“Alle Fans sollten sich mit der Zukunft des Profifußballs beschäftigen”

Auch im neu­en Jahr steht der Fuß­ball und damit auch der VfB vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen. Ron (@Brustring1893), VfB-Fan und Blog­ger- und Pod­cas­ter­kol­le­ge, enga­giert sich seit letz­tem Jahr bei “Zukunft Pro­fi­fuß­ball”. Wir haben mit ihm über die Arbeit in der Fan-Initia­ti­ve gespro­chen.

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Ron und vie­len Dank für Dei­ne Zeit. Du bist ja wie wir Fan des VfB. Wie wür­dest Du Dein Ver­hält­nis zum Pro­fi­fuß­ball beschrei­ben? 

Ron: Dan­ke für die Gele­gen­heit zu die­sem Inter­view! Mein Ver­hält­nis zum Pro­fi­fuß­ball hat sich in den letz­ten Jah­ren deut­lich gewan­delt und im Zuge der Coro­na-beding­ten Ver­än­de­run­gen für die Spiel­zeit im Jahr 2020 (und dar­über hin­aus) noch­mal eine ande­re Qua­li­tät gewon­nen.

Grund­sätz­lich wür­de ich schon sagen, dass mir gewis­se Tra­di­tio­nen im Fuß­ball wich­tig sind, man könn­te viel­leicht auch von “Fuß­ball­ro­man­tik” spre­chen. Dazu gehö­ren zum Bei­spiel eine Aus­ge­gli­chen­heit des Wett­be­werbs, die Ver­bin­dung von Clubs und Fans und  eine gewis­se “Erdig­keit”. Ich brau­che kei­ne Pre-Game und Halb­zeit-Shows in den Sta­di­en, kein Glit­zer und Kon­fet­ti. Ich will Fuß­ball sehen und mich emo­tio­nal ein­brin­gen. Mir per­sön­lich ist die­se Emo­tio­na­li­tät aber zuneh­mend abhan­den gekom­men und ich ärge­re mich immer mehr über die unter­schied­lichs­ten Aspek­te.

Der Pro­fi-Fuß­ball ent­fernt sich für mich immer wei­ter von sei­ner Basis und einem wich­ti­gen Teil der Fans und wird nur noch zu einem markt­wirt­schaft­lich ver­wer­te­ten Pro­dukt. Die Natio­nal­mann­schaft ist zum Bei­spiel für mich schon seit Jah­ren kom­plett unin­ter­es­sant und mein ein­zi­ger Kon­takt ist der Ärger dar­über, dass der VfB wäh­rend der Län­der­spiel­pau­sen nicht spielt. Auch die Geis­ter­spie­le haben nicht dazu bei­getra­gen, den Pro­fi­fuß­ball in einem posi­ti­ve­ren Licht zu sehen, denn für mich sind die­se eigent­lich nur erträg­lich, wenn der VfB spielt und ich noch eine gewis­se emo­tio­na­le Ver­bun­den­heit habe. Ansons­ten nervt es mich nur, Trai­ner und Spie­ler rum­schrei­en zu hören. Die Beschäf­ti­gung mit den The­men über den Sport hin­aus hat mein Ver­hält­nis zum Pro­fi­fuß­ball eben­falls noch­mal ver­än­dert, da der “Blick hin­ter die Kulis­sen” vie­le Din­ge auf­ge­zeigt hat, die drin­gend dis­ku­tiert wer­den müs­sen.

Du bloggst unter Brustring1893 zum VfB, hast aber mit der Nach­spiel­zeit auch einen Pod­cast, in dem es wie Du im Intro sagst, nicht immer ums Sport­li­che geht, aber immer um den VfB und in man­chen Fol­gen dar­über hin­aus. Außer­dem bist Du Mit­glied im FC Play­Fair! und enga­gierst Dich seit letz­tem Jahr bei der Initia­ti­ve Zukunft Pro­fi­fuß­ball. Was ver­bin­det die­se ver­schie­de­nen Pro­jek­te? 

