Das 34. Saisonspiel spielt der VfB 0:0 gegen den FC Schalke 04. Ein passendes Ergebnis für ein unwichtiges Fußballspiel. Viel wichtiger: In der Relegation alles geben!
Ja, natürlich ist auch das letzte Spiel der regulären Saison nicht komplett unwichtig. Man könnte noch mal Anlauf nehmen für die Relegation, sich Selbstvertrauen holen, sich warmschießen für, wie wir jetzt wissen, Union Berlin. Stattdessen schickte Nico Willig eine bessere B‑Elf auf den Platz. Wobei die A‑Elf diese Saison ja auch eher wie eine B‑Elf spielt. Wie auch immer, Badstuber und Baumgartl rückten in die Innenverteidigung und vorne durfte Mario Gomez mal wieder von Beginn an auf dem Feld stehen. Die Intention war klar: Ozan Kabak und Anastasios Donis sollten sich vor dem Relegations-Heimspiel keine fünfte gelbe Karte mehr einfangen.
Das Erfreuliche am Spiel: Der VfB spielte auch so ganz passabel, erspielte sich ein paar Chancen und hätte diese Spiel vielleicht sogar durch einen Lucky Punch gewinnen können. Sie stellten sich aber letztlich vorm Tor genauso unglücklich an wie die Hausherren. So war es irgendwie kein Wunder, dass das Spiel der beiden — von den Direktabsteigern abgesehen — ungefährlichsten Mannschaften dieser Saison am Ende torlos ausging, während der Rest der Liga sich gegenseitig über den Haufen ballerte.
Irgendwie war aber dann auch irgendwann die Luft raus. Man merkte beiden Teams an, dass sich keiner vor dem Sommerurlaub respektive der Relegation noch verletzen oder unnötig verausgaben wollte. Schön, dass trotz des Spiels und der tabellarischen Umstände doch noch so viele Stuttgarter nach Gelsenkirchen gefahren waren, so dass auf dem Oberrang auch die an den Gästeblock angrenzende Tribüne noch gut mit VfB-Fans gefüllt war. Generell war die Stimmung insgesamt eher entspannt, ich lehnte zum Beispiel einen Großteil des Spiels an der Glasscheibe, die den Gästeblock von der Südkurve trennte und beobachtete das Treiben um mich herum. Lange hatten wir uns einen 34. Spieltag ohne jegliche Aufregung gewünscht, jetzt hatten wir ihn. Aber nicht so wie gewollt.
Rafft Euch!
Denn ab heute ist es vorbei mit entspannt zurücklehnen. Der VfB hat die schlechteste Saison seiner Bundesliga-Geschichte gespielt. Um das ganze nochmal in Zahlen zusammen zu fassen:
- 28 — Nie hatten wir so wenige Punkte wie in dieser Saison.
- 32 — Nie haben wir so wenig Tore geschossen wie in dieser Saison.
- 70 — Nur zwei Mal haben wir mehr Tore kassiert als in dieser Saison — bei den Abstiegen 1975 und 2016.
- -38 — Nie hatten wir eine schlechtere Torifferenz wie in dieser Saison.
- 20 — Nie haben wir mehr Spiele verloren als in dieser Saison.
- 7 — Nie haben wir weniger Spiele gewonnen, als in dieser Saison.
- 7 — Nur ein Mal hatte unser bester Torschtze so wenig Tore — Hans-Otto Peters 1966.
Und dennoch haben wir die Chance, in dieser, Verzeihung, Scheiß-Saison das Schlimmste zu verhindern. Richtig: Wenn der VfB sich in den beiden Relegationsspielen gegen Union durchsetzen sollte, wäre nichts erreicht, nur etwas verhindert. Diesem Ziel muss jetzt alles untergeordnet werden (eigentlich müsste es das schon lange, aber egal):
Ich möchte nicht hören, was den Spielern auf den Sack geht, oder wie sie sich vom Trainer oder dessen Vorgänger behandelt fühlen. Ich möchte am Donnerstabend nicht hören, dass man sich das anders vorgestellt habe und die eigenen Vorsätze leider nicht auf den Platz habe bringen können. Ich möchte nicht hören, dass irgendetwas woanders verbockt worden sei.
