Die Rückrunde ist vorbei

Der VfB schießt in Frei­burg end­lich die ers­ten Tore, nimmt aber trotz­dem nur einen Punkt mit. Vor allem, weil er sich nicht mehr auf alte Gewiss­hei­ten ver­las­sen kann.

Einer von zwei Torjubeln vorm voll besetzten Gästeblock - leider ohne Happy End. Bild: © VfB-Bilder.de
Einer von zwei Tor­ju­beln vorm voll besetz­ten Gäs­te­block — lei­der ohne Hap­py End. Bild: © VfB-Bilder.de

End­lich ein Tor! Und dann noch zwei, direkt neben dem wahr­schein­lich kleins­ten und schlecht posi­tio­nier­tes­ten Gäs­te­block der Bun­des­li­ga, der nach drei mage­ren Pflicht­spie­len end­lich wie­der eska­lie­ren kann. Das könn­te der Auf­takt zu einem Spiel­be­richt sein, der sich dem sou­ve­rä­nen Aus­wärts­sieg des VfB in Frei­burg am drit­ten Spiel­tag wid­met. Der Sieg, der alle auf­kei­men­den Zwei­fel an Tay­fun Korkut und sei­ner Mann­schaft weg­wischt. Ist er aber  nicht, denn die drei ein­gangs beschrie­be­nen Tore reich­ten lei­der nur zu einem Punkt.

Nicht mal davon konn­te man aller­dings bis kurz vor Ende der ers­ten Halb­zeit aus­ge­hen. Die Brust­ring­trä­ger lie­fen bereits ab der ers­ten Spiel­mi­nu­te einem Rück­stand hin­ter­her, dem erst Emi­lia­no Insu­as Distanz­schuss ein Ende setz­te. Dabei stell­te die­ses frü­he Tor die Spiel­idee von Tay­fun Korkut kom­plett auf den Kopf. Denn sie bestand offen­sicht­lich dar­in, hin­ten nichts, aber auch gar nichts zuzu­las­sen. Anders lässt sich nicht erklä­ren, dass er vor der Vie­rer­ket­te, bestehend aus eben Insua, Baum­gartl, Pavard und dem für sei­ne Defen­siv­stär­ke geschätz­ten Beck, wei­te­re drei nomi­nell eher defen­siv ori­en­tier­te Spie­ler auf­bot: Aogo und Ascací­bar auf der Dop­pel­sechs und Gon­za­lo Cas­tro auf dem rech­ten Flü­gel. Für die Offen­si­ve waren also ledig­lich Chris­ti­an Gent­ner, Mario Gomez und Nico Gon­zá­lez auf dem Platz.

Warum so ängstlich?

Und genau­so spiel­te der VfB auch. Bis zu Insu­as Aus­gleich kamen die Gäs­te wie schon in den letz­ten Spie­len nicht rich­tig vors Tor und hat­ten Glück, dass sie im Gegen­zug nicht noch wei­te­re Tref­fer kas­sier­ten. Weder in Bezug auf die Auf­stel­lung, noch auf das all­ge­mei­ne Auf­tre­ten also eine ange­mes­se­ne Reak­ti­on auf die ers­ten drei Sai­son­spie­le. Denn wenn man gegen Ros­tock und Mainz schon kein Tor schießt und einem selbst gegen Mün­chen eine zu zöger­li­che Spiel­wei­se attes­tiert wird, war­um stel­le ich dann gegen Frei­burg genau­so defen­siv auf und war­um spie­le ich so ideen­los? Gegen einen Geg­ner, der defi­ni­tiv auf Augen­hö­he mit dem VfB und bei allem Respekt kei­nes­wegs unbe­sieg­bar ist?

Das offen­bar­te sich vor allem nach der Pau­se, als Korkut Ako­lo für Cas­tro brach­te und die Mann­schaft end­lich die Offen­si­ve ent­deck­te. Beim 2:1 und auch beim 3:2 nach zwi­schen­zeit­li­chem Aus­gleich dürf­ten sich VfB-Fans an glor­rei­che Zweit­li­ga-Zei­ten erin­nert haben: Flan­ke Insua, Tor Terod­de. Eins der bei­den Tore berei­te­te in der Tat Insua vor, das ande­re wur­de von Chris­ti­an Gent­ner ein­ge­lei­tet. Bei­des Flan­ken aus dem Halb­feld, zwan­zig bis drei­ßig Meter vor der Tor­aus­li­nie, zwei­mal ver­lo­ren die Frei­bur­ger das ent­schei­den­de Kopf­ball­du­ell und zwei­mal pro­fi­tier­te Mario Gomez. War­um nicht gleich so? Denn wer sich vom VfB sol­che Zweit­li­ga-Tore ein­schen­ken lässt, hat ein eini­ger­ma­ßen for­mi­da­bles Defen­siv­pro­blem. War­um also nutzt man das nicht aus und war­um reich­te es nicht für einen Aus­wärts­sieg?