Ganz zu Anfang stand sicher­lich das Bedürf­nis, mich inten­si­ver mit all den Vor­gän­gen beim VfB Stutt­gart aus­ein­an­der­zu­set­zen, die abseits des Rasens statt­fin­den. Der VfB bie­tet da ja seit Jah­ren lei­der genug Stoff, mit dem man sich beschäf­ti­gen kann und muss, auch aktu­ell ist dies ja wie­der der Fall. Die Aus­ein­an­der­set­zung mit den ver­eins­po­li­ti­schen The­men war dann für mich dann auch der Start­punkt, all­ge­mei­ner auf den Fuß­ball in Deutsch­land zu schau­en und sich mit den Ver­hält­nis­sen in ande­ren Ver­ei­nen aber auch in der DFL und dem DFB aus­ein­an­der­zu­set­zen.

Zwei der Aspek­te waren dann die zuneh­men­de Kom­mer­zia­li­sie­rung und die Even­ti­sie­rung des Pro­fi­fuß­balls, die mich haben auf­hor­chen las­sen. Dabei bin ich dann auf den FC Play­Fair! gesto­ßen, mit des­sen Grund­idee ich mich gut iden­ti­fi­zie­ren konn­te und dort eine Mög­lich­keit gese­hen habe, mei­nen klei­nen Anteil dar­an zu leis­ten, gewis­se Ent­wick­lun­gen kri­tisch zu beglei­ten und viel­leicht sogar etwas in eine posi­ti­ve Rich­tung zu ver­än­dern. Als sich im Früh­jahr dann die Initia­ti­ve “Unser Fuß­ball” gegrün­det hat, haben wir vom FC Play­Fair! dann ger­ne zuge­sagt, an den The­men mit­zu­ar­bei­ten.

Dar­aus ist dann eine Grup­pe aus vie­len Men­schen der unter­schied­lichs­ten Orga­ni­sa­tio­nen ent­stan­den, die unter dem Namen “Zukunft Pro­fi­fuß­ball” an vier Kon­zep­ten zu den Schwer­punk­ten gear­bei­tet hat, die auch die DFL für deren “Taskforce Zukunft Pro­fi­fuß­ball” defi­niert hat­te.

Es gibt ja bereits eine Rei­he Fan­bünd­nis­se wie zum Beispiel BAFF, Unser Kur­ve oder F_in. Mit wel­chem Gedan­ken ist Zukunft Pro­fi­fuß­ball ent­stan­den und was sind Eure Zie­le? 

Schon in der Ver­gan­gen­heit gab es ja immer wie­der zu unter­schied­li­chen The­men eine Zusam­men­ar­beit zwi­schen den ver­schie­de­nen Fan­bünd­nis­sen, erin­nert sei hier zum Bei­spiel an die Dis­kus­si­on rund um 50+1. Nach­dem aber die ers­te Initia­ti­ve “Unser Fuß­ball” sehr brei­te Unter­stüt­zung über Fan­or­ga­ni­sa­tio­nen, Fan­clubs und auch Ein­zel­per­so­nen erhal­ten hat, war schnell klar, dass die wei­te­re Arbeit umfas­sen­der ange­legt sein soll­te, um der DFL ent­spre­chend breit getra­ge­ne Kon­zep­te über­ge­ben zu kön­nen. 

Gibt es Über­schnei­dun­gen mit den eben genann­ten und ande­ren Fan­bünd­nis­sen? 


Die in unse­ren Kon­zep­ten auf­ge­schrie­be­nen For­de­run­gen sind ja nicht alle neu, son­dern wer­den durch die Fans schon seit Jah­ren immer wie­der the­ma­ti­siert.