Ich möchte nicht sehen, dass irgendjemand in irgendeiner der mindestens 180 Minuten einem Fehlpass nicht hinterher rennt. Ich möchte nicht sehen, dass irgendwer aus einer völlig aussichtslosen Position abzieht, nur weil er gerne der große Relegationsheld sein möchte, während nebendran ein besser postierter Kollege steht. Ich möchte kein verschlafenes Abwehrverhalten sehen und keine Torwartfehler. Und vor allem möchte ich keine jubelnden Union-Fans sehen. Weder im Neckarstadion noch in der Alten Försterei.
Was ich möchte, nein was ich will: Auch nächstes Jahr noch in der Bundesliga spielen. Und dafür müssen wir uns alle zerreissen. Im Neckarstadion. Im Gästeblock der Alten Försterei, wenn da im Rückspiel die Bude brennt. Und auf dem Platz.
Also lieber VfB: Rafft Euch bitte, bitte, bitte noch zwei Mal auf. Nehmt die Spiele nicht auf die leichte Schulter, wie Ihr das in der Vergangenheit viel zu häufig getan habt. Strengt Euch an, trefft die richtigen Entscheidungen und gewinnt diese beiden verdammten Spiele!
Wir müssen reden!
Achja und spätestens dann, aber gerne auch früher, reden wir mal darüber, ob die oben genannten Zahlen, ob die Bilanz von vier Trainern, und drei Sportdirektoren, ob über 40 Millionen Euro an teilweise versenkten Transferausgaben, ob eine zweite Mannschaft in der fünftklassigen Oberliga, ob eine beschädigte Glaubwürdigkeit nach außen und nach innen, ob das unsere gemeinsame Definition von Erfolg ist. Und ob wir auch weiterhin einen Präsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden in Personalunion haben wollen, der all das zu verantworten hat. Der sich nicht mal daran erinnern kann, welche falschen Versprechungen er den Mitgliedern vor der Ausgliederung suggeriert hat. Der sich mit gewissen Anwälten zum Mittagessen trifft und unter dem politisch missliebige Botschaften unter dem Deckmantel der Neutralität retuschiert werden. Dessen Personalpolitik offensichtlich nicht dem Wohle des Vereins, sondern hauptsächlich der Stärkung oder Rettung der eigenen Stellung im Verein dient. Der den VfB angeblich im Herzen trägt, aber scheinbar auch den Relegationsgegner in der Brieftasche. Der in Salamitaktik immer nur so viel zugibt und sich von so vielen Anteilen trennt, wie es nötig ist. Der mit dem schlechtesten Ergebnis aller VfB-Präsidenten gewählt wurde und bei dem die DFL vorher erstmal überprüfen musste, ob er kandidieren darf.
Der Präsident, “den wir wollten” und mit wir ist in diesem Falle der Ankerinvestor gemeint. Der Ankerinvestor, der sich schon 1993 den Namen des Neckarstadions für ein Taschengeld auf lange Zeit sicherte. Der sich lange zierte, als Sponsor groß in Erscheinung zu treten. Der dem Vernehmen nach ein lukrativeres Sponsoring eines Konkurrenten zu verhindern wusste und diesen letztlich mit der Auswahl des Präsidenten und der Ausgliederung völlig aus dem Geschäft drängte. Der jetzt anfängt, sich in Person seines Aufsichtsratsvertreters in den Verein einzumischen und Forderungen und Ansprüche zu stellen, dem der VfB zu wenig Premium ist. Selbst wenn wir die Klasse halten: Lasst Euch nicht einlullen. Am 14. Juli ist Mitgliederversammlung. Geht hin und stellt die richtigen Fragen.
Stuttgart kämpfen — Dietrich raus!