In Heidenheim zeigt der VfB das erste durchgehend schlechte Spiel der Saison und verliert trotz guter eigener Chancen nicht unverdient mit 0:2. Eine Mahnung, dass es in wirklich keinem Bundesliga-Spiel reicht, unter dem eigenen Limit zu bleiben.
Nunja, es gibt so Spiele, da hast Du, wie unser ehemaliger Co-Trainer in grauer Vorzeit sagte, “Scheiße am Fuß”. Lässt dir im Fünf-Meter-Raum den Ball vom Fuß nehmen, kloppst zwei Schüsse an die Latte und versenkst auch noch einen Elfmeter im Nachthimmel statt im Tor. Damit wäre aber die Geschichte der dritten Saison-Niederlage des VfB beim Aufsteiger in Heidenheim nur zur Hälfte erzählt. Denn auch die Heidenheimer trafen einmal die Latte und brauchten viele Anläufe und viele gute Paraden von Alex Nübel, bis sie ihn endlich überwunden hatten. Die fünftbeste Standard-Mannschaft der Liga traf nach der achten Ecke, resultierend aus einem Ballgewinn im Mittelfeld, zum 1:0 und machte am Ende den Deckel auf die einzige Art und Weise drauf, die dieses Spiel verdient hatte: Mit einem Distanzschuss über den den Rückpass erwartenden Torwart, den Waldemar Anton an diesem verregneten Freitagabend nicht zustande brachte.
Unterm Strich muss man den Heidenheimer Sieg leider als verdient betrachten, weil sie mehr in die drei Punkte investierten, während der VfB die aus der eigenen Qualität resultierenden Chancen leichtfertig vergab. Eine Brustring-Mannschaft, die wie in den vergangenen Wochen aucb im engen, kalten und verregneten Stadion auf der Alb an ihr Limit gegangen wäre, hätte dieses Spiel vermutlich gewonnen, auch ohne die fehlenden Stenzel, Millot und Guirassy. Es gelang ihr aber an diesem Abend nicht, die gleiche defensive Konzentration aufzubringen und das offensive Kombinationsspiel aufzuziehen. Lag es daran, dass ihnen nach dieser Woche, nach dem erfolglosen Anrennen gegen Hoffenheim und dem hart erkämpften Sieg gegen Union mental etwas die Puste ausging? Oder war man sich angesichts des anhaltenden Erfolgs und einem guten Spiel gegen Hoffenheim der eigenen Überlegenheit zu sicher? Wie auch immer, man muss leider festhalten, dass dies der schlechteste Auftritt in dieser Saison war, eben weil die Mannschaft so weit unter ihren Möglichkeiten blieb.
Heidenheim lässt sich nicht locken
Denn eigentlich, und das soll die Leistung der Heidenheimer nicht schmälern, hätte der VfB das Spiel schon früh entscheiden müssen, bevor er die Hausherren durch schlampige Fehlpässe immer mehr ins Spiel kommen ließ. Die Sicherheit, die man in den vergangenen Wochen hatte, dass die Mannschaft schon irgendwie zum Torerfolg und damit zum Sieg kommen würde, sie schwand mit jedem unnötig verloren gegangenen Ball. Dabei wurde schnell klar, dass sich Waldemar Anton und Dan-Axel Zagadou so lange auf den Ball stellen konnten, wie sie wollten — die Heidenheimer ließen sich nicht aus der Formation locken. Was folgten waren zahlreiche ziellose lange Bälle, anstatt wie bei Silas’ Großchance den Weg nach vorne über kluge Flachpässe zu finden. Natürlich fehlte mit Millot auch ein zentraler Ballverteiler, den Jeong nicht ersetzen konnte. Es brauchte einen gemeinsamen Kraftakt, um die Heidenheimer trotzdem zu überwinden, wenn schon Einzelaktionen nicht zum Erfolg führten. Zu diesen war die Mannschaft nicht in der Lage und weckte damit ungute Erinnerungen an die letzten Jahre, als es ihr reihenweise nicht gelang, das eigene Potenzial abzurufen und man dem Gegner so leichtfertig Punkte schenkte.
Der Blick auf die Tabelle macht deutlich, dass es aber eben eine neue Saison ist, in der der VfB schon 21 Punkte geholt hat und auch nach dem 10. Spieltag noch auf dem dritten Tabellenplatz steht. Anders als in der Vergangenheit sind solche Auftritte wie in Heidenheim bisher die Ausnahme und nicht die Regel. Auch wenn nach zwei Liga-Niederlagen in Folge in diversen Sportmedien, die nur in Trends und nicht in Ereignissen denken können, jetzt wieder was vom “Boden der Tatsachen” erzählt wird, ist mein Vertrauen groß, dass die Mannschaft auf dieses Spiel die richtige Antwort findet. Natürlich warten jetzt mit Dortmund und Frankfurt herausfordernde Gegner, aber von denen reden wir quasi vor jedem Spiel und auch nach dem 1:5 in Leipzig wurde der “Boden der Tatsachen” bemüht. Die Mannschaft ist meiner Meinung nach im Kopf wesentlich stabiler als in den letzten Spielzeiten und darauf kommt es an, denn die Probleme saßen auch in der Vergangenheit meistens zwischen den Ohren und nicht im Fuß.
Spannung und Schärfe
Nach einer unglücklichen Niederlage und einem knappen Sieg muss Sebastian Hoeneß in der anstehenden Trainingswoche wieder die Spannung und Schärfe reinbringen, die die Mannschaft in den letzten Wochen an den Tag gelegt hat. Dann werden wir mittelfristig auch weiterhin genügend Punkte für eine sorgenfreie Saison einfahren. Wie schon zu Beginn der Saison kann es sich der VfB leisten, aus Spielen wie dem gegen Heidenheim zu lernen, anstatt als Reaktion den Panikknopf zu drücken, weil die Lage schon wieder fatal ist.
Titelbild: © THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images
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