Es gibt in den Bünd­nis­sen, die Du genannt hast (und dar­über hin­aus) sehr vie­le Men­schen, die sich schon in der Ver­gan­gen­heit inten­siv mit ein­zel­nen Aspek­ten beschäf­tigt haben und die in den Arbeits­grup­pen dann sehr wert­vol­len Input lie­fern konn­ten und nun teil­wei­se auch in der Taskforce sit­zen. Die in unse­ren Kon­zep­ten auf­ge­schrie­be­nen For­de­run­gen sind ja nicht alle neu, son­dern wer­den durch die Fans schon seit Jah­ren immer wie­der the­ma­ti­siert. Sei es durch Ban­ner im Sta­di­on oder auch schon in frü­he­ren Gesprächs­run­den.

War­um ist es Dei­ner Mei­nung nach wich­tig, dass sich Fans mit der Zukunft des Pro­fi­fuß­balls beschäf­ti­gen? 

Zunächst muss ich sagen, dass ich es tat­säch­lich sehr wich­tig fin­de, dass sich ALLE Fans mit der Zukunft des Pro­fi­fuß­balls beschäf­ti­gen. Und damit mei­ne ich sowohl die Men­schen, die ein­fach nur einen Lieb­lings­ver­ein haben und ger­ne ab und zu mal ins Sta­di­on gehen als auch die­je­ni­gen, die sich inten­siv mit die­sem Sport und den zuge­hö­ri­gen Prot­ago­nis­ten aus­ein­an­der­set­zen. Sicher­lich wird eine Beschäf­ti­gung mit den The­men unter­schied­lich tief sein, aber es soll­te sich jeder eine infor­mier­te Mei­nung dazu bil­den, wie der Fuß­ball in Zukunft aus­se­hen soll. Natür­lich muss man damit leben, dass die Vor­stel­lun­gen aus­ein­an­der­ge­hen wer­den und unter­schied­li­che Grup­pen ande­re Schwer­punk­te legen. Ich bin aber der Mei­nung, dass selbst unter denen, die sich nur ober­fläch­lich mit die­sen Aspek­ten beschäf­ti­gen, trotz­dem der Wunsch da ist, dass auch der Pro­fi­fuß­ball etwas von sei­ner Ursprüng­lich­keit behält. Ich glau­be auch wei­ter­hin, dass dies trotz der Tat­sa­che, dass der Pro­fi­fuß­ball mitt­ler­wei­le ein zuneh­mend pro­fes­sio­na­li­sier­ter Wirt­schafts­zweig ist, mög­lich ist. Eini­ge Wege dahin haben wir in unse­ren Kon­zep­ten auf­ge­zeigt.

Du sprichst es an: Im ver­gan­ge­nen Jahr ver­öf­fent­lich­ten vier Arbeits­grup­pen ihre Posi­ti­ons­pa­pie­re: “Fuß­ball als Publi­kums­port”, “Inte­gri­tät des Wett­be­werbs”, “Gesell­schaft­li­che Ver­ant­wor­tung” und zu guter Letzt “Ver­ei­ne als demo­kra­ti­sche Basis”, an dem Du auch mit­ge­ar­bei­tet hast. Wel­chen Zweck erfül­len die­se Posi­ti­ons­pa­pie­re und was hat dich moti­viert, dich mit dem The­ma Dei­ner Arbeits­grup­pe zu beschäf­ti­gen? 

Die­se Kon­zep­te haben sicher­lich zwei gro­ße Hin­ter­grün­de: Zuerst konn­ten durch die brei­te Zusam­men­ar­beit noch­mal ganz aktu­ell Posi­tio­nen erar­bei­tet wer­den, die von einer Viel­zahl von Fans und Fan­or­ga­ni­sa­tio­nen getra­gen wer­den kön­nen. Ich will hier nicht vom kleins­ten gemein­sa­men Nen­ner spre­chen, denn das wür­de der Sache abso­lut nicht gerecht wer­den und passt auch inhalt­lich viel­leicht nicht ganz, aber so etwa in die Rich­tung kann man sich das vor­stel­len.

