Rund um das Spiel in Frankfurt

Die Mann­schaft mit den viert­meis­ten Toren gegen die mit den dritt­meis­ten Toren: Lang­wei­lig wird es am Sams­tag nicht, wenn der VfB in Frank­furt gas­tiert. Vor dem Spiel haben wir mit SGE-Fan Jens (@JensJungblut) gespro­chen.

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Jens und vie­len Dank, dass Du Dir Zeit für unse­re Fra­gen nimmst. Erst­mal zu Dir: Wie bist Du Ein­tracht-Fan gewor­den?

Jens: Mir ging es da so wie den meis­ten Men­schen, es war kei­ne bewuss­te Wahl, son­dern frü­he fami­liä­re Prä­gung. Mein Vater ist aus Frank­furt und auch wenn er kein sehr gro­ßer Fuß­ball­fan ist, war die Ein­tracht immer die Mann­schaft, die er ein wenig ver­folgt hat und damit wur­de es auch die Mann­schaft, die ich dann ver­folgt hab. Ich war dann auch so 10 Jah­re alt als die Ein­tracht unter Dra­go­slav Ste­pa­no­vic in den frü­hen 90ern die Liga auf­wir­bel­te und spä­tes­tens nach der gestoh­le­nen Meis­ter­schaft 1992 war dann alles klar.

Die Ein­tracht hat letz­tes Wochen­en­de gegen Bre­men zum ers­ten Mal seit dem 11. Dezem­ber ein Liga-Spiel ver­lo­ren. Was waren Dei­ner Mei­nung nach die Grün­de für die­sen unglaub­li­chen Lauf und wor­an haper­te es gegen Wer­der?

Es scheint als hät­te bei der Ein­tracht eini­ges zusam­men­wach­sen müs­sen was noch zu Beginn der Sai­son nicht so gut funk­tio­niert hat. Das hat sicher auch damit zu tun, dass Spie­ler wie Younes jetzt fit­ter sind und län­ger spie­len kön­nen und dann auch bes­ser in das Spiel ein­ge­bun­den sind. Zusätz­lich spielt Sow seit Dezem­ber rich­tig stark und damit hat die Ein­tracht dann nicht mehr nur Power über die lin­ke Außen­bahn, son­dern kann auf ein­mal auch durch die Mit­te spie­len, Der Abgang von Dost und die Umstel­lung auf das Spiel mit zwei 10ern war sicher­lich auch ein Fak­tor der dem Team gut­ge­tan hat und mehr Varia­bi­li­tät gera­de im Angriff gege­ben hat. Dar­über hin­aus scheint es so, als ob die Mann­schaft auch men­tal sehr stark ist und als Team gut har­mo­niert, was man dar­an sieht, dass auch Rück­stän­de sie nicht aus dem Kon­zept brin­gen. Es ist ja schon unge­wohnt, dass man als Frank­furt Fan Ver­trau­en dar­in hat, dass die­se Mann­schaft ein Spiel schon nach Hau­se brin­gen wird, anstatt mit Prä­ven­tiv­pes­si­mums Fall­hö­hen zu ver­mei­den.

Gegen Bre­men hat es glaub ich ein wenig an der Ein­stel­lung geha­pert und viel­leicht dach­ten eini­ge Spie­ler nach der frü­hen Füh­rung, dass man das jetzt nach Hau­se ver­wal­ten kann, aber wie Adi Hüt­ter schon gesagt hat, die Ein­tracht muss immer 100% geben um die­se Ergeb­nis­se wei­ter ein­zu­fah­ren und evtl. hat man ein wenig zu früh den Fuß vom Gas genom­men und Bre­men hat dann der Ein­tracht auf eine Art ihr Spiel auf­ge­zwun­gen. Tak­tisch war mög­li­cher­wei­se auch ein Fak­tor, dass Ndi­cka fehl­te und damit Hase­be aus dem Mit­tel­feld zurück­ge­zo­gen wur­de und dort dann gefehlt hat (Rode hat­te sicher nicht sein bes­tes Spiel).

Das Ergeb­nis die­ser Serie war, dass die SGE zeit­wei­se sogar auf Platz 3 stand. Was ist für Frank­furt in die­ser Sai­son noch drin?

Hier kommt der Prä­ven­tiv­pes­si­mist wie­der zum Tra­gen. Ich fin­de die Qua­li­fi­ka­ti­on für einen euro­päi­schen Wett­be­werb wäre ein mach­ba­res Sai­son­ziel. Ob es am Ende für die Cham­pi­ons League reicht ist gera­de noch zu schwer zu sagen. Das wird man wohl erst nach den nächs­ten fünf Spie­len wis­sen, denn dann hat­te man direk­te Ver­glei­che mit Leip­zig, Dort­mund und Wolfs­burg und ist schlau­er.

