Auch im neuen Jahr steht der Fußball und damit auch der VfB vor großen Herausforderungen. Ron (@Brustring1893), VfB-Fan und Blogger- und Podcasterkollege, engagiert sich seit letztem Jahr bei “Zukunft Profifußball”. Wir haben mit ihm über die Arbeit in der Fan-Initiative gesprochen.
Rund um den Brustring: Hallo Ron und vielen Dank für Deine Zeit. Du bist ja wie wir Fan des VfB. Wie würdest Du Dein Verhältnis zum Profifußball beschreiben?
Ron: Danke für die Gelegenheit zu diesem Interview! Mein Verhältnis zum Profifußball hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt und im Zuge der Corona-bedingten Veränderungen für die Spielzeit im Jahr 2020 (und darüber hinaus) nochmal eine andere Qualität gewonnen.
Grundsätzlich würde ich schon sagen, dass mir gewisse Traditionen im Fußball wichtig sind, man könnte vielleicht auch von “Fußballromantik” sprechen. Dazu gehören zum Beispiel eine Ausgeglichenheit des Wettbewerbs, die Verbindung von Clubs und Fans und eine gewisse “Erdigkeit”. Ich brauche keine Pre-Game und Halbzeit-Shows in den Stadien, kein Glitzer und Konfetti. Ich will Fußball sehen und mich emotional einbringen. Mir persönlich ist diese Emotionalität aber zunehmend abhanden gekommen und ich ärgere mich immer mehr über die unterschiedlichsten Aspekte.
Der Profi-Fußball entfernt sich für mich immer weiter von seiner Basis und einem wichtigen Teil der Fans und wird nur noch zu einem marktwirtschaftlich verwerteten Produkt. Die Nationalmannschaft ist zum Beispiel für mich schon seit Jahren komplett uninteressant und mein einziger Kontakt ist der Ärger darüber, dass der VfB während der Länderspielpausen nicht spielt. Auch die Geisterspiele haben nicht dazu beigetragen, den Profifußball in einem positiveren Licht zu sehen, denn für mich sind diese eigentlich nur erträglich, wenn der VfB spielt und ich noch eine gewisse emotionale Verbundenheit habe. Ansonsten nervt es mich nur, Trainer und Spieler rumschreien zu hören. Die Beschäftigung mit den Themen über den Sport hinaus hat mein Verhältnis zum Profifußball ebenfalls nochmal verändert, da der “Blick hinter die Kulissen” viele Dinge aufgezeigt hat, die dringend diskutiert werden müssen.
Du bloggst unter Brustring1893 zum VfB, hast aber mit der Nachspielzeit auch einen Podcast, in dem es wie Du im Intro sagst, nicht immer ums Sportliche geht, aber immer um den VfB und in manchen Folgen darüber hinaus. Außerdem bist Du Mitglied im FC PlayFair! und engagierst Dich seit letztem Jahr bei der Initiative Zukunft Profifußball. Was verbindet diese verschiedenen Projekte?
Ganz zu Anfang stand sicherlich das Bedürfnis, mich intensiver mit all den Vorgängen beim VfB Stuttgart auseinanderzusetzen, die abseits des Rasens stattfinden. Der VfB bietet da ja seit Jahren leider genug Stoff, mit dem man sich beschäftigen kann und muss, auch aktuell ist dies ja wieder der Fall. Die Auseinandersetzung mit den vereinspolitischen Themen war dann für mich dann auch der Startpunkt, allgemeiner auf den Fußball in Deutschland zu schauen und sich mit den Verhältnissen in anderen Vereinen aber auch in der DFL und dem DFB auseinanderzusetzen.