Der zwei­te Aspekt ist dazu dann die Vor­be­rei­tung auf die Taskforce-Gesprä­che bei der DFL. Die Papie­re unter­stüt­zen nicht nur die­je­ni­gen, die in den Run­den sit­zen, son­dern gaben auch allen ande­ren Teilnehmer*innen die Mög­lich­keit, sich schon im Vor­aus mit unse­ren For­de­run­gen und Ansät­zen zu beschäf­ti­gen. Somit sind wir nicht nur dem Gebot der Trans­pa­renz gefolgt, son­dern haben auch die grund­sätz­li­che Mög­lich­keit geschaf­fen, die Gesprä­che in der Taskforce durch die Vor­be­rei­tung noch ziel­ge­rich­te­ter durch­zu­füh­ren.

Für mich als Mit­glied des VfB war es sehr nahe­lie­gend, mich bei dem The­ma zu den Ver­eins­struk­tu­ren und der Mög­lich­keit der Mit­be­stim­mung durch Fans und Mit­glie­der ein­zu­brin­gen. Die Aus­glie­de­rung hat uns damals ja eini­ge Ver­än­de­rung beschert, die schon damals kri­tisch zu sehen war und aus heu­ti­ger Sicht ein­fach kata­stro­phal sind. Wir haben ja nun ganz aktu­ell die The­ma­tik rund um die nächs­te Präsident*innen-Wahl und das Sze­na­rio, dass eine Per­son alle wich­ti­gen Ämter in e.V. und AG auf sich ver­ei­nen will. Solch eine Ämter­häu­fung ist in mei­nen Augen nicht nur zutiefst unde­mo­kra­tisch, son­dern hat auch das Poten­zi­al, Rege­lun­gen wie 50+1 aus­zu­höh­len. Immer­hin wird mir auch die Arbeit im ver­gan­ge­nen Som­mer nun hel­fen, den Pro­zess beim VfB sehr auf­merk­sam und kri­tisch zu beglei­ten.

Es gibt auch einen Pod­cast namens “Zukunft Pro­fi­fuß­ball” in dem man vie­le aus der Fuß­ball-Pod­cast-Welt bekann­te Stim­men hört, die zum Bei­spiel über die Posi­ti­ons­pa­pie­re, die Ver­tei­lung der Fern­seh­gel­der oder Fan­ar­beit aus prak­ti­scher und wis­sen­schaft­li­cher Per­spek­ti­ve reden. Das Medi­um Pod­cast ist Dir ja gut ver­traut, war­um habt Ihr Euch dafür ent­schie­den, Eure Inhal­te auch auf die­sem Wege Wege zu trans­por­tie­ren? 

Uns war es von Anfang an sehr wich­tig, den gesam­ten Pro­zess so trans­pa­rent wie mög­lich zu gestal­ten. Des­we­gen haben wir eine Web­site mit allen wich­ti­gen Infor­ma­tio­nen auf­ge­setzt und dazu eben auch den “Zukunft Profifußball”-Podcasts ins Leben geru­fen. Ein Pod­cast bie­tet eben als For­mat die Mög­lich­keit, die ein­zel­nen Aspek­te noch­mal ganz anders auf­zu­be­rei­ten und auch her­aus­zu­ar­bei­ten, als es dies zum Bei­spiel in rei­ner Schrift­form mög­lich ist. Dazu kön­nen wir damit auch die Men­schen errei­chen, die zum Bei­spiel eben lie­ber etwas anhö­ren und kei­ne sei­ten­lan­ge Kon­zep­te wäl­zen wol­len. Ich per­sön­lich fin­de es dazu auch sehr gut, dass die Men­schen, die sehr viel über den Som­mer gear­bei­tet haben und nun teil­wei­se auch in der Taskforce mit am Tisch sit­zen, zumin­dest durch ihre Stim­men etwas greif­ba­rer wer­den. Dazu bie­tet uns die­se For­mat auch die Mög­lich­keit, aktu­el­le Ent­wick­lun­gen zu berück­sich­ti­gen und die­se ein­zu­ord­nen.

