Die Kings vom Neckarstadion

Der VfB gewinnt gegen Nürn­berg das sieb­te von neun Heim­spie­len und schließt wie­der zum HSV auf. Aber macht der Auf­tritt auch Hoff­nung für die bei­den anste­hen­den Aus­wärts­spie­le?

Die Wech­sel­haf­tig­keit die­ser Mann­schaft ist eine ech­te Krux. Einer­seits dreh­ten die Brust­ring­trä­ger zum ers­ten Mal seit Mit­te August wie­der ein Spiel, konn­te Mario Gomez end­lich mal ein Tor erzie­len, ohne dass ihm aus Köln jemand dazwi­schen­funk­te, hat die Mann­schaft den Ham­bur­ger Pat­zer gegen Hei­den­heim genutzt und erneut ein Heim­spiel gewon­nen. Auf der ande­ren Sei­te brach­te sie einen ähn­lich schwa­chen Geg­ner wie Karls­ru­he und Dres­den erst durch ihr schwa­ches Defen­siv­spiel in Füh­rung, der sie dann rela­tiv ein­falls­los hin­ter­her lief. Ins Spiel zurück kamen die Brust­ring­trä­ger erst durch einen Hand­elf­me­ter und ein im anschlie­ßen­den Momen­tum ent­stan­de­nes Tor von Mario Gomez, bevor Phil­ipp Förs­ter nach Vor­la­ge von Gomez sei­nen bis dato unin­spi­rier­te Auf­tritt ret­te­te. Aber was genau macht jetzt den VfB in der Zweit­li­ga-Sai­son 2019/2020 aus und wie wird die Mann­schaft in Darm­stadt und Han­no­ver auf­tre­ten?

Alles schon gesehen

Bekanntes Bild: Der VfB stolpert ins Spiel. ©Getty/Bongarts
Bekann­tes Bild: Der VfB stol­pert ins Spiel. ©Getty/Bongarts

Hof­fent­lich nicht so wie in der ers­ten Halb­zeit. Da hat­te sie zwar das Spiel zunächst im Griff, was gegen den Dritt­letz­ten der Tabel­le nun auch nicht unbe­dingt eine Leis­tung ist, die es her­aus­zu­stel­len gilt. Und dann kam nach zehn Minu­ten das deja vu: Sten­zel ver­pass­te vor­ne den rich­ti­gen Zeit­punkt für eine Flan­ke, ließ eine sol­che aber beim anschlie­ßen­den Gegen­an­griff zu. Bad­s­tu­bers Klä­rungs­ver­such las­se ich noch durch­ge­hen, was sich der so bun­des­li­gaer­fah­re­ne Cas­tro aller­dings dach­te, als er den hohen Ball statt mit dem Kopf mit einer ein­ge­sprun­ge­nen Grät­sche zu klä­ren ver­such­te? Kei­ne Ahnung. Auch ob Bor­na Sosa ein­fach nur völ­lig per­plex ob der Akti­on sei­nes Kol­le­gen war oder ob er ein­fach so penn­te, lässt sich nicht mehr rekon­stru­ie­ren. Auf jeden Fall hat­te sich der VfB mal wie­der sel­ber ein Bein gestellt und dem Geg­ner ein Tor geschenkt.

Wäre alles nicht so schlimm, wenn man nicht wie in den letz­ten Aus­wärts­spie­len anschlie­ßend so sinn- und plan­los nach vor­ne gespielt hät­te. Dani­el Dida­vi fei­er­te sein Come­back auf der Halb­po­si­ti­on hin­ter Mario Gomez, blieb aber wei­test­ge­hend wir­kungs­los, was ange­sichts der lan­gen Ver­let­zung und der Tat­sa­che, dass er auf die­ser Posi­ti­on eigent­lich nichts zu suchen hat, nicht ver­wun­dert. Even­tu­ell hät­te er durch Stan­dards für ein wenig Gefahr sor­gen kön­nen, aber die durf­te statt­des­sen Gon­za­lo Cas­tro ver­sem­meln. Über­haupt Cas­tro: Der wur­de von Tim Wal­ter zuguns­ten Bor­na Sosas von den Qua­len der Links­ver­tei­di­ger­po­si­ti­on erlöst und spiel­te wie­der in sei­nem gelieb­ten Mit­tel­feld. Ich möch­te sei­nen Leis­tungs­ab­fall jetzt nicht als Ein­zi­gen her­aus­stel­len, aber es ist schon bezeich­nend, dass er und Sosa mit der Her­ein­nah­me von Waman­gi­tu­ka nach der Pau­se wie­der die Plät­ze tausch­ten, weil Cas­tro defen­siv dann wohl doch bes­ser auf­ge­ho­ben ist, wäh­rend Sosa im Mit­tel­feld von läs­ti­ger Abwehr­ar­beit wei­test­ge­hend befreit war.

