Gegen eine stets gefährliche Eintracht bestreitet der VfB ein Unentschieden auf Augenhöhe. Auch, weil die Mannschaft diesmal nicht in ein spielerisches Loch fällt.
Natürlich Filip Kostic. Wer sonst?! Und dann gleich zwei Mal, nur verschaffte sich sein Mitspieler beim ersten Mal mit drei Zentimetern seiner Hacke einen uneinholbaren Vorteil, den der VAR mit seinem Adlerauge direkt korrigierte. So hätte auch der Spielbericht zum letzten Besuch des VfB im Waldstadion zu Frankfurt beginnen können. Damals, als der ehemalige Brustringträger uns mit zwei Toren abschoss und ich keine Flugzeuge während des Spiels hörte, weil von Corona noch keine Rede war. Aber wir haben 2021, die Stadien sind leer und ein Tor von Kostic bedeutet lediglich, dass der VfB in Frankfurt einen statt drei Punkte mitnimmt.
Dabei haben sich die Vorzeichen nur auf einer Seite des Spielfelds geändert. Die Eintracht ist zwar ihrer Büffelherde beraubt, mit Kostic, dem zurück gekehrten Jovic und Silva aber immer noch jederzeit gefährlich und kämpft nicht umsonst um den Einzug in die Champions League. Der VfB hingegen hat sich seit 2019 fast bis zur Unkenntlichkeit weiterentwickelt. Schon im Hinspiel führte man 2:0 und musste sich am Ende mit einem Punkt begnügen, der auch diese Mal in Ordnung ging, auch wenn er vielleicht ein wenig schmeichelhaft ist.
Überraschende Führung
Vor allem deshalb, weil die Gastgeber in den letzten zehn Minuten den Sieg unbedingt erzwingen wollten und der VfB sich nicht so richtig befreien konnte. Und weil, wenn man ganz ehrlich ist, es nicht im Sinne des Spiels sein kann, wenn ein Tor annulliert wird, nur weil jemand in der Entstehung im Zentimeter-Bereich im Abseits stand. Als es den VAR noch nicht gab, hätte sich auch auf Stuttgarter Seite niemand über das Urteil “gleiche Höhe” beschwert, sondern viel mehr darum, dass wir schon wieder nach einem Einwurf ein Gegentor kassieren. Weswegen Orel Mangalas Grätsche, die den Ball ins Seiten‑, statt ins Toraus beförderte, vielleicht eher kontraproduktiv war. Sei es drum. Das digitale Maßband entschied und bot dem VfB die Möglichkeit, selber in Führung zu gehen.
Die kam für mich, da bin ich ganz ehrlich, eher überraschend. Zwar zeigten die Brustringträger nicht nur ein gutes Pressing, sondern auch, wozu sie mit dem Ball in der Lage sind, wenn der Gegner auch am Spiel teilnimmt und sich nicht wie Köln neulich hinten verbarrikadiert. Am oder spätestens im Strafraum war dann aber Schluss, egal ob der Ball hoch von Sosa hineingeschlageb wurde, oder ob Wamangituka sich als Ein-Mann-Dampfwalze versuchte. Das lag vor allem am konzentrierten, aber vor allem auch physischen Defensivspiel der SGE. Die Probleme des VfB, sich dagegen durchzusetzen offenbarten sich an zwei Spielern: Philipp Förster, der mit Abstand die meisten Meter aller Spieler auf dem Feld abspulte, im Offensivspiel aber mangels Passgenauigkeit und Kreativität keine Impulse setzen kann und Tanguy Coulibaly, der zwar immer für ein überraschendes Dribbling gut ist, dem aber Försters Physis fehlt, um damit erfolgreich zu sein.
Zu langsame Kombinationen, aber stabile Gegenwehr
Aber es lag nicht allein an dieser Paarung im offensiven Mittelfeld. Der VfB zog ein sehr ansehnliches Kombinationsspiel mit schönen Staffetten auf, zeigte sich aber in den entscheidenden Momenten nicht handlungsschnell genug. Immer wieder ließ man sich den Ball genau vor dem wichtigen Pass abnehmen oder — laufen, hatte man den richtigen Zeitpunkt für ein öffnendes Abspiel durch eine durchaus angreifbare Frankfurter Hintermannschaft verschlafen. Mit Ausnahme von Marc Oliver Kempf, der sich in der zweiten Halbzeit nach vorne wagte und mit seinem hohen Ball genau Sasa Kalajdzics lange Beine erwischte, so dass der sein unglaublicherweise zwölftes Saisontor erzielte, das noch unglaublichere siebte in den den letzten sechs Ligaspielen. Unglaublich deshalb, weil auch er in dieser Saison eine kleine Torflaute hatte und plötzlich trifft wie am Fließband.
Dass die Freude nicht lange währte und Filip Kostic seine linke Klebe einfach nochmal rausholte, ist schade, aber gegen einen Gegner dieser Güteklasse erwartbar und verkraftbar. Schließlich gehört die Eintracht zum elitären Kreis von drei Mannschaften, die vor diesem Spiel mehr Tore erzielt hatten als der VfB. Und das wohl auch in diesem Spiel getan hätten, wenn Gregor Kobel nicht die gleiche, vielleicht entscheidende Fähigkeit an den Tag gelegt hätte wie die Mannschaft: Er leistete sich keine Schwäche — und nein, wenn Kostic von da so frei abzieht, gibt es nicht viel zu halten. Denn anders als in den letzten beiden Spielen bot der VfB seinem Gegner über 94 Minuten die Stirn, auch wenn man in der Rückrunde nicht mehr in der Lage ist, bis zum Schluss auf Sieg zu spielen. Aber abgesehen von der bereits erwähnten späten Drangphase der SGE hatte die VfB-Abwehr ihre Gegenüber gut im Griff, was nach den letzten Spielen, als man teilweise unfassbar schwache Gegner durch mentale Müdigkeit unnötig stark machte, keine Selbstverständlichkeit ist.
Entspannung vor dem Fernseher
Zehn Spiele, bevor diese Saison vorbei ist hat der VfB also jetzt 33 Punkte und damit weiterhin einen beträchtlichen Vorsprung auf die Abstiegsplätze. Das hilft mir, mich vor dem Fernseher etwas mehr zu entspannen und dürfte auch ein bisschen den Druck von der Mannschaft nehmen. Die muss natürlich auch weiterhin die Spannung hochhalten, aber da mach ich mir keine Sorgen. Um das Zitat von Frankfurts Trainer Adi Hütter von vor dem Spiel etwas abzuwandeln: Wer gegen Frankfurt nicht verliert, verliert auch nicht gegen ähnlich starke Gegner.
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Die 33 Punkte tun wirklich gut auf der VfB Seele.. Und ich finde jeder Punkt ist hochverdient.. Fast bei jedem Spiel dieser Saison hatte man das Gefühl das der VfB punktet, weil sie wirklich auch eine stabile Hintermannschaft haben..Wie oft ist der VfB in den letzten Bundesligajahren oft sehr früh in Rückstand geraten.. Das ist diesmal ganz anders… Matarazzo hat aus den Jungen Wilden eine selbstbewusste Mannschaft geformt,weiter so!