Team Schlussphase

Erneut erzielt der VfB ein spä­tes Tor und rückt dadurch in der Tabel­le sogar einen Platz nach oben. Am wich­tigs­ten dürf­te die­ses Tor jedoch für die Moral und den Glau­ben an sich selbst sein.

Da ich am Wochen­en­de umlag, kommt die­ser Spiel­be­richt etwas spä­ter als gewohnt, seht es mir nach. Aus der Kita ein­ge­schlepp­te Krank­hei­ten are one hell of a drug. Immer­hin konn­te mir der VfB die Stim­mung auf­hel­len. Erneut gab es ein Tor in den letz­ten fünf Spiel­mi­nu­ten, erneut fiel es dies­mal für den VfB. Da Tay­fun Korkut völ­lig über­ra­schend auch sein, wie am Sonn­tag klar wur­de, letz­tes Spiel als Trai­ner von Her­tha BSC ver­lor, sprang der VfB mit dem Punkt­ge­winn auch end­lich vom 17. Tabel­len­platz run­ter, den er seit der Nie­der­la­ge gegen Leip­zig Mit­te Janu­ar inne­hat­te. Hat­te der spä­te Sieg gegen Mön­chen­glad­bach also die erhoff­te Wir­kung, fängt der VfB jetzt an zu rol­len?

Viele kleine Fehler

Naja. Und das sage ich nicht nur wegen Neu-Her­tha-Trai­ner Felix Maga­th, des­sen Metho­den ich zwar für völ­lig ver­al­te­te hal­te und der gefühlt das letz­te Mal vor 20 Jah­ren einen Ver­ein vor dem Abstieg geret­tet, aber ihr wisst schon, Pfer­de und Apo­the­ken und so. Nein, mei­ne Ske­pis speist sich viel­mehr aus dem offen­siv harm- und ideen­lo­sen Spiel des VfB über wei­te Stre­cken, auf wenn er es natür­lich gegen einen wesent­lich kom­pak­te­ren Geg­ner als die Glad­ba­cher auf­zie­hen muss­te. Den­noch: Uni­ons gif­ti­ge Spiel­wei­se hin — hin­ter der der VfB mei­ner Mei­nung nach gar nicht so weit zurück­stand — Euro­pa­po­kal-Aspi­rant her: Auch wenn Augs­burg und Bie­le­feld viel­leicht auf dem Papier schlech­te­re Mann­schaf­ten haben als Uni­on wer­den sie sich mit Sicher­heit genau­so gegen unse­re Angrif­fe weh­ren wie die­se. Was ich mir dann von der Mann­schaft wün­sche: Mehr Wider­stands­fä­hig­keit.

Die zeig­te der VfB gegen Uni­on zumin­dest defen­siv lan­ge genug, hat­te aber auch sei­ne lie­be Mühe mit den meist durch einen lan­gen Ball ein­ge­lei­te­ten Pass­staf­fe­ten, von denen eine an der Hand von Dinos Mavro­pa­nos ende­te. Nach gesun­dem Men­schen­ver­stand völ­lig lächer­lich, hier auf Elf­me­ter zu ent­schei­den, dem Regel­werk ent­sprach es wohl. Ich hal­te wenig davon, Mavro­pa­nos dar­aus einen Strick zu dre­hen. Wie bei den spä­ten Gegen­to­ren gegen Bochum und Hof­fen­heim ist es ent­we­der ein kru­des Regel­werk oder eine man­geln­de Abspra­che in der Abwehr, die zu sol­chen Gegen­to­ren führt. Auch Flo­ri­an Mül­ler mache ich in die­ser Sze­ne kei­nen Vor­wurf, da kommt mir schon eher die Situa­ti­on rund um die 30. Minu­te in den Sinn, wo er eine Flan­ke der Ber­li­ner erst raus­faus­te­te und sich bei der Fol­ge­flan­ke bei einem sei­ner Vor­der­leu­te bedan­ken konn­te,  der sein schlech­tes Stel­lungs­spiel aus­bü­gel­te. Es war ein­fach wie­der so ein Spiel, wo der VfB kei­ne gro­ßen Feh­ler mach­te, aber genug klei­ne, um 0:1 zurück zu lie­gen.

Läuft es jetzt?

Bis Bor­na Sosa nach einem Ball­ge­winn im Mit­tel­feld ein­fach mal so eine Halb­feld­flan­ke aus dem Fuß schleu­der­te, wegen der ich frü­her die Hän­de über dem Kopf zusam­men­ge­schla­gen hät­te. Aktu­ell schlägt Sosa aber Flan­ken so prä­zi­se, dass Sasa Kalajd­zic sie ins Tor beför­dern kann. Das Tor wider­legt nicht nur erneut die immer wie­der­keh­ren­de Mär von feh­len­der Men­ta­li­tät oder Kon­di­ti­on —  und kommt mir nicht mit den Lauf­wer­ten! — son­dern dürf­te für die Mann­schaft neben dem klei­nen Sprung in der Tabel­le vor allem bedeu­ten, dass sie nicht mehr so vom Pech ver­folgt ist wie in den ver­gan­ge­nen Wochen. Der VfB schießt jetzt die spä­ten Tore und geht als mora­li­scher Sie­ger im Abstiegs­kampf vom Platz. In einer Situa­ti­on, in der so viel auf die Psy­che ankommt, nicht ganz unwich­tig.

Auch dass der Kader mitt­ler­wei­le so voll­stän­dig ist, dass man wich­ti­ge Spie­ler wie am Sams­tag Orel Manga­la mal von der Bank brin­gen kann, ist wich­tig. Zudem erwar­tet die Augs­bur­ger am Sams­tag sehr wahr­schein­lich ein ziem­lich vol­les Neckar­sta­di­on mit orga­ni­sier­tem Sup­port — an die­ser Stel­le noch Glück­wün­sche ans Com­man­do Cannstatt zu einem Vier­tel­jahr­hun­dert! Es ist also alles ange­rich­tet für eine Auf­hol­jagd Lab­ba­dia­schen Aus­ma­ßes, die ich nach dem Lever­ku­sen-Spiel gefor­dert und nach dem Hof­fen­heim-Spiel frus­triert ver­wor­fen hat­te. Ich blei­be aber skep­tisch. Es war klar, dass die Mann­schaft jetzt nicht plötz­lich Uni­on her­spielt. Aber die Offen­siv­leis­tung in der ers­ten Halb­zeit war dann doch arg wenig. So schön die spä­ten Tore sind, eine eige­ne Füh­rung, ger­ne auch eine sol­che, die nicht in der Nach­spiel­zeit ega­li­siert wer­den kann, wäre jetzt gegen Bie­le­feld und Augs­burg wich­tig. Die Mann­schaft kann sich gegen bei­de Ver­ei­ne, die vor uns in der Tabel­le ste­hen, kei­ne sol­che ers­ten Halb­zei­ten leis­ten wie zuletzt. Gefühlt sind wir jetzt auf dem rich­ti­gen Weg. Jetzt muss aus dem Gefühl nur noch Rea­li­tät wer­den.

Zum Wei­ter­le­sen: Der Ver­ti­kal­pass fin­det Gefal­len dar­an, Spiel­ver­der­ber zu sein, Stutt­gart inter­na­tio­nal frag­te neu­lich schon nach Sins­heim oder Sand­hau­sen, dies­mal lau­tet die Fra­ge Ber­lin oder Balin­gen?.

Titel­bild: © Mar­tin Rose/Getty Images

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