Ziemlich volle Bude, direktes Duell um den Klassenerhalt: Showtime.
Langsam wird es ernst. Am Samstag trifft der VfB zur besten Sendezeit auf den FC Augsburg — eine Begegnung, die einem als Brustringträger in dieser Saisonphase normalerweise den Angstschweiß ins Gesicht treibt. Ängstlich bin ich nicht, aber durchaus nervös. Klar war das 1:4 im Hinspiel auch durch Verletzungen bedingt, in der Höhe aber nichtsdestrotrotz erschreckend. Eine ähnliche Niederlage könnte jeglichen kürzlich zart gehegten Optimismus wieder zerstören. Das gilt natürlich genauso für die Augsburger nach deren Sieg in Bielefeld und der darauf folgenden zweiwöchigen Pause. Dass das Spiel gegen Mainz verlegt wurde, hat den unangenehmen Nebeneffekt einer schiefen Tabelle und der Tatsache, dass die Augsburger noch ein Spiel in der Hinterhand haben. Muss uns aber am Samstag alles egal sein. Ich will nicht nochmal eine so zögerliche, ängstliche und ideenlose erste Halbzeit wie gegen Union sehen und nicht solche Abwehrfehler wie gegen Gladbach. So schön der späte 3:2‑Sieg unterm Strich war, gegen Augsburg muss der Abstiegskampf vom Anpfiff weg angenommen werden und zur Not auch mal so, dass es wehtut. Werden die Gäste nicht anders handhaben. Nicht mehr nur vom ins Rollen kommen reden, sondern wirklich ins Rollen kommen und endlich die Versprechen einlösen, die während der Seuchen-Hinrunde gemacht wurden. Am Samstag und in zwei Wochen in Bielefeld können wir große, vielleicht vorentscheidende Schritte zum Klassenerhalt machen!
Ein Blick auf die
Personalsituation
Naouirou Ahamada fällt sechs Wochen aus, Li Egloff hat imer noch Rückenprobleme — das dürfte es gewesen sein an negativen Botschaften. Eventuell rückt Tibidi, der letztes Wochenende die A‑Jugend ins Pokalfinale schoss, wieder auf. Erneut steht also fast der gesamte Kader zur Verfügung und hatte, was man nicht unterschätzen darf, in den vergangenen Spielen Gelegenheit, sich einzuspielen.
Weswegen eine
Mögliche Aufstellung
wahrscheinlich nicht viele Änderungen ergeben wird.
Ich könnte mir vorstellen, dass Mangala für seine gute Leistung in der Schlussphase in Berlin mit der Rückkehr in die Startelf belohnt wird, gleichzeitig sollte Tomás nach seinem schlechten Spiel direkt die Chance zur Bewährung kriegen. Nachdem er gegen körperliche Berliner oft den Kürzeren zog, sollte er darauf brennen, es gegen einen ähnlich unangenehmen Gegner besser zu machen. Marmoush sitzt deshalb für mich erstmal auf der Bank, weil ich Führich, der zuletzt auch zielstrebiger wurde, mehr Überraschungsmomente zutraue. Was alle eint ist die mangelnde Kaltschnäuzigkeit vorm Tor, die derzeit nur Sasa Kalajdzic an den Tag legt. Das Schöne ist, dass Du eben reagieren kannst: Marmoush reinwerfen, TIbidi gegebenenfalls auf die Acht werfen. Hoffen wir aber, dass Pellegrino Matarazzo seine Startelf ähnlich lange unverändert lassen kann wie gegen Gladbach.
Und wie sieht die
Lage beim Gegner
aus? Darüber haben wir mit den FCA-Fans Birgit (@birgitkaiser15) und Irina (@missfoxx91) vom Podcast Puppngschwätz gesprochen.
Wie ist Dein Gefühl vorm Spiel?
Birgit: Ich denke, jedem Fan ist bewusst, wie wichtig diese Partie für beide beteiligten Mannschaften ist. Es ist ein klassisches 6‑Punkte-Spiel, das man gewinnen muss, um sich selbst einen Vorteil im Abstiegskampf zu verschaffen. Dementsprechend steigt auch bei uns so langsam aber sicher die Nervosität, die man immer vor so einem brisanten Match verspürt — vor allem wenn man bedenkt, dass nahezu alle 60.000 Fans in der Mercedes-Benz-Arena gegen uns sein werden. Eins ist klar: Einfach wird es für unsere Jungs bestimmt nicht. Doch da der FC Augsburg auch den letzten Abstiegskampffight gegen Arminia Bielefeld gewinnen konnte, sind wir doch recht zuversichtlich, dass das Team alles reinwerfen wird, um Punkte aus Stuttgart entführen zu können!
Wer fällt bei Euch aus?