Zwei der Aspekte waren dann die zunehmende Kommerzialisierung und die Eventisierung des Profifußballs, die mich haben aufhorchen lassen. Dabei bin ich dann auf den FC PlayFair! gestoßen, mit dessen Grundidee ich mich gut identifizieren konnte und dort eine Möglichkeit gesehen habe, meinen kleinen Anteil daran zu leisten, gewisse Entwicklungen kritisch zu begleiten und vielleicht sogar etwas in eine positive Richtung zu verändern. Als sich im Frühjahr dann die Initiative “Unser Fußball” gegründet hat, haben wir vom FC PlayFair! dann gerne zugesagt, an den Themen mitzuarbeiten.
Daraus ist dann eine Gruppe aus vielen Menschen der unterschiedlichsten Organisationen entstanden, die unter dem Namen “Zukunft Profifußball” an vier Konzepten zu den Schwerpunkten gearbeitet hat, die auch die DFL für deren “Taskforce Zukunft Profifußball” definiert hatte.
Es gibt ja bereits eine Reihe Fanbündnisse wie zum Beispiel BAFF, Unser Kurve oder F_in. Mit welchem Gedanken ist Zukunft Profifußball entstanden und was sind Eure Ziele?
Schon in der Vergangenheit gab es ja immer wieder zu unterschiedlichen Themen eine Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fanbündnissen, erinnert sei hier zum Beispiel an die Diskussion rund um 50+1. Nachdem aber die erste Initiative “Unser Fußball” sehr breite Unterstützung über Fanorganisationen, Fanclubs und auch Einzelpersonen erhalten hat, war schnell klar, dass die weitere Arbeit umfassender angelegt sein sollte, um der DFL entsprechend breit getragene Konzepte übergeben zu können.
Gibt es Überschneidungen mit den eben genannten und anderen Fanbündnissen?
Die in unseren Konzepten aufgeschriebenen Forderungen sind ja nicht alle neu, sondern werden durch die Fans schon seit Jahren immer wieder thematisiert.
Es gibt in den Bündnissen, die Du genannt hast (und darüber hinaus) sehr viele Menschen, die sich schon in der Vergangenheit intensiv mit einzelnen Aspekten beschäftigt haben und die in den Arbeitsgruppen dann sehr wertvollen Input liefern konnten und nun teilweise auch in der Taskforce sitzen. Die in unseren Konzepten aufgeschriebenen Forderungen sind ja nicht alle neu, sondern werden durch die Fans schon seit Jahren immer wieder thematisiert. Sei es durch Banner im Stadion oder auch schon in früheren Gesprächsrunden.
Warum ist es Deiner Meinung nach wichtig, dass sich Fans mit der Zukunft des Profifußballs beschäftigen?
Zunächst muss ich sagen, dass ich es tatsächlich sehr wichtig finde, dass sich ALLE Fans mit der Zukunft des Profifußballs beschäftigen. Und damit meine ich sowohl die Menschen, die einfach nur einen Lieblingsverein haben und gerne ab und zu mal ins Stadion gehen als auch diejenigen, die sich intensiv mit diesem Sport und den zugehörigen Protagonisten auseinandersetzen. Sicherlich wird eine Beschäftigung mit den Themen unterschiedlich tief sein, aber es sollte sich jeder eine informierte Meinung dazu bilden, wie der Fußball in Zukunft aussehen soll. Natürlich muss man damit leben, dass die Vorstellungen auseinandergehen werden und unterschiedliche Gruppen andere Schwerpunkte legen. Ich bin aber der Meinung, dass selbst unter denen, die sich nur oberflächlich mit diesen Aspekten beschäftigen, trotzdem der Wunsch da ist, dass auch der Profifußball etwas von seiner Ursprünglichkeit behält. Ich glaube auch weiterhin, dass dies trotz der Tatsache, dass der Profifußball mittlerweile ein zunehmend professionalisierter Wirtschaftszweig ist, möglich ist. Einige Wege dahin haben wir in unseren Konzepten aufgezeigt.