Castro und VAR enttäuschen

Ob sich Philipp Förster unsicher ist, ob er sein Tor wirklich bejubeln darf? © Getty/Bongarts
Ob sich Phil­ipp Förs­ter unsi­cher ist, ob er sein Tor wirk­lich beju­beln darf? © Getty/Bongarts

Was nach dem 0:1 deut­lich wur­de: Der VfB hat auch wei­ter­hin ein Kopf­pro­blem. Die Angst, wie­der früh in Rück­stand zu gera­ten, war förm­lich mit Hän­den zu grei­fen und ent­wi­ckel­te sich zur self-ful­fil­ling pro­phe­cy. Als man dann mal wie­der zurück­lag, war kei­ner in der Mann­schaft in der Lage, den Kopf hoch­zu­neh­men und den Druck abzu­schüt­teln. Und das, obwohl mit Hol­ger Bad­s­tu­ber, Gon­za­lo Cas­tro, Dani­el Dida­vi und Mario Gomez eine Ach­se erfah­re­ner Spie­ler auf dem Feld stand. Um noch­mal auf Cas­tro zu spre­chen zu kom­men: Ich hat­te mir ja bei sei­ner Ver­pflich­tung, damals noch in der ers­ten Liga, erhofft, dass er eine jun­ge Mann­schaft mit sei­ner Erfah­rung wür­de stüt­zen und lei­ten kön­nen. Andert­halb Jah­re spä­ter muss ich kon­sta­tie­ren, dass sei­ne Ver­pflich­tung ein Feh­ler war. Er fällt bei schlech­ten Spie­len jetzt auch nicht wirk­lich ab, aber er leis­tet so viel weni­ger als das, wozu er imstan­de wäre — sowohl sport­lich, weil er unter vier Trai­nern sei­ne opti­ma­le Posi­ti­on noch nicht gefun­den hat, als auch in sei­ner Rol­le als Füh­rungs­spie­ler.

Dank der zwei­ten Hälf­te ging das Gan­ze trotz­dem noch gut aus, wobei ich hier wie schon gesagt weni­ger Wal­ters Umstel­lung und die Ein­wechs­lung von Waman­gi­tu­ka als ent­schei­dend anse­he, son­dern viel mehr die Tat­sa­che, dass Nürn­berg dem Dop­pel­schlag aus Elf­me­ter und Gomez-Tor nichts mehr ent­ge­gen zu set­zen hat­te. Zwar hät­te der VfB das Spiel auch schon in der ers­ten Hälf­te dre­hen kön­nen, wenn nicht erneut zwei mal der VAR etwas dage­gen gehabt hät­te, nach­voll­zieh­bar oder ver­dient wäre es aller­dings nicht gewe­sen. Zumal das krum­me Ei, wel­ches Endo irgend­wie ins Tor bug­sier­te, auch reins­ter Slap­stick der Nürn­ber­ger Abwehr war. Um die zigs­te Dis­kus­si­on über den Köl­ner Kel­ler abzu­kür­zen: Ich war nicht mal im Sta­di­on, aber es macht auch am Fern­se­her über­haupt kei­nen Spaß mehr, jedes Mal mit ange­zo­ge­ner Hand­brem­se zu jubeln. Mei­net­we­gen kann man das Foul von Mario Gomez geben und mei­net­we­gen war er auch ein biss­chen im Abseits. Aber gewon­nen ist durch die­se tech­ni­sche Neue­rung nichts.

Was sind die Heimsiege wert?

Kann er seiner Mannschaft endlich die Laschheit abgewöhnen? © Getty/Bongarts
Kann er sei­ner Mann­schaft end­lich die Lasch­heit abge­wöh­nen? © Getty/Bongarts

Was die­se drei Punk­te wert sind, wer­den wir erst an Weih­nach­ten wis­sen, wenn die nächs­ten bei­den Aus­wärts­spie­le absol­viert sind. Noch ein­mal fal­le ich auf die Mann­schaft nicht her­ein, die gegen einen schwa­chen Geg­ner zu einem letzt­end­lich sou­ve­rä­nen Heim­sieg kommt, nur um im nächs­ten Aus­wärts­spiel die Lern­kur­ve wie­der am Null­punkt zu star­ten. Ich habe ja bereits gesagt, dass ich der Trai­ner­dis­kus­si­on müde bin, dar­an hat sich nach die­sem Spiel nichts geän­dert. Einer­seits kann Tim Wal­ter nichts dafür, dass sei­ne Mann­schaft dem Geg­ner Tore schenkt. Ande­rer­seits kann es ein­fach nicht sein, dass wir spie­le­risch kei­ne Ant­wort auf sol­che Rück­stän­de haben. Gegen spiel­stär­ke­re Mann­schaf­ten wie die Lili­en oder die wie­der­erstark­ten 96er unter Ken­an Kocak ist es eben weder garan­tiert, noch wahr­schein­lich, dass es uns wie­der so leicht gemacht wird. Was bleibt, ist die Hoff­nung:

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