Im Win­ter gab die Ein­tracht Bas Dost an den FC Brüg­ge ab, dafür kam Luka Jovic leih­wei­se aus Madrid zurück. Wie läuft es bis­her für ihn in der Rück­run­de?

Jovic hat­te sicher­lich einen Traum­ein­stand gegen Schal­ke, der zu der Eupho­rie um sei­nen Wech­sel gepasst hat, aber evtl. auch bei man­chen die Erwar­tun­gen etwas hoch­ge­schraubt hat. Seit­dem lief es ganz gut aber nicht über­ra­gend für ihn, was glaub ich meh­re­re Grün­de hat. Zum einen spielt er „hin­ter“ dem momen­tan zweit­bes­ten Stür­mer der Liga. Zum ande­ren hat Jovic bei Madrid nicht vie­le Spie­le gemacht in den letz­ten Jah­ren und Adi Hüt­ter hat schon bei der Ver­pflich­tung gesagt, dass er erst Mit­te / Ende März damit rech­net, dass Jovic auf dem Trai­nings­le­vel ist, dass für dau­er­haf­te Ein­sät­ze über 90 Minu­ten von Nöten ist. Gegen Bay­ern hat­te er zwar sein Start­elf-Debüt, war da aber eher als mann­schafts­dien­li­cher Spie­ler und nicht als Knip­ser sicht­bar. Ich bin mir sicher, dass er noch eini­ge Ein­satz­zei­ten bekom­men wird, auch von Anfang an und er gibt dem Team auch wich­ti­ge Fle­xi­bi­li­tät, die es erlaubt auch mal von den zwei 10ern auf zwei Stür­mer umzu­stel­len.

Ein Fak­tor für den Erfolg der Ein­tracht ist sicher­lich auch And­re Sil­va, mit sei­nen 19 Toren und fünf Vor­la­gen zweit­bes­ter Scorer der Liga. Was macht ihn so gefähr­lich und wie kann man ihn auf­hal­ten?

And­re Sil­va brauch­te wie eini­ge ande­re Spie­ler vor ihm eine gewis­se Anlauf­zeit in Frank­furt, aber inzwi­schen zeigt sich ein­fach, dass er ein sehr kom­plet­ter Stür­mer ist, der ein­fach auf vie­le ver­schie­de­ne Arten Tore erzie­len kann und trotz­dem auch mann­schafts­dien­lich spielt und ein Auge für Mit­spie­ler hat. Ein wich­ti­ger Anteil an all sei­ne Toren liegt aber auch dar­in, dass die Zuspie­le aus dem Mit­tel­feld viel­fäl­ti­ger gewor­den sind.

Ich glau­be And­re Sil­va pro­fi­tiert sehr davon, dass die Ein­tracht nicht mehr nur über 80 Flan­ken von Kostic in den Straf­raum kommt, son­dern inzwi­schen fle­xi­bler agiert und dabei mehr und mehr auf fes­te Abläu­fe zurück­grei­fen kann, weil Spie­ler wie Sil­va, Kama­da, Kostic, Younes oder Sow anfan­gen instink­tiv den Ball an den rich­ti­gen Ort zu spie­len und sich gegen­sei­tig zu fin­den. Da Sil­va oft allein in vor­ders­ter Rei­he steht, kann man ihn über enge Deckung manch­mal aus dem Spiel neh­men, dann bie­ten sich aber natür­lich Räu­me für die nach­rü­cken­den 10er auf die man dann auf­pas­sen muss.

Ein wei­te­rer Spie­ler, der für die Mann­schaft schon seit einer Wei­le eine wich­ti­ge Rol­le spielt, ist Filip Kostic. Wie läuft es aktu­ell für ihn?

Nach der Ver­let­zungs­pau­se in der Mit­te der Hin­run­de ist Kostic inzwi­schen wie­der zurück bei alter Stär­ke und macht das was er am bes­ten kann, mit viel Geschwin­dig­keit die lin­ke Außen­bahn bear­bei­ten. Es wird auch oft betont, dass er nach der Rück­kehr sei­nes Freunds Luka Jovic auch noch­mal auf­ge­blüht ist und mit neu­er Ener­gie in die Spie­le geht, ich weiß nicht wie viel da wirk­lich dran ist, aber er scheint auf jeden Fall mehr Spaß bei der Arbeit zu haben.

