Das Beste, was dem VfB passieren konnte: Eine Entschuldigung an Sven Mislintat

Vor etwas über fünf Mona­ten habe ich einen Arti­kel über Sven Mislin­tat geschrie­ben, der wenig freund­lich aus­fiel. Ich kri­ti­sier­te ihn in kon­kret dafür, die eige­ne Jugend zu ver­nach­läs­si­gen, dafür zu sor­gen, dass jun­ge Spie­ler nicht zum VfB wech­seln wol­len und dass die Feh­ler­quo­te zu hoch sei, wodurch der VfB viel zu viel Geld für Spie­ler aus­ge­ben müss­te. Ich habe mich zum Glück furcht­bar geirrt.

Mein Schluss­satz im dama­li­gen Arti­kel: “So pes­si­mis­tisch bin ich noch sel­ten in eine neue Sai­son gestar­tet – nicht nur bezüg­lich des Teams, mit dem ich wenig iden­ti­fi­zie­ren kann, son­dern auch bezüg­lich der Struk­tu­ren, die immer noch da sind. Die Stut­t­yacht hat immer noch eine Men­ge Alt­las­ten her­um­zu­schlep­pen, wäh­rend neu­er Bal­last schon oben drauf gela­den wird.”

Ich muss sagen, ich habe teil­wei­se Recht behal­ten; aber nicht im Hin­blick auf die sport­li­che Ent­wick­lung, wie ich damals gemeint habe… Denn die könn­te bes­ser nicht sein.

Mislin­tat hat­te einen Plan, als er zum VfB gekom­men ist und die­sen kon­se­quent durch­ge­zo­gen. Er hat eine Mann­schaft in der zwei­ten Liga auf­ge­baut, die Stand jetzt gut genug für die ers­te Liga ist und zwar locker. Er hat eine Mann­schaft auf­ge­baut, die mit­ein­an­der har­mo­niert, die sich ergänzt, die unter einem fan­tas­ti­schen Trai­ner sich immer wei­ter ent­wi­ckelt und immer bes­ser wird. Die Neu­zu­gän­ge, mit denen Mislin­tat den VfB ver­stärkt hat, ent­pup­pen sich von einer unglaub­li­chen Qua­li­tät und die Feh­ler­quo­te ist doch tat­säch­lich recht gering. Der VfB hat unter Mislin­tat das Viel­fa­che sei­nes Gehalts an Wert dazu­ge­won­nen.

Aber noch etwas ist viel wich­ti­ger: Ich habe Sven Mislin­tat als Men­schen falsch ein­ge­schätzt. Wir haben damals, lei­der erst nach Ver­öf­fent­li­chung des Arti­kels den Kon­takt zu ihm gesucht und er hat uns gefragt, war­um wir nicht vor­her auf ihn zuge­kom­men sei­en, um die Vor­wür­fe in einem Gespräch zu klä­ren. Ja, war­um eigent­lich nicht? Ganz ehr­lich: Weil ich im Traum nicht dar­an geglaubt hät­te, dass ein Ver­ant­wort­li­cher des VfB in einer so wich­ti­gen Posi­ti­on mit uns reden wür­de. Offen­bar eine Fehl­ein­schät­zung. Er ist offen, kri­tik­fä­hig und hat mich mit sei­ner Per­sön­lich­keit voll­ends über­zeugt. Ihn damals ange­grif­fen zu haben, hat sich als unwahr und vor allem unge­recht­fer­tigt her­aus­ge­stellt. Es war rück­bli­ckend gese­hen ein­deu­tig falsch. Lie­ber Sven Mislin­tat: Das tut mir leid!

Mislintat repräsentiert den VfB fantastisch

Nach­dem sich die Füh­rungs­eta­ge des VfB mitt­ler­wei­le gegen­sei­tig zer­fleischt, bleibt Mislin­tat übrig, um sich vor den Kame­ras zu prä­sen­tie­ren. Er macht das fan­tas­tisch. Ehr­lich. Er macht das unglaub­lich gut. Er trennt das Sport­li­che von der Ver­eins­po­li­tik und beant­wor­tet die sport­li­chen Fra­gen über­zeu­gend. Er lässt sich vor kei­nen Kar­ren span­nen. Er über­zeugt im Dop­pel­pass, wo er eigent­lich wenig zu gewin­nen hat durch einen Auf­tritt. Er über­zeugt durch State­ments, dass er sich dem Ver­ein und sei­nen Spie­lern ver­pflich­tet fühlt.

Mislin­tat hat­te in der Zeit vor dem Arti­kel eini­ge unglück­li­che Aus­sa­gen und es gab Momen­te, die ein Bild geprägt haben, das so wohl nicht rich­tig war. Dass Leon Daja­ku den VfB ver­las­sen hat bei­spiels­wei­se, hät­te man ihm kaum anlas­ten kön­nen. Denn Daja­kus Ent­wick­lung und sein Wech­sel zu Uni­on jetzt sagen mehr über Daja­ku als über Mislin­tat aus. Li Egloff und Luca Mack haben es momen­tan immer noch schwer, sind aber bei­de kein The­ma mehr. Sie ste­hen ab und zu im Kader und sit­zen ab und zu auf der Bank, man kann von Pel­le­gri­no Mat­a­raz­zo aber beim bes­ten Wil­len nicht erwar­ten, das aktu­el­le Mann­schafts­ge­fü­ge zu zer­stö­ren. Die Kri­tik an Kobel wür­de ich zum jet­zi­gen Zeit­punkt auch mal ganz dezent zurück­neh­men. Mislin­tat hat nicht aus dem Geld das er hat­te, wenig gemacht. Er hat eine funk­tio­nie­ren­de, jun­ge Mann­schaft gebaut.

Mit der ich mich übri­gens hun­dert Mal bes­ser iden­ti­fi­zie­ren kann als mit der gesam­ten Füh­rungs­eta­ge. Die Ver­ant­wort­li­chen, die ober­halb von Mislin­tat, machen übri­gens immer noch ihr eige­nes Ding.

Titel­bild: © ima­go

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