In den letz­ten Fol­gen ging es auch um die die Sit­zun­gen der gleich­na­mi­gen Taskforce der DFL, in der neben Ver­tre­te­rIn­nen des Fuß­balls auch Fans sit­zen. Wie bewer­test Du die­se Taskforce?

Ich selbst neh­me ja nicht an die­sen Gesprächs­run­den teil und kann daher nur einen Blick von außen auf die­ses For­mat wer­fen, auch wenn wir uns natür­lich über die Gesprä­che und Fort­schrit­te ganz all­ge­mein inner­halb der Grup­pe aus­tau­schen. Grund­sätz­lich habe ich die Ein­rich­tung der Taskforce begrüßt und fin­de es auch gut, dass die ver­schie­de­nen Run­den sehr divers besetzt sind und dort Men­schen zusam­men­kom­men, die sehr unter­schied­li­che Hin­ter­grün­de und auch Inter­es­sen­la­gen haben.

Zu Beginn von Coro­na hat sich die DFL ja ganz klar dazu geäu­ßert, dass es im Pro­fi-Fuß­ball in Deutsch­land kein “wei­ter so” mehr geben kann, da die Pan­de­mie bei vie­len Clubs die vor­han­de­nen Defi­zi­te deut­lich auf­ge­zeigt hat und klar war, dass vor allem in wirt­schaft­li­cher Hin­sicht in den ver­gan­ge­nen Jah­ren viel schief­ge­lau­fen ist. Man sprach damals von Sei­ten der DFL von “Demut” und davon, dass man den Pro­fi-Fuß­ball zukunfts­fä­hig wei­ter­ent­wi­ckeln müs­se. Dies soll nun u.a. im Rah­men der Taskforce gesche­hen, wo Vor­schlä­ge erar­bei­tet wer­den, die dann vom Prä­si­di­um der DFL geprüft und schluss­end­lich den 36 Mit­glie­dern (den Ver­ei­nen der 1. und 2. Bun­des­li­ga) vor­ge­legt wer­den. Zum aktu­el­len Zeit­punkt wis­sen wir natür­lich noch nicht, wie die­ser Pro­zess dann lau­fen wird und wel­che Beschlüs­se dann am Ende gefasst wer­den. Daher ist eine abschlie­ßen­de Bewer­tung noch nicht mög­lich.

Ich habe Dich ein­gangs gefragt, wie Dein Ver­hält­nis zum Pro­fi­fuß­ball ist, die Initia­ti­ve trägt ja nicht umsonst den Namen Zukunft. Wel­che The­men ste­hen in 2021 an und siehst Du Anzei­chen dafür, dass sich im Pro­fi­fuß­ball etwas ändern wird im Ver­gleich zum Sta­tus Quo vor Coro­na?

In die­sem Jahr steht erst mal der Abschluss der Gespräch in der DFL Taskforce an, dann müs­sen wir abwar­ten, was das Prä­si­di­um und die Ver­ei­ne dar­aus machen. Im Anschluss geht es dann aber an die Imple­men­tie­rung der Beschlüs­se und auch da wer­den wir von Zukunft Pro­fi­fuß­ball sehr genau drauf­schau­en und den Pro­zess so eng wie mög­lich beglei­ten.


Die neue Ver­tei­lung der TV-Gel­der ist in ihrer Aus­ge­stal­tung rei­ne Augen­wi­sche­rei.


