Am zehnten Spieltag kommt es gegen den VfL Bochum zum Kellerduell. Wir haben mit VfL-Fan Moritz über seinen Verein gesprochen.
Rund um den Brustring: Hallo Moritz! Am 10. Spieltag reist der VfL als Tabellenletzter zum Tabellenvorletzten VfB Stuttgart. Hättest Du das vor der Saison so erwartet?
Moritz: Hallo, tatsächlich hab ich damit gerechnet, dass es für den VfL sehr schwierig werden würde. Dass der VfB aber so einen schlechten Saisonstart hinlegen und bis jetzt immer noch auf den ersten Sieg warten würde habe ich nicht so vorhergesehen. Für mich waren unsere stärksten Konkurrenten im Abstiegskampf eigentlich Schalke, Augsburg und Hertha. Statistiken belegen aber auch, dass der VfB diese Saison anscheinend das meiste Spielpech der Liga hatte.
Unser kommender Gegner Stuttgart ist das Team mit dem bisher meisten Spielpech und hat im Vergleich zu den erwartbaren Performances sogar bessere Leistungen gezeigt.
Daher dürfte die Trainerentlassung auch in Stuttgart nicht unumstritten sein?!#meinVfL #VfB #VfBBOC
— VfL1⃣8⃣4⃣8⃣Stats (@VfL_Stats) October 11, 2022
Im Sommer verließen unter anderem Armel Bella-Kotchap, Maxim Leitsch und Sebastian Polter den Verein, es kamen unter anderem Dominique Heintz, Philip Hofmann und Kevin Stöger. Liegt der schlechte Saisonstart auch in der Transferpolitik begründet?
Definitiv. Sesi hat es verpasst für die vorherzusehenden Abgänge von ABK und Leitschi Pläne in der Schublade zu haben, wobei man auch mit vielen Spielern verhandelt hat, diese sich aber am Ende für andere Vereine entschieden haben (Kristian Pedersen zum Beispiel – jetzt bei Köln). Außerdem, und das haben unsere Ultras in einem gestern veröffentlichten Statement gut hervorgehoben, braucht man als VfL Bochum jeden Punkt in der Bundesliga und dementsprechend ist auch jedes Spiel wichtig. Dass dann aber Spieler verpflichtet wurden, welche erstmal verletzt ausgefallen oder überhaupt nicht fit für den Profifußball sind, war schlichtweg unprofessionell. Es zeigt sich zwar, dass Spieler wie Ordets eine Verstärkung für uns sein können, aber bis zu dieser Erkenntnis hat es leider mangels Wettkampfpraxis beim Ukrainer viel zu lange gedauert. Eine krasses Negativbeispiel für die Transferpolitik im Sommer ist jedoch Mousset. Als Ersatz für Locadia im Sommer gekommen fällte unser neuer Trainer Thomas Letsch vor kurzem das vernichtende Urteil, dass es bei Mousset „zwischen einem Tag und vier Jahren dauern“ kann bis er bei 100% sei. Der Franzose trainiert auch nicht mehr mit der Mannschaft mit und hat ein individuelles Programm bekommen. Zudem hat Thomas Reis, so hieß es in Medienberichten, die Neuzugänge nicht richtig erreichen können. Was natürlich bei einem Umbruch wie ihn der VfL im Sommer hatte fatal ist.
Aufstiegs- und Klassenerhaltstrainer Thomas Reis wurde mittlerweile durch Thomas Letsch ersetzt. Die richtige Entscheidung?
Meiner Meinung nach ja. Thomas Reis Glaubwürdigkeit ist in den letzten Wochen/Monaten stark gesunken. Mindestens zwei Mal ist er in den Medien durch Unwahrheiten aufgefallen (Es gibt kein Angebot vom VfL zur Verlängerung/Im Sommer wollte er nicht zu Schalke). Hinzu kommen Aussagen wie „Wenn ich kein Bochumer bin, wer dann“. Trotz aller sportlicher Erfolge hat er sich so das Denkmal, welches er sich in Bochum aufgebaut hatte, größtenteils wieder abgerissen. Sollte er jetzt noch in den kommenden Wochen bei den Nachbarn aus GE unterschreiben, dann wird dies sein Übriges tun. Für den neuen Sportvorstand Patrick Fabian gab es daher keine andere Option als die undankbare Entscheidung zu treffen den Erfolgstrainer der letzten Jahre zu feuern. Vor allem auch um wieder Ruhe einkehren zu lassen, was unter Thomas Letsch äußerst gut gelungen ist. Es ist mittlerweile sogar Euphorie und Hoffnung im Bochumer Umfeld zu spüren.
Wie lässt Letsch den VfL spielen?
