Im dienstäglichen Blick auf die Zahlen beschäftigen wir uns heute mit dem Spiel gegen Köln und der Frage, ob der Punkt für den VfB glücklich war oder nicht.
Bei einem ersten Blick auf den xG-Wert könnte man nämlich davon ausgehen, dass der Punkt eher ein Gewinn für den VfB war. Für Köln errechnet Understat.com einen Wert von 2,38 Toren, für den VfB nur einen Wert von 0,72. Heißt das also, dass das Spiel eigentlich 3:1 für Köln hätte ausgehen müssen? Nicht notwendigerweise. Expected goals sind keine Wahre Tabelle und kein VAR. Sie bewerten lediglich die Qualität der Torschüsse und deren Wahrscheinlichkeit, zu einem Tor zu führt. Die Wahrscheinlichkeit für jeden einzelnen Torschuss werden addiert zu einem Gesamtergebnis für jede Mannschaft. Abgesehen davon, dass Köln 15 Mal aufs Tor schoss und der VfB nur neun Mal, lohnt es sich, einen Blick auf die xG-Werte der beiden Tore zu werfen. Während der Elfmeter zum Ausgleich bei Understat einen Wert von 0,78 haben — was nichts anderes bedeutet, dass, statistisch gesehen, 78 Prozent aller Elfmeter ins Tor gehen — hat Orel Mangalas erfolgreicher Torschuss aus 17 Metern nur eine Trefferwahrscheinlichkeit von 6 Prozent, also 0,06 xG. Rechnet man dazu die Chancen, die Jakobs und Andersson im Strafraum hatten, aber nicht verwerteten, genauso wie die vielen Schüsse außerhalb des Strafraums, kommt man in der Summe auf einen entsprechend hohen xG-Wert. Der bedeutet aber nichts anderes, als dass Köln mit seinen Chancen wesentlich schlampiger umging als der VfB. Nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal.
Weiter relativiert wird der Eindruck eines glücklichen Siegs beim Blick auf die Zahlen von Fivethirtyeight. Die berechnen nämlich nicht nur, wie Understat shotbased xG, sondern auch non-shot xG:
Non-shot expected goals are an estimate of how many goals a team “should” have scored based on non-shooting actions they took around the opposing team’s goal: passes, interceptions, take-ons and tackles. For example, we know that intercepting the ball at the opposing team’s penalty spot results in a goal about 9 percent of the time, and a completed pass that is received at the center of the six-yard box leads to a goal about 14 percent of the time. We add these individual actions up across an entire match to arrive at a team’s non-shot expected goals. Just as for shot-based expected goals, there is an adjustment for each action based on the success rates of the player or players taking the action (both the passer and the receiver, in the case of a pass).
Betrachtet man also alle Aspekte des Angriffsspiels außer dem Schuss, ist das Bild wesentlich ausgeglichener: 0,7 non-shot xG des VfB stehen nur 0,9 des FC gegenüber. Eine ausgeglichene Partie also.
Noch ein paar Zahlen zum Köln-Spiel: Bis zu seiner — zugegebenermaßen frühen — Auswechslung hatte Marc-Oliver Kempf eine Zweikampfquote von 100 Prozent! Und auch wenn das Köln-Spiel nicht völlig zufriedenstellend war, steht der VfB nicht nur nach Punkten weiterhin gut da in der Liga. Im Ligavergleich haben wir mit zehn die viertmeisten Tore geschossen. Andere Werte unterstreichen vor allem das Engagement mit dem die Mannschaft zu Werke geht: Bei den Laufwerten (gelaufene Kilometer, Sprints und intensive Läufe ist der VfB immerhin Bundesliga-Mittelmaß. Bei den gewonnen Zweikämpfen (562) aber und den gewonnenen Kopfballduellen (116) liegt der VfB ligaweit auf Platz 4 — am fünften Spieltag gewannen wir sogar mit 121 die meisten Zweikämpfe. Noch zwei weitere Zahlen: Der VfB ist mit vier Treffern geteilter Alu-Tabellenführer, auf Augenhöhe mit Dortmund und Leipzig. Gregor Kobel hat bereits 18 Torschüsse abgewehrt und steht damit ligaweit auf Platz 3.
Über den nächsten Gegner, den FC Schalke 04, wurde zum Thema Statistik schon so viel geschrieben, dass es eigentlich überflüssig ist, das hier zu wiederholen. Klar ist: Sie haben wirklich, wirklich, wirklich lange nicht mehr gewonnen. Und auch bei den eben erwähnten Statistiken findet man die Königsblauen durchweg im unteren Tabellendrittel. Wenn man, wie es Understat tut, erwartete Tore und Gegentore aus den einzelnen Spielen nimmt und daraus eine erwartete Punktzahl errechnet, hat Schalke mit 1,58 Punkten etwas mehr als einen halben Punkt mehr als in der Realität. Damit sind sie aber immer noch Tabellenletzter.
Das muss natürlich alles nichts heißen: Der VfB hat zwar weiterhin den besten fünf-Spiele-Start seit 2008/2009, damals war man nach fünf Spielen Dritter mit zehn Punkten, gegen einen angeschlagenen Boxer wie Schalke wird es trotzdem nicht leichter.