Erneut 2:2 gegen Union — auch wenn es danach lange nicht aussah. Der VfB ist lange bemüht, aber erfolglos und krallt sich am Ende doch noch einen Punkt.
Es gibt so Momente in einer Saison, wo Du das Gefühl hast: Wenn Du so ein Spiel nicht verlierst, dann kann die Saison nicht komplett in die Hose gehen. 85 Minuten lang fühlte sich das VfB-Spiel gegen Union Berlin am Dienstagabend aber so an wie gefühlt fast jedes Zweitliga-Spiel der vergangenen Saison: Der VfB verschläft den Spielbeginn, gerät in Rückstand, steht sich dann im Spielaufbau selber im Weg, nutzt seine Chancen nicht und lädt den Gegner mit haarsträubendem Abwehrspiel zu Toren ein. Aber es ist eben die Saison 2020/2021 und da macht Marc Kempf in letzter Sekunde gegen Hoffenheim den Ausgleich und Sasa Kalajdzic holt aus zehn Minuten Spielzeit mit zwei Toren und einem Punkt das Maximale heraus. Und nicht mal ein überforderter Schiedsrichter und sein VAR können das verhindern. Wie soll diese Mannschaft absteigen? Es scheint nach zwölf Spieltagen mittlerweile unvorstellbar.
Union ist nicht Dortmund
Unvorstellbar erschien auch, dass der VfB nach dem grandiosen Sieg in Dortmund solche Probleme haben würde. Aber zum einen musste Pellegrino Matarazzo nach dem kurzfristigen Ausfall von Mangala sein Mittelfeld umbauen, was der Statik der Mannschaft nicht gut tat. Denn Wataru Endo war der einzige echte Sechser und erfuhr von Gonzalo Castro, dem Defensivaufgaben weniger liegen, kaum Unterstützung bei seinem teils ungewöhnlich wackeligen Spiel. Castro wurde hingegen vorne von Philipp Förster vertreten, der leider wieder eines seiner schlechteren Spiele machte. Zum anderen war Union ein viel gefährlicherer Gegner als der BVB. Sie nutzten jede Unsicherheit, jeden Fehlpass des VfB für einen Gegenangriff und hielten die Brustringträger im Gegenzug relativ lange sehr effektiv vom eigenen Tor fern. Und schließlich darf man auch die psychologische Komponente nicht unterschätzen. Matarazzo nannte es einen “Charaktertest”, nach dem ganzen Trubel im das Dortmund-Spiel jetzt gegen einen eklig zu bespielenden Gegner ebenso zu bestehen.
Und das Bemühen konnte man der Mannschaft nicht absprechen, lediglich das 2:0 der Berliner wurde überraschend schlecht und fahrlässig verteidigt. Trotzdem: Alles was gegen Dortmund leicht von der Hand ging, ging diesmal meist schief. Nicht mal Nicolas Gonzalez konnte seinen Union-“Fluch” aus dem Relegationsrückspiel besiegen — auch wenn man ihm das Verlangen deutlich ansah und er, wäre sein Seitfallzieher ins Tor und nicht an die Latte gegangen, wohl der mit Abstand glücklichste Mensch auf dem Rasen gewesen. Union hingegen spielte eklig, ein wenig dreckig und vor allem schnell nach vorne. Und musste am Ende doch einen Punkt in Stuttgart lassen.
Beim VfB ist aktuell vieles möglich
Weil der VfB bei allem an den Tag gelegten gelegten Engagement einfach auch gerade einen Lauf hat und sich dafür belohnt, kein Spiel verloren zu geben. Und wenn Silas Wamangituka, Tanguy Coulibaly und Nicolas Gonzalez nicht treffen, macht eben Sasa Kalajdzic einen Doppelpack und rettet den Tag. Wahnsinn.
Mit jetzt 18 Punkten reist der VfB zum 13. Spieltag nach Wolfsburg und ist unterm Weihnachtsbaum schlechtestenfalls Tabellenachter. Die fiktive Marke von 20 Punkten nach der Hinrunde hat man schon jetzt fast erreicht. Auch bei VW wird es kein einfaches Spiel schließlich sind die Stand Mittwoch morgen noch ungeschlagen. Aber wenn uns die bisherigen zwölf Ligaspiele eines gelehrt haben, dann das beim VfB in dieser Saison mehr möglich ist, als wir uns bisweilen vorstellen können.
Titelbild: © imago