederschlug. Vielleicht waren die beiden Treffer am sinnbildlichsten für Rezept, mit dem der VfB auch in Zukunft weiterhin Erfolg haben könnte: Indivdiuelle Klasse wie beim Freistoß, gepaart mit schnellen vertikalen Bällen wie bei der Entstehung des 2:0, als Didavi den Ball eroberte, Mangala Wamangituka auf die Reise schickte und der im Strafraum mit Übersicht querlegte. Ein weiterer Unterschied zur Korkut-Rückrunde: Der VfB verlegt sich nicht wie damals rein aufs Verteidigen, aber das funktioniert in dieser Liga eh nicht.
Jetzt geht es also nach Fürth und gegen Bielefeld. Vielleicht kann die Mannschaft ja dieses Glücks-Momentum mitnehmen und endlich die Serie starten, die wir für den direkten Aufstieg brauchen und die uns auch in der Rückrunde der letzten Zweitliga-Saison schlußendlich auf Platz 1 hievte. Damals setzte es in Fürth allerdings eine 0:1‑Niederlage…