Birgit: Die langzeitverletzten Spieler Tobias Strobl (Kreuzbandriss) und Alfred Finnbogason (Adduktorenverletzung) werden in jedem Fall ausfallen. Noah Sarenren Bazee hat sich zuletzt im Training das Kreuzband gerissen, für ihn ist die Saison somit beendet. Mit Lasse Günther hat der FCA zudem einen neuen positiven Coronafall. Alle weiteren Spieler sind fit, einsatzbereit und hochmotiviert. Dies könnte auch für Felix Uduokhai gelten, der sich im Spiel gegen Bielefeld eine Bänderverletzung zugezogen hat, die aber anscheinend nicht so schlimm, war wie vorerst angenommen wurde.
Wo liegen aktuell Eure Stärken und Schwächen und auf wen müssen wir besonders aufpassen?
Irina: Die Stärken liegen definitiv in der Erfahrung des FCA im Abstiegskampf, steckt man doch gefühlt seit dem Aufstieg 2011 fast ununterbrochen mit unten drin. Das Team und Team hinter dem Team hat somit reichlich Erfahrungsschatz, auf den man in solchen Situationen zurückgreifen kann. Zudem ist es in Augsburg — im Vergleich zum Umfeld der Hertha beispielsweise — erstaunlich ruhig, Medien und Fans sind hier einfach an die Abstiegskrimis gewöhnt — was aber nicht unbedingt heißt, dass man damit restlos zufrieden ist!
Eine grosse Stärke des FCA ist die Sprintstärke: gegen Arminia Bielefeld hat man hier einen neuen (eigenen) Rekord aufgestellt mit 316 absolvierten Sprints, übrigens sprintet nur der FC Bayern häufiger.
Als Schwäche erachte ich die fehlende Konstanz in dieser Saison, denn auf ein gutes Spiel folgten zumeist (mindestens) zwei schlechte. Zudem wurden im Saisonverlauf bisher sehr viele individuelle Fehler von den Spielern begangen, welche oft zu vermeidbaren Gegentoren führten — das würde ich auch als Schwäche werten. Während die Innenverteidigung (rund um Gouweleeuw und Oxford) eingespielt und stabil ist, hapert es beim FCA im Kreieren offensiver Momente, hieran muss definitiv noch gefeilt werden.
Aktuell kommt man beim FCA wohl eher über die mannschaftliche Geschlossenheit. Ich würde derzeit keinen Spieler besonders hervorheben wollen — wenn ich aber müsste, dann Arne Maier. Er liefert nach hinten eine solide Partie ab und wird immer zweikampfstärker. Er sorgt zusammen mit Niklas “Dorschi” Dorsch für defensive Stabilität und nach vorne leitet er mit seinem feinen Füsschen oft tolle Aktionen ein. Ich hoffe, der FCA kann ihn im Sommer fest verpflichten.
Statistik
Es ist das 22. Aufeinandertreffen beider Mannschaften insgesamt, wobei sich die Begegnungen auf die kurze gemeinsame Zweitliga-Zeit in den 70ern und eben mit Unterbrechungen die letzten elf Jahre seit dem Augsburger Bundesliga-Aufstieg begrenzen. Erschreckenderweise hat der FCA die Mehrzahl der Spiele gewonnen, nämlich elf. Die letzten beiden Heimspiele gegen Augsburg gewann der VfB immerhin, zuvor setzte es aber mit 0:4 (2015) und 1:4 (2014) teils deutliche Klatschen im Neckarstadion. Augsburg gewann wie gesagt zuletzt in Bielefeld und Anfang Februar gegen Union, davor das letzte Mal Mitte Dezember in Köln. Mit 27 erzielten Toren, sechs davon gegen auf das Konto von Michael Gregoritsch, haben sie nach dem VfB (32) die zweitmeisten Tore der fünf Abstiegskandidaten erzielt, mit 41 hinter Bielefeld (34) zudem die zweitwenigsten kassiert. Bei Sprints und intensiven Läufen liegen sie im oberen Tabellendrittel, bei der wenig aussagekräftigen Statistik Laufdistanz sogar hinter dem VfB. Bei Parametern wie Ballbesitz und Passquote liegen sie hingegen weit hinter dem VfB. Wir müssen also unsere Chancen nutzen und endlich die Restverteidigung in den Griff kriegen, sonst kann es ungemütlich werden.
Fazit
Ich bin gespannt, welches Gesicht die Mannschaft mit auf den Platz bringt. Natürlich bringt es nichts, hier blind ins Verderben zu rennen und die Augsburger in den ersten zehn Minuten erledigen zu wollen. Aber ich erwarte von der Mannschaft eine gewisse Zielstrebigkeit vorm Tor und eine Kompromisslosigkeit im Zweikampfverhalten, die zeigt, dass ihr klar ist, worum es in diesem Spiel geht. Ich hoffe, dass die positiven Erfahrungen der letzten Spiele und ein volles Stadion die Beine noch ein bisschen leichter machen. Mittlerweile scheint die Mannschaft ja auch wieder wie in der letzten Saison mit Rückschlägen umgehen zu können. Zu diesen darf es aber gar nicht erst kommen, denn im Abstiegskampf sind Glück und Pech irgendwann irrelevant, dann geht nur noch um oben oder unten.
Titelbild: © Matthias Hangst/Getty Images