In Bezug auf mög­li­che Ver­än­de­run­gen bin ich aktu­ell nur sehr vor­sich­tig opti­mis­tisch, weil wir schlicht und ein­fach noch nicht die Ergeb­nis­se ken­nen. Auch wür­de ich den tat­säch­li­chen Reform­wil­len der DFL eher als gering ein­schät­zen, auch das lässt mich nicht gera­de hoff­nungs­voll in die Zukunft schau­en. Dazu kommt, dass wir viel­leicht in die­sem Jahr auch noch gar nicht in die Pha­se nach Coro­na kom­men wer­den. Bis die Sta­di­en wie­der gefüllt sind kann es noch Mona­te dau­ern, viel­leicht ja auch erst 2022. Und solan­ge dies der Fall ist, wer­de auch die Ver­ei­ne und Ver­bän­de im Kri­sen­mo­dus arbei­ten müs­sen. Die Ände­run­gen sind damit also viel­leicht noch in fer­ner Zukunft.

Ein aktu­el­les The­ma im Pro­fi­fuß­ball und damit auch Gegen­stand Eurer Arbeit ist die Ver­tei­lung der Fern­seh­gel­der. Wie siehst Du die kürz­lich beschlos­se­ne Ver­tei­lung ab der Sai­son 2021/22 und, wir sind ja ein VfB-Blog, wel­che Aus­wir­kun­gen hat die Ver­tei­lung auf den VfB? 

Um es auf den Punkt zu brin­gen: Die neue Ver­tei­lung der TV-Gel­der ist in ihrer Aus­ge­stal­tung rei­ne Augen­wi­sche­rei. Es wird die Metho­dik etwas geän­dert und gut klin­gen­de neue Säu­len ein­ge­führt, letzt­end­lich wird man aber nach zwei Jah­ren von den Zah­len her wie­der beim Sta­tus Quo ange­kom­men sein. In den kom­men­den zwei Jah­ren wer­den Ver­ei­ne wie Bay­ern Mün­chen oder der BVB einen klei­nen Soli-Bei­trag leis­ten, danach ist das dann aber wie­der Geschich­te. Und ganz neben­bei: Wir spre­chen zum Bei­spiel bei den Bay­ern von einem Betrag von lächer­li­chen 2 (!) Mio. Euro. Soli­da­ri­tät gibt es also unter den Ver­ei­nen nicht wirk­lich oder wie es Joa­chim Watz­ke sagt: “Soli­da­ri­tät muss am Ende eines Pro­zes­ses ste­hen und nicht am Anfang”. Eine Aus­sa­ge, die mich fas­sungs­los zurück­lässt …

Der VfB wird also wei­ter­hin nicht dar­auf set­zen kön­nen, von einer neu­en Ver­tei­lung der TV-Gel­der signi­fi­kant pro­fi­tie­ren zu kön­nen und muss schau­en, dass wie bis­her auch schon die sport­li­chen Ergeb­nis­se stim­men um ent­spre­chend grö­ße­re Antei­le zu bekom­men. Ganz kon­kret: Dau­er­haf­ter Ver­bleib in der 1. Bun­des­li­ga und mit­tel­fris­tig wie­der die regel­mä­ßi­ge Teil­nah­me am inter­na­tio­na­len Geschäft.

Als Teil des Sys­tems Pro­fi­fuß­ball betref­fen Eure For­de­run­gen natür­lich auch den VfB. Wel­che Mög­lich­kei­ten hat unser Ver­ein, um die Zukunft des Pro­fi­fuß­ball nach Euren Vor­stel­lun­gen zu gestal­ten, wo sind ihm die Hän­de gebun­den? 

Für mich ist ein wesent­li­cher Punkt, dass der VfB eine Fan- und Mit­glie­der­ab­tei­lung erhält, die Inter­es­sen bün­deln und die­se dann auch inner­halb des Ver­eins und idea­ler­wei­se auch der AG (zum Bei­spiel über einen Sitz im Auf­sichts­rat) ver­tre­ten kann. Claus Vogt hat dies ja als eines sei­ner Pro­jek­te auf die Agen­da gesetzt, hier soll­te sich nun aber auch in den nächs­ten Mona­ten kon­kret etwas tun. Dar­über hin­aus gibt es natür­lich auch Ansät­ze, wie der VfB inner­halb der Ver­bän­de und Ver­ei­ne für The­men ein­tre­ten kann, die wir in den Kon­zep­ten aus­ge­ar­bei­tet haben.