Nach dem verkorksten Spiel gegen Leipzig, in welchem Letsch mit Dreierkette, ohne Stöger und zwei dynamischen Stürmern (Holtmann und Zoller) spielen lassen hat, hat er gegen Frankfurt die Formation wieder auf die gewohnte Formation der letzten Jahre umgestellt (4–3‑3), in welchem sich die Mannschaft merklich wohler gefühlt hat. Ich gehe davon aus, dass Letsch auch in Zukunft nicht viel am System ändern wird Er sagte auch selber, dass das System erstmal zweitrangig ist, stattdessen wird er versuchen, der Mannschaft Stabilität und Sicherheit zu geben und dabei auf gewohnte Abläufe setzen.
Vergangenes Wochenende gelang Euch gegen Frankfurt endlich der erste Saisonsieg, der uns weiter vorenthalten bleibt. Philipp Förster spielte dabei eine entscheidende Rolle. Wie läuft es sonst für ihn in Bochum und was war ausschlaggebend für den Heimsieg?
Um die letzte Frage zuerst zu beantworten: Ausschlaggebend waren vor allem die Tugenden, welche uns letzte Saison so stark gemacht haben (Zweikämpfe, defensive Stabilität und frühes Pressing). Wichtig war aber auch, dass die Einwechslungen nicht verpufft sind und Spieler wie Ganvoula, Osei-Tutu und auch Antwi-Adjei einen Einfluss aufs Spiel hatten. Förster hat dabei aber natürlich sein bestes Spiel für den VfL (und vielleicht auch in der Bundesliga) gemacht. Vorher lief es für ihn in Bochum aber überhaupt nicht gut. Er konnte sich nicht wirklich einen Stammplatz erkämpfen und wurde viel von den Fans kritisiert. Vermutlich lag dies aber auch daran, dass viele VfL-Fans sehr voreingenommen von den Meinungen der VfB-Fans waren. Dennoch wirkte es bei Förster teilweise so, als wenn er Angst hätte in die Zweikämpfe zu gehen und in vielen Situationen sehr zögerlich gewesen ist. Gegen Frankfurt wirkte er aber wie ausgewechselt.
Wo siehst Du denn generell Eure Stärken und Schwächen?´
Unsere Schwäche war zum Großteil in dieser unsere defensive Stabilität. Dementsprechend wechselte Thomas Reis auch häufig die Spieler in der Innenverteidigung, jedoch ohne Erfolg. Zudem haben wir in den ersten Spielen zu viele individuelle Fehler gemacht, welche am Ende zu Gegentoren geführt haben. Wir hatten eigentlich in jedem Spiel vor dem Spiel gegen Frankfurt so einen Spieler in unserem Spiel. Zudem tun wir uns schwer damit Chancen herauszuspielen in der Offensive. Man bekam teilweise das Gefühl, dass unsere Spieler, bis auf Kevin Stöger, nicht wirklich wissen, was sie mit dem Ball anfangen sollen.
Unsere Stärken liegen bei unseren schnellen Außen. So ganz konnten wir letztere aber noch nicht wirklich ins Spiel bringen, weshalb auch Gerrit Holtmann bislang ohne viele Torbeteiligungen geblieben ist. Wobei man hier auch sagen muss, dass er teilweise zu genau zielt und dann das Aluminium trifft.
Kommen wir noch zu den beiden anderen Ex-VfBlern beim VfL: Kevin Stöger und Simon Zoller. Wie machen sie sich in dieser Saison?
Stögi ist mit Abstand unser bester Spieler. Er ist der Spielertyp, welchen wir trotz der letzten starken Saison dort schon vermisst haben. Unglaublich Spielintelligent und immer mit dem Auge für den Mitspieler. Über seine Pässe muss ich glaube ich auch nicht viel sagen. Schnell hat auch Thomas Letsch gemerkt, dass in dieser Saison keine Startelf ohne einen fitten Stöger auskommen kann.
Zolli ist wie gewohnt der mannschaftsdienliche Dauerläufer. Leider hat er in den letzten Wochen das Toreschießen verlernt und wirkt deshalb in der ein oder anderen Situation unglücklich. Dennoch ist seine Einstellung für uns enorm wichtig im Abstiegskampf. Nach seiner Auswechslung gegen Frankfurt z.B. agierte er als Co-Trainer hinter Thomas Letsch und konnte nicht ruhig auf der Bank sitzen.
Zum Abschluss: Dein Tipp fürs Spiel?
Ich nehme mal das Selbstvertrauen aus dem Spiel gegen Frankfurt mit und sage, dass der VfL zum ersten Mal seit Jahren in Stuttgart gewinnen wird. 1:2.
Titelbild: © VfB-Bilder.de