“Kurz gewackelt, hoch gewonnen”, so beschrieb die Deutsche Welle auf Twitter ein anderes Spiel an diesem Samstag. Eine Beschreibung, die auch auf den VfB passt, der mit dem 5:1 gegen Schalke gefühlt den Klassenerhalt erreicht hat.
4:1 in Mainz, 5:1 in Dortmund, 4:1 in Augsburg und jetzt 5:1 gegen Schalke: Der VfB verwöhnt uns in dieser Saison mit Toren. Hatte nur in elf Spielzeiten in 23 Spielen mehr als die 44 Tore geschossen, die nach diesem Spieltag zu Buche stehen. Und dann erzielen auch noch Philipp Klement und Wataru Endo ihre ersten Bundesliga-Tore, letzterer sogar gleich im Anschluss sein zweites. Einziger sportlicher Wermutstropfen ist aktuell, dass wir uns das Ganze nur im Fernsehen anschauen können. Aber sonst? Der VfB hat jetzt 32 Punkte, 14 Zähler Vorsprung auf den Relegationsrang bei noch elf ausstehenden Spielen. Der Klassenerhalt, das einzig akzeptable Ziel in dieser Saison, ist in greifbarer Nähe. Und anders als 2018 braucht es dafür keine schier unglaubliche Serie von unansehnlichen 1:0‑Siegen. Nein, so wirklich in Gefahr schien der Klassenerhalt bisher nicht. Mit dem Kantersieg gegen den Tabellenletzten macht der VfB den Deckel so gut wie drauf.
Einen ähnlichen Verlauf wie die bisherige Spielzeit nahm auch dieses Spiel. Das lag aber, und da hinkt der Vergleich, auch ein wenig am Gegner. Denn der VfB musste, nachdem er sich vom frühen Schuss auf sein Tor erholt hatte, gar nicht so viel offensiv machen, es reichte schon, Ecken herauszuholen. Zwei dieser Ecken verwandelte Wataru Endo am langen Pfosten und musste sich dabei nicht mal sonderlich viel bewegen. Er blieb einfach da stehen, wo er sich vorher postiert hatte und schob, am Fünf-Meter-Raum mutterseelenallein gelassen, einfach ein. Natürlich macht er das an dieser Stelle gut und auch das Einlaufen und Positionieren bei Eckbällen ist keine Selbstverständlichkeit. Dass sich Schalke aber zwei Mal vom gleichen Spieler, der zwar ein bärenstarker Sechser aber beileibe kein Goalgetter ist, das gleiche Tor einschenken lässt, erinnert einen irgendwie an die eigenen Abstiegserfahrungen in den letzten Jahren. Auch Borna Sosa vom Strafraumeck flanken zu lassen, ist keine gute Idee, wenn man gleichzeitig Sasa Kalajdzic nicht unter Kontrolle kriegt. Und damit war das Spiel eigentlich schon entschieden.
Müde, aber erfolgreich
Eigentlich. Denn wie neulich bei der auf dem Papier deftigen 2:5‑Niederlage in Leverkusen kann ein Anschlusstreffer die Statik eines Spiels dann doch ziemlich ins Wanken bringen. Ebendieser Anschlusstreffer gelang Schalke kurz vor der Pause und war im Grunde eine Kopie ihres ersten Torschusses der Partie. Über den rechten Schalker Flügel kam der Ball nach vorne und wie schon in der eben angesprochenen Szene kam Konstantinos Mavropanos beim Flankenwechsel nicht hinterher, Kolasinac machte es besser als vorher Harit und mich beschlich das Gefühl, dass trotz der unterirdischen Leistung der Gäste vor der Pause hier noch nicht alles durch war. Eine Befürchtung, die sich bestätigen sollte, denn obwohl Schalke in der zweiten Halbzeit kein Tor mehr zustande brachten, zeigten die als Kollektiv völlig dysfunktionalen Spieler, was sie individuell drauf haben. Dass Bentaleb den lächerlichen, vom erwartbar schlechten Schiedsrichter Guido Winkmann verhängten und natürlich auch nicht durch das beständige VAR-Desaster verhinderten Elfmeter nicht versenkte, passt so gut zur Situation der Schalker wie zu der des VfB.
Denn der konnte sich, wie schon in den letzten Spielen, eine Schwächephase erlauben, in der nicht wirklich viel zusammen lief, und am Ende zwei Spieler einwechseln, von denen man sich nicht viel erwartete, die aber mit ihren beiden Treffern aus heiterem Himmel den Deckel drauf machten — vorbereitet übrigens beides Mal von keinem anderen als Wataru Endo, der damit auf unglaubliche vier Scorerpunkte in diesem Spiel kommt. Auf das Spiel und mutmaßlich auch auf den Abstiegskampf. Und hier kommen wir wieder auf die größere Perspektive: Selbst wenn die Mannschaft nicht mehr so performt — vielleicht überperformt — wie in der Hinrunde, ist sie trotzdem noch in der Lage, die Spiele zu gewinnen und die Punkte zu holen. Weil eben diesmal Endo richtig steht oder weil Kalajdzic im fünften Liga-Spiel in Folge trifft. Dass der Deckel jetzt so gut wie drauf ist, ist auch gut, denn besonders in der zweiten Halbzeit offenbarten die Brustringträger eine ziemliche mentale und auch körperliche Müdigkeit. Immer wieder gingen Bälle in der Vorwärtsbewegung verloren, kam man nicht an zweite Bälle und verlor Zweikämpfe. Nach einer spielerisch intensiven Saison ohne Regeneration in der Winterpause ist das sicher nachvollziehbar. Aber es ist eben auch gut, dass wir schon so viele Punkte haben.
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