Für mich ist ein wesent­li­cher Punkt, dass der VfB eine Fan- und Mit­glie­der­ab­tei­lung erhält. 


Aller­dings haben wir bei der Ver­tei­lung der TV-Gel­der ja schon gese­hen, wie es da den Clubs ergan­gen ist, die sich erdreis­tet haben einen Vor­schlag zu machen, der vom Gus­to eine Herrn Rum­me­nig­ge abweicht. Daher sehe ich die Mög­lich­kei­ten nach außen hin eher skep­tisch und set­ze zunächst mehr auf die Din­ge, die man im Innen­ver­hält­nis ver­än­dern und ver­bes­sern kann bzw. muss.

Gera­de Dein Arbeits­grup­pen-The­ma “Ver­ei­ne als demo­kra­ti­sche Basis” ist, wie Du schon sag­test, aus VfB-Sicht beson­ders inter­es­sant, schließ­lich haben wir VfB-Mit­glie­der im kom­men­den Jahr die Auf­ga­be einen neu­en Prä­si­den­ten und even­tu­ell einen neu­en Ver­eins­bei­rat zu wäh­len. Wie blickst Du auf die aktu­el­le ver­eins­po­li­ti­sche Lage beim VfB?

Ich den­ke, dass es an nie­man­dem vor­bei­ge­gan­gen sein soll­te, dass es aktu­ell im Vor­feld der anste­hen­den Präsident*innen-Wahl wie­der sehr vie­le Dis­kus­sio­nen gibt. Die Ursa­chen hier­für mögen bei den Akteu­ren auf per­sön­li­cher Ebe­ne lie­gen, sind zu einem gewis­sen Maße aber auch die Fol­ge der Ver­än­de­run­gen, die wir uns mit der Aus­glie­de­rung ein­ge­han­delt haben. So wur­den die Ein­fluss­mög­lich­kei­ten der/des von den Mit­glie­dern gewähl­ten Präsident*in stark ein­ge­schränkt (man hat es wohl nur Herrn Diet­rich durch­ge­hen las­sen, sich über­haupt ein­zu­mi­schen), die Orga­ne der AG sind der Kon­trol­le der Mit­glie­der kom­plett ent­zo­gen (jeder Vor­stand kann also nach Belie­ben vor sich hin­wer­keln) und mit dem Ver­eins­bei­rat hat man ein Gre­mi­um, dass zwar die Inter­es­sen der Mit­glie­der ver­tre­ten soll (so wur­de es uns zumin­dest damals ver­kauft), des­sen Moti­va­tio­nen zum Bei­spiel bei der Nomi­nie­rung der Kandidat*innen für das Amt der/des Präsident*in aber nicht wirk­lich offen lie­gen. Dazu kommt dann noch eine Sat­zung, die wirk­lich sehr, sehr drin­gend über­ar­bei­tet wer­den muss.

Und so haben wir aktu­ell die Situa­ti­on, dass es sport­lich ja wirk­lich zufrie­den­stel­lend läuft, es aber abseits des Rasens mal wie­der hoch her­geht. Es sind zu die­sem The­men­kom­plex ja schon eini­ge Tex­te in unse­ren Blogs erschie­nen, die es sich auf jeden Fall anzu­schau­en lohnt.

Um aber noch­mal auf unser Kon­zept von “Zukunft Pro­fi­fuß­ball” zu kom­men: In unse­rer Arbeits­grup­pe war eines der wich­tigs­ten The­men die Teil­ha­be von Mit­glie­dern und Fans an “ihrem” Ver­ein. Die Mög­lich­keit bei gewis­sen The­men nicht nur ange­hört zu wer­den son­dern auch mit­spre­chen zu kön­nen. Es ist klar, dass die Mit­glie­der nicht in das ope­ra­ti­ve Geschäft ein­grei­fen sol­len und zum Bei­spiel den nächs­ten Trai­ner bestim­men, aber es gibt genug The­men, wo die Inter­es­sen der Mit­glie­der von gro­ßer Bedeu­tung sind. Beim VfB ist hier­für die Gestal­tung der Cannstat­ter Kur­ve im Zuge des Umbaus ein her­vor­ra­gen­des Bei­spiel, die in Zusam­men­ar­beit mit der orga­ni­sier­ten Fan­sze­ne umge­setzt wur­de und zur Zufrie­den­heit aller bei­getra­gen hat.