Was Kostic auch sehr gut tut, ist die neue Fle­xi­bi­li­tät der Mann­schaft im Angriffs­spiel. Da die Ein­tracht inzwi­schen auch durch die Mit­te einen Ball nach vor­ne tra­gen kann, las­tet nicht mehr alle Ver­ant­wor­tung auf Kostic, über den gera­de in der letz­ten Sai­son ja die meis­ten Angrif­fe lie­fen. Vor allem wenn man nicht wuss­te wie man eine Abwehr kna­cken soll­te, hat die Mann­schaft oft über ihn gespielt. Das ist jetzt nicht mehr so und es scheint so, als ob ihm das hilft befrei­ter in sei­nem Offen­siv­spiel zu sein. Gleich­zei­tig spielt Ndi­cka hin­ter Kostic eine sehr gute Sai­son und lie­fert ihm damit die nöti­ge Absi­che­rung für sei­ne Offen­siv­läu­fe. Das Duell Silas gegen Kostic wird für mich das Auf­ein­an­der­tref­fen des Spiel­tags und ich bin sehr gespannt wer von bei­den da als Sie­ger raus­geht.

Eng ver­bun­den mit dem Namen Kostic ist Fre­di Bobic, der ihn damals schon nach Stutt­gart hol­te. Angeb­lich steht der vor einem Wech­sel zu Her­tha BSC. Was hältst Du von den Gerüch­ten und was hät­te ein Abgang Bobics für Aus­wir­kun­gen für die Ein­tracht?

Die Gerüch­te haben sich ja inzwi­schen schon sehr kon­kre­ti­siert und es scheint so, als wäre es nur noch eine Fra­ge der Ablö­se­ver­hand­lun­gen zwi­schen den Clubs. Gene­rell fin­de ich hat Fre­di Bobic immer klar kom­mu­ni­ziert, dass die Ein­tracht nicht der Ver­ein ist bei dem er in Ren­te gehen wird. Er hat da immer einen sehr pro­fes­sio­nel­len Zugang gehabt, was ja auch teil­wei­se zu Rei­be­rei­en mit Tei­len der Fans geführt hat. Zusätz­lich glau­be ich fin­det er es aus sei­ner Mana­ger­per­spek­ti­ve span­nend ein Pro­jekt wie Her­tha mit sei­nen Inves­to­ren­mil­lio­nen zu gestal­ten. Er hat auf jeden Fall viel gute Arbeit bei der Ein­tracht geleis­tet und vie­le wich­ti­ge Ent­wick­lun­gen ange­sto­ßen und die Erfah­run­gen mit ihm war sicher­lich posi­ti­ver als dass was man teil­wei­se aus sei­ner Stutt­gar­ter Zeit gehört hat. Daher wür­de ich sagen, dass es natür­lich ein Ver­lust ist, weil er ein guter Mana­ger ist, aber kein Welt­un­ter­gang, weil die Ein­tracht hof­fent­lich gut genug auf­ge­stellt und vor­be­rei­tet ist um einen guten Nach­fol­ger zu ver­pflich­ten.

Was wirk­lich stört ist die Art und Wei­se der öffent­lich geführ­ten Ablö­se­ver­hand­lung. Das beginnt damit, dass es öffent­lich gemacht wird (sehr wahr­schein­lich nicht aus Frank­furt) und geht dann damit wei­ter, dass sich Bobic in den letz­ten Tagen nicht immer glück­lich geäu­ßert hat. Hier fehlt ihm glau­be ich mit sei­ner pro­fes­sio­nel­len Mana­ger­per­spek­ti­ve das Fein­ge­fühl dafür, wie man einen sol­chen Abgang auch gegen­über den Fans gut mode­riert und ihm könn­ten sei­ne kla­ren Wor­te, die er damals Rich­tung Bay­ern Mün­chen geäu­ßert hat als die Nico Kovac abge­wor­ben haben, da noch­mal auf die Füße fal­len. So oder so, die Ein­tracht hat Bobic viel zu ver­dan­ken für die gute Arbeit, die er gemacht hat, er soll­te jetzt nur auch sei­nen Abgang ent­spre­chend pro­fes­sio­nell über die Büh­ne brin­gen und nicht auf den letz­ten Metern noch alles ein­rei­ßen.

Adi Hüt­ter ist jetzt schon seit 2018 Trai­ner in Frank­furt. Wie zufrie­den bist Du mit ihm und wie lässt er die Mann­schaft aktu­ell spie­len?