Du sprichst es an: Im vergangenen Jahr veröffentlichten vier Arbeitsgruppen ihre Positionspapiere: “Fußball als Publikumsport”, “Integrität des Wettbewerbs”, “Gesellschaftliche Verantwortung” und zu guter Letzt “Vereine als demokratische Basis”, an dem Du auch mitgearbeitet hast. Welchen Zweck erfüllen diese Positionspapiere und was hat dich motiviert, dich mit dem Thema Deiner Arbeitsgruppe zu beschäftigen?
Diese Konzepte haben sicherlich zwei große Hintergründe: Zuerst konnten durch die breite Zusammenarbeit nochmal ganz aktuell Positionen erarbeitet werden, die von einer Vielzahl von Fans und Fanorganisationen getragen werden können. Ich will hier nicht vom kleinsten gemeinsamen Nenner sprechen, denn das würde der Sache absolut nicht gerecht werden und passt auch inhaltlich vielleicht nicht ganz, aber so etwa in die Richtung kann man sich das vorstellen.
Der zweite Aspekt ist dazu dann die Vorbereitung auf die Taskforce-Gespräche bei der DFL. Die Papiere unterstützen nicht nur diejenigen, die in den Runden sitzen, sondern gaben auch allen anderen Teilnehmer*innen die Möglichkeit, sich schon im Voraus mit unseren Forderungen und Ansätzen zu beschäftigen. Somit sind wir nicht nur dem Gebot der Transparenz gefolgt, sondern haben auch die grundsätzliche Möglichkeit geschaffen, die Gespräche in der Taskforce durch die Vorbereitung noch zielgerichteter durchzuführen.
Für mich als Mitglied des VfB war es sehr naheliegend, mich bei dem Thema zu den Vereinsstrukturen und der Möglichkeit der Mitbestimmung durch Fans und Mitglieder einzubringen. Die Ausgliederung hat uns damals ja einige Veränderung beschert, die schon damals kritisch zu sehen war und aus heutiger Sicht einfach katastrophal sind. Wir haben ja nun ganz aktuell die Thematik rund um die nächste Präsident*innen-Wahl und das Szenario, dass eine Person alle wichtigen Ämter in e.V. und AG auf sich vereinen will. Solch eine Ämterhäufung ist in meinen Augen nicht nur zutiefst undemokratisch, sondern hat auch das Potenzial, Regelungen wie 50+1 auszuhöhlen. Immerhin wird mir auch die Arbeit im vergangenen Sommer nun helfen, den Prozess beim VfB sehr aufmerksam und kritisch zu begleiten.
Es gibt auch einen Podcast namens “Zukunft Profifußball” in dem man viele aus der Fußball-Podcast-Welt bekannte Stimmen hört, die zum Beispiel über die Positionspapiere, die Verteilung der Fernsehgelder oder Fanarbeit aus praktischer und wissenschaftlicher Perspektive reden. Das Medium Podcast ist Dir ja gut vertraut, warum habt Ihr Euch dafür entschieden, Eure Inhalte auch auf diesem Wege Wege zu transportieren?
Uns war es von Anfang an sehr wichtig, den gesamten Prozess so transparent wie möglich zu gestalten. Deswegen haben wir eine Website mit allen wichtigen Informationen aufgesetzt und dazu eben auch den “Zukunft Profifußball”-Podcasts ins Leben gerufen. Ein Podcast bietet eben als Format die Möglichkeit, die einzelnen Aspekte nochmal ganz anders aufzubereiten und auch herauszuarbeiten, als es dies zum Beispiel in reiner Schriftform möglich ist. Dazu können wir damit auch die Menschen erreichen, die zum Beispiel eben lieber etwas anhören und keine seitenlange Konzepte wälzen wollen. Ich persönlich finde es dazu auch sehr gut, dass die Menschen, die sehr viel über den Sommer gearbeitet haben und nun teilweise auch in der Taskforce mit am Tisch sitzen, zumindest durch ihre Stimmen etwas greifbarer werden. Dazu bietet uns diese Format auch die Möglichkeit, aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen und diese einzuordnen.
