Kehrt der VfB ausgerechnet in Augsburg wieder in die Erfolgsspur zurück? Vor dem Spiel haben wir uns mit FCA-Fan Andreas (@AndyRiedl) vom Blog Rosenau Gazette übe die Lage in Bayrisch Schwaben unterhalten.
Rund um den Brustring: Hallo Andreas und vielen Dank, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Stell Dich doch bitte kurz vor: Wie bist Du Augsburg-Fan geworden und wie ist Dein Blog “Rosenau Gazette” entstanden?
Andreas: Fan des FCA bin ich 2006 geworden. Die Freude am Fußball durch die WM und der Aufstieg des FCA in die zweite Bundesliga haben dazu geführt, dass ich wieder Bock auf Fußball im Stadion hatte. Bis zu meinem Umzug nach Frankfurt war ich bei Heimspielen dann in der Rosenau zu finden und auch später hat mich der Club dann nie mehr losgelassen. Als wir dann 2015 in die Euro League einzogen, habe ich mir gedacht, dass es nicht sein kann, dass es keinen Blog gibt, der diesen tollen Club begleitet. Und dann die Rosenau Gazette gegründet. Und wie der FCA auch haben wir uns seitdem unsere Anhängerschaft erarbeitet.
Der FCA bestreitet aktuell seine zehnte Bundesliga-Saison in Folge, schloss die letzten beiden Spielzeiten allerdings auf Platz 15 ab, einen Rang über der Relegation. Wie schmal ist der Grat, auf dem der Verein sich zuletzt bewegte und was hätte ein Abstieg für Auswirkungen gehabt?
In den letzten beiden Jahren war der Grad sehr schmal. Von außen betrachtet hatte die Mannschaften Potential, was nicht konstant abgerufen wurde. Die Mannschaft hatte die Neigung in Spielen einzubrechen und es gab sportlich düstere Phasen. Derweil ein Abstieg mit Sicherheit kein Beinbruch wäre. Wir hätten in Augsburg ja nie gedacht, dass wir 10 Jahre am Stück in der Bundesliga spielen und wirtschaftlich ist der Club entsprechend vorbereitet, dass es uns vielleicht doch einmal erwischt.
Nach 14 Spielen steht Ihr jetzt mit einem Punkt Vorsprung in der Tabelle direkt über uns auf Platz 10 und habt unter anderem Union und den BVB geschlagen. Wie zufrieden bist Du mit der fast abgeschlossenen Hinrunde und wo siehst Du den FCA am Saisonende?
Einerseits kann man mit der Punktausbeute sehr zufrieden sein. Dort im gesicherten Mittelfeld fühlen wir uns sehr wohl. Der Blick nach unten erschreckt einen nicht und in einer ruhigen Minute darf man als Fan träumen. Andererseits ist die Art und Weise nicht immer überzeugend gewesen. Gerade im Offensivspiel fehlt es an Lösungen. Wir erspielen uns zu wenig Abschlusschancen. Da muss die Entwicklung nun weitergehen. Ich glaube nicht, dass wir dieses Jahr mit dem Abstieg zu tun haben, da andere Clubs sich doch sehr bemühen. Wo wir am Ende landen, wird stark davon abhängen, ob Heiko Herrlich offensiv mehr Lösungen finden wird.
Im Sommer beendeten Daniel Beier und Stephan Lichtsteiner ihre Karrieren, der FCA tauschte mit Union die Torhüter und holte unter anderem Daniel Caligiuri aus Gelsenkirchen. Wie zufrieden bist Du mit den Veränderungen vor der Saison und wo siehst Du in der gerade begonnenen Transferperiode Nachholbedarf?
Mit Daniel Baier hat der prägende Spieler des letzten Jahrzehnts seine Karriere beendet. Das ist der offensichtlichste Einschnitt seit langem. Dieser wurde allerdings aus meiner Sicht sehr gut aufgefangen, in dem man mit Daniel Caligiuri einen Super-Spieler mit Erfahrung verpflichten konnte. Dazu war die Verpflichtung von Rafal Gikiewicz wichtig für das Gerüst des Kaders. Da hat Stefan Reuter im Sommer ein paar passende Personalentscheidungen getroffen. Der Kader ist zudem immer noch recht groß, weswegen wir keinen Nachholbedarf haben. Ich gehe davon aus, dass wir trotzdem die Augen offen halten und zuschlagen, sollte es irgendwo perfekt passen. Hier ohne Druck handeln zu können, ist ein großer Vorteil.
