Gestern, kurz nach 19 Uhr war es soweit: Die beiden Präsidentschaftskandidaten des VfB Stuttgart stellten sich im Vereinsheim des SSC in Blickweite des Neckarstadions den Fragen der vier VfB-Fan-Podcasts VfBSTR, Nachspielzeit, Brustringtalk und Rund um den Brustring.
Kurzer Disclaimer: Ich schreibe hier zwar für die Seite “Rund um den Brustring”, war aber nicht in Organisation und Durchführung involviert.
Für drei Stunden war das Gespräch zwischen den Kandidaten Claus Vogt und Christian Riehtmüller angesetzt worden. Drei Stunden, in den Fans beiden kritisch auf den Zahn fühlen konnten, völlig unbeeinflusst von Verein oder AG, von Verantwortlichen und Offiziellen des Vereins. Heraus kam ein unterhaltsames, aufschlussreiches und interessantes Gespräch, das zwar selten zum Streitgespräch mutierte, bei dem die meisten Anwesenden am Ende aber doch mehr Unterschiede feststellen konnten als zuvor befürchtet. Nicht, dass die Entscheidung jetzt leichter fallen würde. Aber die Profile beider Kandidaten schärften sich an diesem Abend und jeder der beiden offenbarte auf unterschiedlichen Feldern Stärken und Schwächen. Doch von vorne:
Der Veranstaltungsbeginng, der für 19 Uhr geplant war, musste um ein paar Minuten verschoben werden, weil gleichzeitig nebenan in der Schleyerhalle Xavier Naidoo das für Großveranstaltungen an der Mercedesstraße übliche Verkehrschaos auslöste.
Zu Beginn sollte ein lockerer Einstieg stattfinden, bei dem die Persönlichkeiten der beiden Kandidaten abgefragt wurden: Herkunft, Familie, Unterschiede zwischen beiden, warum sie den jeweils anderen wählen würden und welchen Wein sie bevorzugen würden (Vogt Trollinger, Riethmüller Lemberger). Auch hier waren aber schon inhaltliche Punkte Teil der Fragen: Welche Punkte in einem Jahr zwingend abgearbeitet worden sein müssen. Riethmüller plädierte hier für Vertrauen, das aufgebaut sein müsse. Denn die Interessen der Fans und Mitglieder seien lange Zeit zu kurz gekommen und müssten jetzt wieder mehr vertreten werden. Vogt will bis dahin den Breitensport ausgebaut und darin verschiedene Abteilungen aufgebaut haben, als Beispiele nannte er E‑Sports, Volleyball und Frauenfußball.
Nach einer kurzen Pause, in der die Technik (erfolgreich) für guten Ton sorgte, der zuvor ein paar Probleme gemacht hatte, ging es auf der aufgebauten Bühne weiter, mit den beiden Präsidentschaftskandidaten und vier Vertreter:innen der vier Fanpodcasts: Sebastian von VfBSTR, Ron von der Nachspielzeit, Sarah vom BrustringTalk und Jannick von Rund um den Brustring.
Hier wurde auf verschiedene Themenbereiche eingegangen, unter anderem die Kommunikation, das Thema zweiter Investor oder die gesellschaftliche Verantwortung des VfB.
In Bezug auf die Gremienarbeit antworteten beide, dass sie keine Kenntnis von den Aufgaben des Präsidenten in der AG und den Kompetenzen und Richtlinien der Gremien, wie beispielsweise der Hauptversammlung der AG, hätten. Vogt merkte an, dass er zu Beginn seiner Kandidatur versucht habe, die Satzungen zu erhalten, ihm dies jedoch von der Rechtsabteilung des VfB verwehrt wurde. Für die Besetzung ebendieser Gremien spielte Vogt mit den Namen Rainer Adrion und Cem Özdemir, ohne jedoch konkrete Zusagen zu machen.
Beim Thema gesellschaftliche Verantwortung erhielt Sarah viel Applaus für ihre Anmerkungen, dass der VfB doch deutlich mehr für ein offenes Weltbild stehen müsse als bisher und mehr Maßnahmen gegen Diskriminierung, Rassismus, Sexismus oder Homophobie ergreifen müsse. Dem stimmten beide Kandidaten prinzipell zu, ohne jedoch konkrete Maßnahmen nennen zu können. Gegen die AfD wollten beide Kandidaten nicht direkt “Partei ergreifen”; sie stellten nur heraus, dass die VfB-Werte offensiv vertreten werden müssten. Investoren wollen beide nicht mit der Brechstange suchen, Claus Vogt will darüber hinaus jemanden aus der Region finden und bestenfalls warten, bis der VfB aufgestiegen ist.
Auf ihren Vorgänger angesprochen, reagierten beide zurückhaltend, konnten aber nichts konkretes nennen, das Wolfgang Dietrich gut gemacht hätte. Mit den Mitarbeitern, die Dietrich bei der Mitgliederversammlung noch gestützt hatten, wollen beide aber zusammenarbeiten und glauben nicht, dass das Probleme geben wird. Weitere wichtige Punkte von Claus Vogt waren, dass er die Satzung überarbeiten will und modernisieren will, dass er neue Breitensport-Abteilungen im eV schaffen will und dass er die Rechte und Mitsprachemöglichkeiten der Mitglieder in der AG stärken will.
Christian Riethmüller legte den Fokus auf die Jugend: junge Talente sollen langfristig an den VfB gebunden werden und eine Perspektive in der ersten Mannschaft bekommen, beispielsweise über feste Kaderplätze. Außerdem hält er Kontinuität auf wichtigen Positionen für unerlässlich und will ebenfalls die Rechte der Fans und Mitglieder stärken. Beim Thema Frauenfußball zeigten sich beide aufgeschlossen und positiv eingestellt, Vogt hat dabei schon konkrete Gespräche mit Verantwortlichen des VfL Sindelfingen (2. Frauenfußball-Bundesliga) geführt.
Insgesamt konnten beide Kandidaten mit ihrer Art für sich begeistern und vielen steht nun die Qual der Wahl am 15.12. bevor. Dass nun eine informiertere Entscheidung möglich ist, steht aber außer Frage — von daher konnte die VfBVIERERKETTE in vollem Umfang überzeugen.
Wer die ganze Veranstaltung noch einmal erleben möchte, kann sich hier den re-Livestream anschauen: