Am Mittwochabend trifft der VfB auf den ehemaligen Mitaufsteiger und aktuellen Zweitliga-Letzten Arminia Bielefeld. Vor der Partie sprachen wir mit DSC-Fan Eva über die Lage in Ostwestfalen.
Rund um den Brustring: Hallo Eva, vor etwa einem halben Jahr trafen der VfB und die Arminia im Bundesliga-Abstiegskampf aufeinander, jetzt stecken wieder beide im Tabellenkeller — allerdings in unterschiedlichen Ligen. Hast Du eine Erklärung für die aktuelle Krise des DSC?
Eva: Ich glaube, es gibt nicht nur einige Erklärungen, sondern direkt mehrere. Ohne jetzt zu ausführlich zu werden, aber da kommen zum meiner Meinung folgende Dinge zusammen: Der Kader besteht aus vielen, in der 2. Liga bekannten, guten Einzelspieler, von denen aber nicht alle an ihrer Leistungsgrenze sind, beziehungsweise die auch immer wieder auf Positionen spielen müssen und dann nicht so zum Zuge kommen. Es fehlt die Konstanz in der Startaufstellung durch nötige Wechsel wegen Leistung oder Verletzungen. Dann ist nach dem Abstieg auch einfach kaum Selbstvertrauen vorhanden, in zu vielen Spielen gerät mit in Rückstand und konnte bei 10 Spielen, in den man in Rückstand geraten ist, nur zweimal zumindest noch ein Punkt mitnehmen.
Im Sommer startete Uli Forte als neuer Trainer bei der Arminia und wurde 47 Tage später schon wieder entlassen. Woran ist er gescheitert und wie bewertest Du seinen Nachfolger Daniel Scherning?
Forte ist vor allem daran gescheitert, dass sowas wie Pressing und Gegenpressing, was von ihm vor der Saison angekündigt wurde, auf dem Platz eigentlich gar nicht umgesetzt wurde. Nach vier Niederlagen und kaum Verbesserungen auf dem Platz, war die Entlassung dann zwar früh, aber notwendig. Unter Scherning hat man eigentlich einen positiven Trend sehen können, in seinen ersten fünf Spielen konnte man zweimal gewinnen, gegen zwei Teams aus den Top 3 zumindest einen Punkt mitnehmen und verlor nur ein Spiel – nur mit Nürnberg eben gegen einen Mitstreiter gegen den Abstieg und hat im Oktober noch keine Punkte sammeln können. Generell ist aber gerade Robin Hack deutlich besser geworden unter Scherning.
Welches System lässt Scherning spielen und wo liegen aktuell die Stärken und Schwächen der Arminia? Auf wen müssen wir achtgeben, um eine Überraschung zu verhindern?
Scherning spielt eigentlich entweder in einem 4–2‑3–1, einem 4–1‑2–3 oder einem 4–5‑1. Die Stärken beziehungsweise die Stärke ist definitiv Robin Hack und damit eigentlich auch schon Antwort genug auf die beiden anderen Fragen. Wenn Arminia es schafft, den Ball auf den Außen zu erobern, wird vor allem auf links durch Oczipka und Leuten wie Vasiliadis und Hack ein gutes Umschaltspiel auf den Platz gebracht, die Passquote und die mangelnden Momente konsequenten Verteidigens und dem Fehlen von Oczipka in den letzten Wochen, führt leider dazu, dass diese Momente zu selten sind. Im Zentrum fehlt zu häufig der Zugriff, obwohl das mit Ivan Lepinjica als alleiniger 6er besser läuft als mit einer Doppelsechs. Die Schwächen sind, wie schon angedeutet, eine katastrophale Passquote (durchschnittlich 75%), zu viele Gegentore und zu schwache zweite Außenverteidiger, wenn Oczipka und Klünter fehlen. Außerdem kann Lasme Serra vorne nicht positions- und leistungsgetreu ersetzen und so fehlt durch die Verletzung Klos eine richtige Alternative von der Bank.
Welche Rolle spielt der personelle Umbruch im Kader nach dem Abstieg in der aktuellen Krise? Siehst Du da seitens Sportchef Samir Arabi ein Versäumnis?
Puh, also generell sind ja genug Spieler da, die die zweite Liga kennen. Aber gerade im Zentrum und auf beiden Außenverteidigerpositionen ist kaum Tiefe da, da wird zum Teil wegen Verletzungen ein Innenverteidiger wie Gui Ramos auf Rechts gestellt (was ungefähr so gut klappt, wie es klingt; 41% Passquote im Spiel gegen Karlsruhe). Oli Hüsing hatte einen schweren Start in die Saison, ist aber für mich inzwischen das sicherste Glied in der 4er Kette, auch wenn Andrade als IV gegen Hannover gut war. Es fehlt eben auch in der Offensive durch die Verletzung von Klos eine Alternative von Serra, der mMn seinen Job um einiges besser macht als Lasme, obwohl viele Bielefeld-Fans ihn und Hüsing anscheinend als Zentrum allen Übels sehen. Klar ist auch: Arminia kann nicht wie andere Bundesligaabsteiger wahnsinnig viel Geld für einen neuen Kader in die Hand nehmen, und um nochmal an den Anfang zurückzukehren: Die Qualität, die eigentlich in dem Kader ist, wird zu wenig auf dem Platz gezeigt. Ich glaube, wenn man Arabi kritisieren will, dann eher für die Verpflichtung von Forte und eigentlich das zu lange Festhalten an Frank Kramer, dessen Spuren immer noch ein wenig zu sehen sind.
Im Kader steht ja auch unser Leihspieler Mateo Klimowicz. Was ist bisher Dein Eindruck von ihm?
Schwierig zu beantworten, weil einfach noch nicht genug von ihm gesehen. Sein erster Kurzeinsatz gegen Darmstadt war gut, im Spiel gegen Nürnberg war er sehr blass. Vielleicht hilft ja ein Torerfolg gegen den VfB. 😉
Die Saison ist ja noch lang, aber welche Auswirkungen hätte es für den DSC, nach dem Aufstieg aus der Dritten Liga bis in die Bundesliga vor ein paar Jahren wieder bis dahin durchgereicht zu werden?
Finanziell steht man besser da, als noch 2014 oder 2011. Klar ist trotzdem: Ein Abstieg in die dritte Liga kann nur negative Folgen mit sich ziehen, neben einer kompletten Kaderumstrukturierung, haben Geschichten wie die von Kaiserslautern, 1860, Braunschweig und Co. gezeigt, dass man sowas tunlichst vermeiden sollten.
Der VfB kann sich nach seinem ersten Saisonsieg am Wochenende im Pokal weiteres Selbstvertrauen zurückholen. Welchen Stellenwert hat das Pokalspiel in Bielefeld?
Es ist die Chance, in einem Spiel, wo man zum ersten Mal in dieser Saison ganz klar der Außenseiter ist, sich vielleicht ein Bonusspiel und mehr Selbstvertrauen zu erarbeiten. Klar ist aber auch, dass der Fokus auf der Liga und dem Spiel gegen St. Pauli am Wochenende liegt.
Zum Abschluss: Dein Tipp?
Komm scheiß drauf, 4:2 Arminia.
Titelbild: © VfB-Bilder.de