Adi Hüt­ter ist sicher­lich ein Glücks­fall für die Ein­tracht. Sei­ne Aus­sa­ge vor ein paar Tagen, dass er auch in der nächs­ten Sai­son in Frank­furt blei­ben wird war für vie­le dann auch eine Erleich­te­rung. Vom Typ her ist er eher ein ruhi­ger Trai­ner, was es glaub ich man­chen schwer macht sich gera­de in Pha­sen in denen es nicht so gut läuft auf ihn ein­zu­las­sen und ehr­li­cher­wei­se ist es ja schon so, dass man als Trai­ner in Frank­furt nicht immer nur Jubel und Auf­mun­te­rung zu hören bekommt. Er hat es aber auch immer wie­der geschafft über die letz­ten Jah­re mit sich teil­wei­se stark ver­än­dern­den Mann­schaf­ten ein Sys­tem zu ent­wi­ckeln was zu der jewei­li­gen Mann­schaft passt und die­ses dann auf sei­ne favo­ri­sier­te ers­te 11 hin zu opti­mie­ren. Das führt zwar auch dazu, dass er nur bedingt rotiert sobald er sei­ne Stamm­mann­schaft gefun­den hat und manch­mal auch erst etwas spät über Wech­sel in ein lau­fen­des Spiel ein­greift, aber das Ver­trau­en was er Spie­lern auch über Pha­sen in denen es mal nicht so läuft schenkt, gibt die Mann­schaft auch zurück. Gleich­zei­tig schreibt er nie einen Spie­ler ab und selbst wenn man wie z.B. Durm lan­ge Zeit gar kei­ne Rol­le gespielt hat, wird man bei guter Trai­nings­leis­tung wie­der Ein­satz­zei­ten bekom­men.

Er schafft es also sehr gut die Mann­schaft zu moti­vie­ren und mode­rie­ren und das ist sicher auch ein Aspekt für das geschlos­se­ne Auf­tre­ten der Ein­tracht. Zusätz­lich ist er sehr gut dar­in Spie­ler wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und sie auf die nächs­te Stu­fe zu heben, was gera­de für ein Team der finan­zi­el­len Bun­des­li­ga-Mit­tel­klas­se sehr wich­tig ist. Vom Spiel­stil her lässt er ja eher offen­siv spie­len und selbst die Innen­ver­tei­di­ger schie­ben oft weit nach vor­ne. Gera­de seit die­ser Sai­son hat das Team aber dann durch Spie­ler wie Younes oder Sow auch noch eine zusätz­li­che spie­le­ri­sche Kom­po­nen­te bekom­men, die über den Sturm über die lin­ke Außen­bahn der letz­ten Sai­son hin­aus­geht und geord­net vor­ge­tra­ge­ne Angrif­fe durch das Zen­trum mit­ein­schließt.

Über And­re Sil­va haben wir schon gespro­chen. Wel­che wei­te­ren Stär­ken hat die Ein­tracht und wel­che Schwä­chen könn­te sich der VfB am Sams­tag zunut­ze machen?

Wie schon mehr­fach erwähnt ist die Varia­bi­li­tät im Angriff sicher eine neue Stär­ke. Mit Younes, Kama­da, Kostic, Sil­va und Sow ver­teilt sich das Gefah­ren­po­ten­ti­al wesent­lich mehr als noch zu Beginn der Sai­son. Gleich­zei­tig reicht es nicht, wenn man mit 1–0 gegen die Ein­tracht in Füh­rung geht, denn das Team bricht weder men­tal noch kör­per­lich ein. Als drit­tes sind die Frank­fur­ter auch bei Stan­dards nicht schlecht. Ich glau­be es wird auf kei­nen Fall ein tor­lo­ses Spiel am Wochen­en­de, weil sowohl die Ein­tracht als auch der VfB sehr tor­ge­fähr­lich sind. Der VfB kann es der Ein­tracht schwe­rer machen, wenn er es schafft die Mit­te kom­pakt zu zu stel­len und die Angrif­fe der Ein­tracht auf die Flü­gel zu len­ken. Wenn dann in der Innen­ver­tei­di­gung kopf­ball­star­ke Spie­ler ste­hen wird es schwer für Frank­furt. Ansons­ten könn­te Bre­men als Rat­ge­ber funk­tio­nie­ren und man könn­te über schnel­le Kon­ter ver­su­chen die Ein­tracht zu über­rum­peln. Da der VfB eine recht schnel­le Offen­siv­ab­tei­lung hat ist das auf jeden Fall eine Gefahr, gera­de wenn die Frank­fur­ter Abwehr weit hoch­ge­scho­ben ist.

Zum Abschluss: Dein Tipp fürs Spiel?

Ich tip­pe auf ein 3:2 für die Ein­tracht.

Titel­bild: © ima­go

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