Es ist Herbst, es wird kalt und nass. Traditionell eine Jahreszeit, in der auch der VfB ein wenig kränkelt. Was könnte da besser helfen als sechs Tore gegen einen indisponierten Zweitligisten?
Als der VfB das letzte und bis dato einzige Mal im DFB-Pokal auf die Arminia aus Bielefeld traf, war ich dabei. Ich und offiziell 8.499 andere. Es war ein dröges Spiel an einem Abend im späten September 2008, der Tabellendritte besiegte den Tabellenzwölften mit 2:0 und zog am Ende der Saison in die Champions League ein, während die Arminia am Saisonende als Tabellenletzter abstieg. Zumindest für die Bielefelder ist die Situation aktuell vergleichbar, während der VfB im zweiten Spiel in Folge eine fast überfordernde Torflut produziert. Vier Tore gegen Bochum, sechs gegen Bielefeld: Ungeachtet der Qualität der Gegner muss man festhalten, dass der VfB sich gerade jede Menge Selbstvertrauen, das im katastrophalen Saisonstart verloren ging, wieder zurück holt. Dass wir jetzt deswegen wie anno 2009 in den Europapokal durchmarschieren ist eher unrealistisch, aber die Mannschaft nach den letzten Wochen — und Monaten, wenn wir ehrlich sind — so erfolgreich Fußball spielen zu sehen, tut einfach gut.
Ohne jetzt zu sehr auf der sportlichen Situation der Bielefelder, gegen die der VfB noch im April nur ein müdes 1:1 hinkriegte, herumzutrampeln: Die Arminia ermöglichte es dem VfB, endlich wieder das Spiel aufzuziehen, mit dem sich die Brustringträger vor zwei Jahren nicht nur in die Herzen der eigenen Fans spielten: Schnell, vertikal, mit gefährlichen Flanken von Borna Sosa, der drei Tore vorbereitete und Narrenfreiheit für Silas auf der anderen Seite, dessen 4:0 das ganze Selbstbewusstsein der Mannschaft symbolisierte. Ein Selbstbewusstsein und eine Spielfreude, die dazu führten, dass die Brustringträger erbarmungslos immer weiter auf das Tor des bemitleidenswerten Martin Fraisl anliefen und gut gerne noch ein paar weitere Tore hätten erzielen können. Selbstvertrauen holte sich auch Neuzugang Luca Pfeiffer, der nach einem Platzverweis in der Liga bislang wenig Land gesehen hatte und gegen Bochum auch nur im Spielaufbau ein wenig glänzen konnte, vor dem Tor jedoch nicht. Und auch wenn Bielefeld nur selten aufs Tor schoss — beispielhaft für die Bemühungen der Arminen war der Versuch von VfB-Leihspieler Teto Klimowicz — so wichtig war es für die Mannschaft als Ganzes und die neu zusammengestellte Hintermannschaft im Speziellen, dass am Ende endlich mal wieder die Null beim Gegner stand.
Nun ist Pokal halt Pokal und das Spiel vor allem ein seltener Ausflug in ein Paralleluniversum, in dem alles für den VfB läuft. Dass der gordische Knoten der Erfolglosigkeit mit dem Trainerwechsel und diesen zwei Spielen zerschlagen wurde, glaube ich zwar nicht, denn dafür waren Bochum und Bielefeld einfach zu dünne. Aber die Mannschaft hat sich mental Luft verschafft und kann mit gleich zehn Erfolgerlebnissen in die restlichen fünf Spiele vor der WM-Pause gegen Dortmund, Augsburg, Gladbach, Hertha und Leverkusen gehen. Wer immer nach dem kommenden Wochenende für Michael Wimmer übernimmt sollte jetzt ein einigermaßen solides Fundament haben, um die Mannschaft wieder auf Kurs zu bekommen. Es wird noch ein langer Weg, bis der VfB auch die Fehler abstellt, die Bochum und Bielefeld nicht bestrafen konnten. Aber die ersten Schritte für den Wiederaufbau sind gemacht.
Titelbild: © Adam Pretty/Getty Images