Es war ein Spiel, welches man nicht verlieren durfte. Nicht gegen diesen HSV. Der VfB tat es trotzem und bereits nach dem zweiten Spieltag und der zweiten Niederlage wird von verschiedenen Seiten Kritik, vielen Fans fühlen sich an die letzte Saison zurück erinnert. Meine Gedanken zum zweiten Spieltag.
Zunächst eine Einschränkung. Ich habe das Spiel nur in der Zusammenfassung gesehen, kann also nicht beurteilen, ob Zornigers Pressing-Fußball den Hamburgern zu Beginn genauso die Luft abschnürte wie den Kölnern in der Woche zuvor. Fangen wir mit dem Positiven an: Der VfB ist zum Glück noch in der Lage, Tore aus dem Spiel herauszu schießen. Das war nach dem Elfmeter-Tor und den vielen vergebenen Chancen im ersten Liga-Spiel eine meiner größten Sorgen: Dass der VfB verlernt, wie man den Gegner überspielt und dann auch noch die Kugel im Tor unterbringt. Zum Glück ist auf Daniel Ginczek und seinen Torinstinkt Verlass. Nachdem er bereits in der Endphase der letzten Saison sowie im Pokal getroffen hatte, baute er sein Torekonto auf eindrucksvolle Weise weiter aus. Es ist schön, endlich wieder jemanden mit der 33 auf dem Rücken zu sehen, der diese Nummer in ähnlicher Manier mit Torgefahr in Verbindung bringt wie damals Mario Gomez.
Wie in der Stuttgarter Zeitung zu lesen ist, könnte er sogar für die Nationalmannschaft interessant sein. Natürlich ist es immer eine schöne Sache, wenn ein Spieler den VfB auch in der Nationalmannschaft vertreten kann. Es ist aber ein ziemlich zweischneidiges Schwert. Nationalspieler trainieren in Länderspielpausen nicht mit der Mannschaft und es gibt zum Teil ziemlich unglücklich terminierte Länderspiel-Pausen. Manche Nachwuchsturniere liegen so unglücklich in der Saisonvorbereitung, dass Spieler diese nicht vollständig mitmachen können. Gönnen würde ich es Ginczek nichtsdestotrotz.
Aber zurück zum HSV-Spiel. Der VfB geht also in Führung, kassiert den Ausgleich, weil die Abwehrreihe die Abseitsfalle nicht auf die Kette (haha) kriegt und kommt noch vor der Pause zurück. Soweit eigentlich alles gut, es scheint, als habe man den HSV im Griff. Und dann passiert etwas, was in so einer Situation eigentlich nicht passieren darf. Florian Klein, der letzte Saison praktisch komplett durchgespielt hat, begeht zwei Fouls. Beide eindeutig gelbwürdig, an dem Platzverweis gibt es nichts zu rütteln. Nach eigener Aussage sei er beim zweiten Foul weggerutscht. Mag sein, trotzdem hätte ich mir von einem Spieler, der schon einen Karton in der Statistik hat, etwas mehr Zurückhaltung gewünscht. Zornigers Aggressiv-Mantra in allen Ehren, aber mit zehn Leuten ist die Jagd nach Ball und Gegner halt noch schwerer.
Und so starrte ich alle fünf Minuten auf mein Handy bis sechs Minuten vor Abpfiff das Unvermeidliche passierte. Ausgerechnet Pierre-Michel Lasogga, der sympathischste aller HSV-Spieler macht den Ausgleich, kurz darauf trifft Johan Djorou zum 3:2 für die Hamburger und die Mär von den Hamburger Stehaufmännchen lässt sich weiterschreiben, was auch SpiegelOnline bereitwillig tut. Es tut mir leid, liebe Hamburger, aber ich denke nicht, dass das der Turning Point Eurer Saison ist. Dafür fielen die VfB-Tore zu einfach. Dafür brauchte es auch erst einen — berechtigten — Platzverweis, um Euch wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Auch gegen die Bayern hielt der HSV lange dicht, um dann doch die Bude voll zu bekommen. Und glaubt mir, es ist nicht der Frust über die verlorenen drei Punkte, der da aus mir spricht, sondern die Tatsache, dass da noch Mannschaften kommen, die mehr aus ihren Chancen machen als der VfB und die sich vor allem hinten nicht — schon wieder — so komplett dusselig anstellen.
Das war nämlich, noch mehr als der Platzverweis für Klein, der Knackpunkt in diesem Spiel. Eine missratene Abseitsfalle: Geschenkt. Aber wie man eine Führung so schlecht verteidigen kann, dass am Ende alle drei Punkte futsch sind, ist mir ein Rätsel. Wie gesagt: Ich sah nur die Zusammenfassung, aber was man da sieht, ist, dass die Zuordnung beim 3:2 hinten und vorne nicht passte. Leider war es da auch der viel gepriesene Hlousek, der Djourou ganz allein ließ.
Also jetzt alles wieder auf Anfang, alles über den Haufen schmeißen, Huub Stevens anrufen? Nein! Dazu wurde in dieser Saison bereits zu viel richtig gemacht. Robin Dutt hat den Kader in beispielloser Manier aufgeräumt. Seine größte Herausforderung besteht jetzt zwar noch darin, die Innenverteidigung zu verstärken. Das war eigentlich schon nach dem Abgang von Serdar Tasci nötig, wurde aber bitterlich versäumt (ja, Karim Haggui war ursprünglich als Tasci-Ersatz eingeplant). Den zwei Niederlagen zum Trotz: Beim VfB kommt in dieser Saison so viel Positives ins Rollen: Die Mannschaft wurde durch Zorniger von ihrer Behäbigkeit und ihrem Phlegma befreit, welches vor allem die Amtszeit von Bruno Labbadia kennzeichnete. Im Verein wurden alte Zöpfe abgeschnitten, vor allem der Abgang von Ulrich Ruf sollte allen wieder frisches Leben einhauchen. Schließlich wurden wie schon gesagt viele Transfersünden der vergangenen Jahre bereinigt. Ich lasse mir diese positiven Entwicklungen beim VfB nicht von zwei Niederlagen kaputt machen, in denen der VfB wirklich alles für den Sieg tat, aber entweder wirklich Pech im Abschluss hatte, oder sich in der Abwehr einfach unglaublich ungeschickt angestellt hat. Klar ist auch: Diese Niederlagenserie muss am Samstag gegen die Eintracht enden, denn mit null Punkten aus drei Spielen steckt man einfach erst mal unten drin und der Spielplan wird auch nicht leichter.
Im Gegensatz zu letztem Jahr habe ich aber in diesem August nicht die Befürchtung wie 2014, dass die alte Saison einfach nahtlos in die neue Saison übergegangen war. Gebt Zorniger und der Mannschaft noch ein bißchen. Es geht in dieser Saison wieder aufwärts, ich bin mir sicher. Aber einen weiteren Innenverteidiger brauchen wir trotzdem. Und die drei Punkte gegen die Eintracht auch!