In den letzten Folgen ging es auch um die die Sitzungen der gleichnamigen Taskforce der DFL, in der neben VertreterInnen des Fußballs auch Fans sitzen. Wie bewertest Du diese Taskforce?
Ich selbst nehme ja nicht an diesen Gesprächsrunden teil und kann daher nur einen Blick von außen auf dieses Format werfen, auch wenn wir uns natürlich über die Gespräche und Fortschritte ganz allgemein innerhalb der Gruppe austauschen. Grundsätzlich habe ich die Einrichtung der Taskforce begrüßt und finde es auch gut, dass die verschiedenen Runden sehr divers besetzt sind und dort Menschen zusammenkommen, die sehr unterschiedliche Hintergründe und auch Interessenlagen haben.
Zu Beginn von Corona hat sich die DFL ja ganz klar dazu geäußert, dass es im Profi-Fußball in Deutschland kein “weiter so” mehr geben kann, da die Pandemie bei vielen Clubs die vorhandenen Defizite deutlich aufgezeigt hat und klar war, dass vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht in den vergangenen Jahren viel schiefgelaufen ist. Man sprach damals von Seiten der DFL von “Demut” und davon, dass man den Profi-Fußball zukunftsfähig weiterentwickeln müsse. Dies soll nun u.a. im Rahmen der Taskforce geschehen, wo Vorschläge erarbeitet werden, die dann vom Präsidium der DFL geprüft und schlussendlich den 36 Mitgliedern (den Vereinen der 1. und 2. Bundesliga) vorgelegt werden. Zum aktuellen Zeitpunkt wissen wir natürlich noch nicht, wie dieser Prozess dann laufen wird und welche Beschlüsse dann am Ende gefasst werden. Daher ist eine abschließende Bewertung noch nicht möglich.
Ich habe Dich eingangs gefragt, wie Dein Verhältnis zum Profifußball ist, die Initiative trägt ja nicht umsonst den Namen Zukunft. Welche Themen stehen in 2021 an und siehst Du Anzeichen dafür, dass sich im Profifußball etwas ändern wird im Vergleich zum Status Quo vor Corona?
In diesem Jahr steht erst mal der Abschluss der Gespräch in der DFL Taskforce an, dann müssen wir abwarten, was das Präsidium und die Vereine daraus machen. Im Anschluss geht es dann aber an die Implementierung der Beschlüsse und auch da werden wir von Zukunft Profifußball sehr genau draufschauen und den Prozess so eng wie möglich begleiten.
Die neue Verteilung der TV-Gelder ist in ihrer Ausgestaltung reine Augenwischerei.
In Bezug auf mögliche Veränderungen bin ich aktuell nur sehr vorsichtig optimistisch, weil wir schlicht und einfach noch nicht die Ergebnisse kennen. Auch würde ich den tatsächlichen Reformwillen der DFL eher als gering einschätzen, auch das lässt mich nicht gerade hoffnungsvoll in die Zukunft schauen. Dazu kommt, dass wir vielleicht in diesem Jahr auch noch gar nicht in die Phase nach Corona kommen werden. Bis die Stadien wieder gefüllt sind kann es noch Monate dauern, vielleicht ja auch erst 2022. Und solange dies der Fall ist, werde auch die Vereine und Verbände im Krisenmodus arbeiten müssen. Die Änderungen sind damit also vielleicht noch in ferner Zukunft.
Ein aktuelles Thema im Profifußball und damit auch Gegenstand Eurer Arbeit ist die Verteilung der Fernsehgelder. Wie siehst Du die kürzlich beschlossene Verteilung ab der Saison 2021/22 und, wir sind ja ein VfB-Blog, welche Auswirkungen hat die Verteilung auf den VfB?