Zwei Ex-VfBler stehen beim FCA im Kader. Zum einen natürlich Sami Khediras kleiner Bruder Rani, zum anderen der Ecuadorianer Carlos Gruezo, der von 2014 bis 2016 den Brustring trug und bereits im Sommer 2019 nach Augsburg wechselte. Wie läuft es für die beiden?
Carlos Gruezo war die letzte Saison über fast komplett verletzt und ist dieses Jahr ein gefühlter Neuzugang. Gerade durch den Abschied von Daniel Baier war es bisher sehr wichtig, dass er seine Sache ordentlich macht. Er hat sich zu einem wichtigen Spieler für die Mannschaft entwickelt und damit auch Rani Khedira etwas verdrängt. Dieser hatte in Augsburg bis dato eine sehr gute Zeit und wurde bei uns zum Stammspieler in der Bundesliga. Nun läuft sein Vertrag im Sommer aus und man konnte sich bisher nicht auf eine Verlängerung einigen. Rani ist ein Musterprofi und ich mag seine unaufgeregte Art sehr. Es wäre schön, wenn er bliebe.
Seit März letzten Jahres steht Heiko Herrlich in Augsburg an der Seitenlinie. Wie zufrieden bist Du mit ihm und wie lässt er die Mannschaft spielen?
Heiko Herrlichs Start war sehr unglücklich. Er kam und es ging sofort in die Corona-Unterbrechung. Danach sah er bei der Zahnpasta-Affäre und einigen anderen Äußerungen in der Außendarstellung mehr als nur unglücklich aus. Sportlich hat er die Mannschaft allerdings mittlerweile stabilisiert. Gerade defensiv stehen wir wieder sehr solide. Gerade in den letzten Spielen haben wir nun auch mal vom klassischen 4–4‑2 bzw. 4–5‑1 zu dem gerade sehr angesagten 5–2‑3 gewechselt und sind damit recht gut gefahren. Man merkt das fußballerisch eine Entwicklung da ist. Warten wir mal ab, wie weit uns diese noch führt.
Beim Blick auf die Zahlen fällt auf, dass nur die Mannschaften auf den vier letzten Plätzen — Köln, Bielefeld, Mainz und Schalke — weniger Treffer erzielt haben als ihr. Woran liegt das Deiner Meinung nach?
Meiner Meinung nach, lag der Fokus bisher vor allem darauf, die Mannschaft defensiv zu stabilisieren. Das sieht man auch daran, dass wir bei den Gegentoren unter den TOP6 der Liga landen momentan. Jetzt wird es darum gehen, die Offensive auszubauen, ohne die defensive Stabilität zu verlieren
Was sind denn die Stärken des FCA und wo siehst Du neben den wenigen Toren noch Schwächen?
Insgesamt sind die Leistungen des FCA recht konstant. Schwächen ergeben sich dann auch durch Ausfälle beim Personal. Gegen den VfB wird Kapitän Jeffrey Gouweleeuw gelb-gesperrt fehlen. Es ist die Hoffnung, dass hierdurch die defensive Stabilität nicht leidet. Was uns besonders hervorhebt ist die letzte Viertelstunde. Gegner müssen in 75 Minuten gewinnen. Ansonsten ist momentan die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir am Ende das Spiel noch zu unseren Gunsten drehen.
An das letzte Gastspiel in Augsburg denken VfB-Fans nur äußerst ungern zurück. Immerhin wird diesmal unser Trainer seinen Job behalten. Wir blickst Du auf den 6:0‑Heimsieg im April 2019 zurück und was tippst Du für Sonntag?
Ich befürchte, dass es diesmal nicht ganz so glorreich wird. Allerdings ist das Team stabil, das Umfeld ruhig und der VfB liegt uns prinzipiell als Gegner. Vielleicht gelingt es uns diesmal, schon früher ein Spiel zu entscheiden. Ich tippe mal mutig auf ein 2:1 mit einem späten Gegentreffer, der uns dann nicht mehr aus der Bahn wirft.
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