Rund um den nächsten Gegner: Im Gespräch mit Dortmund-Fan Leon

In Dortmund wartet auf den VfB ein anderes Kaliber als die letzten beiden Gegner. Über die Lage beim BVB sprachen wir mit Borussia-Fan Leon.

Rund um den Brustring: Hallo Leon, unsere beiden Vereine waren ja am Mittwoch noch im Pokal im Einsatz, wo sich der BVB mit 2:0 gegen Zweitligist Hannover durchsetzte. In der Liga läuft es hingegen nicht ganz so gut, auf das späte 2:2 gegen die Bayern inklusive Kahn-Retro-Ausraster folgte das 0:2 gegen Tabellenführer Union. Es wirkt, als käme der BVB schon wieder früh in der Saison aus dem Tritt. Wie siehst Du das?

Leon: Es ist schon ein alljährlich wiederkehrendes Muster. Ich glaube, die letzten Ergebnisse sind ein ziemlich genaues Abbild der bisherigen Saison, die schon seit Anfang an nicht wirklich rund läuft. Gegen Hannover ist es letztlich Kobel zu verdanken, dass der BVB 2:0 gewinnt, gegen Union war es eine völlig verdiente Niederlage und gegen Bayern hat der BVB tatsächlich mal gut gespielt und sich das Unentschieden durchaus verdient. Viel beim BVB hängt vom Zufall und von Einzelleistungen ab. Das hat schon ganz am Anfang mit den Spielen gegen Leverkusen und Freiburg begonnen, die zwar gewonnen wurden, was aber doch relativ schmeichelhaft war. Selbst der berauschende Abend in Sevilla war vom Ergebnis viel besser als das Spiel es eigentlich hergegeben hat. Einzig das Derby war ein Spiel, wo Dortmund wirklich die Kontrolle hatte, auch wenn es hier dann nur 1:0 ausging.

Vor der Saison wurde Edin Terzic als Trainer zurückgeholt und ersetzte Marco Rose. Aus Deiner Sicht die richtige Entscheidung?

Ich persönlich hätte gerne noch eine weitere Saison mit Marco Rose gesehen. Allerdings ist man im Gespräch nach der Saison zum Schluss gekommen, dass Rose seitens der Vereinsführung kein volles Vertrauen mehr genossen hat und unter diesen Umständen wollten beide Seiten dann nicht mehr an der Zusammenarbeit festhalten. Da war die Trennung dann leider folgerichtig. Terzic war dann natürlich die naheliegendste Lösung. Er verkörpert als bekennender BVB-Fan Vieles, was sich die Fans von ihrem Trainer wünschen, besonders schön war vor dem Pokalfinale das Bild, das ihn als Fan in der Kurve bei einem der vorherigen Pokalfinals zeigt.

Im Endeffekt ist es aber eine Wette auf die Zukunft. Terzic ist ein junger Trainer mit noch nicht allzu viel Erfahrung. Er wird sich entwickeln müssen. Es wird sich zeigen müssen, ob der BVB ihm die Zeit gibt bzw. geben kann, sich entsprechend zu entwickeln. Gleichzeitig darf sich die Vereinsführung aber auch nicht mehr erlauben, allzu freigiebig mit Trainerwechseln umzugehen, die letzten Trainer – wenn sie auch recht große Namen hatten – waren dann doch allesamt eher ein Misserfolg. Wenn man so will, ist Klopp die einzig wirklich gute Trainerverpflichtung von Watzke bislang.

Lässt Terzic in dieser Saison anders spielen als in seiner ersten Amtszeit?

Die taktische Ausrichtung an sich ist nicht groß anders, Terzic spielt gerne in einem 4-2-3-1, manchmal etwas offensiver im 4-3-3, meistens dann mit Özcan etwas weiter vorne. So hat er auch in seiner ersten Amtszeit oft gespielt. Gegen Union Berlin hat er erstmals in dieser Saison eine Dreier-Kette spielen lassen, was allerdings überhaupt nicht funktioniert hat. Trotzdem ist die Spielweise allein dadurch deutlich anders, dass das Spiel in Terzics erster Amtszeit natürlich auf Haaland und Sancho ausgerichtet war. Einen Zielspieler wie Haaland hat Dortmund in der Offensive derzeit überhaupt nicht, es funktioniert also nicht mehr, den Ball tief zu spielen und darauf zu vertrauen, dass Haaland schon etwas damit anzufangen weiß. Eine wirkliche Lösung hat Terzic dafür aber auch noch nicht gefunden, was aber auch daran liegt, dass durch viele Verletzungen oft Rotationen nötig sind.

Wo sind aktuell Eure Stärken und Schwächen?

Unsere größte Stärke ist vermutlich Jude Bellingham. Er trägt inzwischen teilweise die Kapitänsbinde und zieht viel in der Offensive an sich, manchmal vielleicht sogar ein bisschen zu viel. Mit Gregor Kobel haben wir außerdem einen sehr guten Torwart, ich halte ihn für den wichtigsten Zugang der letzten Jahre. Dass er ausgerechnet im Spiel gegen die Bayern ausfällt, passt dann aber leider auch irgendwie in diese Saison.

Eine Schwäche würde ich derzeit in der Defensive sehen, sowohl bei Süle als auch bei Hummels merkt man, dass sie ihre schnellsten Zeiten hinter sich gelassen haben. Ich weiß auch nicht, wann der BVB zuletzt nach 10 Spieltagen ein negatives Torverhältnis hatte. Eine weitere Schwäche würde ich im Mannschaftsklima sehen, das aktuell ein wenig zu kippen scheint. Mats Hummels hält mit seiner Kritik an der Leistung aktuell wenig hinterm Berg, zeigt aber selbst nicht immer Leistung, auch andere Spieler zeigen sich ziemlich frustriert.