Um es auf den Punkt zu bringen: Die neue Verteilung der TV-Gelder ist in ihrer Ausgestaltung reine Augenwischerei. Es wird die Methodik etwas geändert und gut klingende neue Säulen eingeführt, letztendlich wird man aber nach zwei Jahren von den Zahlen her wieder beim Status Quo angekommen sein. In den kommenden zwei Jahren werden Vereine wie Bayern München oder der BVB einen kleinen Soli-Beitrag leisten, danach ist das dann aber wieder Geschichte. Und ganz nebenbei: Wir sprechen zum Beispiel bei den Bayern von einem Betrag von lächerlichen 2 (!) Mio. Euro. Solidarität gibt es also unter den Vereinen nicht wirklich oder wie es Joachim Watzke sagt: “Solidarität muss am Ende eines Prozesses stehen und nicht am Anfang”. Eine Aussage, die mich fassungslos zurücklässt …
Der VfB wird also weiterhin nicht darauf setzen können, von einer neuen Verteilung der TV-Gelder signifikant profitieren zu können und muss schauen, dass wie bisher auch schon die sportlichen Ergebnisse stimmen um entsprechend größere Anteile zu bekommen. Ganz konkret: Dauerhafter Verbleib in der 1. Bundesliga und mittelfristig wieder die regelmäßige Teilnahme am internationalen Geschäft.
Als Teil des Systems Profifußball betreffen Eure Forderungen natürlich auch den VfB. Welche Möglichkeiten hat unser Verein, um die Zukunft des Profifußball nach Euren Vorstellungen zu gestalten, wo sind ihm die Hände gebunden?
Für mich ist ein wesentlicher Punkt, dass der VfB eine Fan- und Mitgliederabteilung erhält, die Interessen bündeln und diese dann auch innerhalb des Vereins und idealerweise auch der AG (zum Beispiel über einen Sitz im Aufsichtsrat) vertreten kann. Claus Vogt hat dies ja als eines seiner Projekte auf die Agenda gesetzt, hier sollte sich nun aber auch in den nächsten Monaten konkret etwas tun. Darüber hinaus gibt es natürlich auch Ansätze, wie der VfB innerhalb der Verbände und Vereine für Themen eintreten kann, die wir in den Konzepten ausgearbeitet haben.
Für mich ist ein wesentlicher Punkt, dass der VfB eine Fan- und Mitgliederabteilung erhält.
Allerdings haben wir bei der Verteilung der TV-Gelder ja schon gesehen, wie es da den Clubs ergangen ist, die sich erdreistet haben einen Vorschlag zu machen, der vom Gusto eine Herrn Rummenigge abweicht. Daher sehe ich die Möglichkeiten nach außen hin eher skeptisch und setze zunächst mehr auf die Dinge, die man im Innenverhältnis verändern und verbessern kann bzw. muss.
Gerade Dein Arbeitsgruppen-Thema “Vereine als demokratische Basis” ist, wie Du schon sagtest, aus VfB-Sicht besonders interessant, schließlich haben wir VfB-Mitglieder im kommenden Jahr die Aufgabe einen neuen Präsidenten und eventuell einen neuen Vereinsbeirat zu wählen. Wie blickst Du auf die aktuelle vereinspolitische Lage beim VfB?
Ich denke, dass es an niemandem vorbeigegangen sein sollte, dass es aktuell im Vorfeld der anstehenden Präsident*innen-Wahl wieder sehr viele Diskussionen gibt. Die Ursachen hierfür mögen bei den Akteuren auf persönlicher Ebene liegen, sind zu einem gewissen Maße aber auch die Folge der Veränderungen, die wir uns mit der Ausgliederung eingehandelt haben. So wurden die Einflussmöglichkeiten der/des von den Mitgliedern gewählten Präsident*in stark eingeschränkt (man hat es wohl nur Herrn Dietrich durchgehen lassen, sich überhaupt einzumischen), die Organe der AG sind der Kontrolle der Mitglieder komplett entzogen (jeder Vorstand kann also nach Belieben vor sich hinwerkeln) und mit dem Vereinsbeirat hat man ein Gremium, dass zwar die Interessen der Mitglieder vertreten soll (so wurde es uns zumindest damals verkauft), dessen Motivationen zum Beispiel bei der Nominierung der Kandidat*innen für das Amt der/des Präsident*in aber nicht wirklich offen liegen. Dazu kommt dann noch eine Satzung, die wirklich sehr, sehr dringend überarbeitet werden muss.
