Natürlich sollte man über die Entstehung des Elfmeter reden, der dem VfB in letzter Minute noch einen Punkt gegen Gladbach bescherte. Man muss aber vor allem über die ebenbürtige Leistung in 90 Minuten davor sprechen.
Ob Wataru Endo, Sasa Kalajdzic, Nicolás González und Borna Sosa wussten, dass das nächste Tor der VfB das 3000. seiner Bundesliga-Geschichte sein würde, als sie sich mit Tempo durch die Spielhälfte von Borussia Mönchengladbach kombinierten? Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich sahen sie ähnlich wie Marc Kempf, Borna Sosa und Silas Wamangituka bei Tor Nr. 2997 in der Vorwoche einfach die Gelegenheit für das schnelle, schnörkellose Umschaltspiel, das dem VfB bis dahin schon 21 Punkte in 15 Spielen beschert hatte: Pass von Endo, Kalajdzic lässt in bester Wandspieler-Manier auf Gonzalez abtropfen und der spielt raus auf Sosa, bevor er sich auf den Weg in den Strafraum mach, um in Sosas Halbfeldflanke hinein zu hechten und sie zu Tor Nummer 3000 zu veredeln. Von den vielen schönen Spielzüge, die wir in dieser Saison beobachten durften einer der schönsten.
Dem nächsten Gegner von Manchester City ebenbürtig
Dass das Spiel natürlich 2:2 ausging und nicht durch diesen Treffer entschieden wurde, lag daran, dass sich hier zwei Mannschaften auf Augenhöhe begegneten. Was mich wiederum zu der mit einem Augenzwinkern zu verstehenden Überschrift verleitete. Denn auch wenn der VfB in jenem Wettbewerb wahrscheinlich nicht besonders weit käme und die Qualifikation dafür auch völlig unrealistisch ist: Die Borussia, der ebenbürtige Gegner der Brustringträger am Samstagabend, tritt dort im Februar gegen Manchester City an. Und ließ seine Gefährlichkeit und Torgefahr immer mal wieder aufblitzen, zum Beispiel beim 1:2 durch Zakaria, der einfach zu schnell war für Pascal Stenzel. Der VfL brachte sich aber auch, wie die Hausherren in Person von Borna Sosa, durch Bensebaini am Ende um zwei weitere Punkte . Denn unabhängig von der leider mal wieder notwendigen VAR-Diskussion, auf die ich gleich noch komme, war die Grätsche im Strafraum so unnötig wie der Klammergriff.
Abgesehen davon boten sich beide Mannschaften aber ein intensives, ausgeglichenes Spiel welches das Ergebnis komplett rechtfertigte. EIgentlich störte nur Schiedsrichter Felix Brych der wie schon im Pokal gegen Freiburg große Probleme in der Zweikampfbewertung hatte. Und das ist kurz vor Ende der Hinrunde eigentlich eine schöne Erkenntnis: Dass der VfB in dieser Hinrunde bei allem Respekt vor Bielefeld, nur gegen zwei Mannschaften wirklich das Nachsehen hatte: Leipzig aus mannschaftstaktischer Sicht und die Bayern in der individuellen Qualität. Gegen. 14, voraussichtlich 15 andere Bundesliga- Mannschaften agierten die Brustringträger auf der bereits erwähnten Augenhöhe. Was mich zu der Annahme veranlasst, dass wir am Mittwoch in Bielefeld auch ohne die leider gelbgesperrten Gonzalez und Wamangituka eine gute Partie abliefern werden.
Fehler von Brych und Steinhaus
Nun noch zu der Szene, die das gute VfB-Spiel leider erwartbarer Weise medial in den Hintergrund rückte. Ich brauche die Szene hier nicht noch einmal aufdröseln. Nur so viel: Für mich haben sowohl Felix Brych als auch VAR Bibiana Steinhaus in diesem Moment versagt. Wenn Brych die Berührung von Anton nicht wahrnimmt und davon ausgeht, dass Kalajdzic durch Bensebainis Umarmung zu Fall kommt, dann muss er, nach allem, was in dieser Saison schon gepfiffen wurde — und ehrlich gesagt auch wegen Dummheit — Elfmeter pfeifen. Er tat es trotzdem nicht, würde von Steinhaus zum Review gebeten, bekam dort aber auch nicht Anton gezeigt, sondern nur den Gladbacher. In sich soweit korrekt, wenn auch ein Fehler in der Bildauswahl des VAR. Aber wusste die, was Brych auf dem Feld gesehen und bewertet hatte? Hätte er nämlich gesehen, dass Anton und Bensebaini gemeinsam für Kalajdzics Sturz verantwortlich waren, wäre die Entscheidung gegen einen Elfmeter keine der viel-zitierten klaren Fehlentscheidungen gewesen. Dabei will ich es auch belassen. Den Frust der Gäste über das Zustandekommen des Ergebnisses kann ich nachvollziehen, auch wenn die es teilweise selber zu verantworten haben und es den Spielanteilen nach in Ordnung geht.
Damit hat der VfB vor dem Hinrundenfinale einen weiteren Punkt gesammelt und steht mit 22 Punkten aus 16 Spielen im Kampf um den Klassenerhalt ziemlich gut da. Und das ist vielleicht unabhängig vom Elfmeter und dem Spiel, das schönste Ergebnis des Samstagabends.
Titelbild © Wolfgang Frank/Eibner-Pressefoto