Ganz all­ge­mein gespro­chen gibt es heu­te lei­der in Deutsch­land noch kei­ne Fest­le­gung, wie die Mit­glie­der & Fans denn genau invol­viert wer­den sol­len. Man hat zwar fest­ge­schrie­ben, dass ein Aus­tausch statt­fin­den soll, aber die Form des­sen ist jedem Club frei über­las­sen. Und so gibt es Ver­ei­ne mit eige­nen, gut eta­blier­ten Mit­glie­der-Abtei­lun­gen und Ver­ei­ne, bei denen man sich halt mal zum unver­bind­li­chen Gespräch trifft. Die­ses Defi­zit muss unse­rer Mei­nung nach struk­tu­rell ange­gan­gen wer­den, damit ver­bind­li­che Mög­lich­kei­ten geschaf­fen wer­den, wie die Mitglieder/Fans am Ver­ein teil­ha­ben kön­nen. Denk­bar wäre zum Bei­spiel, dies in den Kri­te­ri­en für die Lizen­zie­rung durch die DFL fest­zu­schrei­ben. Auch Ver­bän­de wie der DFB bekla­gen zum Bei­spiel, dass es kei­ne Ansprech­part­ner der Fans aus eta­blier­ten Struk­tu­ren gibt und so die Zusam­men­ar­beit sehr schwer sei. Die­se Aus­sa­ge ist zwar mei­ner Mei­nung nach falsch, denn Fan­bünd­nis­se gibt es ja durch­aus schon seit eini­ger Zeit, aber auch hier kann man die­ses Argu­ment noch ein­deu­ti­ger ent­kräf­ten, in dem man eben die Fan- und Mit­glie­der-Betei­li­gung fest­schreibt.

Im Rah­men des Kon­zep­tes haben wir uns aber auch noch mit ande­ren Aspek­ten beschäf­tigt (z.B. Auf­ga­ben der Ver­ei­ne für einen demo­kra­ti­schen Dis­kurs oder 50+1). Daher wür­de ich den Leser*innen ger­ne emp­feh­len, sich mal die Zeit zu neh­men und den Text genau­er durch­zu­le­sen. Man fin­det die­sen, wie alle Kon­zep­te, in einer Kurz- und einer Lang­fas­sung auf der Web­site.

Ron, vie­len Dank für das Gespräch. Zum Abschluss für die­je­ni­gen, die durch die­ses Inter­view auf Dei­ne Arbeit auf­merk­sam gewor­den sind: Wie kann man sich bei Zukunft Pro­fi­fuß­ball ein­brin­gen? 

Am ein­fachs­ten ist es auf die Web­site unter www.zukunft-profifussball.de zu gehen. Dort gibt es alle Infor­ma­tio­nen und auch eine Kon­takt­mög­lich­keit.

Vie­len Dank für die Mög­lich­keit, etwas über die mei­ner Mei­nung nach sehr wich­ti­ge und fun­dier­te Arbeit der Fans berich­ten zu kön­nen.


Zum Wei­ter­hö­ren: Ron war in Fol­ge 3 der (eng­lisch­spra­chi­gen) Pod­cast-Mini­se­rie von SD Euro­pe zu hören, einer Orga­ni­sa­ti­on, die die Mit­be­stim­mung von Fans in Euro­pa stär­ken will

Titel­bild: © Ron Merz / Zukunft Pro­fi­fuß­ball 

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