Und so haben wir aktuell die Situation, dass es sportlich ja wirklich zufriedenstellend läuft, es aber abseits des Rasens mal wieder hoch hergeht. Es sind zu diesem Themenkomplex ja schon einige Texte in unseren Blogs erschienen, die es sich auf jeden Fall anzuschauen lohnt.
Um aber nochmal auf unser Konzept von “Zukunft Profifußball” zu kommen: In unserer Arbeitsgruppe war eines der wichtigsten Themen die Teilhabe von Mitgliedern und Fans an “ihrem” Verein. Die Möglichkeit bei gewissen Themen nicht nur angehört zu werden sondern auch mitsprechen zu können. Es ist klar, dass die Mitglieder nicht in das operative Geschäft eingreifen sollen und zum Beispiel den nächsten Trainer bestimmen, aber es gibt genug Themen, wo die Interessen der Mitglieder von großer Bedeutung sind. Beim VfB ist hierfür die Gestaltung der Cannstatter Kurve im Zuge des Umbaus ein hervorragendes Beispiel, die in Zusammenarbeit mit der organisierten Fanszene umgesetzt wurde und zur Zufriedenheit aller beigetragen hat.
Ganz allgemein gesprochen gibt es heute leider in Deutschland noch keine Festlegung, wie die Mitglieder & Fans denn genau involviert werden sollen. Man hat zwar festgeschrieben, dass ein Austausch stattfinden soll, aber die Form dessen ist jedem Club frei überlassen. Und so gibt es Vereine mit eigenen, gut etablierten Mitglieder-Abteilungen und Vereine, bei denen man sich halt mal zum unverbindlichen Gespräch trifft. Dieses Defizit muss unserer Meinung nach strukturell angegangen werden, damit verbindliche Möglichkeiten geschaffen werden, wie die Mitglieder/Fans am Verein teilhaben können. Denkbar wäre zum Beispiel, dies in den Kriterien für die Lizenzierung durch die DFL festzuschreiben. Auch Verbände wie der DFB beklagen zum Beispiel, dass es keine Ansprechpartner der Fans aus etablierten Strukturen gibt und so die Zusammenarbeit sehr schwer sei. Diese Aussage ist zwar meiner Meinung nach falsch, denn Fanbündnisse gibt es ja durchaus schon seit einiger Zeit, aber auch hier kann man dieses Argument noch eindeutiger entkräften, in dem man eben die Fan- und Mitglieder-Beteiligung festschreibt.
Im Rahmen des Konzeptes haben wir uns aber auch noch mit anderen Aspekten beschäftigt (z.B. Aufgaben der Vereine für einen demokratischen Diskurs oder 50+1). Daher würde ich den Leser*innen gerne empfehlen, sich mal die Zeit zu nehmen und den Text genauer durchzulesen. Man findet diesen, wie alle Konzepte, in einer Kurz- und einer Langfassung auf der Website.
Ron, vielen Dank für das Gespräch. Zum Abschluss für diejenigen, die durch dieses Interview auf Deine Arbeit aufmerksam geworden sind: Wie kann man sich bei Zukunft Profifußball einbringen?
Am einfachsten ist es auf die Website unter www.zukunft-profifussball.de zu gehen. Dort gibt es alle Informationen und auch eine Kontaktmöglichkeit.
Vielen Dank für die Möglichkeit, etwas über die meiner Meinung nach sehr wichtige und fundierte Arbeit der Fans berichten zu können.
Zum Weiterhören: Ron war in Folge 3 der (englischsprachigen) Podcast-Miniserie von SD Europe zu hören, einer Organisation, die die Mitbestimmung von Fans in Europa stärken will
Titelbild: © Ron Merz / Zukunft Profifußball