Sicherheitsfußball geht schief

Abwehr aus Granit war mal. Bild: © VfB-Bilder.de
Abwehr aus Gra­nit war mal. Bild: © VfB-Bilder.de

Einer­seits, weil Andre­as Beck mein­te, es sei eine gute Idee, den Ball nach einem Zwei­ka­mof unter sich zu begra­ben. Ande­rer­seits, weil Ron-Robert Zie­l­er einen die­ser Tage erwisch­te, an denen er zwar eini­ge beein­dru­cken­de Para­den zeig­te, aber lei­der auch bei kei­nem der Gegen­to­re glän­zen konn­te. Sowohl beim 1:0, als auch beim 3:3 flutsch­te der Ball zwi­schen ihm und dem ihm nahe­ste­hen­den Pfos­ten hin­durch. Beim Frei­stoß zum 2:2 hät­te er viel­leicht die Fin­ger noch an den Ball bekom­men, wenn sein ers­ter Schritt nicht in die fal­sche Rich­tung gegan­gen wäre, aber ehr­li­cher­wei­se ging der Schuss so prä­zi­se ins Eck, dass da eigent­lich nichts mehr zu machen war. 

Es blieb aber vor allem des­halb bei nur einem Punkt, weil Korkut sich irgend­wann dazu ent­schied, die knap­pe Füh­rung mit der Ein­wechs­lung von Hol­ger Bad­s­tu­ber über die Zeit zu brin­gen zu wol­len. Als Frei­burg nur weni­ge Minu­ten spä­ter aus­glich und in Unter­zahl geriet, setz­te er dann mit Donis doch noch auf das vier­te Tor und einen mög­li­chen Sieg, aber da war es längst zu spät. Wäre dies der 27. Spiel­tag der ver­gan­ge­nen Sai­son gewe­sen, könn­te man die­se Her­an­ge­hens­wei­se noch irgend­wie nach­voll­zie­hen. Kor­kuts Pro­blem: Es ist der drit­te Spiel­tag der neu­en Sai­son.

Neue Einfälle

Von den idyllischen Aussichten der Rückrunde ist nicht viel übrig geblieben. © VfB-Bilder.de
Von den idyl­li­schen Aus­sich­ten der Rück­run­de ist nicht viel übrig geblie­ben. © VfB-Bilder.de

Denn die Gewiss­hei­ten der letz­ten Rück­run­de haben der­zeit kei­nen Bestand mehr. Dass geht schon los mit der Abwehr, die mal aus Gra­nit bestand, mitt­ler­wei­le aber bei neun Gegen­to­ren in vier Spie­len ziem­lich bröck­lig wirkt. Mit dem frü­hen Füh­rungs­tor, einem der Erfolgs­ga­ran­ten für den Klas­sen­er­halt, will es der­zeit auch nicht so rich­tig klap­pen. Wir müs­sen uns also etwas ande­res ein­fal­len las­sen, als uns dar­auf zu ver­las­sen, dass der Ball schon irgend­wie rein­geht und wir mit einer Fün­fer­ket­te hin­ten die Füh­rung über die Zeit brin­gen. Wie schon beschrie­ben wäre gegen die­se Frei­bur­ger viel mehr drin gewe­sen und mit viel mehr mei­ne ich drei Punk­te. 

Anstatt also nach dem 3:2 noch einen schnel­len Kon­ter­spie­ler zu brin­gen, bezie­hungs­wei­se neben Ako­lo noch einen wei­te­ren, zum Bei­spiel für eine der drei ande­ren Offen­siv­kräf­te, ver­such­te Korkut die in der 55. Minu­te her­aus­ge­schos­se­ne Füh­rung über die Zeit zu ret­ten. Die Zei­ten, in denen so etwas klappt, sind aber schein­bar erst­mal vor­bei. Was vor allem dar­an liegt, dass der Lauf, in dem sich die Mann­schaft in der Rück­run­de befand, mit dem Abpiff des Aus­wärts­sie­ges in Mün­chen ende­te. Mario Gomez stell­te schon nach einem der letz­ten Spie­le die Ver­mu­tung an, die Mann­schaft gin­ge davon aus, dass alles wei­ter­lie­fe wie bis­her. Das tut es offen­sicht­lich nicht.

Lernkurve jetzt!

Ich habe es schon nach dem Mün­chen-Spiel geschrie­ben: Ich hof­fe instän­dig, dass Korkut aus den ers­ten Spie­len lernt und wir nicht schon wie­der im Herbst den Trai­ner wech­seln müs­sen. Der­zeit scheint er die Skep­ti­ker zu bestä­ti­gen — zu denen ich auch gehö­re -, die noch nicht über­zeugt sind, dass er die Mann­schaft nicht nur als Feu­er­wehr­mann aus dem bren­nen­den Abstiegs­kampf ret­ten, son­dern auch spie­le­risch wei­ter­ent­wi­ckeln kann.

Am Frei­tag kommt jetzt For­tu­na Düs­sel­dorf mit der Emp­feh­lung eines Unent­schie­dens in Leip­zig und eines 2:1‑Heimsiegs gegen die badi­sche Betriebs­sport­grup­pe ins Neckar­sta­di­on. Immer­hin kann der VfB hier nicht Auf­bau­geg­ner spie­len, könn­te man unken. Nach den bis­he­ri­gen Ergeb­nis­sen und den, man kann es nicht anders nen­nen, zwei ver­spiel­ten Punk­ten in Frei­burg brau­chen wir jetzt end­lich den ers­ten Sieg. Das sehen sogar Tay­fun Korkut und Micha­el Resch­ke so, letz­te­rer nennt das “Ergeb­nis­spiel”. Um Chris­ti­an Gent­ner zu para­phra­sie­ren: Wenn man in Mainz nicht gewin­nen muss, dann muss man in Frei­burg gewin­nen. Oder spä­tes­tens gegen Düs­sel­dorf.

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