Der BVB kaufte im Sommer wenig, aber prominent ein: Sebastian Haller kam und erkrankte an Krebs, dafür wurde Anthony Modeste nachverpflichtet, außerdem kamen mit Schlotterbeck aus Freiburg und Süle von den Bayern zwei gestandene Innenverteidiger und mit Adeyemi ein Talent aus Salzburg. Wie zufrieden bist Du mit den Transfers im Sommer und wo muss Sebastian Kehl im Winter nachlegen?

Ich war eigentlich sehr zufrieden mit den Transfers im Sommer, jedenfalls auf der Seite der Zugänge. Vereinsseitig hätte man sich bestimmt gerne noch von dem einen oder anderen Spieler getrennt und wird das auch im Winter weiter probieren. Die Euphorie im Sommer wurde dann leider durch die Diagnose von Haller ziemlich zerstört. Auf ihn wäre natürlich viel in der Offensive ausgerichtet worden, das funktioniert jetzt nicht mehr und Modeste als Ersatz hat inzwischen öfter im Strafraum auf seine Füße gezeigt, als er überhaupt am Ball war.

Mit Schlotterbeck, Özcan und Süle bin ich eigentlich ziemlich zufrieden, auch wenn sie alle drei in der Defensive schon ihre Fehler gemacht haben. Zu Adeyemi kann man noch relativ wenig sagen, im Pokal in der ersten Runde hatte er gleich einen guten Einstand gefeiert, war dann aber jetzt auch relativ viel verletzt.

Modeste funktioniert leider noch gar nicht. Bei Köln war das Spiel mit vielen Flanken auf ihn ausgerichtet – so spielt Dortmund aber gar nicht. Vielleicht hätte man auf eine spontane Nachverpflichtung verzichten sollen und jedenfalls für die Hinserie auf Moukoko setzen sollen.

Perspektivisch denke ich, dass der BVB vor allem im Winter versuchen wird, noch ein paar Spieler von der Gehaltsliste zu bekommen. Großen Handlungsbedarf sehe ich an sich eigentlich nicht, insbesondere nicht, wenn Haller perspektivisch irgendwann zur Verfügung steht.

Im Kader stehen auch zwei Torhüter mit VfB-Vergangenheit: Greg Kobel natürlich und Alexander Meyer, der im Sommer aus Regensburg kam. Wie läuft es für die beiden?

Kobel ist wie gesagt einer der wichtigsten Spieler aktuell. Er gibt dem BVB deutliche Sicherheit in der Defensive. Einzig gegen Union sah er beim ersten Tor ziemlich schlecht aus, aber da kam er gerade aus seiner Verletzung und hat sich – böse gesagt – einfach an die Leistung der Mannschaft angepasst. Jetzt gegen Hannover hat er gezeigt, warum er ein so wichtiger Spieler für den BVB ist.

Alexander Meyer musste jetzt in wichtigen Spielen für Kobel einspringen und hat das ordentlich aber auch nicht überragend gemacht. In Sevilla hatte er einige gute Paraden, gegen Bayern sah er dafür bei einem der Gegentreffer ziemlich unglücklich aus. Ich denke, man kann aber auch nicht von einem zweiten Torhüter erwarten, dass er auf ein mal Weltklasse-Leistungen vollbringt – es kann nicht jeder wie Langerak damals das Spiel seines Lebens machen. Meyer ist ein ordentlicher Torhüter, mit dem man nicht allzu große Bauchschmerzen hat, wenn er mal einspringen muss, mehr aber auch nicht.

Youssoufa Moukoko, der uns letzte Saison mit seinem Tor gegen Berlin in der Liga hielt, ist aktuell mit drei Treffern Euer bester Torschütze. Überrascht Dich das?

An sich überrascht mit das nicht, nein. Dass man von Moukoko viel hält, hat man in den letzten Jahren ja bereits erahnen können. Dass zu diesem Zeitpunkt der Saison der beste Torschütze erst drei Tore hat, ist allerdings ein Problem, was aber auch daran liegt, dass Modeste nicht funktioniert, aber gleichzeitig bislang relativ viel Spielzeit bekommen hat.

Bereits am Dienstag spielt der BVB schon wieder gegen Manchester City, da geht es allerdings “nur noch” um den Gruppensieg. Erwartest Du, dass die Mannschaft am Samstag schon den nächsten Gegner im Kopf hat oder liegt der Fokus jetzt erstmal wieder auf der Bundesliga?

In den letzten Jahren war der BVB oft insbesondere in den großen Spielen in der Champions-League (im Gegensatz zu denen in der Liga) voll da. Ich kann mir schon vorstellen, dass die Mannschaft zuhause gegen Manchester etwas erreichen will und diese Gruppe gewinnen will. Vielleicht kann man daraus auch etwas für die Liga mitnehmen, das hat in den letzten Jahren aber eigentlich auch nie geklappt. Ich hoffe, dass sich die Mannschaft jetzt mit ordentlichen Ergebnissen in den Winter rettet und dann die längere Pause nutzen kann – zumindest mit den Spielern, die zuhause bleiben – um ein paar Abläufe besser zu trainieren und das Lazarett ein wenig zu lichten.

Zum Abschluss: Dein Tipp?

Ich bin mal optimistisch und tippe 2:0.

Titelbild: © VfB-Bilder.de

Schreibe einen Kommentar